Protokoll der Sitzung vom 24.01.2008

Vielen Dank.

Danke schön. – Herr Dr. Friedrich, bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Lichdi, Sie fordern mich geradezu auf, etwas klarzustellen. Selbstverständlich haben wir diesen kurzen Gesetzentwurf samt Begründung sehr gründlich gelesen. Wir gehen völlig überein, die aus unserer Sicht verschobene Machtbalance zwischen den kommunalen Hauptbeamten – das sind die Bürgermeister und die Landräte – und den Vertretungskörperschaften, die als Hauptorgane in der Gemeindeordnung bzw. der Landkreisordnung benannt sind, de facto aber nicht als Hauptorgane wirken können, also die Stadträte, die Gemeinderäte, die Kreistage, im Sinne der Hauptorgane zu verschieben.

Wir haben – das werden Sie vielleicht nicht wissen – einen sehr umfangreichen Gesetzentwurf in der 3. Legislaturperiode eingebracht, in dem wir die aus unserer Sicht unsinnige Regelung, dass der Bürgermeister oder der Landrat automatisch immer geborener Vorsitzender aller beschließenden Ausschüsse ist, zurückgenommen haben. Was hindert daran, selbst bei Süddeutscher

Ratsverfassung, dass die Vertretungskörperschaften eigene Ausschussvorsitzende wählen? Das müssen nicht zwingend die Bürgermeister oder die Landräte sein. Darüber besteht überhaupt kein Dissens. Wir möchten nur an der Urwahl der Bürgermeister und Landräte festhalten.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Selbstverständlich!)

Wir wollen aber keinen Systembruch. Wenn wir darüber ein Missverständnis hatten, dann kann man das hiermit ausschließen, und wir haben das in der Diskussion geklärt. Es ist natürlich bedauerlich, dass wir das nicht im Fachausschuss getan haben, sondern hier im Plenum klären müssen.

(Johannes Lichdi, GRÜNE, gestikuliert.)

Ich möchte ausdrücklich darauf verweisen, dass wir mit der Ansicht der GRÜNEN völlig konform gehen, dass das uneingeschränkte Weisungsrecht – –

Kollege Lichdi, ich spreche doch in Ihrem Sinn. Sie müssen doch nicht so nervös sein. – Das uneingeschränkte Weisungsrecht finden wir nicht so toll, weil daraus – siehe Gerichtsentscheid Verfassungsgericht Greifswald zur Gemeindegebietsreform Mecklenburg-Vorpommern – auch eine Überforderung der kommunalen Selbstverwaltung resultieren kann. Wenn sich nämlich am Ende herausstellt, dass 80 oder 90 % der Dinge, die die Kreistage tun, nur noch Weisungsaufgabe sind, werden die freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben an den Rand gedrängt. Diese Gefahr sehen wir. Deshalb haben wir hierin überhaupt keinen Dissens mit Ihnen. So viel vielleicht noch einmal zur Klarstellung.

Danke. – Gibt es weiteren Bedarf zur allgemeinen Aussprache? – Dann bitte ich die Staatsregierung. Herr Dr. Buttolo, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf will die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Bürgerinnen und Bürgern mehr Einflussmöglichkeiten bei den Entscheidungen im kommunalen Bereich einräumen. Der Landtag hat am 26. November 2007 eine Anhörung durchgeführt, die keinerlei neue Erkenntnisse brachte. Die Sachverständigen haben keinen zusätzlichen Handlungsbedarf herausgearbeitet.

Herr Lichdi, ich möchte auf einige wenige Punkte Ihres Gesetzentwurfes eingehen. Ich habe das bereits für das Innenministerium in der Sitzung des Innenausschusses getan. Da Sie an dieser Sitzung aber leider nicht teilnehmen konnten, erlaube ich mir, die Punkte hier noch einmal zu benennen.

Sie schlagen vor, ein aktives und passives Wahlalter mit 16 Jahren einzuführen. Wir hatten in der vergangenen Legislaturperiode die Diskussion im Parlament, ob dies sinnvoll sei. Ich möchte an dieser Stelle noch auf eine Studie verweisen, die in der Tat festgestellt hat, dass es

kein großes Interesse von 16-Jährigen gibt, an aktiven Wahlhandlungen teilzunehmen.

Ich erlaube mir daher die Position noch einmal zu wiederholen: Wir sollten bei einem Wahlalter von 18 Jahren bleiben. Das hat sich in der Vergangenheit sehr wohl bewährt.

Sie möchten mit Ihrem Gesetzentwurf die Wahlperioden für Gemeinderäte und Kreistage sowie Bürgermeister und Landräte verändern. Ich bin froh über die Regelung, die wir im Freistaat Sachsen haben. Sie garantiert Kontinuität auf der kommunalen Ebene in der Kommunalpolitik. Ich möchte aus diesem Grund ausdrücklich gegen eine Verkürzung sprechen. Eine derartige Verkürzung bringt nicht mehr Demokratie, sondern mehr Diskontinuität.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Ferner möchten Sie, dass Bürgermeister künftig nicht mehr in den Kreistagen vertreten sind. Ich möchte diesem Punkt vehement widersprechen.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, ich nehme zwar an, dass es ein Thema ist, das schon vorbei ist, aber trotzdem beantworte ich diese Frage.

Bitte, Frau Herrmann.

Das Thema ist wirklich schon vorbei, aber ich habe mir überlegt, dass ich Sie trotzdem fragen möchte.

Sind Sie nicht auch der Meinung, dass die Tatsache, dass Jugendliche in den genannten Bundesländern ihr Wahlrecht nicht ausüben, als Begründung nicht ausreicht, das Wahlalter nicht zu senken, sondern dass viele Faktoren dabei eine Rolle spielen, über die man nachdenken müsste? Es zeichnet sich ab, dass auch Erwachsene die Möglichkeit, zur Wahl zu gehen, nicht mehr in Anspruch nehmen. In dieser Logik könnte man überlegen, ob es überhaupt sinnvoll ist. Es gibt also Ursachen dafür. Man müsste über diese Ursachen nachdenken. Sind Sie nicht auch dieser Meinung?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Herrmann, ich habe eine andere Position als Sie. Ich glaube nicht, dass man das Wahlalter auf 16 Jahre herabsetzen sollte, um damit Jugendliche an der Politik zu interessieren; sondern vielmehr sollte man sich verstärkt darum mühen, bei Jugendlichen mehr politisches Interesse zu wecken. Das Wählen ist die eine Seite, aber es kommt darauf an, dass sich unsere Jugendlichen, unsere Bevölkerung grundsätzlich mehr und kontinuierlich für Politik interessieren sollten und nicht nur zu bestimmten Wahlterminen erscheinen.

(Beifall der Abg. Thomas Colditz und Rolf Seidel, CDU)

An dieser Stelle möchte ich auf meinen dritten Punkt zurückkommen. Herr Lichdi, Sie schlagen in Ihrem Gesetzentwurf vor, dass Bürgermeister nicht mehr Kreistagen angehören sollten.

(Dr. Michael Friedrich, Linksfraktion: Richtig!)

Ich halte für sehr wichtig, dass der Sachverstand der Bürgermeister in den Kreistagen vorhanden ist. Ich setze in der nächsten Legislaturperiode auf der kommunalen Ebene sehr stark auf den Sachverstand der Bürgermeister, um die Veränderungen, die es in der kreislichen Arbeit geben wird, problemlos zu meistern.

Herr Lichdi, Sie schlagen des Weiteren vor, auf kommunaler Ebene Untersuchungsausschüsse zu ermöglichen. Ich sehe verfassungsmäßig dafür keine Möglichkeiten. Es gebe noch weitere Punkte, wenn ich nur an die Fraktionsräumlichkeiten denke; auch da halte ich es nicht für angemessen, eine Regelung per Gesetz zu treffen. Wir müssen uns im Klaren sein, dass es eine Vielzahl kleiner Kommunen gibt, die schlichtweg in erhebliche Probleme kommen würden.

Es gibt für diese Gesetzesinitiative keine Möglichkeit. Ich bitte Sie daher, diesem Gesetzentwurf nicht Ihre Zustimmung zu geben.

(Beifall bei der CDU)

Danke. – Gibt es daraufhin noch einmal Aussprachebedarf seitens der Fraktionen? – Dies kann ich nicht sehen. Damit kommen wir zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur Ausweitung der Wahlrechte und zur Stärkung der Rechte der Kreis- und Gemeinderäte, Drucksache 4/8232, Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE.

Wir beginnen mit der Überschrift. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Jastimmen und Enthaltungen ist die übergroße Mehrheit dagegen.

Artikel 1 lautet: Änderung der Verfassung des Freistaates Sachsen. Wer dem Artikel 1 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Abstimmungsverhalten wie soeben: abgelehnt.

Artikel 2 lautet: Änderung der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Wiederum gleiches Abstimmungsverhalten wie soeben: Ablehnung.

Artikel 3 lautet: „Änderung der Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen“, Nr. 1 bis Nr. 3. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich stelle wiederum gleiches Abstimmungsverhalten fest: Ablehnung.

Zu Nr. 4 bringt die einreichende Fraktion noch einen Änderungsantrag ein; Herr Kollege Lichdi, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Weihnert hat es sich wiederum nicht nehmen lassen, es schon vorweg anzusprechen. Wie gesagt, der Gesetzentwurf wurde im März 2007 eingereicht. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Staatsregierung noch einen Vorschlag, der eine wesentlich geringere Anzahl von Kreisräten vorsah. Mittlerweile hat sich die Staatsregierung eines Besseren besonnen und die Anzahl der Kreisräte vehement erhöht.

(Enrico Bräunig, SPD: Nicht die Staatsregierung!)

Ja, die Koalitionsfraktionen. Entschuldigen Sie, dass ich nicht genau unterscheide; aber es fällt wirklich schwer, da eine Unterscheidung zu treffen.

(Margit Weihnert, SPD: Das ist ganz wichtig!)

Ja, das ist ganz wichtig.

Leider hat sich in unseren Gesetzentwurf ein kleines Fehlerchen eingeschlichen. Dieses Fehlerchen wollen wir mit diesem Änderungsantrag beheben.

(Leichte Unruhe)

Es ist furchtbar. – Nichtsdestotrotz betrachten wir unsere frühzeitige Einreichung zu diesem Punkt als erfolgreich, da die Koalitionsfraktionen wohl auch dadurch veranlasst worden sind, hier nachzubessern.

(Lachen des Abg. Rolf Seidel, CDU)

Vielen Dank.

Sie möchten trotzdem eine Abstimmung über Ihren Änderungsantrag?