Es ist festzustellen: Die Staatsregierung hat sich weder über den Erfolg früherer Bündelungen Gedanken gemacht, noch interessiert sie sich für die Ergebnisse der geplanten Bündelungen und Kommunalisierungen. Es ist
Meine Damen und Herren von der Union, ich frage Sie: Wie war das denn auf dem Parteitag in Mittweida? Man konnte hören und lesen, dass es dort einen Antrag seitens der CDU-Basis gegeben hat, der sich gegen die Kreisreform wendet. Ich habe auch gehört, dass es im Weißeritzkreis entsprechende Bestrebungen gegeben hat. Ich habe auch noch den Landrat Gey aus dem Muldentalkreis im Ohr. Ich habe den Eindruck, dass Sie ganz bewusst Ihre parteiinternen Kritiker deckeln. Dazu hätte ich gern Aussagen in der Debatte.
Für uns steht heute fest, dass eine Aufgabenkritik nie stattgefunden hat. Was der Minister Aufgabenkritik nennt, war nur eine oberflächliche Prüfung materieller Privatisierung, die auch – wir wissen es alle – ohne Ergebnis geblieben ist. Das Innenministerium konnte uns nicht ein Blatt Papier von den Untersuchungen vorlegen.
Das Versprechen einer 30-prozentigen Effizienzsteigerung ist nicht untersetzt und soll ohne Rücksicht auf die Preise und auf eine echte Aufgabenerfüllung über den Strangulierungsmechanismus des sogenannten Mehrbelastungsausgleichs verwirklicht werden. Er ist von betriebsblinden Finanzwissenschaftlern ohne Interesse an oder Kenntnis
der Gemeinwohlaufgabe der Verwaltung in ihren wissenschaftlichen Elfenbeintürmen ausgeheckt, vom Buchhalter Milbradt übernommen und von den Landräten in einer unglaublichen Verkennung der eigenen Interessen mitgetragen worden.
Bewährte Verwaltungen wie die Umweltverwaltung werden mit dem Ziel eines kalten Aufgabenabbaus zulasten von Umwelt und Wirtschaft mutwillig zerschlagen. Die Anhörung hat das eindrucksvoll ergeben. Bürgerrechte werden abgebaut, wie etwa die faktische Abschaffung des Widerspruchsverfahrens zeigt. Das verdeutlicht die allgemeine Demokratieblindheit dieser sogenannten Reform.
Das Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat klargestellt, dass kommunale Selbstverwaltung nicht in eins mit finanzwissenschaftlichen Effizienzvorstellungen gesetzt werden kann. Kommunale Selbstverwaltung in ihrer verfassungsrechtlichen Garantie meint bürgerschaftliche Mitwirkung an der gemeindlichen und kreislichen Verwaltung. Der Zuschnitt der Gemeinden und Kreise und der Bestand ihrer Aufgaben haben sich also an der Möglichkeit echter bürgerschaftlicher Mitwirkung zu orientieren. Genau das haben Sie bis heute nicht verstanden.
Dies sind im Übrigen Vorstellungen, wie sie in für mich sehr beeindruckender Weise der Vertreter des badenwürttembergischen Gemeindetages in der Anhörung vorgetragen hat. Er hat hier ein kommunales demokratisches Denken zum Ausdruck gebracht, das in Sachsen auch 17 Jahre nach der Wende offenbar noch nicht verstanden wird, geschweige denn verwurzelt ist.
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie können die Konsequenzen des Urteils aus Greifswald nicht mit dem Hinweis wegwischen, dass es in Sachsen ein Leitbild für die Kreisgebietsreform gibt und die neuen Kreise durchaus kleiner sein sollen als die in MecklenburgVorpommern. Auch in Sachsen erschweren Sie die bürgerschaftliche Mitwirkung durch eine Verdoppelung der Kreisfläche, kombiniert mit einer Halbierung der Kreissitze. Die Sorben haben in der Anhörung darauf hingewiesen. Auch in Sachsen stärken Sie die ohnehin schwachen Kontrollrechte der Gemeinde- und Kreisräte nicht. Auch in Sachsen stärken Sie nicht die Organe der bürgerschaftlichen Mitwirkung, nämlich die Kreistage, sondern allein den Landrat als Chef der Kreisverwaltung.
Wir werden darüber anlässlich unseres Gesetzentwurfes zur Stärkung der Rechte der Kreisräte zu reden haben, dessen Anhörung im November stattfindet.
Meine Damen und Herren von der Koalition, ich sage Ihnen: Wenn Sie hier nicht korrigieren, dann werden Sie in Sachsen mit Ihrer sogenannten Reform ganz böse auf die Nase fallen. Wir werden jedenfalls den Weg zum
Verfassungsgerichtshof beschreiten, wenn Sie weiter fest die Augen vor den Anforderungen der kommunalen Demokratie verschließen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Freistaat Sachsen fit für die Zukunft machen ist unser Auftrag.
Dabei ist die Verwaltungs- und Funktionalreform das wichtigste Projekt in der Legislaturperiode, um dieses Ziel zu erreichen. Selbstverwaltung und Handlungsfähigkeit der Kommunen müssen auch in Zukunft gesichert bleiben. Die Zukunft Sachsens hängt davon ab, wie wir die Verwaltung strukturieren. Der Freistaat soll bundes- und europaweit ein wettbewerbsfähiger und attraktiver Wirtschafts- und Lebensraum bleiben. Die jüngsten Rankingzahlen von Dresden stellen das bereits eindrucksvoll unter Beweis: Von Platz 110 auf Platz 13 im deutschen Städtevergleich. – Herzlichen Glückwunsch!
Unseren Kindern und Enkeln sollen funktionierende Strukturen übergeben werden. Daher sollen wir nicht nur Gegenwart leben, sondern wir müssen die künftigen Anforderungen vorausschauend einbeziehen. Die Koalitionsfraktionen des Sächsischen Landtags, CDU und SPD, treffen damit die Entscheidung für die Zukunft unseres Freistaates. Das ist ein deutliches Zeichen für die Handlungsfähigkeit der sächsischen Koalition.
Wir haben den Gesetzentwurf hier im Landtag sechs Tage ausführlich mit Sachverständigen öffentlich diskutiert. Die Bevölkerung des Freistaates hat in unterschiedlichem Maße davon Gebrauch gemacht, daran teilzunehmen.
Das Leitbild der Reform, Herr Lichdi, wurde ebenso erörtert wie die im Gesetzentwurf geplanten gebietlichen Veränderungen der Landkreise. Im weiteren Beratungsverfahren werden jetzt die Anhörungsprotokolle und die Stellungnahmen mit großer Sorgfalt ausgewertet, abgewogen und die notwendigen Entscheidungen mit Mehrheit getroffen. Die Koalition wird sich ab Mitte November eine gemeinsame Haltung dazu erarbeiten.
Herr Lichdi von den GRÜNEN, wenn Sie zum wiederholten Male hier behaupten, eine Aufgabenkritik hätte nicht stattgefunden, dann ist das zum wiederholten Male eine bewusste politische Irreführung der GRÜNEN und wir weisen das mit Entschiedenheit zurück.
Die Mitglieder des Innenausschusses haben am 13. September 2007 über das Beratungsverfahren diskutiert und sich auf den weiteren Weg verständigt.
Herr Präsident, nein danke. Herr Lichdi hat dann noch genügend Redezeit, seine Gedanken hier zu Gehör zu bringen.
Es ist schon ein sehr ungewöhnlicher Vorschlag, den Sie heute mit der beantragten Debatte unterbreiten. Vertreter Ihrer Fraktion, meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, haben Einwände gegen den von der Ausschussvorsitzenden ursprünglich vorgelegten Zeitplan erhoben und längere Zeit für die Auswertung der Ergebnisse für sich beansprucht. Jetzt scheint es, dass Sie frühzeitig fertig geworden sind und eine Debatte, fernab des parlamentarischen Beratungsverfahrens im Innenausschuss, zur Verwaltungs- und Funktionalreform führen wollen. Sie haben sich festgelegt. Das dürfen Sie, Herr Lichdi von den GRÜNEN. Aber jetzt wollen Sie das Parlament binden. Von uns werden Sie dazu heute keine Festlegung erhalten. Wir werden es nicht zulassen, dass Sie uns Verfahrensfehler unterjubeln.
Wir befinden uns mitten in der Auswertung der Protokolle und der Stellungnahmen. Wir werden das vorgesehene Verfahren im Innenausschuss für die Diskussion und Beratung nutzen. Die Sachverständigenanhörung, insbesondere zu den Blöcken 9 und 11, hat deutlich gezeigt, dass die Sachverständigen recht unterschiedliche Auffassungen und Ansätze vertreten. Wir werden dabei alle rechtlichen, insbesondere verfassungsrechtlichen, politischen und tatsächlichen Aspekte sehr genau unter die Lupe nehmen. Sie können davon ausgehen, dass wir uns anhand der vorliegenden Protokolle sehr sorgfältig mit den Argumenten auseinandersetzen werden. Das ist die Grundlage, vernünftige Politik zu gestalten.
Leider sehen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, das nicht so. Wenn Sie sich auch nur an die 1. Lesung der Gesetzentwürfe zur Funktional- und Gebietsreform erinnern, dann wird doch eines deutlich: Sie hatten nichts anderes im Sinn, als die Reform, die die Zukunftsgrundlage für den Freistaat Sachsen bildet, im Ganzen zu Fall zu bringen.
Ziel der Koalition ist es, unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Beratungsverfahren und der Rechte der Fraktionen die Verwaltungs- und Funktionalreform und die damit notwendigen Gesetze zu beschließen. Die CDU-Fraktion wird sich an die Abspra
chen im Innenausschuss halten und ich empfehle Ihnen, das auch zu tun. Vorschnelle Entscheidungen außerhalb des uns auferlegten Verständigungsverfahrens sind der falsche Weg und wir werden diesen Ihren falschen Weg nicht mitgehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich, an Herrn Lichdi anschließend und ihn voll und ganz unterstützend, zu Beginn meines Vortrages Prof. Alfons Gern aus seinem Buch „Sächsisches Kommunalrecht“ zitieren. Im Kapitel zur Geschichte der kommunalen Selbstverwaltung beschrieb Prof. Gern die Zeit des Absolutismus mit folgenden Worten: „Mit dem Erstarken der absoluten Landesmacht gerieten die Gemeinden weitgehend unter obervormundschaftliche Kuratel. Der Rat in den Städten und die Gemeindevorsteher in den Dörfern waren im Wesentlichen nur noch Befehlsempfänger der Landesherrn.“ Welch finstere Zeiten!
Heute ist das Recht der bürgerschaftlich-demokratischen kommunalen Selbstverwaltung verfassungsrechtlich garantiert. Heute hebt das Bundesverfassungsgericht stets hervor, dass es der demokratischen Teilhabe der Bürgerschaft an der Erledigung ihrer öffentlichen Aufgaben den Vorzug gebe gegenüber den ökonomischen Erwägungen, dass eine zentralistisch organisierte Verwaltung rationeller und billiger arbeiten könnte. Heute wird in staatsmännischen Reden über den Aufbau der Demokratie von unten nach oben gesprochen und die Kreise werden als Schule der Demokratie gewürdigt.
Heute vor zwei Monaten, genau am 26. Juli 2007, urteilte das Landesverfassungsgericht in Mecklenburg-Vorpommern zum Gesetz über die Funktional- und Kreisstrukturreform des Landes Mecklenburg-Vorpommern, dass neben den geplanten gesetzlichen Bestimmungen schonendere, mildere, weniger einschneidende, aber dennoch gleichermaßen geeignete Alternativen, die Reformziele zu erreichen, in die Abwägung durch den Gesetzgeber eingezogen, bewertet und vorgezogen werden sollen. Beste Bedingungen also für uns Vogtländer!
Die gleichberechtigten Partner Vogtlandkreis und Kreisfreie Stadt Plauen können selbstverantwortlich ihren Weg zu einer einheitlichen, effektiven, bürgerfreundlichen und zukunftsfähigen Verwaltung suchen. Schon im Juli 2005 fassten der Kreistag und der Plauener Stadtrat den Grundsatzbeschluss, die Verwaltung durch eine intensive Zusammenarbeit effektiver zu gestalten.
Dem Beschluss folgten Taten. Schritte der interkommunalen Zusammenarbeit wurden gemeinsam konzipiert und
der vogtländische Weg gegründet. Das dient dem Wohl der Allgemeinheit und hebt die politische Bedeutung der gesamten Region im Vierländereck Bayern, Sachsen, Thüringen und Böhmen.