Zurück zur Amflora. Auch hierbei gibt es beim Versuchsanbau im Landkreis Müritz in Mecklenburg-Vorpommern Probleme mit dem Durchwuchs. Anfang Juli 2008 wurde beispielsweise bei einer Feldkontrolle Durchwuchs von Amflora-Pflanzen auf einem inzwischen mit Mais bestellten Feld entdeckt.
Auch in der Folgekontrolle Anfang August wurden vielfach intakte Mutter- wie Tochterknollen der Gentechnikkartoffel gefunden – und das trotz Herbizid-Spritzungen und auch nach dazwischen liegenden Wintern,
die angeblich einen Durchwuchs zuverlässig ausschließen sollen. Aber außer behördlichem Erstaunen über die Keimkraft der Knolle geschah nichts.
„Anfang Juli 2008“ – so kann man es einer Pressemitteilung der Bürgerinitiative „Müritzregion gentechnikfrei“ entnehmen – „äußerte sich das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei dann dahin gehend, dass Landwirt bzw. BASF die manuelle Entfernung angesichts der Größe des Ackers und der damit verbundenen Kosten nicht zuzumuten sei.“ – So viel zur Wechselwirkung von politischer Vernunft und wirtschaftlichen respektive finanziellen Interessen des Verursachers.
Fazit: Aus der Sicht der Fraktion DIE LINKE ist der Anbau der Gentech-Kartoffel Amflora aus ökologischen Gründen abzulehnen, weil ihre Verbreitung nicht kontrollierbar ist und damit die Wechselwirkungen im Naturhaushalt nicht kalkulierbar sind. Er ist aus Gründen des Verbraucherschutzes abzulehnen, weil der Schutz der konventionellen Landwirtschaft vor Verunreinigungen nicht garantiert werden kann, Reststoffe aus der Stärkeverarbeitung über Futtermittel in die Nahrungskette gelangen können und die Verwendung von AntibiotikaResistenzmarkern zusätzliche Risiken für die Human- und Veterinärmedizin darstellen.
Der kommerzielle Anbau ist darüber hinaus gegenwärtig schlicht rechtswidrig, weil EU-rechtliche Grundvoraussetzungen für den Anbau fehlen, nämlich nationale Anbauregeln. Deshalb muss die Staatsregierung im Bundesrat im Sinne des Antrages tätig werden. DIE LINKE wird dem Antrag zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Name Amflora hört sich gut an. Aber kaum jemand will oder braucht die gentechnisch veränderte Kartoffelsorte Amflora wirklich.
Trotz gentechnisch freier Alternativen wurde diese Sorte kürzlich von der EU zugelassen. Der Zulassung ging ein 13-jähriger Streit voraus. Bereits 1996 reichte der Chemiekonzern BASF den ersten Genehmigungsantrag für seine entwickelte Genkartoffel ein. Diese Kartoffel bildet – Sie haben es bereits gehört – spezielle Stärke, die industriell verwendet werden kann, zum Beispiel zur Beschichtung von Papier oder Garnen.
Bereits bei der Abstimmung im EU-Rat im Juli 2007 zur Amflora hatte die deutsche Delegation die Zustimmung zur Zulassung nachweislich an einige Bedingungen geknüpft. So sollte die Zulassung weder die Verwendung als Futtermittel noch als Lebensmittel beinhalten. Der Mensch sollte auf gar keinen Fall über die Nahrungskette mit den Genen der künstlichen Kartoffel in Berührung kommen, da das enthaltene nptII-Gen zur Resistenz gegen bestimmte Antibiotika führen kann.
Außerdem sollten aus sorgfältigen Untersuchungen unter Beteiligung aller interessierten Kreise konkrete Anforderungen für Anbau, Lagerung, Transport und den sonstigen Umgang sowie Weiterverarbeitung der Amflora erarbeitet werden mit dem Ziel, jegliche Vermischung von Amflora mit konventionellen Kartoffeln und Einträge in die Futtermittel- und Lebensmittelkette zuverlässig zu verhindern.
Darüber hinaus wurde ein Monitoring gefordert, welches die Auswirkungen auf die Bodenökologie genau beobachtet, damit keine Resistenzgene in nachfolgend angebaute Pflanzen und darüber in die Nahrungskette gelangen.
Obwohl keine der genannten Bedingungen, an die die Zulassung geknüpft werden sollte, erfüllt wurde, herrscht nach der Zulassung der Amflora in Deutschland verantwortungslose Untätigkeit. Die Zulassung sieht nun ausdrücklich die Verwendung der Abfälle als Futtermittel vor und legt sogar einen Toleranzwert von 0,9 % für Lebensmittel fest. Damit kann Amflora in die Nahrungskette gelangen.
Aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium war zur Zulassung von Amflora lediglich zu vernehmen, dass die Entscheidung der EU-Kommission erwartet wurde. Das wundert mich nicht, denn der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag bekennt sich zum Anbau von Amflora für eine kommerzielle, industrielle Verwertung.
Wo ist das Bekenntnis zur Gesundheit und zum Verbraucherschutz? Denn wenn man die Zulassung bereits erwartet hat, müsste man darauf vorbereitet sein. So hätte man sich schon einmal Gedanken zum Beispiel über konkrete
Bislang müssen die EU-Mitgliedsstaaten generell den Anbau einer gentechnisch veränderten Pflanze erlauben, sofern Brüssel ihr Saatgut für den Markt zugelassen hat. Erfreulicherweise hat die neue EU-Kommission eine Änderung des Verfahrens in Aussicht gestellt. Danach könnten zukünftig die EU-Mitgliedsstaaten selbst entscheiden, ob in der EU zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen bei ihnen angebaut werden dürfen. Das heißt, einzelne Staaten könnten einen Anbaustopp verfügen. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
Für den aktuellen Fall der Amflora ist es nicht nur wichtig, dass im EU-Recht, sondern auch im nationalen Recht die entsprechenden Weichen gestellt werden.
Meine Damen und Herren! Die von Deutschland 2007 gestellten Bedingungen an die Zulassung von Amflora sind nicht erfüllt. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass Amflora in die Nahrungskette gelangt; denn im Beschluss der Europäischen Kommission vom 02.03.2010 über das Inverkehrbringen eines gentechnisch veränderten Kartoffelerzeugnisses sind Anbauregeln nur sehr unscharf formuliert und für eine Überwachung des Anbaus nicht brauchbar.
Wir halten einen kommerziellen Anbau der gentechnisch veränderten Kartoffel Amflora daher für unverantwortbar. Ohne eine konkrete Anbauregel kann die Sicherheit von Mensch und Umwelt nicht gewährleistet werden. Daher schließen wir uns dem Antrag der GRÜNEN an. Der Anbau der Amflora-Kartoffel muss in Deutschland verboten werden.
Das war der Redebeitrag von Frau Dr. Deicke für die SPDFraktion. Als nächster Redner spricht Herr Günther für die Fraktion der FDP.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Sprichwort lautet: Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln.
In Zeiten des technologischen Fortschritts brauchen gute, innovative Agrarprodukte kluge Köpfe und Offenheit für neue Ideen und Technologien.
Für uns ist Landwirtschaft Wirtschaft, und deshalb ist unsere Position glasklar: Wir sind für eine Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen, wenn diese durch die Wissenschaft geprüft und die Zulassung empfohlen
wurden. Das ist im Fall der Amflora geschehen. Daher begrüßen wir die Zulassung und den Anbau der Stärkekartoffel Amflora und lehnen logischerweise den Antrag der GRÜNEN ab.
Wir dürfen nicht übersehen, dass es Vorbehalte gegen grüne Gentechnologie gibt. Nur basieren diese Vorbehalte nicht auf schlechten Erfahrungen – wie denn? –, sondern auf Fehlinformationen, vor allem von der links-grünen Opposition.
Die Amflora ist umfangreich getestet worden. Im Juni 2009 hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit ihre Sicherheitsbewertung aus den Jahren 2005 und 2007 erneut bestätigt. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Amflora eine negative Auswirkung auf die Menschen oder die Umwelt hat.
Die Europäische Kommission hat daraufhin am 2. März 2010 den Anbau und die Verarbeitung der Stärkekartoffel zu industriellen Zwecken zugelassen.
Eine Kritik richtet sich auch gegen eine hypothetische Übertragung – wir haben es heute schon gehört – des Resistenzgens auf Krankheitserreger. Diese Angst ist unberechtigt. Die Übertragung dieses Gens auf ein Bakterium ist extrem gering und bisher weder im Labor noch in der Natur jemals beobachtet, geschweige denn nachgewiesen worden. Eine anschließende theoretische Weitergabe der Resistenz von einem Bodenbakterium an einen Krankheitserreger ist praktisch ausgeschlossen. Also keine Angst mehr! Der Anbau der Stärkekartoffel Amflora bedeutet also kein höheres Risiko für Mensch, Tier und Umwelt. Genau das bestätigt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit.
Vermutlich werden in den nächsten Jahren mehr Menschen dadurch zu Schaden kommen, dass sie sich an einem Streuobstwiesenapfel verschlucken, als dass sie durch den Anbau von Amflora geschädigt werden. Klar ist – das möchte ich auch nicht verharmlosen –, dass es keine hundertprozentige Sicherheit geben kann. Das gilt für alle Bereiche des Lebens. Denken Sie nur an den Fahrradverkehr oder das Sich-an-Bäume-ketten. Selbst bei einem Spaziergang durch den Wald können Sie zu Schaden kommen.
Die Vorteile der grünen Gentechnik für Menschen und Umwelt liegen dagegen auf der Hand. Die Resistenzen
gegen Pilze und Schädlinge erlauben den geringeren Einsatz von Herbiziden und Pestiziden auf dem Feld. Das führt dazu, dass Lebensmittel weniger mit Schadstoffen belastet werden. Die Kosten der Produktion sinken. Vorhandene Flächen können bei weniger Chemieeinsatz ertragreicher bewirtschaftet werden. Das macht Unternehmen wettbewerbsfähiger und schont die Umwelt.
Die Liste der Vorteile der grünen Gentechnik ist lang. Mit fundamentaler Ablehnung werden wir jedoch den Anforderungen der Zukunft nicht gerecht. Wir müssen offen sein für neue Technologien, und vor allem müssen wir es die landwirtschaftlichen Betriebe entscheiden lassen, was sie anbauen. Hier wurde vorhin suggeriert, dass BASF mit vorgehaltener Mistgabel unsere bäuerlichen Betriebe zwingt, die Amflora anzubauen. Sie müssen nicht anbauen. Wer nicht will, macht es einfach nicht und gut ist. Wenn es andere Kartoffeln gibt, die besser sind, dann entscheidet das der landwirtschaftliche Betrieb und niemand anderes.
Letzte Woche ist mit dem Anbau der Amflora in Mecklenburg-Vorpommern begonnen worden. Die Zulassung und die Anwendung innovativer Produkte unterstreichen unseren Anspruch, dass Deutschland ein Wissenschafts- und Technologiestandort ist und das auch in der Landwirtschaft. Wenn wir den Anbau verhindern, müssen wir uns davon verabschieden, ein konkurrenzfähiger Standort zu sein. Dann werden die dicken Kartoffeln in Zukunft nicht in Deutschland angebaut werden, und nicht nur die deutschen und sächsischen Bauern wären die Dummen und hätten dann trotzdem nicht die dicksten Kartoffeln.
Schließlich möchte ich mit einem Zitat von Patrick Moore, dem Mitbegründer und langjährigen Direktor von Greenpeace, enden, der feststellt: „In der Abwägung ist klar: Die reellen Vorteile von gentechnischer Modifikation überwiegen bei Weitem die hypothetischen Risiken, die von den Gegnern vorgebracht werden.“ Dem habe ich nichts weiter hinzuzufügen. Die Vorteile der Amflora liegen auf der Hand und im Acker und überwiegen die hypothetischen Risiken bei Weitem. Deshalb werden wir den Antrag der GRÜNEN ablehnen.