Der Antrag, der jetzt vorliegt, ist seit dem 28. Juni im Geschäftsgang des Landtages. Änderungsanträge dazu, Anregungen, Wünsche, Bedenken sind uns weder schriftlich noch mündlich mitgeteilt worden.
Sich jetzt hier hinzustellen und zu sagen, das sei alles grob verfassungswidrig, ist grob unredlich.
Wenn Sie, Herr Hähle, immer wieder betonen, dass es hier einen Aufklärungswillen gibt, der vor allen Dingen die CDU nach vorn treibt, muss ich sagen, dass ich bei Ihrer Rede den Eindruck hatte, dass Sie vor Aufklärungswillen geradezu bersten.
Aber dann frage ich mich: Wo ist denn der Untersuchungsauftrag, der Untersuchungsausschussantrag der Union oder ein gleichgerichteter Antrag? Da ist weit und breit überhaupt nichts zu sehen.
Zu den Gegenargumenten selbst, soweit sie bisher überhaupt verständlich waren, ist erstens Folgendes zu sagen – ich habe es bereits in meinem ersten Beitrag erwähnt –: § 1 des Untersuchungsausschussgesetzes bezieht den Auftrag auf abgeschlossene Sachverhalte. In der Tat, so ist es. Mehr kann auch nicht untersucht werden. Es geht immer nur um das, was war, und nicht um das, was sein könnte oder sein sollte. Es geht nicht um die politische Willensbildung, sondern um die Erforschung von Sachverhalten.
Zweitens der Bestimmtheitsgrundsatz. Er ist in der Tat maßgeblich. Aber er betrifft den Untersuchungsauftrag insgesamt und nicht einzelne Worte. Wenn das Wort „möglicherweise“ oder Ähnliches in einem Untersuchungsauftrag vorkommt, dann heißt das nicht, dass deswegen der gesamte Auftrag verfassungswidrig wird. Das ist einfach Unfug. Der Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, dass der Auftrag und der Gegenstand bestimmbar sind. Und das ist in diesem Fall weiß Gott so.
Der Untersuchungsauftrag, meine Damen und Herren, darf nicht gegen den Willen der Antragsteller verändert werden, weder im Kern noch in den maßgeblichen Punkten, über die Klarheit geschaffen werden soll. Das ist das Recht der Opposition. Das gefällt der Mehrheit natürlich in der Regel nicht, aber das ist ja das Interessante an einem Untersuchungsausschuss.
Noch etwas sei zu dem gesagt, was Herr Prof. Weiss eingewandt hat. Auch hier gilt wieder das Argument: Nicht die Lautstärke siegt! Ist es wirklich vorstellbar, dass jemand vor einem Untersuchungsausschuss ein Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch nimmt, weil ihm dessen Auftrag nicht passt? Glauben Sie das im Ernst? Die Zeugnisverweigerungsrechte von Auskunftspersonen in Untersuchungsausschüssen sind abschließend geregelt. Sie richten sich nach der Strafprozessordnung, etwa nach deren § 55 und anderen. Aber mit Sicherheit wird niemand einem Untersuchungsausschuss seine Aussage vorenthalten können unter Hinweis darauf, dass er möglicherweise den Untersuchungsauftrag in Punkt 18 Ziffer 3 Buchstabe d für nicht ganz verfassungsgemäß halte. Das mit Sicherheit nicht!
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der Linksfraktion und den GRÜNEN – Staatsminister Thomas Jurk: So lächerlich ist das überhaupt nicht!)
Sie treiben hier Gespenster durch die Gegend, von denen Sie ganz genau wissen: Sobald man das Licht anmacht, sind sie weg! Aber keine Sorge, wir machen das Licht an!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich trete aus zwei Gründen noch einmal nach vorn: zum einen wegen der Einlassung von Herrn Weiss und zum anderen wegen unseres hochverehrten Herrn Ministerpräsidenten.
Herr Weiss, ich bin schon sehr enttäuscht – das von dieser Stelle aus zu sagen kann ich Ihnen nicht ersparen –, dass Sie Ihre Nervosität, die offensichtlich sehr hoch ist,
diese innere Spannung tatsächlich dadurch abbauen wollen, dass Sie uns jetzt unsauberer handwerklicher Arbeit, wenn nicht sogar Schlimmeren – ich habe noch Schlimmeres gehört – zeihen wollen. Ich will kurz darauf eingehen. Es ist doch völlig klar, dass wir nur abgeschlossene Sachverhalte untersuchen können. Es ist aber genauso klar, dass wir mitnichten planen – da bitte ich, den Untersuchungsausschussauftrag zu lesen –, etwa einen ständigen Ausschuss einzurichten. Das ist grotesk. Das, was Sie hier vortragen, ist absolut grotesk.
Zur Frage der hinreichenden Bestimmtheit. Jawohl, mir ist das Untersuchungsausschussgesetz in Sachsen durchaus bekannt. Darin gibt es einen solchen Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit. Aber wir sind im Untersuchungsausschussrecht. Das ist ein Minderheitenrecht des Parlaments. Es ist darauf gerichtet, Sachverhalte, die in der Öffentlichkeit nicht hinreichend bekannt sind, aufzuklären. In diesem Licht ist die Frage der Bestimmtheit zu erörtern. Das heißt, die hinreichende Bestimmtheit – wie es Ihnen vielleicht Ihr juristischer Berater gesagt hat –, wie sie in anderen Rechtsbereichen durchaus üblich ist, kann in der Frage des Untersuchungsausschussrechts nicht angewendet werden.
Meine Damen und Herren, ich wollte Ihnen nur sagen: Das, was Herr Weiss mit großer Überzeugungskraft, die ihm zu eigen ist, vorgetragen hat, als ob er eine juristisch solide Stellungnahme abgeben würde,
Herr Kollege Lichdi, da Sie von dem vermeintlich ständigen Ausschuss und dem Vorwurf gesprochen haben, den Kollege Weiss hier erhoben hat: Würden Sie mir recht geben, dass es einen ständigen Ausschuss auch schon deshalb nicht geben kann, weil der Untersuchungsausschuss nur Dinge untersuchen kann, die vor dem Tag der Einsetzung stattgefunden haben, und dass deshalb ein ständiger Ausschuss a priori unmöglich ist?
Lieber Herr Kollege Lichdi, geben Sie zu, dass Sie eben sehr erregt diskutiert haben, während ich völlig gelassen bin?
Hochverehrter Herr Kollege Weiss, Sie waren schon überzeugender. Es war ein guter Versuch zu parieren, aber er ist nicht ganz geglückt.
Der Herr Ministerpräsident hat hier das Wort ergriffen und er hat – anders, als ich es erwartet hatte – sein schlimmes Wort vom „Klamauk“ nicht richtiggestellt. Es ist mir wichtig, das hier noch einmal festzustellen. Ich bedaure das.
Es war schon beim Kollegen Hähle absehbar und auch in der Rede des Ministerpräsidenten, welche Strategie die CDU zu ihrer eigenen Entlastung verfolgt. Die Strategie lautet: Es gibt keine FDP, es gibt keine GRÜNEN, es gibt nur die bösen Kommunisten, jetzt Linksfraktion. Diese sind ohnehin an allem schuld, sie führen ohnehin nur immer Schlimmes im Schilde und Herr Bartl ist der Oberböse und deswegen kann das, was von dieser Seite des Landtags vorgetragen wird, a priori überhaupt nicht stimmen. – Herr Colditz nickt. Ja, genau, super. Genau das ist Ihre Meinung.
Da sage ich Ihnen: Sie machen es sich einfach zu leicht und dokumentieren damit Ihre eigene Unglaubwürdigkeit. Denn das sind Argumente zur Person und keine Argumente zur Sache.
Genau deswegen, weil Sie es nötig haben, Argumente zur Person vorzutragen, bin ich verdammt misstrauisch, wenn der Herr Ministerpräsident sich hier hinstellt und seinen Aufklärungswillen beteuert.
Sie verfolgen die Strategie, die FDP und die GRÜNEN als arme Verführte darzustellen, die nicht in der Lage sind, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass wir aus eigener Überzeugung, aus eigener Kenntnis und aus eigener politischer Verantwortung diesen Untersuchungsausschuss einsetzen wollen. Ihre Selbstgerechtigkeit ist nicht glaubwürdig. Sie erscheinen uneinsichtig, und damit es der Herr Kollege Hähle versteht, sage ich es noch mit der Bibel: Sie erscheinen in meinen Augen verstockt und unbußfertig.
Jetzt komme ich noch zu einem schlimmen Punkt. In seiner Erregung hat der Herr Ministerpräsident – vielleicht ist er jetzt in der Lage und hat die Größe, das richtigzustellen – uns als GRÜNEN und, wie ich denke, auch der FDP unterstellt, wir würden uns der „Methoden der alten Stasi“ bedienen. Das hat er gesagt.
Herr Ministerpräsident, vielleicht nehmen Sie noch einmal Gelegenheit, diesen ungeheuerlichen Vorwurf hier richtigzustellen.
(Ministerpräsident Prof. Dr. Georg Milbradt: Hören Sie doch endlich mal zu und behaupten nicht etwas, was ich nicht gesagt habe!)
Herr Hähle, wenn Sie uns in dem gleichen Fahrwasser „Methoden der Klassenjustiz“ unterstellen – das haben Sie uns auch unterstellt –, dann bitte ich Sie ebenfalls dringlich, das zurückzunehmen. Wenn Sie hier einen ordentlichen Umgang im Sinne der Verfassung anmahnen, dann erwarte ich von Ihnen diese Richtigstellungen.