Beim Umgang mit Asylsuchenden kommen zwei Werte zum Tragen, nämlich die Ordnungsstaatlichkeit und die Menschenwürde. Gesellschaft und Politik stellen Positionen häufig gern als Entweder-oder dar. In diesem Falle wäre das jedoch falsch. Wir brauchen nämlich beides. Ordnungsstaatlichkeit ohne Menschenwürde wäre ebenso falsch wie Menschwürde ohne Ordnungsstaatlichkeit. Ich kann sagen, in Sachsen gelingt uns bei diesem Thema das Sowohl-als-auch immer besser.
Wie sieht menschenwürdige Unterbringung von Asylsuchenden ganz konkret aus? Wir waren die Ersten in Deutschland, die diese Frage mit dem „Heim-TÜV“ mit 50 beobachtbaren Kriterien erfassten und die Heime danach überprüften. Für die Einrichtungen der zusätzlichen Gemeinschaftsunterkünfte kamen diese Kriterien zur rechten Zeit. Sie wurden berücksichtigt und halfen ganz konkret bei der Ausstattung dieser Heime.
Mit anderen Worten: Der „Heim-TÜV“ hat die Unterbringung von Asylsuchen aus dem Schatten der Gesellschaft geholt und den konstruktiven Mitstreitern für eine weltoffene Gesellschaft konkrete Anhaltspunkte für ihre Arbeit gegeben.
Die Idee des Heim-TÜV war ungewohnt und anfänglich verunsichernd. Wie würde auf die Ergebnisse reagiert werden? Doch der Mut zahlte sich aus, weil unser Gestaltungsspielraum damit sichtbar gemacht wurde. Mittlerweile sind viele Kriterien des Heim-TÜV Teil des sächsischen Unterbringungs- und Betreuungskonzeptes für Asylsuchende. Ich danke dem Innenministerium und den vielen kommunalen Verantwortlichen für diese Entscheidung.
Der Heim-TÜV wird auch außerhalb Sachsens aufgegriffen. Das Saarland übernimmt ihn. In Südtirol hat ihn mein Team vergangene Woche auf Einladung der Caritas vorgestellt und angewendet. Laut dem Spiegel hat Horst Seehofer gerade angekündigt, die bayerischen Gemeinschaftsunterkünfte erheblich zu verbessern.
Sehr verehrte Damen und Herren! Neue Zeiten brauchen neue Antworten. Mehr Krisen führen zu mehr Flüchtlingen. Über 50 Millionen Flüchtlinge gibt es mittlerweile. Das heißt, natürlich kommen auch mehr Flüchtlinge nach Deutschland und nach Sachsen. Wir alle sind gefragt, bei der dabei anfallenden Aufgabe entsprechend unseren Kompetenzen zu helfen. Das betrifft alle Ministerien und zum Teil auch uns im Landtag. Das sächsische Unterbringungs- und Betreuungskonzept sieht zum Beispiel vom Freistaat mitfinanzierte Sozialarbeit für Flüchtlinge vor. Dafür brauchen wir im nächsten Doppelhaushalt circa 2 Millionen Euro pro Jahr, also ein Achttausendstel unserer Mittel. Ich bin zuversichtlich, dass Sie all das bei den Haushaltsverhandlungen im Herbst unterstützen werden.
Sozialarbeit ist besonders wichtig für unsere Gesellschaft und ein konstruktives Zusammenleben aller hier bei uns im Freistaat. Dadurch erkennt man zum Beispiel frühzeitig entstehende Konflikte. Das ist Teil einer intelligenten Präventionspolitik. Sozialarbeit unterstützt die Kommunikation mit der Bevölkerung. Sie ist Orientierungshilfe für Asylsuchende. Sie hilft ihnen, unsere gesellschaftlichen Angebote zu erkennen und wahrzunehmen, zum Beispiel im Schul- und Bildungsbereich. Dank vieler engagierter Akteure in allen gesellschaftlichen Bereichen ist Sozialar
beit schon Realität in einigen Regionen Sachsens. Sie soll aber künftig überall Realität werden, wenn sie entsprechend finanziert wird.
Verschiedene konstruktive Beispiele für gute Sozialarbeit finden Sie in meinem heute veröffentlichten Bericht, den ich Ihnen damit ans Herz lege.
Zum Abschluss gehört natürlich auch der Dank, wie ihn schon einige meiner Vorgängerinnen und Vorgänger ausgesprochen haben. Ich danke den demokratischen Fraktionen im Landtag und unseren kommunalen Parlamenten für ihren Mut zu fraktionsübergreifenden Lösungen. Wenn die Opposition etwas sagt, lehnt es normalerweise die Regierung ab. Umgekehrt ist es genauso. Ich denke, bei Fragen der Asylpolitik, im Umgang mit Asylsuchenden ist es wichtig, dass wir dieses Spiel des Einergegen-den-anderen überwinden und gemeinsame Lösungen finden.
Ich danke den Kirchen und Wohlfahrtsverbänden und den vielen Initiativen aus der Mitte der Gesellschaft vor Ort, die für ein konstruktives Zusammenleben aller einstehen. Ich danke meinen Unterstützern für ihre Ermutigung und meinen Kritikern für ihren Ansporn.
Last, but not least möchte ich dem Innenministerium und Herrn Staatsminister Markus Ulbig für ihr Vertrauen und den respektvollen, konstruktiven Dialog danken. Wir waren nicht immer einer Meinung und sind auch nicht immer einer Meinung. Doch wir bekennen uns beide zum Sowohl-als-auch von Menschenwürde und Ordnungspolitik in unserem Freistaat.
Was den „Heim-TÜV“ angeht, so schlage ich vor, dass er weiterhin beim Sächsischen Ausländerbeauftragten
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir den unbequem ansteigenden Flüchtlingszahlen und ihren Herausforderungen gewachsen bleiben, solange wir das konstruktiv und als gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe angehen. Tun wir das!
(Lang anhaltender Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Artikel 16 Abs. 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland heißt es klar und eindeutig: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Die Väter des Grundgesetzes formulierten diesen Artikel im Jahr 1949, schlussfolgernd aus den schlimmen Zeiten der nationalsozialistischen Diktatur, als viele
aufrechte Deutsche ihr Vaterland verlassen mussten und jenseits der Grenzen Asyl suchten. Doch konnte sich 1949, als Deutschland noch in Trümmern lag, kaum jemand vorstellen, dass unser Land 65 Jahre später zum ersehnten Ziel Tausender von Verfolgten und Benachteiligten
aus aller Welt werden sollte. Deren Zahl nimmt angesichts bewaffneter Auseinandersetzungen und humanitärer
Katastrophen in aller Welt ständig zu. Wer davor die Augen schließt, hat entweder kein Herz oder er ist ein unbelehrbarer Rassist,
Sachsen ist für die allerwenigsten Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, das erste Ziel ihrer Reise. Im Regelfall werden die Asylsuchenden dem Freistaat vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zugeteilt. Die Zuteilung erfolgt nach dem Königsteiner Schlüssel, der jährlich neu errechnet wird und in den zu zwei Dritteln das Steueraufkommen und zu einem Drittel die Bevölkerungszahl des jeweiligen Bundeslandes einfließen. Derzeit entfallen nach diesem Schlüssel rund 5,1 % der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge auf den Freistaat Sachsen. Nach ihrer Ankunft durchlaufen die Asylsuchenden das Asylverfahren, das über die Anerkennung als Flüchtling entscheidet. Dieses Verfahren wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführt.
Nach ihrer Ankunft im Freistaat werden die Asylsuchenden in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Wer das einmal erlebt hat, der weiß, mit welchen Problemen das verbunden ist.
Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe im real existierenden Sozialismus selbst acht Jahre als Lehrling und dann als Student in Baracken gehaust, sechs Mann auf einer Bude und für 30 Personen eine Dusche. Aber wir waren alle ledig, gleich alt und hatten eine sinnvolle Beschäftigung.
Anders ist es in den Asylbewohnerheimen des Freistaates. Hier wohnen Jung und Alt, Frauen und Männer, Familien und Ledige aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen zusammen. Sie haben anfänglich keine Beschäftigung und sprechen nicht unsere Sprache.
Auf Initiative des Ausländerbeauftragten, Prof. Martin Gillo, werden seit 2010 in Sachsen in allen Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende vergleichbare
Standards angestrebt und durch den sogenannten „HeimTÜV“ geprüft. Asylbewerberunterkünfte sind keine VierSterne-Hotels. Sie sollen aber ihren Bewohnern Bedingungen bieten, die den Geboten der Humanität und der Menschenwürde entsprechen. Dies wurde mit Hilfe des
„Heim-TÜV“ grundsätzlich erreicht. Martin Gillo sagte es schon: 2010 mussten 50 % aller Heime noch als unakzeptabel bewertet werden. 2011 waren es nur noch 10 %. 2013 gab es diese Kritik nicht mehr, wenngleich vier Heime in einem Zustand sind, bei dem sich eine Sanierung nicht mehr lohnt.
Meine Damen und Herren! Die erreichten Verbesserungen sind ein Verdienst des Ausländerbeauftragten und der verantwortlichen Kommunen, denen dafür zu danken ist.
Prof. Martin Gillo gilt unser herzlicher Dank für seine verdienstvolle Tätigkeit als Sächsischer Ausländerbeauftragter. Vergelt’s Gott, lieber Martin!
Möge es dem Sächsischen Landtag in der nächsten Legislaturperiode gelingen, einen Nachfolger zu finden, der in die großen Fußstapfen des Martin Gillo passt und sein Werk erfolgreich fortsetzen kann.
Namens meiner Fraktion bitte ich um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Innenausschusses vom 3. April dieses Jahres.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Hinschauen lohnt sich“, so lautet der Titel der Unterrichtung des Sächsischen Ausländerbeauftragten, Martin Gillo, zum „Heim-TÜV“ 2013 über das Leben in sächsischen Gemeinschaftsunterkünften.
Menschen auf der Flucht mit dramatischen Erlebnissen, mit Verletzungen an Körper und Seele leben in diesen Gemeinschaftsunterkünften, viele leider sogar über lange Jahre. Es muss also genau hingeschaut werden, unter welchen Bedingungen diese Menschen hier in Sachsen direkt in unserer Nähe leben.
Der Sächsische Ausländerbeauftragte, Martin Gillo, und sein Team haben hingeschaut. An 17 verschiedenen Tagen besuchten sie die 40 Einrichtungen, an manchen Tagen drei bis vier Heime. Aber dies ist ja nur das Offensichtliche dabei. Die Erarbeitung des Fragenkatalogs, die Formulierung von Mindeststandards im Vorfeld, die Auswertung und Aufarbeitung der Ergebnisse bis hin zur Vorlages des „Heim-TÜV“ als Dokument – all dies gehört dazu.
Dies ist eine wichtige und anerkennenswerte Leistung. Die Fraktion DIE LINKE sagt dafür nachdrücklich Danke. Dank an Martin Gillo und sein gesamtes Team!