Ich erinnere an die Sitzung des Haushaltsausschusses im Dezember letzten Jahres, als ich darauf aufmerksam gemacht habe, wie kompliziert es in unserer Haushaltslage sein wird, beim Wachstumsbeschleunigungsgesetz und dessen Zustimmung durch den Freistaat Sachsen am 18. Dezember letzten Jahres auf die reichlich 100 Millionen Euro für das Land und circa 40 Millionen Euro für
die Kommunen zu verzichten. Damals kam aus Ihrer Fraktion – es waren namentlich nicht Sie – der Zwischenruf „Das ist doch ein Klacks!“.
Ich kann gut verstehen, dass Sie mit Ihrer vorgetäuschten Seriosität am Pult dazu einladen, dass diese falsche Politik von anderen kopiert wird. Das ist ein Punkt, auf den es mir in den nächsten Jahren ankommen wird, wenn es darum geht, Haushalt und Finanzen zu konsolidieren. Dann kann man nicht eine Lüge selbst begehen und sie dann anderen vorwerfen, wenn sie süchtig danach greifen, weil auch sie irgendetwas tun wollen.
Mir liegt daran, dass in diesen Fragen Klarheit herrscht. Ich nehme an, dass die abgesenkte Mehrwertsteuer für die Hotellerie sowieso durch eine Klage vom Bundesfinanzhof kassiert wird. Es wird offenbar werden, dass Sie da „Mist gebaut“ haben. Mir kommt es darauf an, dass wir in der Sache klar und fair sprechen. Das haben Sie nicht getan. Das stelle ich hier ausdrücklich fest.
Ich möchte auch kurzintervenieren in Richtung der neuen Steuersenkung der Linkspartei, die auf der einen Seite immer mehr Ausgaben fordert und auf der anderen Seite Steuersenkungen einbringt.
den ich in diesem Punkt unterstützen möchte. Man kann sich anschauen, welche Auswirkungen die Steuersenkung im Hotelgewerbe hatte. Dort hat man den Mehrwertsteuersatz gesenkt. Was ist passiert, gerade bei den Hotelübernachtungspreisen in Sachsen? Die Preise sind nicht gesunken. Der Verbraucher hat davon nichts gehabt.
Konsequenz für Ihren Vorschlag: Wenn man die Mehrwertsteuersätze für Arzneimittel senkt, heißt das, man stärkt einzig und allein die Pharmaindustrie.
Herr Prof. Schmalfuß, Sie möchten nicht erwidern. Dann ist die Zeit der Kurzinterventionen vorbei und wir fahren in der Aussprache fort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abg. Giegengack; bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Manchmal frage ich mich bei bestimmten Themen, was wir im Landtag eigentlich tun. Schlagen wir gemeinsam, hochdotiert, die Zeit tot oder machen wir Politik?
Da reicht DIE LINKE einen Antrag ein, der nicht nur ähnlich – Herr Schmalfuß – wie vor vier Jahren ist, sondern wortgleich wie vor vier Jahren. Sie macht sich nicht einmal die Mühe, den Fehler, der schon damals drin war, bei der Wiederauflage zu verbessern.
Denn bereits damals waren Hilfsmittel – die Aufzählung kam bereits von Herrn Patt – wie Rollstühle, Schwerhörigengeräte, Prothesen, Krücken, Bandagen usw. mit einem verminderten Steuersatz belegt. Sie sind es immer noch und sie werden es wahrscheinlich noch eine Weile bleiben.
Auch die Staatsregierung hat sich bei der Stellungnahme zu diesem Antrag nicht unbedingt ein Bein ausgerissen. Der gewisse Widerspruch ist schon mehrmals angesprochen worden, wie der Antrag von den Linken abgelehnt wird mit den Argumenten, dass man sich das finanzpolitisch nicht leisten kann, dass es den Zielen der Koalitionsverträge von Bund und Land widerspricht, das Steuersystem zu vereinfachen und zu systematisieren, und dass für einen verminderten Steuersatz nur Ausnahmen in geringem Umfang möglich wären. Es wurde hier bestimmt schon fünfmal gesagt, dass man ja zum Jahresanfang die Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen von 19 auf 7 % gesenkt hat.
Zur Sache selbst. Die Fachvertreter sind sich darin einig, dass eine Mehrwertsteuersenkung für Medikamente nur kurzfristig greifen würde. Wir können es heute in der „Freien Presse“ lesen. Herr Candidus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten, sieht das durchaus als ein kurzfristiges Mittel. Aber es ist keine Frage – es wurde schon gesagt –, langfristig ist das auf keinen Fall ein Weg.
Wir müssen die Preisbremse bringen und die Preise grundsätzlich senken. Einige Gesundheitsminister sind an dieser Frage bereits gescheitert. Inwiefern das Reformpaket, das CDU und FDP auf den Weg gebracht haben, das bringt, was wir alle erwarten, sei dahingestellt. Bisher war es so, dass CDU und FDP eher der parlamentarische Arm der Pharmaindustrie gewesen sind.
Wir werden der Initiative der Linken heute nicht zustimmen – und das nicht, weil wir der Auffassung sind, dass unser Steuersystem gut ist, wie es ist. Im Gegenteil, den Erwerb eines Rennpferdes mit 6 % zu besteuern, aber den Kauf von Babywindeln mit 19 % finden wir absurd.
Herr Schmalfuß kennt das aus seinem ganz privaten Erleben. Wir GRÜNEN wollen eine grundlegende Reform des Mehrwertsteuersystems und werden dazu im
Das war Frau Giegengack für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die NPD ist an der Reihe; Herr Dr. Müller, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal auf meine Vorredner, Herrn Patt und Herrn Prof. Schmalfuß, eingehen.
Von Ihnen wurde zu Recht gesagt, dass, wenn es zu Mindereinnahmen bei der Absenkung der Mehrwertsteuer auf 7 % bei Arzneimitteln käme, 4 Milliarden Euro weniger im Staatshaushalt und – heruntergerechnet – auch weniger im sächsischen Haushalt wären. Dazu muss ich sagen: Wenn die Bemühungen der FDP und des Gesundheitsministers Dr. Rösler Früchte tragen würden, die Arzneimittelpreise via Pharmaindustrie senken zu lassen, dann würde es diese Mindereinnahmen auch geben.
Ich denke, hier und heute hätten wir zumindest kurzfristig die Möglichkeit, die gesetzlichen Krankenkassen und damit die Versicherten zu entlasten.
Immerhin hatten wir in der vergangenen Wahlperiode als Erstes 2005 einen Antrag mit gleicher Intention eingebracht, DIE LINKE kam dann im April 2006. Jetzt haben wir einen Antrag im Jahr 2010 wieder von den Linken. Wir freuen uns natürlich, dass in dem Fall die Linkspartei das Anliegen, das wir damals schon angebracht haben, aufgegriffen hat, denn an der Situation hat sich seit damals nichts geändert. Nach wie vor sind in Deutschland die Arzneimittelpreise so hoch wie in kaum einem anderen Land der Europäischen Union.
Von den 27 EU-Staaten verlangen nur zwei einen höheren Mehrwertsteuersatz auf Medikamente als wir, und zwar, wie schon angesprochen, Bulgarien und Dänemark. In 23 von 27 EU-Staaten wird eine ermäßigte Mehrwertsteuer bzw. gar keine Mehrwertsteuer auf Medikamente erhoben, so zum Beispiel in Großbritannien, Irland und Schweden.
Die Forderung, den Mehrwertsteuersatz für Medikamente auf 7 % zu senken, ist im Übrigen auch keine originäre Forderung von der NPD oder den Linken. Sie wurde auch vor wenigen Tagen vom Sozialverband VdK erhoben. In einer entsprechenden Pressemitteilung heißt es dazu: „Das ist eine Maßnahme, die schnell wirken würde. Krankenkassen und Patienten könnten so um 2 bis 3 Milliarden Euro im Jahr entlastet werden.“ Die 2 bis 3 Milliarden Euro sind jetzt Zitat, es wurde ja von allen gesagt, dass es mehr als 3 Milliarden werden. Dazu bedurfte es keiner langwierigen Verhandlungen zwischen Pharmaindustrie und Krankenkassen, so die VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Allerdings müssten die Pharmaunter
nehmen gesetzlich dazu verpflichtet werden, die Steuerermäßigung vollumfänglich an die Krankenkassenversicherten weiterzugeben und nicht durch Preiserhöhungen zu unterlaufen.
Auf ein anderes interessantes Phänomen möchte ich allerdings noch hinweisen. Während die Staatsregierung bei unserem Antrag 2005 über die Mehrwertsteuerbefreiung noch so argumentierte, dass diese ja gar nicht möglich sei, da dies EU-Bestimmungen zuwiderliefe, ist dies bei dem jetzigen Antrag der Linken zur Mehrwertsteuersenkung offenbar kein Thema mehr. Haben sich die EURichtlinien geändert? Nach den uns vorliegenden Informationen könnte es erst im nächsten Jahr entsprechende Änderungen geben. Also wird die EU dann wohl nur vorgeschoben, wenn es um Anträge der EU-Kritischen geht, nicht jedoch, wenn es um EU-Befürworter wie bei der Linkspartei geht. Stattdessen argumentiert die Staatsregierung nun mit drohenden Einnahmeausfällen und der dramatischen Verschuldung der öffentlichen Hand. Zudem würde eine Mehrwertsteuersenkung den Grundsätzen einer Vereinfachung des Steuerrechtes zuwiderlaufen.
Meine Damen und Herren, das ist doch einfach unverschämt. Für die von Ihren Parteien über Jahrzehnte betriebene Staatsverschuldung soll nun ausgerechnet die Solidargemeinschaft der Krankenversicherten bluten, und Ausnahmeregelungen gibt es für diese nicht, aber, wie angesprochen, für die Hoteliers? Darin muss ich Frau Kollegin Neukirch schon recht geben. Wahrscheinlich muss dann erst eine Firma wie Ratiopharm mit einem großen Scheck zur FDP gelaufen kommen, um hier eine Ausnahme beschließen zu können. Entschuldigen Sie bitte die Polemik an dieser Stelle, aber wenn Sie und Ihre Berliner Koalitionäre die Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen eben einmal so senken können, dann wird dies doch wohl erst recht möglich sein, wenn es um die Gesundheitsversorgung unserer Bürger geht.
Wir werden dem Antrag der Linken zustimmen. Ich denke, es ist eine vernünftige Alternative, um kurzfristig eine Entlastung zu schaffen.
Meine Damen und Herren! Die erste Runde der Stellungnahmen seitens der Fraktionen ist beendet. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Prof. Unland, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Sächsische Landtag mit dieser Problematik auseinandersetzt. Das Ziel, das hier formuliert wird, ist klar: Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel.
Aber auch der Deutsche Bundestag befasst sich mit diesem Problem, und da gehört auch dieses Problem hin, denn Steuerrecht ist Bundesrecht. Der Landtag kann da nur hilfsweise einspringen. Ich möchte allerdings vier Aspekte beleuchten:
Erstens einen strukturellen Aspekt. Die Begründung dieser Anträge ist immer gleichlautend: Kostensenkungen im Gesundheitswesen. Aber bei den Problemen des Gesundheitswesens handelt es sich nicht darum, dass ein finanzielles Defizit behoben wird, sondern wir haben es im Gesundheitswesen mit strukturellen Problemen zu tun. Dass diese strukturellen Probleme nicht so einfach zu lösen sind, sehen wir. Wenn es einfach wäre, hätten wir schon längst eine Lösung gefunden. Würde man also dem Antrag des Antragstellers folgen, blieben die strukturellen Probleme des Gesundheitswesens ungelöst.
Der zweite Aspekt, den wir beachten müssen, sind die finanziellen Aspekte. Der Staat würde, würde man diese Absenkung einführen, auf Steuereinnahmen in der Größenordnung von bundesweit rund 3 Milliarden Euro verzichten. Haushaltspolitisch ist das nicht vertretbar, denn darüber, wie diese Steuerausfälle kompensiert werden können, gibt es keinen Hinweis im Antrag. Die Frage, wie die Mehrwertsteuerersparnis an die Patienten und die Krankenkassen weitergegeben werden kann, wird auch im Antrag nicht erklärt, denn die Weitergabe der Mehrwertsteuerersparnis kann weder erzwungen noch kontrolliert werden.