Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-/ SPD-Koalition muss endlich zu ihrer Verantwortung für die eingetretene Situation stehen. Der Stand der Verhandlungen darf nicht länger in dieser Form wie bisher geheim gehalten werden und Entscheidungen dürfen nicht noch einmal – das sage ich in aller Ernsthaftigkeit – am Parlament, an diesem Landtag vorbei erfolgen.
Das heißt im Klartext: Sollte es bezüglich möglicher Landesbürgschaften – ob Sie das nun „Schirm“ nennen oder wie auch immer – wirklich um Milliardenbeträge gehen, dann darf darüber nicht hinter verschlossenen Türen im Haushalts- und Finanzausschuss entschieden werden, sondern dann bedarf es einer öffentlichen Debatte und einer Entscheidung hier im Plenum des Sächsischen Landtages.
Wenn der Ministerpräsident vor diesem Schritt Angst hat und stattdessen auf eine Entscheidung im Haushalts- und Finanzausschuss setzt, gibt es dafür nur einen nachvollziehbaren Grund: Georg Milbradt hat in der jetzigen Koalition keine Mehrheit mehr und hat Angst davor, dass dies bei einer Landtagsabstimmung offenbar werden könnte. Doch das, meine Damen und Herren, ist nicht das Problem der parlamentarischen Opposition.
Wir als Linke fordern nicht mehr und nicht weniger als die Einhaltung der geltenden Gesetze. Demnach kann eine finanzpolitische Beschlussfassung im zuständigen Fachausschuss nur bis zu einer Höhe von 1,7 Milliarden Euro erfolgen, und auch dies nur unter klar bezeichneten Voraussetzungen. Ich füge hinzu, dass auch diese Summe natürlich schon viel zu hoch ist. Klar ist aber: Über 3, 4 oder gar 5 Milliarden Euro kann und darf der Haushalts- und Finanzausschuss niemals entscheiden.
Herr Ministerpräsident – auch wenn er immer noch nicht anwesend ist –, ich warne Sie schon heute: Mit Taschenspielertricks im Ausschuss werden Sie nicht durchkommen!
Wir alle – davon gehe ich aus – wollen Schaden vom Land abwenden. Aber ich stelle für meine Fraktion fest,
dass wir nicht bereit sind, Recht, Gesetz und Geschäftsordnung zu verbiegen, um der Regierung aus der selbst verschuldeten Klemme zu helfen. Wenn es um Milliardenbeträge geht, muss das Plenum des Landtages entscheiden als das nach der Landesverfassung höchste Organ. Das ist und bleibt unsere politische Forderung!
Meine Damen und Herren! Wir wollen, dass nachher darüber abgestimmt wird, dass der Landtag die letztendliche Entscheidung trifft. Ich kann und will mir nicht vorstellen, dass die Abgeordneten, alle wie sie hier sitzen, diese schwerwiegende Entscheidung tatsächlich einem Ausschuss überlassen wollen, der in dieser Höhe über die Summe im Übrigen gar nicht entscheiden darf.
Wenn wir uns selbst ernst nehmen, muss die abschließende Entscheidung über das Verhandlungsergebnis hier im Plenum des Landtages fallen und nirgendwo anders!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Beitrag des Vorsitzenden der Linksfraktion hat einmal mehr gezeigt, dass es dieser Fraktion nicht um das Wohl des Landes, sondern um parteipolitische Vorteilnahme um jeden Preis geht.
(Beifall bei der CDU – Proteste bei der Linksfraktion – Johannes Lichdi, GRÜNE: … eine Unverschämtheit!)
Die Schauinszenierung des Abg. Bartl, sich über die Abwesenheit des Ministerpräsidenten zu echauffieren, ist bezeichnend. Der Ministerpräsident befindet sich in ständigen Verhandlungen mit den Baden-Württembergern, derzeit telefonisch. Er wird sofort wieder im Plenarsaal sein, wenn diese Gespräche beendet sind. Was ist denn nun wichtiger, Herr Dr. Hahn?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schlimm genug, dass der Ministerpräsident nicht das Rückgrat hat, hier heute Rede und Antwort zu stehen. Es ist unerträglich, dass er an dieser Debatte nicht teil
nimmt. Deswegen beantragen wir die Herbeirufung des Ministerpräsidenten nach § 57 der Geschäftsordnung.
(Beifall bei der CDU – Zurufe von der Linksfraktion und den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU)
Ich weiß auch nicht, ob mitten in meinem Redebeitrag ein Geschäftsordnungsantrag legitim ist, aber ich will dem Herrn Präsidenten nicht in sein Geschäft hineinreden.
Nein, Sie dürfen weiter reden. Nach Beendigung Ihrer Rede wird dieser Geschäftsordnungsantrag behandelt.
Meine Damen und Herren! Aus der Erklärung des Finanzministers folgt doch aus meiner Sicht nur eines: Der Landtag sollte alles daransetzen, die Staatsregierung zu unterstützen, damit es ihr gelingen kann, ein für alle Seiten akzeptables Verhandlungsergebnis zu erzielen.
Wir sollten heute über das reden, was im Interesse unseres Landes liegt. Da kann es doch nicht sein, dass man Verhandlungsergebnisse in der Öffentlichkeit darlegt, um dann in eine wesentlich schlechtere Verhandlungsposition hineinzugeraten. Das kann doch nicht wirklich Ihr Interesse sein!
Deshalb darf nicht im Vordergrund stehen, was für ein politischer Vorteil in der zugegebenermaßen schwierigen Situation für die eine oder andere Seite entstehen könnte. Natürlich kommt es der Opposition immer gelegen, wenn es gelingt, die Regierung zu erschüttern
und der Welt zu zeigen, dass man selbst eine bessere Regierung stellen könnte – was ich natürlich stark bezweifle. Gleichwohl ist das im parlamentarischen Spiel der Kräfte vollkommen normal und legal. Ob es aber im Interesse des Landes derzeit legitim ist, die Sache so auf die Spitze zu treiben, halte ich für höchst fragwürdig, meine Damen und Herren.
Heißt das, dass er eher ein Interesse am Misserfolg der Verhandlungen hat, weil er diese Forderung dann umso lauter erheben könnte?
Ich hoffe es nicht. Aber langsam kommen mir Zweifel, wenn ich Sie so reden höre. Auch die Klage, das Parlament werde nicht informiert, geht angesichts der jetzigen Debatte ins Leere.