Ich merke, dass dies hier noch nicht allgemeiner Stand der Debatte ist, und hoffe, dass jüngere Menschen in diesem Land mit ihren Erkenntnissen schon weiter sind. Wir sind der Auffassung, dass Sie in Ihrer Verantwortung – von mir aus für die Schöpfung oder für alles, was lebt; wie immer Sie das halten wollen, vielleicht auch für die lebenswerte Zukunft der nachfolgenden Generation – verpflichtet sind, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen und der Staatsregierung ein wenig Feuer unter dem Hintern zu machen.
Möchten sich die Fraktionen an der Debatte zum Entschließungsantrag beteiligen? – Herr Prof. Mannsfeld, CDU-Fraktion, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem sehr umfangreich begründeten und eingebrachten Entschließungsantrag möchte ich doch noch einige kurze Anmerkungen machen. Aber schon vorab vielleicht die generelle Einschätzung, dass ein Entschließungsantrag, der in vielen Punkten sachliche Fehler enthält und vielfach Selbstverständlichkeiten statt konkreter und substanzieller Aussagen anbietet, bestimmt nicht die Grundlage für den Landtag ist, um hierzu eine einvernehmliche Positionsbestimmung vorzunehmen.
Frau Hermenau, ich möchte mich ein Stück zurücknehmen, damit ich nicht wieder als „Wadenbeißer“ oder „Kritikaster“ bezeichnet werde. Aber da Kollege Günther in seinem Beitrag nicht zur Anfrage, sondern bereits zum Entschließungsantrag gesprochen hat und auch der
Staatsminister diese Passagen teilweise kommentiert hat, möchte ich dies nur noch einmal verstärken, indem ich sage: Sie haben ja alle recht. Ein Landtag kann doch nicht feststellen, der Klimawandel ist vom Menschen verursacht. Wenn Sie hier geschrieben hätten: Der Mensch trägt entscheidend zum aktuellen Klimawandel bei, dann hätte ich einen sehen wollen, der sich hier in diesem Landtag verweigert.
Also verschrecken Sie im Grunde genommen auch die Gutmütigen mit solchen Feststellungen. Ich möchte nicht weiter in diesem Text fortfahren. Wenn Sie die langjährigen Temperaturreihen mit den kurzzeitigen Extremereignissen in einen Kontext bringen, muss ich feststellen: In den langjährigen Reihen spiegelt sich das überhaupt nicht wider; denn in der Klimakunde werden 30- oder 50-jährige Reihen genommen, und wenn es ein sehr trockenes oder ein sehr feuchtes Jahr gab, dann geht das im Durchschnittswert, im Rauschen, wie man so schön sagt, unter. Eines stelle ich auch noch fest: Die Klima- oder Vegetationszone Steppenklima wird es auch durch Veränderungen im Wetter- und Klimageschehen – also mit zunehmender Trockenheit bzw. mit etwas stärkerer Erwärmung – in Sachsen nie geben, da dies wissenschaftliche Kriterien hat, wo und wann wir von Steppenklima sprechen.
Aber meine Kollegen haben mir gesagt, vielleicht haben Sie einen ganz anderen Hintergrund. Die zahlreichen Wölfe in der Lausitz haben Sie vielleicht verführt, dass wir jetzt den Steppenwolf haben und deswegen das Klima so wird.
Deshalb abschließend, um es noch einmal deutlich zu machen: Es ist vielleicht auch vorhin schon deutlich geworden, insbesondere auch im Beitrag des Staatsministers: Wir liegen an vielen Stellen in unseren Auffassungen über die Notwendigkeit, dieses gesellschaftliche Phänomen zu beachten, zu berücksichtigen und in unser Handeln aufzunehmen, nicht so weit auseinander. Aber ich sagte vorhin: Sie haben mit Ihrer Großen Anfrage eine Hintergrundausleuchtung vorgenommen, und nicht jede Frage in diesem Kontext war nach meinem Dafürhalten auch wirklich ein Erfolg. Deswegen muss ich abschließend nochmals bedauern, dass Sie es abgelehnt haben, den Antrag der Koalitionsfraktionen, der thematisch genau hier hineingepasst hätte, heute mit zu beraten; denn ein Großteil der von Ihnen erfragten und hinterfragten Probleme ist in diesem Antrag konkret von der Staatsregierung beantwortet und mit konkreten Aussagen untersetzt worden.
Ich denke, man kann abschließend sagen: Natürlich werden wir Energie sparen und eine Effizienzsteigerung erreichen müssen. Wir müssen den Ausbau der erneuerbaren Energien voranbringen. Wir werden diese Techniken entwickeln, und wir werden in der Raumordnungs- und Verkehrspolitik einiges leisten müssen. Wir brauchen die Selbstverpflichtung von Industrie und Unternehmen. Lassen Sie mich zum Schluss nicht vergessen, dass wir vielleicht auch eine Änderung des Konsumverhaltens und unserer Lebensstile brauchen.
Aber all das kann man nur aus der Konkretheit eines Antrages, der politisch umgesetzt werden kann. Insofern – ich wiederhole das vorhin Gesagte – war die Große Anfrage eine vertane Chance, und das gilt in gleicher Weise für Duktus und Intention des Entschließungsantrages. Ihm können die Koalitionsfraktionen daher auch nicht zustimmen.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich habe natürlich den ersten Satz unter Punkt 1 zu kritisieren, weil er tatsächlich so nicht richtig ist. Ich muss mich nicht wiederholen. Die Korrekturen wurden in der Diskussion bereits vorgebracht.
Im zweiten Teil dieses Entschließungsantrages fordern Sie von der Fraktion GRÜNE einen interdisziplinären Beirat „Klimawandel in Sachsen“.
Nein. Die Fraktion DIE LINKE hat einen Antrag im parlamentarischen Gang des Landtages. Darin fordern wir nicht schlicht einen Beirat, der von der Staatsregierung besetzt werden kann, sondern einen unabhängigen Sachverständigenrat, interdisziplinär zusammengesetzt. Dabei liegt die Betonung auf Unabhängigkeit nach dem Vorbild des UN-Weltklimarates. Insofern würde ich den GRÜNEN empfehlen, etwas sorgfältiger mit der Sprache und mit Texten umzugehen.
Wenn Sie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter Punkt 5 ein Moratorium für Tagebaue über die bereits genehmigten Abbauvorhaben hinaus fordern, halte ich es für zielführender, die Staatsregierung mit Ihrem Entschließungsantrag zu beauftragen, mit den betroffenen Unternehmen MIBRAG und Vattenfall und mit der betroffenen Gewerkschaft IG BCE ein Szenario für den Ausstieg aus der Braunkohlenverstromung für den Zeithorizont bis 2050 auszuhandeln.
Zu diesem Thema haben Sie, Herr Wöller, in Ihrer Rede leider nicht einen Satz verloren. Möglicherweise wird die Volksinitiative in Brandenburg – vielleicht greift das ja auch auf Sachsen über – eine öffentliche Debatte auslö
sen, um so ein öffentliches Klima zu befördern, das auch die Sächsische Staatsregierung zum Handeln zwingt.
Wenn ein solches Ausstiegsszenario konkret ausgehandelt würde, bekämen die Unternehmen und auch die Beschäftigten Planungssicherheit. Die Forderung nach einem Moratorium für Tagebaue reicht eben nicht aus, um aus der Braunkohlenverstromung auszusteigen. Vielmehr gehören zu einem Ausstiegsszenario die Frage des Neubaus von Kraftwerken, die Frage der Schließung von Kraftwerken und auch die Frage, ob die energieintensive und teure CCS-Technologie tatsächlich praktisch umgesetzt werden kann.
Sogar die Frage, ob die vier großen Konzerne neue Kraftwerke bauen dürfen, wurde jüngst von der Monopolkommission aufgeworfen. Die Monopolkommission fordert ein Moratorium für den Neubau von Kraftwerken durch die vier großen Konzerne. Die Monopolkommission würde es gern sehen, wenn neue Energieunternehmen den Auftrag bekämen, neue Kraftwerke zu bauen, um letztlich mehr Wettbewerb erreichen zu können.
Im Unterschied zu Herrn Mannsfeld bin ich nicht päpstlicher als der Papst. Ebenso wie meine Fraktion bin ich der Auffassung, dass man trotz meiner kritischen Bemerkungen hinsichtlich des Umstandes, dass von der Fraktion
GRÜNE nicht alles bis zu Ende durchdacht worden ist, dem Entschließungsantrag zustimmen kann, weil die Intention und das Anliegen in die richtige Richtung weisen und auch ein paar Schritte in die richtige Richtung formuliert werden.
(Beifall bei der Linksfraktion sowie der Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg und Michael Weichert, GRÜNE)
Dann kommen wir zur Abstimmung. Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 4/10223, auf und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei 2 Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, SPD, Linksfraktion, NPD, FDP, GRÜNE, Staatsregierung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland hat die Demografie entdeckt. Die Zahl der Bücher, Artikel und Diskussionen zu diesem Thema hat in den letzten Jahren enorm zugenommen und Bücher wie das vom „MethusalemKomplex“ von Frank Schirrmacher erobern die Bestsellerlisten. Auffällig ist, dass sich die Diskussion über die demografische Entwicklung in Deutschland fast ausschließlich mit Horrorszenarien beschäftigt.
Das derzeit beliebteste Szenario ist, dass es irgendwann in Deutschland keinen einzigen Deutschen mehr gibt. Nach diesen Vorstellungen führt vor allen Dingen die viel zu geringe Anzahl von Kindern dazu, dass etwa im Jahr 2100 die Deutschen ausgestorben sein werden. Ganz besonders dramatisch fallen die Beurteilungen für Ostdeutschland aus. Umso erstaunlicher erscheint es da, wenn die Zukunft in Sachsen nicht in ganz so düsteren Farben gemalt werden kann wie bisher.
Wenn man sich nämlich die 4. Regionalisierte Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes im Vergleich zur vorherigen Prognose anschaut, kommt man zu
erstaunlichen Ergebnissen. Die 3. Bevölkerungsprognose ging davon aus, dass im Jahr 2020 zwischen Zwickau und Zittau etwa 3,8 Millionen Menschen leben werden. Nach der neuen, 4. Prognose werden es knapp über vier Millionen Sachsen sein. Der Bevölkerungsrückgang fällt demnach deutlich geringer aus als bisher angenommen.
Bei einer Abschwächung kann man nicht von einer Trendumkehr sprechen. Die Bevölkerungszahl wird wahrscheinlich weiter abnehmen, aber die Geschwindigkeit, mit der das geschieht, wird sich deutlich verlangsamen.
Dass die Zahlen so stark differieren, macht lediglich deutlich, dass man das Verhalten von Menschen ebenso wenig vorhersagen kann wie Ereignisse, die das Verhalten von Menschen beeinflussen. Deswegen müssen Prognosen immer wieder den in der Realität veränderten Bedingungen angepasst werden. Gelegentlich hat man das Gefühl, dass diese Prognosen einfach zur Wahrheit erklärt werden, weil damit unbeliebte politische Entscheidungen gut begründet werden können. Diese Entscheidungen
folgen oft der einfachen Logik des „immer weniger“: Wenige Einwohner führen zu weniger Einnahmen, was dann zwangsläufig zu Einsparungen führen muss. Genau das ist falsch.
Um der demografischen Entwicklung gerecht zu werden, brauchen wir differenzierte Antworten. Dazu kann selbstverständlich gehören, Einsparungen vorzunehmen. Wir müssen an manchen Stellen optimieren, an anderen aber gleichzeitig investieren. Wir müssen die Vielfalt fördern. Vor allem aber müssen wir uns um kreative Lösungen bemühen, die manchmal mit Geld, viel öfter aber mit dem zu tun haben, was die Menschen vor Ort an kreativer Energie aufbieten.