Protokoll der Sitzung vom 22.01.2008

Herr Krauß, können Sie sich vorstellen, dass uns nicht entgangen ist, dass Sie die Änderungsanträge noch mal gestellt haben, dass damit aber das Grundproblem nicht geheilt ist?

Aber ich will Sie ganz konkret fragen: Meinen Sie nicht, dass es sich letztendlich um eine zumindest mittelschwere Täuschung handelt, wenn Sie bei der Heimaufsicht zwar beim alten Verfahren bleiben, aber lediglich eine Übergangsphase bis 2013 einschieben, weil Sie vielleicht selbst der Auffassung waren, dass es so nicht geht, wenn

Kostenträger und Heimaufsicht faktisch in einer Hand sind?

Herr Pellmann, ich bin nicht der Meinung, die Sie gerade vorgetragen haben, sondern ich glaube, dass es mit dieser Terminstellung 2013 möglich ist, den Übergang sehr gut vorzubereiten, auch mit Blick auf die Pflegereform, vor der wir stehen. Ich war nicht der Ansicht – bin nie der Ansicht gewesen, jedenfalls nach der Anhörung nicht mehr –, dass die Aufgabenwahrnehmung durch den KSV nicht möglich ist.

Herr Pellmann, lassen Sie mich aber noch zwei, drei Sätze sagen. Nehmen Sie sich Ihren Antrag, den Sie heute verteilt haben, mal bitte vor. Darin steht Unsinn, weil dort Ihrerseits Veränderungen noch nicht berücksichtigt worden sind. Wenn Sie klug wären, würden Sie diesen Antrag zurückziehen.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Nein, nein!)

Das kann ich Ihnen nur raten.

Zum Thema: Sie sagen in Ihrem Redebeitrag, es komme einerseits zum Wegfall von Aufgaben

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Wo?)

das haben Sie hier gesagt, dass „weniger zur Verfügung steht“, „Sozialabbau“ usw. –, und auf der anderen Seite sagen Sie: Da müssen neue Stellen bei den Kommunen geschaffen werden, dann wird der KSV aufgebläht. – Eines geht nur. Entweder werden der Sozialstaat und der öffentliche Dienst immer mehr abgebaut oder es wird auf der anderen Seite etwas aufgebläht und es werden Stellen neu geschaffen. Da müssen Sie sich für eine Argumentationslinie entscheiden, beides geht nicht.

Sie können auch nicht sagen, dass nur die Türschilder ausgetauscht würden, und gleichzeitig beklagen, dass Aufgaben nicht mehr wahrgenommen würden. Wenn ich nur das Türschild austausche, dann wird die Aufgabe noch immer wahrgenommen. Auch hier müssen Sie sich mal entscheiden, was Sie meinen.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion)

Zum Beispiel bei den Schwerbehinderteneigenschaften kann ich nicht erkennen, warum der Mitarbeiter, der die Aufgabe wahrnimmt, es bei der Kommune schlechter machen sollte, als wenn er es beim Land macht, insbesondere wenn es der gleiche Mitarbeiter ist.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Es geht nicht um einen, es geht um ganze Bereiche!)

Diese Frage haben Sie leider nicht beantwortet. Deswegen wäre es schön, Sie würden noch einmal darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoll wäre, Ihren Änderungsantrag zurückzuziehen und unserem Vorhaben zuzustimmen. Das könnten Sie mit gutem Herzen tun.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Gibt es zu diesem Teil 10 noch weiteren Aussprachebedarf? – Ich frage bei der SPD-Fraktion noch einmal gezielt nach. – Nein, gut. Ich kann also nicht erkennen, dass es noch weitere Diskussionswünsche gibt.

Wir beenden den Teil 10 und ich rufe den Teil 11 auf. Dazu liegen wieder Wortmeldungen vor. Herr Heinz, möchten Sie beginnen? – Die CDU-Fraktion beginnt.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, ein paar kurze Anmerkungen zum Teil 11 der Funktionalreform zu machen.

Dass diese Reform ein wichtiger und unabwendbarer Schritt ist, wurde heute bereits mehrfach betont. Dass wir damit für die Zukunft Vorsorge treffen wollen, versteht sich von selbst. Die hier vorliegende Beschlussempfehlung des Innenausschusses zur Funktional- und Verwaltungsreform, die die Bereiche Ländlicher Raum, Umwelt sowie Land- und Forstwirtschaft betrifft, beinhaltet eine tiefgreifende und innovative Änderung der derzeitigen Verhältnisse.

Ich möchte zugeben, dass ich zu Beginn unserer Diskussionen der Thematik sehr kritisch gegenüberstand, denn die Abgabe von Verantwortlichkeiten fällt schwer. Dies ist besonders dann der Fall, wenn es sich dabei um Aufgaben der Europäischen Union handelt und der Freistaat für deren ordnungsgemäße Umsetzung verantwortlich ist. Aber spätestens seit der letzten Anhörung im Umweltausschuss im Juni letzten Jahres und der intensiven Beschäftigung mit deren Inhalten bin ich überzeugt, dass das Reformvorhaben gelingen kann.

Darüber hinaus haben die Koalitionäre gerade in meinem Bereich Änderungen vorgenommen, die den Gesetzentwurf weiter qualifiziert haben. Der Grundsatz der Reform „Personal folgt den Aufgaben“ wird insbesondere im Umweltbereich auch weiterhin die Qualität sichern. Gleichzeitig – und dies gilt für alle Aufgaben – wird eine bürgernahe Verwaltung geschaffen, denn die Verwaltungsexperten sitzen dann nicht mehr in Leipzig, Dresden oder Chemnitz, sondern in den Landratsämtern vor Ort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit unseren Änderungsanträgen haben wir darüber hinaus zu einer weiteren Qualifizierung des Gesetzentwurfes beigetragen. Festgeschrieben wurde die Möglichkeit einer Bündelung des speziellen Fachverstandes im Bereich des fachlichen Immissionsschutzes und des fachlichen Naturschutzes in einer Landesdirektion. Das zielt auf eine effizientere Aufgabenwahrnehmung ab. Die speziellen Aufgaben, die von nur wenigen Fachleuten wahrgenommen werden, zum Beispiel beim Artenschutz, sind damit für jeden Betroffenen zentral verfügbar. Wir sind außerdem der Auffassung, dass das Ziel der Verwaltungsreform, eine leistungsstarke und moderne Verwaltung zu schaffen, zusätzlich unterstützt wurde.

In der Auswertung der Anhörung sind wir auch zu der Überzeugung gelangt, dass insbesondere die Zuständig

keiten für die Anlagen nach Anhang 1 des Gesetzes über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen bei den Landesdirektionen verbleiben sollten. Auch die Anhörung zum Gesetzentwurf bestätigte diese Position.

Wichtig war uns des Weiteren, dass die über Jahre aufgebauten Datenbanken in gleicher Qualität und Quantität fortgeführt werden. Gleichzeitig müssen die zuständigen Stellen – das heißt, dann die Landratsämter – auch in Zukunft gleichberechtigten Zugang zu diesen Datenbanken haben. Mit der Aufnahme des Artikels 78a wurde dies noch einmal klargestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Qualität spielt auch bei den übergehenden Aufgaben der Ämter für ländliche Entwicklung und des Staatsbetriebes Sachsenforst eine wichtige Rolle. Bei Letzterem haben wir wohl die nachhaltigste Änderung an dem Gesetzentwurf vorgenommen. Der Staatsbetrieb Sachsenforst bleibt weiterhin zuständig für die Beratung und Betreuung des Privat- und Körperschaftswaldes. Darin sehen wir eine wirkliche und entscheidende Verbesserung der Reform im Forstbereich. Dies sichert Kontinuität und Qualität für die Privat- und Kommunalwaldbesitzer.

Ich bin der Überzeugung, dass die Reform in den von mir zu vertretenden Fachbereichen funktionieren wird. Die grundsätzlichen Ziele der Reform, eine moderne, bürgerfreundliche, an die veränderten Rahmenbedingungen angepasste Verwaltung mit einer effizienten Behördenstruktur entstehen zu lassen, werden erreicht und organisiert.

In diesem Sinne möchte ich um Ablehnung des Änderungsantrages des Kollegen Wolfgang Pfeifer, Drucksache 4/10978, bitten. Das dort geäußerte Ansinnen wurde bereits mehrfach in den Gremien diskutiert und würde den Grundprinzipien der Einheit und Einräumigkeit der Verwaltung sowie der Kommunalisierung öffentlicher Aufgaben konträr gegenüberstehen.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Fraktionsausschluss!)

Ich bitte zum Schluss um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Innenausschusses und möchte mich bei den Bediensteten oder dann ehemals Bediensteten des Freistaates Sachsen bedanken. Ich möchte sie bitten, bei ihren neuen Dienstherren genauso engagiert zu arbeiten, damit das, was wir im Gesetz vorgeschrieben haben, dann auch in der Praxis gelingen kann.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Für die Linksfraktion Frau Abg. Roth, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Heinz, die Begeisterung und wilde Leidenschaft, mit der Sie Ihren Beitrag abgelesen haben, hat sehr anschaulich dokumentiert, wie sehr Sie persönlich hinter dieser Reform stehen.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Meine Damen und Herren! „Perlen vor die Säue geworfen“, sagt der Volksmund zu Aktivitäten, von denen man von vornherein weiß, dass sie keinen Erfolg haben werden. Nach etlichen Monaten heiß geführten Debatten um das sogenannte wichtigste Reformwerk der 4. Legislaturperiode muss ich ernüchtert feststellen, dass wir Abgeordneten der demokratischen Fraktionen Perlen vor die Machtarroganz der Herrschenden geworfen haben: Jedes Wort, jedes noch so gute Argument, jede vernünftige Alternative und jedes Beispiel negativer Erfahrungen aus anderen Bundesländern wurden abgewatscht.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Da auch die heutige Plenarsitzung – mein Kollege Lichdi sagte es schon – als Demokratieschauspiel inszeniert ist, verzichte ich darauf zu wiederholen, was im Hohen Haus und in den Ausschüssen mit Nachdruck zum Teil 11, der Anpassung im Bereich des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft, vorgetragen wurde. Ich fasse lediglich noch einmal den Standpunkt der Linksfraktion zusammen.

Verwaltungsverschlechterungsgesetz müsste das Neuordnungsgesetz im Bereich der Umweltverwaltung heißen. Wissenschaftler und Praktiker warnten vor der Zerschlagung der bewährten Umweltbereiche. Sie warnten eindringlich vor der mit der Kommunalisierung verbundenen Zersplitterung des gebündelten, hoch spezialisierten umweltfachlichen Sachverstandes. Aber Prof. Milbradt und seine Mannen handelten nach der Devise „Augen zu!“ und drückten durch, was in Zukunft sowohl der Umwelt als auch der Wirtschaft und den Menschen schadet und den Kreisen rechtliche, organisatorische und vor allem fachliche Probleme bringen wird.

Mit dem Gesetz sollen die durch das EU-Recht immer komplexer werdenden Umweltaufgaben auf die Kommunen verlagert werden. Das wird zu einem Aufgaben- und Qualitätsabbau führen, zu längeren Bearbeitungszeiten bei Genehmigungsverfahren und damit zu einer Verschlechterung der Wettbewerbssituation für Unternehmen. Das führt zu wirtschaftlichen Risiken und zur Erhöhung der Kosten. Der Vollzug der Umweltaufgaben wird mit diesem Gesetz politischer Einflussnahme durch den Landrat und seiner Verwaltung übergeben.

Die Linksfraktion hat sich für die Beibehaltung des Status quo im Umweltbereich eingesetzt. Als Alternative schlugen wir vor, die Umweltfachbereiche der Regierungspräsidien in die bereits kommunalisierten regionalen Planungsstellen zu integrieren. Die Vorschläge wurden nicht erhört und nicht geprüft. Auch das ist ein Lehrstück politischer Kraftmeierei – wie die Ablehnung des Vogtländischen Weges, über den wir morgen abstimmen werden.

Die Linksfraktion wird sich nicht an der Zerschlagung einer bewährten Struktur in der Umweltverwaltung

beteiligen. Die Linksfraktion sieht gerade in diesem Bereich erhebliche soziale Probleme beim Personalübergang, die bis heute nicht geklärt sind. Die Linksfraktion verweigert den Artikeln 64 bis 81 des Verwaltungsneugliederungsgesetzes die Zustimmung.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Es gibt weiteren Aussprachebedarf. Zunächst Herr Abg. Pfeifer, CDUFraktion, und danach Herr Lichdi. – Zum Teil 11 Herr Pfeifer.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich habe noch zwei Änderungsanträge, die ich kurz einbringen möchte. Außerdem möchte ich eine Erklärung abgeben.

Herr Pfeifer, wir sind noch nicht bei der Einzelberatung. Die Änderungsanträge kommen während des Aufrufes noch einmal.

Ich hatte mich schon gewundert; aber meine Kollegen haben gerade gesagt: Melde dich! – Okay, danke.

(Heiterkeit bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Schieb es nicht auf die Kollegen!)

Dann kommt jetzt Herr Abg. Lichdi für die Fraktion der GRÜNEN.