Protokoll der Sitzung vom 12.12.2007

Meine Damen und Herren! Wer möchte auf diesen Änderungsantrag reagieren? – Frau Dombois, bitte.

Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, dass wir vor Kurzem die Abgeordneten für die Beiräte gewählt haben. Es werden immer mehr Leute, die im Geschäft mitmischen. Wir haben so schon eine sehr komplizierte Situation. Wenn die Beiratsmitglieder aus dem Parlament ihre Tätigkeit ernst nehmen, kann man viele dieser Aufgaben mit erfüllen.

(Beifall bei der CDU)

Möchte noch jemand auf diesen Änderungsantrag reagieren? – Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Änderungsantrag Nr. 27 der Linksfraktion. Wer ihm folgen möchte, der melde sich bitte jetzt. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Jastimmen und ohne Enthaltungen ist der Änderungsantrag dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Teil 17, den Schlussbestimmungen, mit den §§ 112 bis 116 in der Fassung des Ausschusses. Wer folgt diesem Teil 17? – Wer folgt ihm nicht? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Enthaltungen und Gegenstimmen ist Teil 17 dennoch mit großer Mehrheit angenommen.

Meine Damen und Herren! Das war die 2. Beratung dieses Gesetzes. Da in der 2. Beratung keine Änderungen beschlossen worden sind, eröffne ich nach § 46 Abs. 1 der Geschäftsordnung die 3. Beratung. Ich kann keinen Wunsch zur allgemeinen Aussprache erkennen. Damit stelle ich den Entwurf „Sächsisches Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe (Sächsisches Jugendstrafvoll- zugsgesetz)“, Drucksache 4/9467, in der in der 2. Lesung beschlossenen Fassung als Ganzes zur Abstimmung. Wer dem Entwurf des Gesetzes zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Wir machen die Gegenprobe. – Ich frage nach Stimmenthaltungen. – Bei Stimmenthaltungen und Gegenstimmen ist dieses Gesetz mit Mehrheit beschlossen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Sie möchten Ihr Abstimmungsverhalten erklären, Herr Bartl?

Ich möchte für die Fraktion eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten abgeben. Wir haben zum ersten Mal auf einem Terrain, welches bis dato in Bundesgesetzgebungszuständigkeit war, mit den Jugendstrafvollzugsgesetzen im Landtag eine Materie geregelt, bei der mit vier Gesetzentwürfen – was uns sehr gefreut hat – ein relativ breites Angebot an Regelungsgehalt vorhanden war. Die Opposition hat drei Vollentwürfe mit jeweils qualifizierten Regelungen eingebracht, wie letzten Endes alle elf Sachverständigen bestätigt haben.

Da es der Opposition nicht gelungen ist, eine einzige Regelung in den Gesetzentwurf der Staatsregierung zu transplantieren – nicht eine! –, ist es eine fatale Art der Gesetzgebung. Trotz verschobener Behandlung im Verfassungs- und Rechtsausschuss buchstäblich nur wenige Tage vor der vom Verfassungsgericht gesetzten Frist sind Regelungen in den Entwurf der Staatsregierung hineingekommen, die den Gesetzentwurf aus unserer Sicht sogar verfassungsrechtlich bedenklich machen. Das sind Regelungen, die eben nicht der Anhörung überantwortet waren. Es widerspricht dem Verfahren, dass wir Expertenanhörungen durchführen und in letzter Minute Änderungsanträge einbringen, die den Sinngehalt im Kern verändern, wir aber nie die Möglichkeit hatten, hierzu Expertenwissen einzuholen.

Das hat zu einem Gesetz geführt, dem unsere Fraktion unter keinen denkbaren Bedingungen die Zustimmung geben kann, was wir gerade bei der Regelungsmaterie sehr bedauern. Hier wäre uns ein konsensualer Entwurf sehr wichtig gewesen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das war eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten.

Meine Damen und Herren! Es liegt mir ein Antrag auf unverzügliche Ausfertigung dieses Gesetz vor. Dem wird entsprochen, wenn der Landtag gemäß § 50 Abs. 2 der Geschäftsordnung die Dringlichkeit beschließt. – Wenn es

keinen Widerspruch gibt, dann werden wir dem entsprechen. Damit ist der Tagesordnungspunkt 3 beendet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 4

2. und 3. Lesung der Entwürfe

Drittes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Wassergesetzes

Drucksache 4/9256, Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 4/10474, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft

Drittes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Wassergesetzes

Drucksache 4/9264, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD

Drucksache 4/10475, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft

Wir beginnen mit der Fraktion der GRÜNEN, da sie den ersten der beiden Gesetzentwürfe eingereicht hat. Frau Herrmann, Fraktion der GRÜNEN.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gegenstand unserer heutigen Debatte ist das Ansinnen der Chemnitzer Stadtwerke, die Bevölkerung perspektivisch mit Wasser aus der Tschechischen Republik zu versorgen. Dazu soll eine Fernwasserleitung gebaut werden. Ich möchte an dieser Stelle ein paar Worte zur Situation der Trinkwasserversorgung im Freistaat Sachsen verlieren und damit in das Thema einführen.

Die öffentliche Wasserversorgung dient der Daseinsvorsorge, ist kommunale Pflichtaufgabe und wird von den Gemeinden im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung wahrgenommen. Eine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung der Gemeinden, die Bevölkerung, die gewerblichen und sonstigen Einrichtungen ihres Gebietes ausreichend mit Trinkwasser zu versorgen, enthält das Sächsische Wassergesetz. Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird sichergestellt, dass für den menschlichen Genuss und Gebrauch geeignetes Wasser, nämlich Trinkwasser, in der durch die Trinkwasserverordnung vorgeschriebenen Qualität in ausreichender Menge und mit dem notwendigen Druck zur Verfügung steht.

Die Infrastruktur zur Trinkwassergewinnung, -aufbereitung, -weiterleitung und -bereitstellung wurde im Freistaat Sachsen nach 1990 mit erheblichem finanziellem Aufwand saniert oder neu errichtet. Dies war nur durch erhebliche Investitionen, die mit Fördermitteln vom Freistaat, vom Bund und der EU wesentlich unterstützt wurden, möglich. Mittlerweile entspricht der Anschlussgrad an die öffentliche Wasserversorgung in Sachsen dem Bundesdurchschnitt. Er erhöhte sich von 93,8 % im Jahr 1990 auf 99,1 % im Jahr 2005. Die kommunalen Verbände beteiligten sich mit Eigenanteilen an der Errichtung der hochmodernen Infrastruktur. Sie nahmen dazu Kredite auf, die sie noch heute durch Beiträge und Gebühren refinanzieren. Diese Investitionen in die Trinkwasserinfrastruktur waren notwendig, denn der Gesetzgeber fordert

eine sehr hohe Qualität des zur Verfügung gestellten Trinkwassers. Die Trinkwasseranlagen aus DDR-Zeiten entsprachen vielerorts nicht mehr diesen Ansprüchen. Grundlage für die Bereitstellung von Wasser in Trinkwasserqualität in der Bundesrepublik ist die Trinkwasserverordnung aus dem Jahr 2001. Damit ist die EU-Richtlinie über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch umgesetzt.

Wie stellt sich heute die Situation der Versorgung mit Trinkwasser in der Region Chemnitz dar? Die Stadt Chemnitz bezieht ihr Trinkwasser bisher ausschließlich – wie übrigens der große Teil der sächsischen Kommunen – aus der Region. Die Fernwasserversorgung Südsachsen bereitet das Wasser aus zwölf Trinkwassertalsperren der Landestalsperrenverwaltung im Erzgebirge und im Vogtland in neun Wasserwerken auf. Sie liefert es im Regierungsbezirk Chemnitz an acht Aufgabenträger. Das funktioniert wie eine Solidargemeinschaft, weil diese acht Verbände die Fernwasserversorgung gemeinsam betreiben. Die Anlagen und Leitungen liegen im Eigentum einer GmbH, an der die örtlichen Aufgabenträger je nach Größe beteiligt sind. Abgesichert wird die lokale Wasserversorgung durch das bestehende Talsperrensystem. Dieses befindet sich im Eigentum des Freistaates Sachsen und wird von der Landestalsperrenverwaltung betrieben. Die Wasserversorgung ist heute und kann auch zukünftig mit diesen vorhandenen Ressourcen sichergestellt werden. Selbst die aktuellen Prognosen zum Klimawandel bescheren der Talsperrenregion nicht weniger Niederschläge und garantieren eine ausreichende perspektivische Versorgung mit Wasser.

Öffentlich kommuniziertes Ziel der Chemnitzer Stadtwerke ist es nun, mit der geplanten Fernwasserleitung nach Böhmen die Einkaufspreise für Rohwasser zu senken. Die Stadtwerke Chemnitz beklagen sich heute darüber, dass sie das Wasser erst aus dritter Hand bekommen. Die Landestalsperrenverwaltung liefert an den Fernwasserzweckverband und dieser stellt es dann einer Betreibergesellschaft zur Verfügung, die wiederum Chemnitz beliefert. – Genau an dieser Stelle wollen die Chemnitzer ansetzen. Ich möchte jetzt den ökonomischen Nutzen

dieses Vorhabens „Fernwasserleitung Böhmen“ für den Endverbraucher mit nachfolgenden Zahlen noch etwas transparenter gestalten.

Nur 8,8 % des Trinkwasserpreises pro Kubikmeter sind in Chemnitz derzeit durch die Einkaufspreise von Rohwasser bestimmt. Selbst wenn es also möglich ist, die Kosten von Rohwasser durch Bezug aus Böhmen um 20 % zu senken, wäre das lediglich eine Kosteneinsparung von 1,8 Cent pro Kubikmeter. Die Stadtwerke Chemnitz führen also die Bürgerinnen und Bürger hinters Licht, wenn sie ihnen damit nennenswerte Preissenkungen durch die neue Leitung versprechen.

Die Stadtwerke Chemnitz sind Kunde der Südsachsenwasser AG und des Fernwasserzweckverbandes. Sie beziehen fertig aufbereitetes Trinkwasser, das an ihre Versorgungsgrenzen herangeführt wird. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 60 Cent pro Kubikmeter und der Abgabepreis an den Endverbraucher lag im Mai dieses Jahres bei 2,62 Euro pro Kubikmeter. Damit gehören die Stadtwerke zu den Versorgern mit den höchsten Preisen im Versorgungsgebiet Südwestsachsen.

Im Jahr 2005 betrugen die Kosten der Stadtwerke Chemnitz für den direkten Kauf von Rohwasser 2,2 Millionen Euro. Die Umsatzerlöse aus der Sparte „Trinkwasser“ beliefen sich im gleichen Zeitraum auf 25 Millionen Euro.

Was zeigen uns die Zahlen? Sie zeigen eigentlich deutlich, die Stadtwerke Chemnitz verdienen sehr gut am Verkauf von Trinkwasser und der Preis der Bereitstellung von Rohwasser wirkt sich nur sehr unerheblich auf den Abgabepreis für den Verbraucher aus.

Das Resümee: Der hohe Wasserpreis in Chemnitz hat andere Ursachen, als es die Stadtwerke Chemnitz in der Öffentlichkeit kommunizieren.

Die Frage ist zu stellen, was mit der Solidargemeinschaft von acht Verbänden geschieht, wenn Chemnitz künftig sein Wasser aus Böhmen bezieht. Die Kosten für die anderen Verbände, das heißt auch für die Bürgerinnen und Bürger, die von den anderen Verbänden Wasser beziehen, werden steigen, weil sich beim Rohwasserbezug Absatzmenge und Umsatz verringern.

Gestatten Sie die Zwischenfrage?

Sie können die Zwischenfrage stellen, aber Sie wissen, dass ich heute für Herrn Lichdi spreche, und es ist fraglich, ob ich sie beantworten kann.

Frau Herrmann, vielleicht können Sie mir als Chemnitzer beantworten, welche anderen Gründe es für die hohen Wasserpreise in Chemnitz gibt. Die anderen Gründe würden mich brennend interessieren.

Es ist natürlich zum Teil das Geheimnis der Stadtwerke, warum sie so hohe Abgabepreise haben. Sie machen 25 Millionen Euro Umsatz, aber

der Beschaffungspreis für Rohwasser beträgt nur 2,2 Millionen Euro. Dazwischen liegt eine große Spanne. Darüber kann ich Ihnen leider keine Auskunft geben.

Vielen Dank.

Der Sachverständige Dr. Burkhard Wricke vom Technologiezentrum Wasser in Dresden machte während der Anhörung im Umweltausschuss noch auf einen weiteren Effekt aufmerksam. Eine Unterbelastung der Transportleitungen bei Wasser führt zu verstärkten Ablagerungen. Das ist mit erhöhten Risiken bis hin zu bakteriologischen Beeinträchtigungen verbunden. Zur Qualitätssicherung des Trinkwassers sind deshalb häufigere und kostenintensive Spülungen des Leitungssystems notwendig. Die Kosten, die dabei entstehen, werden ebenfalls von den Bürgerinnen und Bürgern zu tragen sein.

Es existiert noch ein weiterer Kostenfaktor, über den ich noch nicht gesprochen habe, und zwar die Kosten für die Planung und den Bau der neuen Wasserleitung nach Böhmen. Diese müssen die Chemnitzer ebenfalls auf die Wasserpreise umlegen. Sie werden den Chemnitzer Bürgern aufgebürdet. Deshalb bleibt zu hoffen, dass der Freistaat und die EU sehr vorsichtig sind und für dieses Vorhaben keine Fördermittel für transnationale Kooperation zur Verfügung stellen. In Chemnitz wird bereits spekuliert, dass diese Fördermittel fließen würden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die sanierte Trinkwasserinfrastruktur im Freistaat wurde in den Neunzigerjahren größtenteils mit EFRE-Mitteln realisiert. Es wäre deshalb kontraproduktiv, mit EU-Mitteln eine neue Konkurrenzinfrastruktur aufzubauen. Die vorhandene Struktur ist qualitativ und quantitativ in der Lage, die Trinkwasserversorgung der sächsischen Bevölkerung abzusichern.

Ich fasse zusammen: Eine zusätzliche Trinkwasserleitung nach Chemnitz ist ökonomisch und ökologisch nicht notwendig. Sie verursacht Kosten und entlastet die bisherige Kostenstruktur der Wasserbereitstellung innerhalb der Stadtwerke Chemnitz nicht wesentlich. Außerdem verstößt das diskutierte Projekt gegen das Solidarprinzip innerhalb der Fernwasserversorgung.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Deshalb lehnt meine Fraktion das Vorhaben einer Trinkwasserleitung von Böhmen nach Chemnitz ab. Wir haben deshalb diesen Gesetzentwurf zur Änderung des Sächsischen Wassergesetzes vorgelegt. Mit ihm wollen wir deutlich machen, dass die ortsnahe Wasserversorgung Vorrang hat. Wir wollen das auch im Gesetz festschreiben, soweit nicht überwiegende Gründe des Allgemeinwohls entgegenstehen. Ich bitte Sie um Zustimmung zu dieser Gesetzesnovelle.