Protokoll der Sitzung vom 22.01.2008

Bitte, Herr Lichdi.

Vielen Dank. – Wie rechtfertigen Sie angesichts Ihrer Lobeshymne, die Sie gerade verkündet haben, den Umstand, dass gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Umweltverwaltung, die ja leider Gottes kommunalisiert werden soll, aufgrund des engen Zeitplanes wahrscheinlich erst Mitte bzw. Ende Juni erfahren werden, ob und bei welchen Behörden sie auf Kreisebene eingesetzt werden, und dies zum 01.08.2008 bereits wirksam werden soll, also mitten in der Ferienzeit?

Sehr verehrter Herr Lichdi, wir sind beim Teil 9 des Gesetzes, der sich ausdrücklich mit der Straßenbauverwaltung befasst. Ich weiß selbst, dass Personalübergänge schwierig sind und am besten funktionieren, wenn mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesprochen wird. Ich würde Sie aber herzlich bitten, dem zuständigen Ressort diese Frage zu stellen; denn ich denke, Herr Dr. Wöller ist in der Lage, dies fundiert zu beantworten.

Sie möchten noch eine Zwischenfrage stellen, Herr Lichdi? – Bitte.

Herr Staatsminister, es ist mir wohlbekannt, dass Sie dem Wirtschaftsministerium vorstehen. Aber ich habe es bisher so verstanden, dass die

SPD sehr stolz darauf ist, auch die Gesamtverantwortung für diese missglückte Reform zu übernehmen.

Die Frage!

Daher frage ich Sie, ob Sie nicht auf diese meine Frage antworten wollen, statt sich mit formalen Gründen herauszureden.

Sie haben in Ihrer Frage unterstellt, dass es eine missglückte Reform sei. Dem widerspreche ich ausdrücklich. Daher kann ich Ihre Frage, die solch einen Rahmen setzt, nicht beantworten.

(Beifall des Abg. Enrico Bräunig, SPD, bei der CDU und der Staatsregierung)

Die Gründung des Landesamtes erst ab 01.01.2011 soll es der staatlichen Straßenbauverwaltung ermöglichen, sich zunächst bei der Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben auf die Unterstützung der kommunalen Gebietskörperschaften zu konzentrieren. Über die Vor- und Nachteile der Verwaltungsreform wird auch im Parlament noch gestritten; Herr Lichdi hat gerade ein Beispiel dafür geliefert. Ich weiß, dass nicht alle Vorstellungen der unterschiedlichsten Seiten berücksichtigt und auch fachliche Bedenken nicht immer ausgeräumt werden konnten. Die Kommunalisierung der Straßenbauverwaltung war ein Wunsch der kommunalen Seite. Ich schaue dabei einmal auf die Tribüne und erblicke Herrn Jacob; er freut sich schon auf unsere Straßenmeistereien.

Ich habe dem Konzept insgesamt auch unter der Maßgabe, dass es gelingen soll, zugestimmt. Dennoch haben wir es uns nicht leicht gemacht und alle Beteiligten, insbesondere auch die kommunalen Verbände, frühzeitig in die Beratungen einbezogen. Der Gesetzentwurf wurde schon vor seiner Überweisung in den Landtag aufgrund der Anhörungen mehrmals überarbeitet. Schließlich wurden verschiedene Änderungsanträge in den Ausschüssen des Landtages ausgiebig erörtert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich bin überzeugt, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Innenausschusses gemeinsam ein tragfähiger Kompromiss gefunden wurde, den wir tatsächlich umsetzen können.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und teilweise bei der CDU)

Zum Teil 9 gibt es eine Wortmeldung der Fraktion der CDU. Herr Prof. Bolick, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die durch die Koalitionsfraktionen vorgelegten Änderungen zum Teil 9 des Gesetzentwurfes betreffen in erster Linie die vorgesehenen Strukturänderungen im Bereich der Straßenbauverwaltung. Der Minister hat hierzu schon einiges vorgetragen. Ich habe ihm natürlich den Vortritt gelassen.

Anders als im Entwurf vorgesehen, favorisieren wir die Einrichtung eines Landesamtes für Straßenbau und nicht einen Staatsbetrieb. Durch die Verlagerung der Unterhaltung und Instandhaltung von Bundes- und Staatsstraßen auf die Ebene der Landkreise bei gleichzeitiger umfänglicher Beibehaltung der Weisungsbefugnis des Freistaates Sachsen erscheint uns eine Ämterlösung sinnvoller. Sie garantiert die Durchsetzung der Interessen des Bundes und des Landes.

Dies, meine Damen und Herren, ist keineswegs eine Misstrauensbezeugung gegenüber unseren Landkreisen, sondern ein Instrument, um die notwendige Abstimmung der Maßnahmen im landesweiten Kontext sicherstellen zu können. Dies betrifft insbesondere Instandhaltungsmaßnahmen, die an Staats- und Bundesstraßen durchgeführt werden sollen, welche sich über mehrere Landkreise erstrecken. Darüber hinaus spielen auch die Fragen der effektiven Verteilung der Mittel und deren Ausschöpfung eine wichtige Rolle bei der Sicherung des hohen Niveaus der Straßenbauverwaltung im Freistaat Sachsen.

Hierbei ist es aus unserer Sicht erforderlich, dass ein Landesamt für Straßenbau unmittelbar in das SMWA eingegliedert bleibt und notwendige Ressortabstimmungen zeitnah vorgenommen werden können. Nur so werden wir wie schon bisher Mittel, die in einem Landkreis nicht verwendet werden können, kurzfristig auf andere Maßnahmen umlegen können. Wir gewährleisten damit einen wichtigen Effekt für die Verbesserung der Straßeninfrastruktur und die Sicherung von Bauaufträgen für unsere Unternehmen.

Eine weitere Änderung gegenüber dem Gesetzentwurf haben wir auch im Artikel 35 im Hinblick auf die Zuständigkeit für den Erlass verkehrsrechtlicher Anordnungen nach § 45 StVO vorgenommen. Anders als im Entwurf obliegt den kreisangehörigen Gemeinden die Zuständigkeit für diese verkehrsrechtlichen Anordnungen nur insoweit, als sie diese für Gemeinde- und sonstige Straßen treffen können. Die Zuständigkeit der Kreis-, Staats- und Bundesstraßen verbleibt auf der Ebene der Landkreise. Wir folgen damit nicht nur den Hinweisen der Landkreise selbst. Auch kreisangehörige Gemeinden sahen sich im Hinblick auf die Konsequenzen der zu treffenden Anordnungen und im Hinblick auf den entscheidenden Abstimmungsbedarf mit der Aufgabe überfordert. Die Landkreise verfügen aus unserer Sicht sowohl über das notwendige Fachpersonal als auch über die erforderliche Kompetenz, um verkehrsrechtliche Anordnungen im allgemeinen Interesse zu treffen und die Interessen der berührenden Gemeinden ausgewogen zu berücksichtigen.

Meine Damen und Herren, der zwischen den Beteiligten gefundene Kompromiss bei der Neuorganisation der Straßenbauverwaltung ermöglicht aus unserer Sicht auch weiterhin die Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit der erfolgreichen sächsischen Straßenbauverwaltung unter stärkerer Einbeziehung der Interessen der neu strukturierten und größeren Landkreise sowie eine sinnvolle und kompetente Ausgestaltung verkehrsrechtlicher Maßnah

men. Wir bitten für diesen Bereich um Zustimmung des Hohen Hauses.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es dazu noch Reaktionen aus den anderen Fraktionen? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zum Teil 10, Anpassungen im Bereich des Staatsministeriums für Soziales. Dazu liegen Wortmeldungen vor. Wir beginnen mit der Linksfraktion. Danach folgt die CDU-Fraktion. Herr Dr. Pellmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, der Sozialbereich ist von dieser sogenannten Verwaltungsreform besonders stark betroffen, man könnte auch sagen: in Mitleidenschaft gezogen. Man muss regelrecht davon sprechen, dass diesem Bereich ein Zwangsbeitrag abgefordert und von ihm offenbar auch willfährig geleistet wurde. Dieser Zwangsbeitrag ist aus meiner Sicht – ich werde das kurz begründen – völlig überflüssig, eigentlich auch schädlich.

Ich sage hier in aller Deutlichkeit: Wir können es uns, gleich, wer die Regierungsverantwortung hat, gerade in diesem Bereich nicht leisten, windige Experimente durchzuführen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich möchte unsere Kritik in einigen Punkten zusammenfassen.

Der erste Kritikpunkt: Wir haben es mit einem weiteren Abschied des Freistaates aus seiner Verantwortung für soziale Daseinsvorsorge zu tun. Wer glaubt, dass man das mit einer angeblichen Kommunalisierung kaschieren kann, begibt sich in die Gefahr der Täuschung der Bevölkerung. Denn eines ist bereits heute absehbar: Das Ganze läuft mittelfristig auf nichts anderes hinaus, als dass der Freistaat finanzielle Einsparungen für sich in Anspruch nimmt, die die Kommunen dann bitter zu bezahlen haben.

Das Zweite: Eine solche Reform kann eigentlich nur dann sinnvoll sein, wenn man mit mehr Qualität rechnen kann. Aber genau diese Qualitätsparameter werden ganz offensichtlich weder im sozialen noch im Jugendbereich ausreichend zu erwarten sein. Ich nehme dabei auf die Einwände einer Reihe von Behindertenorganisationen des Freistaates Sachsen Bezug. Hier wird befürchtet, dass künftig die Betreuung Schwerbehinderter nicht mehr die gleiche Qualität nach gleichen Kriterien wie bisher haben wird. Wir sollten diese Dinge ernst nehmen. Insbesondere wird von den Behindertenverbänden auf diesem sensiblen Gebiet befürchtet, dass die jetzt durchaus nötige Spezialisierung, wie wir sie im Versorgungsamt, aber auch im Integrationsamt haben, dann zersplittert und aufgegeben wird. Das ist mit uns nicht zu machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Drittens. Sie wissen, dass wir als Fraktion von dem gültigen Integrationsgesetz für Schwerbehinderte nicht allzu viel halten, dass wir uns vor Jahren ein besseres Gesetz gewünscht hätten. Aber was passiert jetzt? Die wenigen Leistungsmöglichkeiten, die dieses Gesetz bietet, werden durch die sogenannte Verwaltungsreform noch weiter ausgehöhlt. Es werden zwar eine Reihe von Bereichen in die Kommunen übertragen, aber das Gesetz gilt nach wie vor nicht für die kommunale Ebene. Also, wenn heute ein Schwerbehinderter Anspruch hat, in einer freistaatlichen Behörde einen Gebärdendolmetscher an seiner Seite zu haben, wie es das Gesetz vorschreibt, so ist genau das künftig nicht gewährleistet. Insofern werden wir auf jeden Fall – ich kann das schon ankündigen – eine dringende Gesetzesnovelle auf den Weg bringen müssen.

Das Vierte: Ja, das Land baut Personal ab, aber das Ganze ist gerade im Sozialbereich nichts anderes als ein Papiertiger;

(Beifall der Abg. Andrea Roth, Linksfraktion)

denn es kann ja kein Personal eingespart werden. Es wird lediglich mit allen Problemen auf die Kommunen umgewälzt. Ich sage Ihnen, die Zersplitterung insbesondere in manchen Kreisen wird dazu führen, dass dort möglicherweise sogar mehr Personal eingestellt werden muss, weil die übertragenen Personalstellen nicht ausreichen und weil es ansonsten wegen der aufgegebenen Spezialisierung zu überlangen Wartezeiten kommen würde.

Das Fünfte: Die Aufblähung des Kommunalen Sozialverbandes findet so nicht unsere Zustimmung. Eigentlich könnte ich als Leipziger Bürger froh sein, wenn künftig die entscheidenden sozialpolitischen Signale aus meiner Heimatstadt kommen; aber dieser Kommunale Sozialverband hat ja trotz alledem rein formal recht wenig zu sagen. Mehr noch, es ist nichts anderes als ein Etikettenschwindel. Die Türschilder werden ausgetauscht, an den Dienststellen ändert sich gegenwärtig räumlich überhaupt nichts. Da fragt man sich: Warum ist das nötig? Um die Statistik zu bereinigen, um schön dazustehen und sagen zu können, dass man wieder so und so viele Personen aus dem freistaatlichen Dienst auf die Kommunen übertragen hat? Das alles ist letztendlich eine Rechnung, die nicht aufgehen wird.

Ich schließe meine Ausführungen und sage: Schon allein aus diesen Gründen muss man dieses Gesetz ablehnen und wir werden das tun. Das dürfte aber für Sie keine Überraschung sein.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Für die CDUFraktion Herr Abg. Krauß, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte doch darum, dass vor allem die Linkspartei jetzt einmal zuhört, weil ich glaube, dass es dort noch ein großes Wissensdefizit gibt. Ich meine, es ist keine Neuigkeit, dass die Linkspartei häufig nicht auf der Höhe der Zeit ist.

(Caren Lay, Linksfraktion: Wie billig, Herr Krauß! – Weitere Zurufe von der Linksfraktion)

Aber diesmal wird es mit dem, was Sie uns hier angeboten haben, indem Sie heute einen Änderungsantrag mit der Drucksachennummer 4/11004 eingereicht haben, relativ deutlich. Letzten Endes haben Sie nur auf die Kopiertaste Ihres Computers gedrückt und den Antrag vom 13.11.2007 recycelt. Sie haben dabei aber nicht gemerkt, dass sich bei den Entwürfen, die der Innenausschuss bearbeitet hat, doch eine ganze Menge geändert hat. Da möchte ich Ihnen jetzt gern auf die Sprünge helfen, zum Beispiel, wenn Sie in Ihrem Antrag davon sprechen, dass es zwei überörtliche Träger in der Jugendhilfe geben soll oder dass das Betriebserlaubnisverfahren zum KSV übergeht. Hören Sie bitte zu, damit Sie wissen, was das Neue ist, und dann, glaube ich, können Sie diesem Gesetzentwurf auch sehr gut zustimmen.

Wie gesagt, bei den Beratungen im Innenausschuss gab es einen Erkenntnisgewinn, der zu Änderungen in der Endphase des Gesetzgebungsverfahrens geführt hat:

Es wird nach unseren Vorstellungen nur einen einzigen Träger der überörtlichen Jugendhilfe geben und alle wichtigen Steuerungs- und Entscheidungsaufgaben werden unmittelbar durch das Landesjugendamt erledigt. Das heißt, dass auch weniger Stellen zum KSV übergehen, nämlich nur 16,7 Stellen, und der KSV wird bestimmte Vollzugsaufgaben erledigen, zum Beispiel das Ausreichen von Fördermitteln, wei Kita-Invest, das uns bekannt ist. Mit diesen Regelungen wird Ihren Bedenken und auch den Bedenken anderer Rechnung getragen. Deswegen können Sie, wie gesagt, wunderbar zustimmen.

Lassen Sie mich aber auch ein bisschen auf das eingehen, was Herr Pellmann noch gesagt hat:

Bei der Heimaufsicht geht es darum, dass es eine eigenständige Organisationseinheit beim KSV geben soll, in der die Aufgaben im Interesse der Bewohner wahrgenommen werden – in aller Unabhängigkeit wahrgenommen werden, da bin ich mir relativ sicher –, und die fachliche Aufsicht hierfür bleibt beim SMS. Wir haben dort also den Entwurf der Staatsregierung sehr wohlüberlegt nochmals geändert.

Herr Krauß, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, ganz kurz.

Herr Krauß, können Sie sich vorstellen, dass uns nicht entgangen ist, dass Sie die Änderungsanträge noch mal gestellt haben, dass damit aber das Grundproblem nicht geheilt ist?