Protokoll der Sitzung vom 05.07.2007

Für die Koalition spricht Herr Abg. Schowtka.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag sorgt sich um die Identität der Menschen im letzten Teil Schlesiens, der bei Deutschland verblieben ist. Das ist eine schamlose Heuchelei, denn fünf Millionen Schlesier haben Heimat, Hab und Gut in erster Linie infolge der Verbrechen des nationalsozialistischen Führerstaates verloren, der unser Vaterland in die schlimmste Katastrophe unserer Geschichte gestürzt hat, dem sie heute noch nachtrauern und sich als Nachfolger fühlen.

(Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Es stimmt, die Verfassung des Freistaates Sachsen, an deren Erarbeitung die NPD Gott sei Dank nicht beteiligt war und der sie sowieso nicht zugestimmt hätte, verweist in ihrer Präambel auf das niederschlesische Gebiet und anerkennt in Artikel 2 Landesfarben und Wappen Niederschlesiens. Diese Symbole erfreuen sich im Niederschlesischen Oberlausitzkreis und in Görlitz hoher Wertschätzung. Aber auch im Konferenzzimmer des Präsidenten des Sächsischen Landtags hat die weiß-gelbe Flagge ihren Platz.

Der neue Landkreis, um den sich die NPD Sorgen macht, wird nicht Neißekreis heißen, wie sie behauptet, sondern den stolzen Namen Görlitz tragen und somit das historische Erbe Niederschlesiens und der Oberlausitz zusammenführen, das diese Region jahrelang geprägt hat, wie beispielsweise der Oberlausitzer Städtebund, dem Görlitz, Löbau und Zittau über 500 Jahre lang angehörten.

Sie sehen, ich weiß, wovon ich spreche, denn ich komme nicht aus Hildesheim, wie Sie, Herr Apfel, oder wie Ihre

Schildknappen aus Opladen oder Mutlangen, sondern ich bin von hier.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der NPD)

Obwohl von den Mitgliedern der NPD im Sächsischen Landtag laut Volkshandbuch keiner Kirchensteuer bezahlt und folglich keiner Konfession angehört, machen sie sich Sorgen um das Zusammenleben von Protestanten und Katholiken im neuen Landkreis. Da Sie ja von gestern sind, haben Sie wohl kaum mitbekommen, dass wir nicht mehr im Dreißigjährigen Krieg, sondern im Zeitalter der Ökumene leben.

(Beifall bei der CDU)

Gemeinsam mit anderen Parlamentskollegen konnte ich das erleben, als vor 14 Tagen der neue Bischof des Bistums Görlitz geweiht wurde, woran neben evangelischen Würdenträgern auch Bischöfe aus Polen und Tschechien teilnahmen, was die NPD sicher besonders gestört hätte.

Die Sächsische Staatsregierung hat dankenswerterweise nie einen Zweifel daran gelassen, dass es ihr mit der Förderung des Kultur- und Vereinslebens ernst ist.

(Beifall bei der CDU)

Leuchtendes Beispiel dafür sind das Schlesische Museum in Görlitz, die Unterstützung bei der Kulturhauptstadtbewerbung und die geplante Landesausstellung „Via Regia“ sowie das blühende schlesische Vereinsleben in Görlitz und dem umgebenden Landkreis. Auf diese Weise hat die Staatsregierung in den vergangenen 18 Jahren erheblich zur Wiedergeburt der nach 1945 von den Kommunisten unterdrückten schlesischen Identität in Görlitz und Umgebung beigetragen und wird dies auch weiterhin tun.

Herr Schowtka, gestatten Sie hier eine Zwischenfrage von Herrn Porsch?

Nein! – Wer heute durch sinnvolle Vorhaben zur Entfaltung des schlesischen Kulturlebens beitragen will, kann auf die Unterstützung der CDUFraktion und der von ihr getragenen Staatsregierung zählen.

(Beifall bei der CDU)

Auch im neuen Landkreis Görlitz, meine Damen und Herren, wird weiterhin die schlesische Kultur und ihre Identität gepflegt, aber auch die immer enger werdende Partnerschaft mit den Schlesiern polnischer Nationalität.

Um die Zukunft Niederschlesiens muss einem daher nicht bange sein. Die Niederschlesier in Sachsen, zu denen ich mich zähle, können auf die Vorschläge der NPD gut verzichten und möchten durch ungebetene Einmischung in ihre Angelegenheiten nicht gegenüber ihren Nachbarn jenseits der Neiße in Verruf geraten.

(Volker Bandmann, CDU: Sehr richtig!)

Die Koalitionspartner CDU und SPD werden diesen Antrag der NPD ablehnen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU – Volker Bandmann, CDU: Prima!)

Die Linksfraktion hat keinen Redebedarf gemeldet. – Das bleibt so; die FDP auch nicht und die GRÜNEN ebenfalls nicht. Herr Abg. Baier, Sie haben als fraktionsloser Abgeordneter das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wenn es von manchen Personen gern bestritten wird: Niederschlesien ist im Freistaat Sachsen Realität. So zum Beispiel steht in der Sächsischen Verfassung, dass im niederschlesischen Kreis Sachsens die Farben und das Wappen Schlesiens gleichberechtigt gezeigt werden dürfen. Viele heimatvertriebene Schlesier haben in Niederschlesien ein neues Zuhause gefunden. Auch bekennen sich zahlreiche Institutionen und Vereine mit ihrem Namen zu Schlesien, so zum Beispiel die dortige Sparkasse.

Durch die geplante Neugliederung der Kreise soll aber nun der Name Schlesien bzw. Niederschlesien verschwinden. Der Niederschlesische Oberlausitzkreis geht dann in einen neuen Landkreis Görlitz auf. Allerdings wurden die von der anstehenden Reform betroffenen Menschen der Region wieder einmal nicht gefragt, eigentlich ein Demokratiedefizit. Aber es gibt vor Ort Bestrebungen einiger Bürger, sich für den Erhalt des Namens Schlesien stark zu machen. Damit meine ich allerdings nicht die Wahlkampfschlesier der CDU. Diese haben sich bei der anstehenden Kreisgebietsreform um Schlesien wohl keinerlei Lorbeeren verdient, sondern sind linientreu und ohne Rückgrat den Vorgaben von oben gefolgt. Die einzige Partei, die sich bisher für Niederschlesien eingesetzt hat, ist die DSU, unterstützt von zahlreichen Vereinen und Einzelpersonen.

(Volker Bandmann, CDU: Das ist Blödsinn!)

Das ist Tatsache. Ich möchte hier nur an den geforderten Bürgerentscheid erinnern, an die Forderung nach einem Schlesienbeauftragten oder an die Mindestforderung, dass wenigstens die neue Kreisstadt Görlitz den Zusatz Schlesien erhält.

Der Antrag der NPD, der auf den Erhalt der niederschlesischen Eigenart im Freistaat Sachsen abzielt, ist zum Teil oberflächlich und leider auch unglaubwürdig.

Der niederschlesische Landesteil des Freistaates umfasst nicht nur den Niederschlesischen Oberlausitzkreis und die Stadt Görlitz, sondern auch die Stadt Hoyerswerda sowie einen großen Teil des Kreises Kamenz. Auch gibt es in der Oberlausitz das sorbisch-katholische Siedlungsgebiet nicht nur im Kreis Bautzen, sondern ebenfalls im Kreis Kamenz. Dagegen ist das niederschlesische Gebiet überwiegend evangelisch.

Auch hat die NPD wohl selbst ein Problem mit dem Namen Schlesien. So trägt doch der NPD-Kreisverband

Görlitz nicht mehr den Zusatz Schlesien, so wie es die vorausgegangenen zehn Jahre der Fall war.

Auch die Bezeichnung NPD-Landesverband Sachsen/Schlesien, ähnlich dem der Jungen Union, wurde bereits vor Jahren abgelehnt. Die Arbeitsgemeinschaft „Deutscher Osten“ der Bundes-NPD gibt es mittlerweile vermutlich nicht einmal mehr auf dem Papier. Dennoch werde ich diesen Antrag mit meiner Stimme unterstützen, denn nachdem der Großteil der Schlesier bereits aus ihrer angestammten Heimat vertrieben wurde, sollen diese und der Name Schlesien nicht auch noch aus der deutschen Geschichte vertrieben werden.

Danke.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Herr Abg. Menzel, ebenfalls fraktionsloser Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist von meinen beiden Vorrednern gerade viel über Schlesien gesagt worden, aber nicht über die Oberlausitz. Hier steht ein Blutsoberlausitzer vor Ihnen.

Folgendes zur Sache: Warum Herr Schowtka und Herr Bandmann, der sich heute noch nicht gemeldet hat – das erwarte ich noch – zu Schlesien die Geschichte so bissig auffassen, kann ich Ihnen erklären. Schlesien westlich der Queis, das gibt es nicht. Das ist Mumpitz. Das sage ich hier und heute. Seit dem Jahre 929 – das ist über 1 000 Jahre her – ist die Oberlausitz deutsch. Sie war einmal wendisch, aber nie schlesisch.

Der Oberlausitzer Städtebund von 1346 – Herr Bandmann, Sie lachen, aber es ist so – war die sogenannte Verteidigung gegen die Hussiten. Da waren keine Schlesier dabei. Übrigens, Lauban ist die östlichste Sechsstadt. Herr Prof. Porsch, ich gebe Ihnen recht, Sie sind der Einzige, der durchblickt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Das tut mir leid, aber die Geschichte ist so!)

Jetzt kommen wir aber zu den Jahren der Wende 1989/90. Da muss ich den schwarzen Block, der hier recht wenig vertreten ist – ich meine die CDU – einmal angreifen mit einer Geschichtslüge – ich betone das –, die den Eingang – man höre und staune – in die Sächsische Verfassung gefunden hat, denn man sprach von Niederschlesischer Oberlausitz. Es hat nie eine schlesische und erst recht keine niederschlesische Oberlausitz gegeben. Das tut mir leid. Was es nach 1815 – die Durchführung geschah im Jahr 1823 nach dem Wiener Kongress, das wissen Sie – gegeben hat, ist Folgendes: die preußische Oberlausitz. Eine schlesische Oberlausitz kann es gar nicht gegeben haben, denn zu dem Zeitpunkt war Schlesien kein Staat. Es war nur das Bistum Breslau.

(Karl Nolle, SPD: Es ist Festung geworden!)

Das muss man auseinanderhalten. Übrigens, Herr Nolle, wir erwarten noch ein Lied von Ihnen.

(Jürgen Gansel, NPD: Er wollte das vortragen!)

Zum Abschluss meiner Ausführungen möchte ich Folgendes sagen: Vom Lausitzer Gebirge bis an die Mauern von Frankfurt/Oder, von der Pulsnitz bis zum Queis ist Lausitzer Land und kein Quadratmeter weniger.

Ich danke Ihnen für die ungeteilte Aufmerksamkeit.

(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten)

Meine Damen und Herren! Es ist jetzt noch Zeit für das Schlusswort. Herr Dr. Müller für die einreichende Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, eigentlich hatte ich das mit dem historischen Zusammenhang schon am Anfang erwähnt. Aber gut, falls es bei manchen untergegangen sein sollte, dann sei es halt so.

Meine Damen und Herren! Mit der im Zuge der Verwaltungsreform geplanten Kreisgebietsreform werden nicht nur funktionierende Behörden und von den Bürgern zumindest halbwegs akzeptierte staatliche Verwaltungseinheiten zerschlagen, um dann auf zehn Großkreise verteilt zu werden, die von ihren Größendimensionen her eher einem kleinen Bundesland als einem klassischen Landkreis gleichen,

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)