Selbst in den betroffenen Wohnanlagen gab es knappe Mehrheiten. Damit war nach vielen Streitereien im Stadtrat klar, dass es zu dieser Variante der A 17 um Dresden herum kommen wird. Akzeptieren wollten manche Mitglieder der PDSStadtratsfraktion und andere Linke und GRÜNE das Ergebnis nicht.
Endlich kam es dann im August 1998 zum ersten Spatenstich. Die Freigabe des ersten Teilstücks der A 17 bis Gorbitz fand am 25. Oktober 2004 statt.
Heute geht es bereits mit dieser Autobahn über die Grenze bis nach Tschechien. Die Vorteile der Verkehrsentlastung sind für alle spürbar. Die linken und die grünen Verhinderer sind gescheitert, Herr Lichdi.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach Ansicht der CDU-Fraktion haben sich die vorhandenen Regelungen der Kommunalordnung zur direkten Bürgerbeteiligung bewährt. Wir bleiben dabei: Auch künftig muss es die Mitwirkungsrechte der Bürger in kommunalen Entscheidungen geben. Unmittelbare Demokratieelemente ergänzen sehr sinnvoll und notwendig – Herr Lichdi, darin sind wir uns einig – die parlamentarische Demokratie.
Man darf aber bei aller Sympathie für die plebiszitären Elemente der Demokratie nicht vergessen, dass die grundlegenden Entscheidungen vom Stadt- oder Gemeinderat getroffen werden. Die Stadt- und Gemeinderäte sind in freien und geheimen Wahlen durch das Volk gewählt und beauftragt. Den Bürgern kommt also mehrfach große Verantwortung zu. Sie wählen ihre Volksvertreter. Daneben können sie direkt demokratische Elemente einsetzen, um Defizite der parlamentarischen Demokratie auszugleichen. Die geltenden gesetzlichen Grundlagen und Regelungen müssen dazu führen, dass eine Stadt oder eine Gemeinde handlungsfähig bleibt.
Meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN! Die CDU-Fraktion lehnt es ab, dass mit Hilfe einer Reduzierung der sogenannten Quoren Einzelinteressen
über das Allgemeinwohl gestellt werden. Wir bleiben daher weiter bei einem angemessenen Mindestquorum.
Es entspricht ganz unserem Anliegen, dass sich noch mehr Bürger für die Interessen in der Gemeinde engagieren. Wir setzen uns dafür ein, Resignation sowie Protest und Sanktionswahlverfahren entschieden entgegenzuwirken.
Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtags steht für eine solide und zukunftsorientierte Sachpolitik zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Sachsen. Völlig unberücksichtigt lassen Sie die Tatsache, dass die vorhandenen Regelungen den unterschiedlichen Interessenlagen bereits Rechnung tragen. Die Städte und Gemeinden haben schon heute die Möglichkeit, unter Berücksichtigung der konkreten Situation vor Ort das Quorum für die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens bis auf 5 % der Wahlberechtigten abzusenken. Offensichtlich ist das Herrn Lichdi nicht bekannt; aber es interessiert ihn auch nicht.
Wollen Sie eigenverantwortlichen Entscheidungen der Kommunen im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung eine Absage erteilen? Dann können Sie das heute Abend beim Sächsischen Städte- und Gemeindetag gleich kundtun.
Senkt man die Quoren für die Bürgerbegehren und Bürgerentscheide, wie von Ihnen vorgeschlagen, ab, so steht zu befürchten, dass die Bürgerinnen und Bürger ständig zur Wahlurne laufen müssen. Glauben Sie denn, dass man dadurch mehr Bürger an die Wahlurnen bekommt?
Wir brauchen im Freistaat Sachsen keine Regelung, die den Willen Einzelner über den der Allgemeinheit stellt. Es kann und darf nicht sein, dass so lange gewählt und abgestimmt wird, bis Ihnen das Ergebnis passt.
Der Arbeit der Bürgermeister und der Stadt- und Gemeinderäte sowie der Kreisräte und deren demokratischen Entscheidungen sind aus meiner Sicht und aus Sicht der Koalition mehr Anerkennung zuzuwenden. Diese Anerkennung muss mit entschiedenem Respekt für die Entscheidung im Einklang stehen. Rechtsmittel sind ohnehin jederzeit möglich. Sowohl Kreis- als auch Stadt- und Gemeinderäte repräsentieren die gesamte Bürgerschaft bzw. alle Einwohner und nicht nur die Bürger, die zur Wahl gegangen sind. Jeder, der nicht wählen geht, muss sich darüber im Klaren sein, dass er die Ergebnisse, egal, wie sie ausfallen, stillschweigend unterstützt.
Die CDU-Fraktion des Landtages steht klar zu den Satzungen über Bürgerentscheide, wie sie beispielsweise die Stadt Dresden erlassen hat.
Ergänzend zu den gesetzlichen Regelungen in der Sächsischen Gemeindeordnung bzw. der Landkreisordnung sollten rechtzeitig notwendige Veröffentlichungen erfolgen, sodass sie für alle Organisatoren von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden von Anfang an klar sind.
Die CDU-Fraktion richtet ihr Augenmerk darauf, dass die Jugend in die Arbeit der Gemeinde einbezogen wird. Jugendliche müssen verstärkt als sachverständige Bürger in ihren Angelegenheiten beteiligt werden.
Gestatten Sie mir noch eine letzte Bemerkung, meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Für uns ist wesentlich, dass von Bürgern getroffene Entscheidungen auch respektiert werden. Ihre Forderung nach Erleichterung kommunaler Bürgerentscheide ist widersprüchlich. Wenn die von den Bürgern getroffenen Entscheidungen eben nicht umgesetzt werden, ist es das, was zu Vertrauensverlusten in die gewählten demokratischen Organe führt. Die Missachtung des Bürgerwillens zum Bau der Waldschlösschenbrücke in Dresden zeigt dies sehr deutlich. Ich würde Ihnen daher raten, zunächst einmal für sich selbst zu klären, was Sie eigentlich wollen: linkes Revoluzzertum,
um bürgerschaftliche Streitkultur und bürgerliche Strukturen zu zerstören, oder bürgerschaftliche Selbstverwaltung stärken.
(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Das hätten Sie gleich sagen können!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bandmann, in einer demokratisch verfassten Gesellschaft ist neben der parlamentarischen Demokratie die direkte Demokratie das zweite Standbein und kein Gegensatz.
Ich frage mich immer wieder, warum Sie eine solche Angst vor Bürgerbeteiligung haben und warum Sie direkte Demokratie so verteufeln.
Meine Damen und Herren! Die repräsentative, die parlamentarische Demokratie in Deutschland befindet sich in einer Krise. Umfragen belegen das.
Wahlbeteiligungen, Herr Hähle, sprechen da eine deutliche Sprache. Jüngstes Beispiel ist die Oberbürgermeisterwahl in Plauen. Gerade einmal 40,7 % der Wählerinnen und Wähler nahmen ihr Recht auf Bestimmung des Oberbürgermeisters wahr, der die Geschicke der Stadt in den kommenden sieben Jahren lenken soll. Fast täglich hören oder lesen wir von Politikverdrossenheit und zunehmender Entfremdung der Bürgerinnen und Bürger von politischer Mitsprache.
Angesichts dessen steht dieses Hohe Haus in der Pflicht – in gesetzgeberischer Pflicht, Herr Hähle –,
die Möglichkeiten der Instrumente der unmittelbaren Mitbestimmung vor Ort zu erleichtern und zu erweitern.
Sachsen hat auf diesem Gebiet erheblichen Nachholbedarf. Deshalb haben sich die Fraktion der GRÜNEN und die Linksfraktion dieser dringenden Aufgabe gestellt und entsprechende Gesetzentwürfe erarbeitet. Beide Entwürfe wurden hier im Plenarsaal gemeinsam angehört und in den Ausschüssen vorberaten.
Unseren Entwurf „Gesetz zur Förderung der unmittelbaren bürgerschaftlichen Selbstverwaltung in den sächsischen Kommunen“, der mit seinen Vorschriften über den der GRÜNEN hinausgeht, werden wir nach der Sommerpause zur abschließenden Beratung vorlegen. So haben wir, falls heute wider Erwarten keine Mehrheit für den Entwurf der GRÜNEN gefunden wird, das Thema erneut auf der Tagesordnung; denn mit dieser Problematik kann sich der Landtag gar nicht oft genug befassen.
Ich verspreche Ihnen, dass wir immer wieder darauf drängen, bis direkte Demokratie in Sachsen überschaubar, leicht handhabbar und ohne unnötige Hürden ausgestaltet ist und Sachsen an der Spitze der Bundesländer in direkter Demokratie steht – Sachsen, das Land der direkten Demokratie!
Zum Entwurf „Gesetz zur Erleichterung kommunaler Entscheidungen“ der GRÜNEN. Er ist ein erster Schritt, endlich – darauf hat Herr Lichdi schon hingewiesen – an günstige Bedingungen für bürgerschaftliches Engagement wie in Bayern anzuschließen und sie ihnen vergleichbar zu machen. Die Regelungen führen zu einer spürbaren Erleichterung bei der Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, dem wirkungsvollsten Instrument plebiszitärer Mitsprache. Die Regelungen senken die Quoren, die künstlich aufgebauten Hürden. Das führt dazu, dass die Rahmenbedingungen für direkte Demokratie denen der Wahlen zu kommunalen Ämtern angeglichen werden.
Als Beispiel möchte ich an dieser Stelle noch einmal die Oberbürgermeisterwahl in Plauen nennen. 40 % Wahlbeteiligung sind zum Beispiel ausreichend, in Amt und Würden gewählt zu werden, aber mindestens 50 % werden gesetzlich gefordert, um einen unfähigen Bürgermeister wieder loszuwerden. Das Absurdeste aus meiner Sicht ist, dass für die Wahl eines Bürgermeisters überhaupt kein Quorum gesetzt ist; aber um ihn zu vertreiben, muss mindestens die Hälfte der Wählerinnen und Wähler an die Wahlurne.
„Sachsen ist toll!“ – so lobpreist sich die Staatsregierung gern selbst und beschreibt den Freistaat als besser, schöner und blühender als andere Bundesländer. Sie redet ständig von den hervorragenden Leistungen der Sächsinnen und Sachsen. Doch wenn es um Bürgerbegehren und -entscheide, Volksanträge und Volksentscheide geht, reagiert sie misstrauisch. Sie zweifelt an den Fähigkeiten der Bürgerinnen und Bürger, vernünftig zu entscheiden. Die Staatsregierung und die sie tragenden Fraktionen sollten die Menschen aber auch in ihrem unmittelbaren bürgerschaftlichen Begehren ernst nehmen.
Wir alle hier in diesem Hohen Hause waren bis zu unserer Wahl in den Landtag – und manche sind es auch heute noch – ganz „normale“ Bürger. Was, so frage ich mich, erleuchtet solch einen Bürger, wenn er zum Abgeordneten geworden ist, Herr Bandmann? Wieso ist er plötzlich mit sehr viel mehr Weisheit geadelt als das „normale“ Volk, von dem doch laut Grundgesetz die Macht ausgeht?
Mein Fazit: Die Regelungen der Sächsischen Gemeindeordnung und Landkreisordnung über die Instrumente der unmittelbaren Bürger- und Einwohnerbeteiligung genügen dem angestrebten bürgerschaftlich und demokratisch verfassten Charakter der Kommunen nicht. Es ist höchste Zeit, das zu ändern. Deshalb werden wir trotz eigenem und weiter reichendem Gesetzentwurf die Gelegenheit nutzen und dem Entwurf der GRÜNEN zustimmen. Direkte Demokratie, meine Damen und Herren – vor allem der CDU-Fraktion –, tut Sachsen gut!
(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN – Volker Bandmann, CDU: Ihnen haben doch die Bürger 1989 … sie haben Sie davongejagt! – Andrea Roth, Linksfraktion: Ich bin aber da!)