Protokoll der Sitzung vom 07.11.2007

auch nichts an der Monopolstellung der großen Konzerne ändern, zumal sie eine Reihe von Ausnahmetatbeständen enthält, die die bisherigen Netzbetreiber bevorzugen.

Zum Schluss möchte ich noch etwas zum Thema erneuerbare Energien sagen, weil Herr Lehmann unter anderem diese Technik für die Preistreiberei verantwortlich gemacht hat. Herr Lehmann, wenn die gleichen Subventionen und der gleiche Lobbyismus für die erneuerbaren Energien – wie in den letzten 50 Jahren für die Atompolitik geschehen – eingesetzt werden würden, dann wären wir damit schon einen wesentlichen Schritt weiter und die erneuerbaren Energien könnten einen noch größeren Beitrag zur Energieversorgung in Deutschland, ja weltweit leisten.

Ich bitte Sie recht herzlich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD und des Abg. Klaus-Jürgen Menzel, fraktionslos)

Ich erteile der Linksfraktion das Wort; Frau Dr. Runge, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag von CDU- und SPD-Fraktion begehrt einen Bericht der Staatsregierung, erstens, wie sich mit dem Wegfall der Tarifaufsicht der Länder für private Kunden die Energiepreise entwickelt haben; zweitens, welche Einflussmöglichkeiten die Staatsregierung auf die Energiepreise hat und, drittens, welche Effekte die Staatsregierung nach der in Kraft getretenen Anreizregulierungsverordnung auf die Netzdurchleitungskosten und damit auf die Endverbraucherpreise erwartet.

Mit Verwunderung nehme ich zur Kenntnis, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten aus den Koalitionsfraktionen unterrichten lassen wollen. – So weit, so gut.

(Heinz Lehmann, CDU: Wir sind bildungsfähig!)

Dazu hätten Sie doch den Bericht der Bundesregierung vom September, also vor wenigen Wochen, studieren können; denn in diesem Evaluierungsbericht der Bundesregierung über die Erfahrungen und Ergebnisse mit der Regulierung wird ausführlich zu den oben aufgeworfenen Fragen Stellung genommen und auf Defizite hingewiesen, warum wir es als Energieverbraucher trotz Senkung der Netzdurchleitungskosten durch die Regulierungsbehörden immer wieder mit exorbitanten Preiserhöhungen zu tun haben und weiterhin zu tun bekommen werden. Darin sind wir einer Meinung.

Allerdings – und jetzt kommt genau die Differenz –: Während Sie, Herr Lehmann, darüber sinniert haben – natürlich werden sich die Weltmarktpreise für Importenergieträger für Deutschland erhöhen und damit werden die Preise steigen –, sollten wir doch genauer darauf achten, wenn wir uns schon über die heimischen Energieträger und deren Verstromung unterhalten, dass wir, die

Politiker, selbstverschuldet Ursachen gelegt haben, die eben nicht kostendämpfend, sondern preistreibend wirken, und genau das ist der Punkt.

Zunächst hat das Wirken der Regulierungsbehörde die Entgelte für die Durchleitung von Gas im Durchschnitt um 0,1 bis 0,5 Cent je Kilowattstunde absenken können. Das ist ein kleiner Erfolg, aber dennoch nicht durchschlagend; denn wir bleiben mit 4,35 Cent je Kilowattstunde Energie aus Erdgas hinter Frankreich mit 3 Cent und Großbritannien mit 2,6 Cent deutlich zurück.

Mit Inkrafttreten der Anreizregulierungsverordnung müssen wir bezüglich einer Absenkung der Netzdurchleitungskosten für Strom eben erst noch Erfahrungen sammeln, um darüber berichten zu können. Insgesamt dürfen wir aber keine überzogenen Erwartungen an dieses Instrument haben; denn Ihre Kontroll- und Genehmigungspflicht bezieht sich ausschließlich auf die Entgelte bei der Durchleitung von Strom, die nur etwa ein Drittel des gesamten Endverbraucherpreises ausmachen.

Die zweite Frage an die Staatsregierung bezieht sich darauf, welche Einflussmöglichkeiten sie auf die Energiepreise habe. Hierzu ist eine Menge zu sagen. Es ist die Frage nach den Instrumenten der Politik und ob die, die wir bisher haben, ausreichen. Hierzu ist ein kurzer Rückblick auf die vergangenen politischen Entscheidungen im Bund aufschlussreich. Nachdem mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes 1998 zwecks Liberalisierung des Energiemarktes in Deutschland der Durchleitungstatbestand nicht geregelt worden ist und mit den Verbänden durch die Vereinbarungen 1 und 2 die Durchleitungsentgelte auf relativ hohem Niveau festgelegt worden sind, kamen die Verbraucher mit der Liberalisierung nur kurzfristig in den Genuss von Energiepreissenkungen. Seit 2000 stiegen die Gas- und Strompreise zum Teil in großen Sprüngen an.

Die staatliche Genehmigungspflicht von Endpreisen für private Kunden fiel mit dem letzten Gesetzgebungsakt der rot-grünen Bundesregierung im Juni 2005 weg. Nun wurde eine Regulierungsbehörde installiert, die die Netzdurchleitungskosten kontrollieren und genehmigen muss. Die staatliche Preiskontrolle als Instrument konnte zwar Preiserhöhungen für private Kunden nicht ganz verhindern, hat aber immerhin kostendämpfend gewirkt.

Was war in der Zwischenzeit geschehen? Die SchröderRegierung hatte mittlerweile mit besonderer Ministererlaubnis die Großfusionen in der Energiebranche genehmigt, sodass wir es heute mit den vier Großen – E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW – zu tun haben, die die Erzeugung, den Handel und die Versorgung mit ihren zahleichen Beteiligungen an Stadtwerken und Regionalversorgern beherrschen. Bis zu weit über 80 % beherrschen diese vier großen Konzerne den Großhandel und damit eben auch den Terminhandel an der Energiebörse.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört!)

Genau das ist das Problem. Das alles geschah unter rotgrüner – genauer: SPD-grüner – Bundesregierung. SPD

Bundeswirtschaftsminister Clement setzte noch eins drauf, indem er die Einsetzung einer Regulierungsbehörde um mindestens vier Jahre verzögert hat – eine willkommene Gelegenheit für die vier Marktbeherrscher, kräftig zuzulangen, vor allem auch in Sachsen. Verivox hat kürzlich ganz aktuell bundesweit Strompreise von 861 Stromversorgern verglichen und kommt zu folgendem Ergebnis: Die Stadtwerke Weißwasser, Eilenburg, Schneeberg, Crimmitschau, Werdau, die Zwickauer Energieversorgung envia M liegen unter den letzten 40 Anbietern mit den höchsten Preisen. Die DREWAG landete auf Platz 747 der teuersten. Der günstigste Anbieter in Sachsen sind die Versorgungsbetriebe Hoyerswerda auf Platz 541. Und schon wieder haben E.ON und RWE Strompreiserhöhungen bis zu 10 % für 2008 angekündigt.

Mit dem Wegfall der staatlichen Preiskontrolle und der Ankündigung einer Verschärfung des Kartellrechtes nehmen alle noch einmal einen kräftigen Schluck aus der Pulle. Nachdem nun seit zwei Wochen die Nachricht der Kartellbehörde über den Verdacht der Preismanipulation, also der Preisabsprachen, durch die Gazetten geistert, wurde es auch der Kanzlerin zu bunt. Sie ermahnte mit erhobenem Zeigefinger die vier großen Konzerne. Herr Glos, seines Zeichens Bundeswirtschaftsminister, hat die vier Großen für den morgigen Donnerstag erneut zu einer Runde gebeten, um mit ihnen die beabsichtigte Novelle des Kartellrechtes durchzugehen.

Wetten, dass auch diese Absicht wieder entschärft wird? Da nützen auch die Drohungen des hessischen Wirtschaftsministers, Alois Riehl, nicht viel. Bisher wird mit der Novelle des Kartellrechts beabsichtigt, die Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen für Energieversorger befristet zu verschärfen, bis die eingeleiteten strukturellen Veränderungen für mehr Wettbewerb sorgen.

Dabei wird wieder nicht viel herauskommen, es sei denn, dass die Kommunikations- und Geschäftsstrategie des neuen Vorstandsvorsitzenden von RWE, Jürgen Großmann, ernst gemeint ist, der den Konfrontationskurs mit der Politik und den Verbraucherverbänden endlich verlassen will und Teilzugeständnisse in einem Energiepakt für Deutschland angekündigt hat. Worte sind genügend gewechselt, es bedarf endlich wirklicher Taten.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Jawohl!)

Insofern ist mir der in Rede stehende Antrag von CDU und SPD einfach zu harmlos.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Stichwort Beschaffungskosten. Dazu möchte ich nur so viel sagen: Wenn über 80 % des Stromgroßhandels und des Handels an der Börse von den vier Großen bestimmt werden, entscheiden diese natürlich darüber, welche Kraftwerke zugeschaltet werden – abgeschriebene Billigstromkraftwerke, Atomkraftwerke oder die neuesten, modernsten mit den höchsten Kosten – natürlich auch mit den höchsten Erzeugerkosten.

Lasst uns endlich über strukturelle Veränderungen auf dem Energiesektor reden, die zur betrieblichen Entflechtung von Energieerzeugung und Netz führen, was DIE LINKE schon lange – wie jetzt auch die EUKommission – dringend fordert. Mit einem Maßnahmenpaket zur Teilung der vier Großen mit den Netzen in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung und mit der Wiedereinführung der staatlichen Preiskontrolle würde das Primat gegenüber der Energiewirtschaft endlich wiederhergestellt sein. Die Verbraucherinnen und Verbraucher hätten davon einen Nutzen.

Ein Journalist der „Süddeutschen Zeitung“ traf den Nagel auf den Kopf, als er an die Grundregeln der Ökonomie erinnerte:

Erstens. Im Wettbewerb bilden sich Preise nach Angebot und Nachfrage.

Zweitens. Ein Unternehmen nimmt sich, was es kriegen kann.

Drittens. Erlaubt ist, was nicht verboten ist. – An dieser Stelle eine Seitenbemerkung an den Abgeordneten der NPD: Solange die Kartelle gegen kein Gesetz verstoßen, sind sie nicht kriminell.

(Alexander Delle, NPD: Ich sagte „wahrscheinlich“!)

Deshalb braucht es politische Rahmenbedingungen, die dieser Abzockerei und dem dynamischen Wachstum der Inflationsrate ein Ende bereiten.

Noch drei weitere Sätze an die NPD, die mit ihrem Antrag in üblicher Kampfrhetorik und martialischer Sprache

(Zuruf von der NPD: Die ist Ihnen abhanden gekommen!)

die Kartelle in der Energiewirtschaft brechen will. Damit ist möglicherweise Ihrer ideologischen Propaganda Genüge getan. Dabei vergessen Sie von der NPD, dass Enteignungen laut Grundgesetz und Sächsischer Verfassung dem Staat hohe Entschädigungsleistungen abverlangen würden. Aber was schert die NPD schon das Grundgesetz oder die Sächsische Verfassung?!

Deshalb wollen wir mit unserem Antrag, der sich seit Wochen im parlamentarischen Gang befindet, erreichen, dass in einer Anhörung mit Rechts-, Energiewirtschafts- und Finanzexperten darüber diskutiert wird, wie die beste strukturelle und die für Bund und Länder kostengünstigste Lösung aussehen könnte.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort. Herr Günther.

(Tino Günther, FDP, spricht vom Saalmikrofon aus.)

Prima. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Aufgrund dessen, dass meine Kollegen im Vorfeld sehr großzügig mit der Redezeit umgegangen sind, kann ich hier leider nur die Grundvoten unserer Fraktion zu diesen Anträgen kundtun. Wir stimmen dem CDU-/SPD-Antrag zu.

(Beifall des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Dem Antrag der NPD stimmen wir nicht zu. Es zerreißt mich fast, weil ich mehr zu diesem Quatsch sagen möchte; aber leider geht es nicht.

Vielen Dank für Ihr Zuhören.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Dann erteile ich der Fraktion GRÜNE das Wort. Herr Weichert, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe aufgehört, die Debatten hier im Haus um die Energiepreise zu zählen. Ich wundere mich jedes Mal aufs Neue, wenn entsprechende Anträge vonseiten der Koalition gestellt werden; denn mindestens so zahlreich wie die Debatten zu den Energiepreisen sind die Lobeshymnen, die unsere Staatsregierung auf den ach so preiswerten und sicheren Energieträger Braunkohle singt.

(Heinz Lehmann, CDU: Das ist gut so!)