Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Herr Staatsminister Buttolo, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Beantwortung der Kleinen Anfrage von Herrn Dr. Martens habe ich eine aktuelle Aufstellung zur Einhaltung der Hilfsfrist in den Landkreisen und kreisfreien Städten und Rettungszweckverbänden vorgelegt. Ich habe dargelegt, welche Maßnahmen zur Verbesserung ergriffen worden sind. Die Zahlen haben auch mich nicht zufriedengestellt. Mein Haus ist da bereits seit einem Jahr tätig.
Lassen Sie mich kurz etwas zum Sachverhalt sagen. Die Hilfsfrist wird bundesweit als eine planerische Vorgabe für den Einsatz der Rettungsmittel im bodengebundenen Rettungsdienst bei der Durchführung der Notfallrettung definiert. Das ist in den Bundesländern nicht einheitlich geregelt. Die Hilfsfrist beträgt in Sachsen nach § 26 dese SächsBRKG 12 Minuten. Das haben wir in der Diskussion bereits von mehreren Abgeordneten gehört.
Die Hilfsfrist gilt als eingehalten, wenn sie planerisch bei 95 % der in einem Jahr im Dienstbereich zu erwartenden Notfalleinsätze eingehalten werden kann. Es handelt sich um eine planerische Zielgröße, die in Sachsen im Vergleich zu manch anderem Bundesland recht ehrgeizig und aus meiner Sicht sehr richtig ist.
Die Statistik zeigt, dass vor allem in ländlichen, dünn besiedelten und topografisch ungünstigen Gebieten Schwierigkeiten bei der Erfüllung der Hilfsfrist bestehen. Ich möchte die einzelnen Ursachen, die bereits angegeben worden sind, nicht noch einmal wiederholen. Im Freistaat betrug die Hilfsfristeinhaltung im Jahr 2006 87 %. Dabei ist es aus meiner Sicht weniger bedenklich, dass die Gesamtzahl im Vergleich zu 2005 um 1 % gesunken ist, als vielmehr, dass eine Reihe von Trägern des Rettungsdienstes Quoten von nur 85 % und darunter vorweisen.
Da die Krankenhausdichte in diesen Regionen nicht sehr groß ist, sind zudem längere Anfahrtswege nötig. Häufig werden Rettungswagen für Patiententransporte in andere Krankenhäuser eingesetzt, die woanders dann fehlen. Insgesamt führt dies dazu, dass die Rettungsmittel überdurchschnittlich lange gebunden sind. Der Einsatz eines Krankenwagens anstelle eines Rettungswagens ist zwar ausnahmsweise möglich, aber er erfüllt die Hilfsfrist per Definition nicht, selbst wenn er innerhalb der Frist eintrifft.
Aus diesem Grund hat mein Haus im November 2006 alle Landräte, Oberbürgermeister und Geschäftsführer der Rettungszweckverbände angeschrieben und die Erfüllung der Hilfsfrist angemahnt. Ich habe es nicht bei diesem Appell bewenden lassen, sondern weitere Maßnahmen ergriffen. Drei davon möchte ich nennen: erstens die weitere kontinuierliche Erfassung und Auswertung der Notfalleinsätze und zweitens verschärfte Regelungen in der Landesrettungsdienstplanverordnung vom 5. Dezember 2006.
In § 5 der Verordnung sind nunmehr die Grundsätze der Fahrzeugbemessung für Rettungswagen, Notarztwagen und Notarzteinsatzfahrzeuge verbindlich geregelt. Ergibt die Berechnung, dass die Zahl der Rettungsmittel nicht ausreicht, müssen diese beschafft werden. Dies muss gemeinsam mit den Krankenkassen als Kostenträger erfolgen. In § 3 Abs. 5 der Verordnung müssen die Träger für alle Notfalleinsätze, bei denen die Hilfsfrist überschritten wurde, Kurzberichte über die Ursachen fertigen, die Ergebnisse auswerten und die veranlassten Maßnahmen dokumentieren. Frau Herrmann hat ausgeführt, dass dies bereits seine Wirkung zeigt.
Die dritte Maßnahme: Die Regierungspräsidien, die die Bereichspläne der Träger der Rettungsdienste zu genehmigen haben, sind angehalten, auf Maßnahmen zur Einhaltung der Hilfsfristen zu drängen.
Dies alles lässt sich allerdings nicht kurzfristig umsetzen. So müssen die Bereichspläne grundlegend überarbeitet werden. Gegebenenfalls müssen Standorte von Rettungswachen verlagert bzw. Außenstellen von Rettungswachen eingerichtet werden. In diese Planungen müssen die Krankenkassen einbezogen werden, da sie hierfür die Kosten tragen.
Es gibt positive Beispiele von Trägern, die Veränderungen bereits durchgesetzt haben. Hier ist der gerade im FDPAntrag als schlechtes Beispiel genannte Weißeritzkreis hervorzuheben. Dort wurde bereits im Jahr 2006 der Bereichsplan komplett überarbeitet. Dabei wurde die Fahrzeugbemessung schon entsprechend der Regelungen in der Landesrettungsdienstplanverordnung berechnet. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass zwei zusätzliche Rettungswachen und zwei zusätzliche Rettungswagen notwendig sind, um die Einhaltung der Hilfsfrist zu gewährleisten. Die Kostenträger haben diesem Zusatzbedarf zugestimmt. In der 28. Kalenderwoche dieses Jahres konnte bereits eine zusätzliche Außenstelle einer Rettungswache in Glashütte in Betrieb genommen werden.
Die Auswirkung auf die Hilfsfristeinhaltung wird sich allerdings erst in der Statistik des kommenden Jahres widerspiegeln.
Meine Damen und Herren! Ich bin dankbar für den Änderungsantrag, denn damit werden tatsächlich belastbare Auswertungen ermöglicht. Ich gehe davon aus, dass die abgeforderten Unterlagen im ersten Quartal des nächsten Jahres eintreffen werden. Natürlich muss auch eine solide Auswertung erfolgen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße es ausdrücklich, wenn wir uns in diesem Haus so einig darüber sind, dass die Situation im Rettungsdienst, die Einhaltung der Hilfsfrist betreffend, in Sachsen nicht befriedigend ist und dass wir Anstrengungen unternehmen sollten, sie zu verbessern. Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, wenn wir bis zum 30.06. zu einem Bericht kommen, obwohl wir ihn zum 31.03. haben wollten. – Ich kann sagen, dass wir uns beim Änderungsantrag enthalten werden.
Lassen Sie mich noch eines anmerken, Herr Staatsminister. Es ist von Kollegen Pietzsch angesprochen worden, dass bei der Rettungsdienstfrist viele Faktoren einen Strich durch die Rechnung machen können. Das ist mir alles bekannt. Ich selbst habe, wie ich schon sagte, viele Jahre im Rettungsdienst gearbeitet und dort Zivildienst gemacht. Man muss auch schauen, mit welchen Messinstrumenten und Messvorgaben die Hilfsfrist ermittelt wird. Wenn ich in der Tat davon ausgehe – 60 Kilometer pro Stunde bei Tag und trockener Fahrbahn im Sommer –, dann bekomme ich andere Ergebnisse, als wenn ich einen Mix mache aus solchen Verhältnissen wie beispielsweise einer verschneiten Straße in der Nacht im Winter im Erzgebirge. Auch topografische Faktoren sollten daher noch einmal überprüft werden, inwieweit sie einfließen und gewichtet werden.
Zur Berichterstattung. Die Kurzberichte im Falle der Nichteinhaltung der Frist sind natürlich unbeliebt, aber sie führen nicht unbedingt zu Erkenntnisgewinn, sondern unter Umständen zu Tricksereien. In diesem Zusammenhang ist mir von einem leitenden Notarzt mitgeteilt worden, dass es in seinem Rettungsdienstzweckverband gerade im Hinblick auf solche Berichte angeordnet worden ist, dass sich die Einsatzmittel – die Rettungswagen und Krankenwagen – per Funk melden, wenn sie am Einsatzort eintreffen. Das ist Vorschrift. Das wird dann auch protokolliert. Jedoch lässt es sich wunderbar verändern, wenn man die Weisung gibt, dass sich nicht erst beim Eintreffen am Ort, sondern beim Eintreffen in der Zielstraße gemeldet wird.
Stellen Sie sich vor: In Chemnitz heißt das, sobald jemand in die Zwickauer Straße hineinfährt, drückt er „Angekommen“. Das ist dann die Zielstraße. Sie wissen, dass es in der Zwickauer Straße in Chemnitz über 400 Hausnummern gibt. Das heißt, er fährt dann noch 10 Minuten raus, aber nach der Statistik ist er bereits angekommen. Auch bei solchen Tricksereien sollte man ein Auge darauf haben, dass man hier nicht ganz einfach hinters Licht geführt wird.
Ich kann Ihnen sagen, das ist nicht bei uns im Chemnitzer Zweckverband, es ist in einem anderen Zweckverband, aber ich werde mir überlegen, in welcher Form ich Sie darüber unterrichte. Jedenfalls bedanke ich mich für die Diskussion. Es hat sich gezeigt, dass dieses Thema wichtig ist und dass es von allen in gleichem Maße anerkannt wird.
Meine Damen und Herren! Es liegt ein Änderungsantrag vor. Ich bitte, dass dieser Änderungsantrag Drucksache 4/10267 eingebracht wird. Herr Pietzsch, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mit meiner Rede – wie schon Kollege Bräunig – die einzelnen besonderen Punkte noch einmal hervorgehoben, um die es uns geht: einfach um für dieses gesamte Berichtssystem eine solidere Grundlage vorzufinden, um Entscheidungen mit anmahnen und kontrollieren zu können. Ganz wichtig ist auch, dass die Leitstellen mit den Standorten der Wache nichts zu tun haben. Kollegin Herrmann hat das auch angesprochen – ich wäre da sofort aufgesprungen –, aber Sie haben sich dann noch mal fachlich richtig korrigiert.
Es ist egal, von welcher Stelle sie angerufen werden, die Wachen müssen vor Ort diese Hilfsfrist einhalten, das ist das Allerwichtigste. Gerade in Anbetracht der ins Haus stehenden Veränderungen zum Auswahlverfahren müssen wir sehen, dass wir jetzt Auswirkungen der Zweckverbandsveränderung usw. im Auge behalten.
Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag, der die ganze Palette etwas besser abrundet. Wir können das nur allen empfehlen.
Gibt es dazu Aussprachebedarf? – Das scheint nicht so zu sein. Dann können wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag kommen. Ich rufe den Änderungsantrag von CDU- und SPD-Fraktion, Drucksache 4/102267, auf und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Damit ist der Änderungsantrag angenommen, und wenn ich es richtig sehe, ist das
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die Fraktion GRÜNE und danach die übliche Reihenfolge. Frau Günther-Schmidt, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bringe diesen Antrag in Vertretung des Kollegen Lichdi ein, der sich leider krankgemeldet hat.
Also, stellen Sie sich vor, es ist Samstag, der 13. Oktober, ein sonniger, nur etwas kühler Frühherbsttag dieses Jahres. Die Leipziger nutzen am Nachmittag das schöne Wetter für ausgiebige Spaziergänge in der freien Natur. Auf einmal wird diese Idylle durch lautes Sirenengeheul unterbrochen. Tiefschwarze Rauchschwaden steigen in die Luft und verdunkeln den Himmel über dem Leipziger Westen. 32 Fahrzeuge der Feuerwehr eilen zu einem Gewerbegebiet am Rande der Messestadt. Dort befindet sich die Recyclingfirma SERO und es brennt.
(Volker Bandmann, CDU: Das stand doch schon in der Zeitung! – Karl Nolle, SPD: Das gibt es doch gar nicht!)
Auf insgesamt 5 000 Quadratmetern brennen eine Halle und die benachbarte Freifläche zur Lagerung von Plastikstoffen und Papierballen. Vorsorglich werden ein Hotel und eine Tankstelle geschlossen. Die Bevölkerung wird über Rundfunk aufgerufen, Türen und Fenster geschlossen zu halten. Über drei Stunden benötigen die 150 Feuerwehrleute, bis sie das Feuer unter Kontrolle haben. Erst am Sonntagmorgen ist der Brand endgültig gelöscht.
Nicht nur in Leipzig, an vielen Orten hat es gebrannt: in Chemnitz, Coswig, Delitzsch, Großpösna usw. Insgesamt an 59 Standorten in Sachsen wurden seit dem 1. Januar 2003 Abfallbehandlungs- oder Recyclinganlagen zum Opfer der Flammen. Dies ist das Ergebnis einer Kleinen Anfrage „Brände bei Recyclinganlagen in Sachsen“, Drucksache 4/9504, von Johannes Lichdi. Der Brand, der sich bei SERO in Leipzig ereignete, ist also nur die Spitze des Eisberges. Er reiht sich als die unrühmliche Nr. 59 in die Liste der Brände in den genannten Anlagen ein.
Meine Damen und Herren! Die Häufigkeit der Brände in den Recycling- und Abfallbehandlungsanlagen in Sachsen ist viel zu hoch. Betrachtet man die Materialien, die durch die Brände vernichtet werden, dann zeigt sich immer
wieder, dass Plastik und Gummi zu den bevorzugt verbrannten Materialien gehören. Mehrfach werden in der Kleinen Anfrage gepresste Ballen aus Kunststoffabfällen genannt, die bei den Bränden vernichtet wurden. Allein in Leipzig waren es 712 Tonnen Kunststoffabfälle.
Hinlänglich bekannt ist, dass in der Branche Schwierigkeiten und hohe Kosten beim fachgerechten Entsorgen von gemischten Plastikabfällen bestehen. Die großen Mengen der anfallenden Kunststoffabfälle überfordern häufig die Entsorger. Viele von Ihnen haben sicher noch die Bilder von gelben Säcken mit Abfällen des Grünen Punktes, die in den Neunzigerjahren auf Deponien bzw. Gebieten des Baltikums landeten, vor Augen. Das ist heute nicht mehr so. Das Entsorgungsproblem hat sich in die Bundesrepublik zurückverschoben.
Die Entsorgungsfirmen, bei denen es brannte, müssen sich nun Nachfragen gefallen lassen: Kann man ein wirtschaftliches Interesse an den Bränden ableiten? Entstehen den Recyclingfirmen, bei denen Kunststoffabfälle unkontrolliert verbrennen, wirtschaftliche Vorteile?