Protokoll der Sitzung vom 08.11.2007

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was die Koalition beabsichtigt, haben wir dargelegt. Wir haben klar erklärt, dass wir offensiv mit diesem Thema umgehen. Wir haben uns klar dazu bekannt, dass es eine Änderung des Verfassungsschutzgesetzes geben soll, dass dabei das verfassungsrechtliche Trennungsgebot zwischen nachrichtendienstlichen und polizeilichen Entwicklungen klar beachtet werden muss und dass dies in einem neuen Gesetz verankert wird.

Darüber hinaus ist deutlich geworden, dass wir uns dieser Sache annehmen werden. Wir werden auch die Rechte der Parlamentarischen Kontrollkommission stärken.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Da bin ich gespannt!)

Nicht mehr und nicht weniger war auch der Anlass dafür, diese Debatte zu führen. Insofern, glaube ich, war es wichtig, dass wir diesen Antrag eingebracht und gegenüber der Öffentlichkeit noch einmal deutlich gemacht haben, wie wir als Koalition mit diesem Thema umgehen. Ich glaube auch nicht, dass diese Debatte Sinn hätte, wenn wir eine Debatte in Bezug auf den Untersuchungs

ausschuss führen wollten, denn dafür ist der Untersuchungsausschuss da.

Insofern: Herr Bartl – die Anmerkung sei mir gestattet –, Ihr Beitrag war vollkommen am Thema vorbei.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, Sie haben ein Problem damit, dass Sie Ihren Untersuchungsausschuss nicht hinbekommen, und Sie nutzen jede Gelegenheit, das Thema des Untersuchungsausschusses hier noch einmal auf die Bühne zu bringen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Hermenau – sie ist gerade nicht da; auch hier sei eine Anmerkung gestattet –, Sie haben gesagt, es sei heute nichts Neues herausgekommen. Dann müssen Sie auf einer anderen Veranstaltung gewesen sein. Wir haben angekündigt, dass es eine Gesetzgebungsänderung geben wird, wir haben eine Initiative angekündigt, wir haben eine Stärkung der PKK angekündigt und wir haben gesagt, dass wir den Bericht der Kommission mit einer Drucksachennummer vorgelegt bekommen wollen. Der Innenminister hat Ausführungen aus datenschutzrechtlicher Sicht dazu gemacht, das muss man respektieren. Aber wir bleiben dabei: Wir möchten, dass dieser Bericht vorgelegt wird. – Dann zu sagen, es sei nichts Neues, das kann ich leider nicht nachvollziehen.

Frau Lay – auch da ein Hinweis im Schlusswort –, ich hatte das Gefühl, Sie wollten hier ein bisschen den „Bartl light“ machen. Das ist Ihnen, glaube ich, nicht so recht gelungen, denn der Neuigkeitsgehalt Ihrer Rede war genauso gut wie die Zeitung von gestern.

(Volker Bandmann, CDU: Von vorgestern!)

Also, da habe ich nichts Neues erkennen können.

(Caren Lay, Linksfraktion: Aber bei Ihnen ist es etwas Neues?)

Aber zum Abschluss etwas, was mir wirklich auf der Seele liegt, wenn ich den Herrn Gansel hier höre – „Kollege“ kann man an der Stelle ja kaum sagen – und wenn ich mir dann die Vita anschaue und höre, dass ein Mensch, der Geschichte studiert hat – zumindest soll das so gewesen sein –, einen Vergleich zwischen Staatssicherheit und Verfassungsschutz zieht: Das ist infam und das weise ich in aller Entschiedenheit zurück.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Dass wir hier debattieren und dass wir in einem demokratischen Rechtsstaat darüber diskutieren können, wie der Verfassungsschutz arbeitet, das ist eine grundlegende Unterscheidung in demokratischen Strukturen. Ich würde gern den Vorschlag gemacht haben, dass wir das Geld, das Ihr Studium gekostet hat, lieber genutzt hätten, um vielleicht einen Jugendaustausch mit Israel zu organisieren.

Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der Linksfraktion und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Noch eine Richtigstellung.

Eine Klarstellung. Durch die Frage von Herrn Eggert bin ich darauf hingewiesen worden, dass ich mich etwas unklar ausgedrückt habe. Es wird kein neuer Bericht geschrieben. Der vorhandene Bericht wird in Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten bearbeitet – –

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Bearbeitet, ja!)

Herr Hahn, Sie wissen durch die PKK sehr genau, was man tun muss, damit man keine unschuldigen Personen von vornherein mit einem Makel versieht. Mir geht es darum, dass sich der Datenschutzbeauftragte bitte mit uns gemeinsam den Bericht anschaut und festsetzt, was an Einzelpunkten, an Einzelpassagen in geeigneter Form weitergegeben werden kann. Es wird aber kein neuer Bericht geschrieben, sondern es wird natürlich der vorhandene Bericht übergeben.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Das war also die notwendige Richtigstellung vor der Abstimmung, damit alle wissen, worüber sie jetzt abstimmen. – Ich stelle nun die Drucksache 4/10074 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen worden.

Es gibt noch eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten, nehme ich an. Frau Lay, bitte.

Es ist richtig, Frau Präsidentin, ich habe dem Antrag zugestimmt und habe das in der Rede auch ausführlich begründet. Aber ich verbinde diese Zustimmung mit einer ganz klaren Erwartungshaltung: dass nämlich jeder Abgeordnete die Möglichkeit haben muss, den vollständigen Bericht ohne Schwärzungen einzusehen – meinetwegen im Geheimschutzsaal des Sächsischen Landtags –, mit der Erwartungshaltung, dass der Einsetzungsauftrag vom Innenminister vorgelegt wird und dass vor allen Dingen die umfangreichen Anlagen, die zur Erstellung des Berichts geführt haben, ebenfalls von jedem Abgeordneten eingesehen werden können. Diese sind in vielen Punkten ja auch wesentlich spannender als der etwas einsilbig gefasste Bericht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Noch eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten? – Herr Dr. Hähle, bitte.

Ich wollte nur darauf hinweisen, dass wir das, was Frau Abg. Lay hier angeführt hat, nicht beschlossen haben.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sie hat auch von der Erwartung gesprochen und nicht von dem Beschluss! – Unruhe)

Ich möchte die Kollegen der Technik darauf aufmerksam machen – sie haben es vielleicht schon mitbekommen –, dass die

Saalmikrofone im Moment nicht richtig funktionieren, dass sie zwar leuchten, aber nicht übertragen. Aber das bekommen wir bestimmt noch hin. Das Pult hier vorn kann genutzt werden.

Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 3 und wir gehen über zum

Tagesordnungspunkt 4

Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Drucksache 4/10061, Antrag der Linksfraktion

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die Linksfraktion, danach die übliche Reihenfolge. – Ich rufe die Linksfraktion auf und übergebe die Tagungsleitung an meine Kollegin Dombois.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hartz IV – es sollte einst das große Reformprojekt der rot-grünen Bundesregierung sein – ist in die Krise geraten. Ein Gewinnerthema war es wahrlich nicht. Hartz IV hat die Armut in Deutschland verschärft, es bedeutet für viele Menschen Perspektivlosigkeit und Entrechtung. Viele Einzelpunkte zur Agenda 2010, zum Thema Hartz IV haben wir hier im Sächsischen Landtag – meist auf Antrag der Linksfraktion – bereits diskutiert.

Insbesondere die schnelle Herabstufung vom Arbeitslosengeld-I- zu einem Hartz-IV-Empfänger löst bei den Betroffenen Frustration aus, denn vor allem ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die jahrzehntelang in die Arbeitslosenversicherung – ich betone: Arbeitslosenversicherung – eingezahlt haben, fühlen sich jetzt um ihre Lebensleistung, fühlen sich um ihr Eigentum gebracht.

Meine Damen und Herren, der Vorsitzende der SPD hat erkannt, dass man hier etwas ändern muss. Ob er nun die schlechte Stimmung für die SPD erkannt hat oder auch inhaltlich zur Einsicht gekommen ist, dass das tatsächlich unfair ist und dass es auf dem Rücken von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ausgetragen wird, sei dahingestellt. Wir freuen uns, wenn die SPD hier eine Kehrtwende vollzieht. – Von einem Linksruck, das gestehe ich, wage ich noch nicht zu sprechen. – Das zeigt doch vor allem eines: DIE LINKE wirkt.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Denn monate-, ja jahrelang haben wir uns hier vorwerfen lassen müssen: Immer wieder Hartz IV! Schon wieder diese Bundesthemen! Immer diese Schwarzmalerei! Warten Sie es ab! – Schön, dass Sie jetzt, wenn auch zaghaft, beginnen, sich unserer Kritik anzuschließen. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, dass sich der SPDParteitag für eine Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I für ältere Arbeitnehmer ausgesprochen hat. Das greifen wir gern auf, auch wenn wir in der

Vergangenheit weitreichendere Dinge zur Reformierung von Hartz IV vorgetragen haben. Wir erkennen an, dass sich in der Parteienlandschaft doch zunehmend die Erkenntnis durchsetzt, dass Hartz IV, die Einleitung von Sozialabbau und Entrechtung von Erwerbslosen, der falsche Weg war, und wir begrüßen jeden noch so zaghaften Schritt, das Ruder wieder herumzureißen und für mehr soziale Gerechtigkeit in Deutschland zu sorgen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Die Linksfraktion fordert daher, die Regelbezugsdauer von Arbeitslosengeld I für ab 45-Jährige auf bis 15 Monate und für ab 50-Jährige auf bis 24 Monate zu verlängern. Das entspricht dem Beschluss des SPD-Parteivorstandes vom Oktober 2007.

Man kann natürlich auf der einen Seite sagen, dass es schon eine gewisse Schizophrenie ist, dieses Hartz-IVGesetz zuerst mit aller Gewalt gegen alle Widerstände durchzuboxen, um es Jahre später öffentlichkeitswirksam zu korrigieren.

Aber, meine Damen und Herren, es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich denke, wenn wir hierbei einen Politikwechsel in Deutschland zugunsten arbeitsloser Menschen in Richtung mehr sozialer Gerechtigkeit einleiten, dann muss der Sächsische Landtag die Gunst der Stunde nutzen; denn auch in Sachsen sind zunehmend mehr Menschen davon betroffen. Deshalb werden wir die SPD nicht an ihren Parteitagsbeschlüssen, sondern an ihren Taten messen lassen. Ich denke, der Sächsische Landtag sollte einem Antrag zustimmen und Ihnen die Gelegenheit geben, das, was Sie auf dem Parteitag zur Verlängerung von Arbeitslosengeld I beschlossen haben, tatsächlich Realität werden zu lassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Die CDUFraktion, bitte.