Protokoll der Sitzung vom 30.03.2010

Zugleich wird damit der Verfassungsgrundsatz, dass die Würde des Menschen an sich unantastbar ist, mit Füßen getreten. Egal, in welchen legalistischen Mantel Sie es auch hüllen, es bleibt, was es ist. Die Vorväter dieser Fraktion haben mit dieser Ideologie am Ende Synagogen in Brand gesetzt und letztendlich den Weg nach Auschwitz bereitet. Meine Damen und Herren, die Ideologie, die dahinter steht, wird wohl auch von dieser Fraktion vertreten. Aus diesem Grund kann man sich diesem Antrag schon gar nicht inhaltlich – sprich: baurechtlich – nähern, sondern ihn einfach gesellschaftspolitischer Würdigung unterziehen. Wir lehnen diesen Antrag aus diesem Grund ab.

(Beifall bei der Linksfraktion und der FDP)

Die SPD-Fraktion; Frau Friedel steht auf meiner Liste. – Nein. Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Die Staatsregierung? – Herr Staatsminister Ulbig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Einige Aspekte aus der Sicht der Staatsregierung möchte ich doch noch nennen; denn nachdem die NPD-Fraktion mit unterschiedlichen Anträgen zum Thema „Islamisierung stoppen“ usw. hier nicht durchgekommen ist, hat sie nun den Umweg über die Sächsische Bauordnung genommen. Herr Storr, es wird nicht besser, wenn Sie es so ausführen; denn ich möchte klar sagen: Sie sind eben nicht in der Lage zu unterscheiden, wie die gegenwärtige Rechtslage ist, wenn Sie bauplanungsrechtliche Aspekte ansprechen, die nicht das Land, sondern der Bund allein entscheiden kann.

Wenn Sie nur einmal die Begründung Ihres Gesetzantrages anschauen, dann steht darin, dass Sie die Stärkung der kommunalen Planungshoheit im Blick haben. Das sollten Sie bei Ihrem Vortrag nicht aus dem Blickfeld verlieren. Ich möchte klar sagen, dass die bestehenden planungsrechtlichen Vorschriften, die es gibt, die kommunale Planungshoheit ausreichend sicherstellen, die Einbindung der Stadträte und Gemeinderäte damit gegeben ist und dies auf dem Boden und im Rahmen unseres Grundgesetzes und unserer Sächsischen Verfassung steht.

Der Gesetzentwurf ist auch deshalb überflüssig, weil die Sächsische Bauordnung eine Beteiligung der Gemeinden vorsieht und diese sogar zum Erlass von Gestaltungssatzungen ermächtigt. Sie, die Damen und Herren von der NPD-Fraktion, beschwören hier in Sachsen die vermeintliche Gefahr einer schleichenden Islamisierung herauf und vermitteln damit ein Bild, dass sich die sächsischen

Kommunen nicht vor Bauanträgen oder Minaretten retten könnten. Tatsächlich ist derzeit weder ein Bau noch eine Planung bekannt.

Sie bedienen auch Klischees, deshalb möchte ich diese Klischees mit einigen Fragen, das Thema Ausländer betreffend, abschließen. Wissen Sie überhaupt, dass der Ausländeranteil in Sachsen derzeit 2,7 % beträgt?

(Holger Apfel, NPD: Wehret den Anfängen!)

Und wissen Sie überhaupt, dass 2008 zwar rund 17 500 Ausländer nach Sachsen gezogen, aber 18 682 aus Sachsen weggezogen sind und dass der überwiegende Teil davon hier einer Beschäftigung nachgeht, in Lohn und Brot steht und damit auch Steuern bezahlt?

(Alexander Delle, NPD:... und Arbeitsplätze wegnimmt!)

Oder wissen Sie, dass wir circa 10 000 ausländische Studenten in den sächsischen Hochschulen hatten und allein etwa 4 100 im Jahr 2009 an sächsischen Hochschulen mit dem ersten Semester begonnen haben? Wissen Sie überhaupt, dass der Anteil der Muslime in der sächsischen Bevölkerung unter einem Prozent liegt

(Holger Apfel, NPD: Noch!)

und damit statistisch überhaupt nicht mehr sauber erfasst werden kann und dass 98 % der Muslime in Westdeutschland leben? Allein vor diesem Hintergrund sehen Sie, dass für den Gesetzantrag, unabhängig davon, dass er unzulässig und schlecht gemacht ist, auch inhaltlich überhaupt kein Raum ist und er deshalb abzulehnen ist.

Besten Dank.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Es gibt keine Änderungsanträge. Deshalb schlage ich Ihnen nun vor, dass wir – –

(Dr. Johannes Müller, NPD, steht am Mikrofon.)

Herr Dr. Müller, bitte.

Frau Präsidentin! Ich zweifle an der Entschiedenheit der Ablehnung durch die anderen Fraktionen. In Bezug auf die Beschlussfähigkeit haben wir im Moment ein gewisses Problem und ich bitte, diese festzustellen.

Herr Piwarz, bitte.

Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, Frau Präsidentin, dass nach § 80 Abs. 2 letzter Satz die Möglichkeit besteht, eine kurze Unterbrechung zu machen, und würde anempfehlen, dies zu tun.

Gut. – Dann schlage ich vor, dass wir für zehn Minuten unterbrechen, und bitte, die Abgeordneten noch herbeizuholen.

(Unterbrechung von 12:48 bis 12:53 Uhr)

Ich sehe nun die Beschlussfähigkeit gegeben. Herr Dr. Müller, haben Sie etwas dagegen, dass wir weitermachen, auch wenn die zehn Minuten noch nicht um sind?

(Zustimmung des Abg. Dr. Johannes Müller, NPD – Christian Piwarz, CDU: Wie viele Abgeordnete der NPD sind denn da?)

Gut. – Meine Damen und Herren! Aufgerufen ist das Gesetz zur Änderung der Sächsischen Bauordnung. Wir stimmen über den Gesetzentwurf der NPD-Fraktion ab. Wir beginnen mit der Überschrift. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der

Stimme? – Ich sehe nur wenige Stimmen dafür. Damit ist der Überschrift nicht zugestimmt worden.

Ich rufe Artikel 1 auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier wenige Stimmen dafür, eine Mehrheit dagegen. Artikel 1 wurde abgelehnt.

Ich rufe Artikel 2 auf. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier gleiches Abstimmungsverhalten. Damit sind alle Artikel abgelehnt und es erübrigt sich eine Gesamtabstimmung. Meine Damen und Herren, ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Transeuropäische Netze im Interesse sächsischer Verkehrsentwicklung qualifizieren

Drucksache 5/1868, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Sachsen nicht vom Bahnfernverkehr abhängen – Fern- und Nahverkehr in Takt bringen

Drucksache 5/1870, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Es beginnt die CDU-Fraktion, danach folgen FDP, GRÜNE, DIE LINKE, SPD, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile nun der CDU-Fraktion das Wort; Herr Abg. Heidan, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sächsische Schienennetz befindet sich teilweise in einem katastrophalen Zustand. Die Investitionstätigkeit ist Stückwerk. Fernverkehr findet nur noch unterdurchschnittlich statt. Die Fahrzeugflotte leidet unter technischen Mängeln – wir haben es gehört – und muss überprüft werden. Fahrpläne werden ausgedünnt und Haltepunkte nicht mehr berücksichtigt. – Das, meine Damen und Herren, ist nicht etwa ein Auszug aus der Beschreibung der Situation der Deutschen Reichsbahn im Jahre 1991/92, sondern es ist vielmehr eine Feststellung, die ich heute für mich selbst mit Blick auf die aktuelle Situation treffe.

Die Entwicklung des Schienenverkehrs in Sachsen ist aber auf der anderen Seite im Regionalverkehr erfolgreich, und dafür bin ich den Verkehrsverbünden, die intelligente Verkehrsangebote organisieren und die so eingesetzten Regionalisierungsmittel im Interesse des öffentlichen Personennahverkehrs umsetzen, sehr dankbar.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Torsten Herbst, FDP, und Eva Jähnigen, GRÜNE)

Unsere Probleme beginnen aber bei der nationalen und europäischen Betrachtung des sächsischen Schienennetzes. So werden Sie sich vielleicht noch an eine Initiative

unserer Fraktion erinnern, die nach langem Ringen mit unserem früheren Koalitionspartner unter der Drucksachennummer 4/15510 im vergangenen Jahr in diesem Hohen Hause beraten und beschlossen wurde. Darin haben wir klar die Prioritäten für den Ausbau unserer Schieneninfrastruktur gesetzt. Ich darf Ihnen nochmals die Liste, nach Prioritäten geordnet, vor Augen führen: Das sind

erstens – die Sachsen-Franken-Magistrale mit der Elektrifizierung des Abschnittes Reichenbach–Hof, mit deren Realisierung in diesem Jahr begonnen wird; die Einbindung des City-Tunnels in den Fernverkehr; die Fertigstellung der Strecke Dresden–Chemnitz–Zwickau– Reichenbach – wir sind dabei auf einem guten Weg –; die Fertigstellung der Strecke Leipzig–Reichenbach–Hof; der Ausbau des Knotens Chemnitz, der derzeit realisiert wird, sowie der Ausbau und Elektrifizierung des Abschnittes Dresden–Görlitz bis zur Grenze nach Polen.

(Volker Bandmann, CDU: Sehr richtig!)

Zweitens ist es die Instandsetzung und der Ausbau der Strecke Dresden-Berlin.

An dritter Stelle stehen der zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke Knappenrode–Horka bis zur Grenze nach Polen.

(Beifall der Abg. Volker Bandmann und Peter Schowtka, CDU)

An vierter Stelle steht der zweigleisige Ausbau der Mitteldeutschland-Verbindung – Sie wissen es – Chemnitz– Weimar–Erfurt–Kassel–Düsseldorf.

An fünfter Stelle stehen der zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke Chemnitz–Geithain–Borna– Leipzig,

an sechster Stelle der Ausbau der Strecke Riesa–Dresden, der sich teilweise auch schon in Realisierung befindet, sowie der Ausbau der Strecke Berlin–Cottbus– Weißwasser–Görlitz

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)