Protokoll der Sitzung vom 08.11.2007

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

58-mal hat es seit Januar 2003 bis heute in Sachsen in Abfall- und Recyclinganlagen gebrannt. Das entspricht etwas mehr als einem Brandfall pro Monat. Dem muss in der Tat nachgegangen werden. Die Staatsregierung weist in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage von Johannes Lichdi zu den Bränden in sächsischen Recyclingfirmen zu Recht darauf hin, dass aufgrund dieser Entwicklung die Überwachungstätigkeiten in diesem Bereich intensiviert worden sind. Zur Vermeidung gleicher oder ähnlicher Ereignisse haben die zuständigen Behörden für Immissionsschutz, Arbeits- und Brandschutz weitere Maßnahmen gefordert. Diese Maßnahmen werden hinsichtlich der Realisierung und Einhaltung überwacht und überprüft. Außerdem sind die von der Staatsanwaltschaft beauftragten Gutachten in die erfolgten Untersuchungen einbezogen worden. Bei Genehmigungsverfahren werden die neuen Erkenntnisse aus der staatsanwaltlich veranlassten Untersuchung ebenfalls in die Prüfung einbezogen.

(Unruhe im Saal – Glocke der Präsidentin)

Nach Stand der Technik und bei Einhaltung aller Vorschriften und dem ordnungsgemäßen Betrieb der Anlagen gelten die bestehenden Brandschutzvorschriften und Kontrollmaßnahmen als absolut ausreichend. Nach besonderen Ereignissen werden die Kontrollzyklen durch die Behörden sowieso verkürzt.

Liebe Fraktion der GRÜNEN! Sachsen ist sowieso nicht Seveso.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Nun kommen Sie mit so einem Antrag und fordern unverzüglich eine interministerielle Arbeitsgruppe, die, wenn ich das richtig deute, aus einer Gruppe von Beamten besteht, die über das derzeit Mögliche und Notwendige hinaus einen für mich unglaublichen Berichts- und Maßnahmenkatalog erarbeiten soll. Ich habe mich bei der Lektüre gefragt, wie viel Zeit Sie dem Ganzen einräumen, und mich dann wirklich erschreckt, dass Sie diesem Wust an Bürokratie nur bis Ende März Zeit zur Vorlage geben. Wir glauben nicht, dass die von Ihnen geforderten Berichte in dieser Form und in der personellen Besetzung erarbeitet werden können. Ich glaube auch nicht, dass solche Berichte notwendig sind, zum Beispiel ein Anordnungskatalog der Eigenüberwachung drei Jahre vor einem Brandereignis. Das ist überbordende Bürokratie und nutzt niemandem.

Der von Ihnen unter Punkt 8 geforderte Bericht zur Korruptionsgefahr im Bereich der zuständigen Umweltbehörden ist nach meiner Meinung ein Schlag ins Gesicht aller in der Umweltbehörde tätigen Mitarbeiter. Es ist schlicht eine Frechheit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es geht ja noch weiter. Die Brände hätten auch Plasteabfälle vernichtet. Das ist sicher so. In der Regel wird etwas vernichtet, wenn es brennt. Aber in Ihrer Begründung

heißt es, man munkelt in der Öffentlichkeit, dass die Entsorgungsfirmen die Brände selbst legen würden, um Kosten bei der Entsorgung von Abfällen aus dem Dualen System zu sparen. Es ist einfach abstrus, dass irgendjemand seine Abfallentsorgungsanlage abfackelt, um Kosten zu sparen. Das ist vollkommen abstrus.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Günther-Schmidt, ich nehme es Ihnen natürlich nicht übel, dass das ein Antrag von Herrn Lichdi ist. Er wird sicherlich diese Rede am PC verfolgen, auch wenn er krank ist.

Dieser Antrag reiht sich nahtlos in die Reihe Ihrer Hetzanträge gegen sächsische Firmen ein. Mir klingen noch die Ohren, wenn ich an Ihre Dioxinanträge denke, die eine einzige Hetze gegen die Firma Feralpi waren. Hauptsache, Sie haben immer ein schönes Angst- und Schreckensszenario, mit dem Sie die Bürger in Sachsen behelligen können!

Aber ganz im Ernst, Brände sind schlimm, müssen möglichst vermieden und die Brandursachen aufgeklärt werden. Das geschieht mit Fachleuten vor Ort. Es wird gegenwärtig alles menschen- und technisch Mögliche schon getan. Ihr Antrag trägt nicht zum Brandschutz in Sachsen bei. Er dient maximal als Zündhilfe in meinem Kamin.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Mir liegen jetzt keine Wortmeldungen aus den Fraktionen mehr vor. – Dann erhält die Staatsregierung das Wort. Herr Staatsminister Prof. Wöller, bitte.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Staatsregierung nimmt die jüngsten Brände bei den Abfallbehandlungs- und Recyclinganlagen sehr ernst. Mein Haus hat bereits erste Schritte in die Wege geleitet.

In diesen Tagen ist eine Sonderüberwachung in den Abfallbehandlungs- und Recyclinganlagen angelaufen. Diese wird gemeinsam von Umweltfach- und Brandschutzbehörden durchgeführt. Hierbei werden insbesondere die Maßnahmen beim vorbeugenden Brandschutz und die gelagerten Mengen überprüft.

Die Sonderüberwachung wird noch im Dezember dieses Jahres abgeschlossen sein. Die Ergebnisse werden dann bilateral zwischen dem SMUL und dem SMI ausgewertet. Gegebenenfalls werden weitere Maßnahmen festgelegt. Dieses Zusammenspiel hat sich in der Verwaltung vielfach bewährt, ohne dass hierfür immer gleich nach interministeriellen Arbeitsgruppen geschrien werden muss.

Meine Damen und Herren! Eine Häufung von Brandereignissen bei den Anlagen ist unbestritten. Aber wir müssen uns vor Augen halten, dass höchstens bei einem Drittel von Selbstentzündungen ausgegangen werden

Erstens: Wir halten es für nicht ausgeschlossen – vorsichtig gesagt –, dass bei den Bränden in Recycling- und Abfallbehandlungsanlagen nachgeholfen wurde. Deshalb ist für meine Fraktion zur Bewertung der Brände die Kenntnis über die Höhe der entstandenen Schäden, über deren versicherungsmäßige Abdeckung sowie über die Kosten, die bei einer ordnungsgemäßen Entsorgung des verbrannten Materials entstanden wären, unabdingbar.

kann. Nur in diesen Fällen können wir präventiv durch technische und organisatorische Maßnahmen eine Verbesserung erreichen. Der kriminellen Energie eines Brandstifters kann nur bedingt präventiv entgegengewirkt werden.

In enger Zusammenarbeit mit den Anlagenbetreibern und der Ortspolizei werden wir versuchen, auch hier mehr Sicherheit zu schaffen.

Abfallbehandlungs- und Recyclinganlagen stehen schon seit vielen Jahren im speziellen Fokus der Staatsregierung. Der Abg. Kollege Heinz hat hierauf schon hingewiesen, wofür ich ihm dankbar bin.

Wir haben die Überwachungstätigkeit schon in den vergangenen Jahren intensiviert und diese Anlagen in besondere Schwerpunktüberwachungen einbezogen, auch und gerade in Bezug auf den Brandschutz.

Auf Initiative des Freistaates Sachsen wurde im BundesImmissionsschutzgesetz die Pflicht verankert, Sicherheitsleistungen für die gelagerten Abfälle zu hinterlegen. Dadurch und dank unseres konsequenten Vollzugs sind Abfallentsorgungsanlagen mit Bergen von zurückgelassenem Müll äußerst selten geworden. Nun gilt es, in diesen Anlagen den vorbeugenden Brandschutz weiter zu stärken, damit die aufgetretenen Brandereignisse rasch der Vergangenheit angehören. Hierzu sollten wir zunächst die Ergebnisse der gemeinsamen Sonderüberwachung abwarten.

Die Thematik wurde erkannt. Die zuständigen Behörden arbeiten bereits mit dem dort vorhandenen Fachverstand. Insofern benötigen wir keine zusätzliche interministerielle Arbeitsgruppe. Sie würde zu keiner Verbesserung der Situation beitragen. Ich empfehle daher, den Antrag abzulehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Frau GüntherSchmidt, Sie haben Gelegenheit zum Schlusswort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Schluss noch auf einige ausgewählte Aspekte unseres Antrages eingehen. Wir fordern eine unverzüglich einzurichtende interministerielle Arbeitsgruppe. Sie haben es eben erwähnt und nicht so richtig gut finden können. In dieser sollen neben dem SMUL und seinen nachgeordneten Behörden auch das SMI und – ganz wichtig für uns – externe unabhängige Experten mitwirken. Die Arbeitsgruppe soll bis zum 31. Mai 2008 ihren Abschlussbericht vorlegen.

Die einzelnen Schwerpunkte, die unser Antrag legt, möchte ich noch einmal kurz skizzieren.

Zweitens: Diese Arbeitsgruppe soll ebenfalls untersuchen, ob die zuständigen Behörden die betroffenen Anlagen bislang ordnungsgemäß kontrolliert haben. Besonders wichtig ist für uns zu fragen, ob die Behörden nach der geplanten Verwaltungsreform auch weiterhin in der Lage sein werden, ihre Aufgaben vollständig wahrzunehmen.

Drittens: Der Vollzug abfall- und bodenrechtlicher Vorschriften ist ein korruptionsgefährdeter Bereich im Sinne der Verwaltungsvorschrift Korruptionsbekämpfung. Diesen Umstand bestätigt uns die Staatsregierung ausdrücklich auf eine Frage in unserer Großen Anfrage zur Verwaltungsreform, Drucksache 4/4840. Deshalb soll untersucht werden, ob die jetzige und künftige Personalausstattung in den Behörden ausreicht, um Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung zu ermöglichen.

Viertens: Schließlich erwarten wir von dem Arbeitsgremium Vorschläge zur Neuregelung der Standards zur effektiven Verhinderung von Brandgefahren und der Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Natur.

Nun noch ein paar Anmerkungen zu meinen Vorrednern: Herr Heinz, mit der Formulierung, „dann haben die eben Pech gehabt“ – nämlich die Anwohner, die ihre Fenster geöffnet halten –, finde ich, nehmen Sie Betroffene nicht ausreichend ernst.

Herr Günther, bei Ihnen ist es schwierig, überhaupt darauf einzugehen. Die liberale Lösung, wenn keine Streichhölzer mehr vorhanden sind, werden Brandstiftungen kein Problem mehr sein, halte ich für außerordentlich schwierig.

Wenigstens habe ich bei Minister Wöller ein gewisses Problembewusstsein erkannt, das mich nicht ganz unzufrieden zurücklässt. Ich bitte dennoch um Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir kommen zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 4/10182 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Es gibt keine Stimmenthaltungen, aber einige Stimmen dafür. Dennoch ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt und die Drucksache demzufolge nicht beschlossen. Wir beenden den Tagesordnungspunkt 8.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Aktualisierte GA-Anmeldung Rahmenplan 2007 – 2010 der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes

Drucksache 4/8594, Unterrichtung durch die Staatsregierung

Drucksache 4/10113, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft

Es ist keine Redezeit vorgesehen. Ich frage dennoch, ob ein Abgeordneter das Wort wünscht. – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich den Berichterstatter des Ausschusses, Herrn Heinz, ob Sie noch das Wort wünschen.

(Zuruf von der CDU: Wehe!)

Nein. Dann stimmen wir über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft in der Drucksache 4/10113 ab. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr

Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Der Beschlussempfehlung des Ausschusses ist mehrheitlich zugestimmt worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 9 damit beenden.