Protokoll der Sitzung vom 09.11.2007

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das Tausendjährige Reich ist jetzt nicht Thema. Beim Thema bleiben, Frau Kollegin.

Übrigens: Würden Sie den Vortrag, den Sie uns hier zugemutet haben, auch in Weißwasser oder in Hoywoy halten?

(Zuruf von den GRÜNEN: Ja!)

Sicher? Was glauben Sie denn, wie viel Prozent Sie dann dort noch bekommen?

Wenn Sie schon über die Lausitz reden, dann würde ich sagen: Gehen Sie einmal auf die Sicherheitslage ein, aber das ist auch nicht Thema.

Ich will Ihnen noch etwas sagen – das kam ja gestern hier durch –: Wenn sich die Bundespolizei aus dem Schluckenauer Zipfel da oben rundherum

(Der Abgeordnete weist auf die sich hinter dem Präsidium auf der Wand des Plenarsaals befindliche Sachsenkarte.)

zurückzieht, wissen Sie, was dann los ist? Dann gibt es einen Volksaufstand. Aber das gehört nicht zum Thema, das nur nebenbei. So viel zur Lausitz.

Ich werde den Verdacht nicht los, dass, wenn es hier um Energie geht und sich die grüne Truppe zu Wort meldet – übrigens, der Oberhäuptling ist ja heute nicht da, eigentlich schade, der Schutzpatron aller Vögel in Sachsen –,

(Zuruf von der Linksfraktion: Wer ist der „Oberhäuptling“?)

wenn es zur Sache kommt, fehlt er natürlich immer. Das ist klar. Aber wenn es mal ans Eingemachte geht, dann kann man doch sagen: Der Grundwasserspiegel in der Lausitz – Frau Hermenau, hören Sie gut zu –, steigt dank der Anstauungen; ja, natürlich.

Was Ihnen in neuester Zeit auch nicht entgangen sein dürfte: Wenn sogar Meister Graubein wieder in die Lausitz zurückkehrt, dann sollten wir damit zufrieden sein.

Aber ich will Ihnen zum Abschluss noch ganz kurz sagen: Ich werde seit einiger Zeit den Verdacht nicht los – nicht nur bei Ihnen, sondern bei Ihrer ganzen Truppe –, Sie wollen den Morgenthau-Plan kalt durch die Hintertür hier einführen.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Ihre Industriefeindschaft wird langsam krankhaft.

Danke.

(Stefan Brangs, SPD: Den Morgenthau-Plan? – Klaus-Jürgen Menzel, fraktionslos: Genau! – Stefan Brangs, SPD: Morgenröthe?)

Herr Menzel, ich wollte Sie nur bitten, darauf zu achten, dass es in diesem Haus fraktionslose Abgeordnete und Fraktionen gibt. Truppen gibt es hier nicht. Und das ist auch gut so.

(Beifall bei der Linksfraktion, der FDP und den GRÜNEN)

Ich frage, ob es aus den Fraktionen noch Diskussionsbedarf gibt? – Frau Hermenau, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich bin schon sehr erstaunt, dass hier Vorwürfe wie Schnellschüsse und Aktionismus gekommen sind. Es gibt wohl nichts Langwierigeres als eine Große Anfrage hier in diesem Haus; es sei denn, man

meint jetzt noch die Renertec vom Wirtschaftsminister. Das hatten wir ja schon.

Was für Filme schauen Sie eigentlich? Wir wollen langfristige Risikoanalysen, um Hektik und Panik zu vermeiden, wenn wieder ein paar Abgeordnete und Minister für fünf Jahre gewählt sind und nicht wissen, was sie tun sollen, obwohl sie eigentlich seit 30 Jahren wissen müssten, was passieren würde. Da finde ich, dass wir außerordentlich ruhig und entspannt herangehen. Ich überlege, über welche Veränderungen für die Gesellschaft wir eigentlich sprechen. Da ist durchaus Gefahr im Verzug, und da ist auch eine kluge Eile geboten.

Herr Prof. Mannsfeld, die Wadenbeißerei, die Sie heute hier abgeliefert haben – obwohl Sie doch inhaltlich mehr könnten als das –, zeigt eigentlich, dass Sie nicht richtig wissen, was Sie sagen sollen. Sie sind konfus. Sie sagen auf der einen Seite, man könne beim Klimawandel regional nichts eingrenzen. Das Landesumweltamt sagt aber, die Lausitz ist klimatologisch eine Einheit trotz aller Subklimata. Und lokales Wassermanagement in der Lausitz, Herr Mannsfeld, wird nicht von Peking aus gesteuert, sondern der Braunkohlentagebau senkt den Grundwasserspiegel in dieser langfristig versteppenden Region weiter ab.

Auf der anderen Seite halten Sie fast im selben Satz das Argument dagegen, jeder Einzelne könne etwas tun. Prima, bin ich auch der Meinung. Und was ist mit der Staatsregierung? Kann die nichts tun?

Ich zitiere einmal Frau Merkel, damit Sie nicht der Unterstellung unterliegen, die GRÜNEN würden irgendetwas erzählen. Sie gehört immerhin Ihrer Partei an und hat vielleicht auch ein Wörtchen mitzureden, was die Programmatik Ihrer Partei betrifft. Zitat: „Kein Mensch hat per se das Recht, dem Klima mehr Schaden zuzufügen als andere. Und wir werden nicht zu internationalen Vereinbarungen kommen, wenn wir auf mittlere und längere Frist manchen gestatten, mehr CO2 auszustoßen als anderen. Ein Prinzip nach dem Motto ‚alle sind gleich und manche sind gleicher’ wird für den UN-Klimaprozess nicht funktionieren. Wir müssen China oder Indien die Perspektive geben, dass wir uns in der Zukunft auf gleiche CO2-Werte zubewegen. Nur so werden sie bereit sein, auch heute schon zu handeln. Nur so werden sie uns glauben, dass wir ihnen zugestehen, ihren Bürgern denselben Wohlstand zu ermöglichen, wie wir ihn selbst haben.“

Frau Merkel, Herr Prof. Mannsfeld, hat das Problem verstanden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie, Herr Prof. Mannsfeld, stehen wie ein letzter Aufrechter neben Georg W. Bush, der noch den Klimawandel tapfer weiter anzweifelt. Und das Wir, das Sie hier als arrogant unterstellt haben, bezog sich auf alle Menschen in dieser Generation, in dieser Zeit, die in der Lage sind, sich die Analysen anzuschauen. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, es auf unsere Fraktion zu reduzieren. Des

wegen bin ich ja so erstaunt, dass Sie so wenig zu der Sache beigetragen haben.

Sie brauchen als handelnde Politiker in diesem Land natürlich eine detaillierte volkswirtschaftliche Risikoanalyse als Basis und auch für Anpassungsmaßnahmen.

(Zuruf des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Anpassungsmaßnahmen sind unvermeidlich, wenn etwas nicht mehr zu ändern geht. Das machen Sie doch bei der Demografie genauso. Das ist doch kein verwerfliches Instrument der Politik.

Auf der anderen Seite – das hat der Stern-Bericht gezeigt – kann es bis zu 20 Euro Anpassungs- und Folgekosten einsparen helfen, jetzt einen klug investierten Euro in die Vorsorge zu stecken. Aber da muss man natürlich wissen, wo die Risikovorsorge anzusiedeln ist. Rechtzeitiges Gegensteuern kann deutlich billiger kommen als teure Anpassung. Ich finde, das kann man noch einmal mit Frau Merkel untermauern, damit Sie Ihre Autoritätszitate haben.

Wir haben Pro-Kopf-Emissionen von 4 Tonnen CO2 pro Mensch weltweit. Wenn wir wissen, dass wir das halbieren müssen – jetzt gehe ich einmal nicht von 1990 aus, sondern von heute –, dann heißt das 2050 noch 2 Tonnen CO2 pro Mensch. Wir in Europa erzeugen durchschnittlich 9 Tonnen pro Mensch, in Deutschland 11 Tonnen, in Sachsen 14 – füge ich hinzu –, die Amerikaner 20 und die Chinesen immerhin auch schon 3,5 Tonnen. Das heißt also, wenn wir 2050 auf 2 Tonnen pro Person kommen wollen, dann müssen wir dramatische Anstrengungen unternehmen. Uns schwebt vor, dass das dann nicht hektisch 2049 passiert, sondern dass wir jetzt, hier und heute damit anfangen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Staatsregierung? – Ja. Herr Prof. Wöller. Bitte, Herr Staatsminister.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße jede Gelegenheit, zu diesem wichtigen Thema „Klimawandel und Klimaschutz“ zu diskutieren. Auffällig ist dabei, Frau Hermenau, dass sich Ihre Fraktion auf den Stern-Bericht kapriziert. Herr Stern als ehemaliger Chefvolkswirt der Weltbank

(Antje Hermenau, GRÜNE: Eben!)

ist ja nicht gerade eine Institution, der Sie immer sehr freundlich gegenüberstanden. Mehr noch, Sie führen weitere Kronzeugen ins Feld, nämlich unsere Bundeskanzlerin Frau Merkel und den ehemaligen Bundesumweltminister Klaus Töpfer. Ich werde den Eindruck nicht los, dass es sich dabei um mehr oder weniger hilflose Versuche handelt, klimapolitisch mit der Bundesregierung und der Staatsregierung Schritt zu halten.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Es schwingt ein leichtes Bedauern mit, dass Sie bei diesem wichtigen Thema einfach zu spät kommen und dass Sie jetzt mit Ihrer Großen Anfrage und dem Entschließungsantrag etwas überspielen wollen. Das gelingt Ihnen aber nicht. Auf die wissenschaftlichen Defizite hat mein Kollege Mannsfeld schon hingewiesen. Sie hätten, wenn Ihre Referenten ein bisschen fleißiger gearbeitet hätten, wissen können, dass die von Ihnen ins Feld geführte Veranstaltung „Sachsen im Klimawandel“ keine Veranstaltung der Adenauer-Stiftung ist, sondern eine Veranstaltung meines Hauses, bei der wir natürlich mit verschiedenen Institutionen zusammenarbeiten und eine große und breite Palette von Fragen diskutieren. Das nur mal nebenbei.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das habe ich erwähnt!)

Sie fordern im Kern, dass die Staatsregierung eine Risikoanalyse vorlegt. Dabei geht es Ihnen um Zahlen, um Kosten, und zwar bis ins Detail. Sie haben zu Recht auf meine wissenschaftlichen Vorlieben verwiesen. Sie wissen auch, dass es schwierig ist, alles und jedes in Zahlen und in Geld zu fassen.

Der erste Punkt ist die Schwierigkeit bei der Zurechenbarkeit. Hier komme ich noch einmal – die Debatte hat es gezeigt – auf den ersten Punkt Ihres Antrages oder Entschließungsantrages, in dem Sie feststellen wollen, dass der Klimawandel von Menschen verursacht ist.

Also, man kann mit Sicherheit darüber streiten, zu welchem Anteil der Klimawandel anthropogen ist, also vom Menschen verursacht. Aber eine pure Feststellung, der Klimawandel ist von Menschen verursacht, hieße ja im Umkehrschluss, dass es Klima nur gegeben hätte, seit Menschen den Erdball bevölkern. Also vorher gäbe es gar kein Klima.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Abg. Tino Günther, FDP)

Eine etwas sorgfältigere Arbeit hätte ich mir hier durchaus auch von Ihnen gewünscht.

Der zweite Punkt ist die Quantifizierbarkeit, das heißt die Messbarkeit von Umweltverschmutzungen oder der Auswirkungen von Klimaveränderungen.

Der dritte Punkt – ich hatte es bereits erwähnt – ist die monetäre Bewertung, was es eigentlich kostet.