Protokoll der Sitzung vom 28.04.2010

Frau Präsidentin, ich bitte Sie, anhand des Protokolls zu überprüfen, ob die Aussagen des Kollegen Gansel bezüglich meines Redebeitrages und der darin enthaltenen Bewertung der Griechenlandhilfe mit den von mir gemachten Ausführungen in Einklang zu bringen sind.

(Jürgen Gansel, NPD: Das ist Ihre Argumentationslogik! – Alexander Delle, NPD: Das lässt sich daraus ableiten!)

Frau Jähnigen, jetzt sind Sie wirklich an der Reihe.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben den Kern des Problems nicht verstanden. Die Art und Weise, wie die Standards in diesem Dienstleistungswettbewerb gesetzt werden, entscheidet, wie effektiv das öffentliche Geld verwendet wird, das Sie hier nur verwalten. Das sind

das kann ich Ihnen aus langjähriger Vergabepraxis in einer Verbandsversammlung sagen – sehr, sehr komplizierte Verträge, und ihr Vollzug ist noch komplizierter. Dabei geht es um Controlling. Dabei geht es – hoffentlich – um Schadenersatz bei Schlechtleistungen. Dabei geht es um Beschwerdemanagement mit den Fahrgästen.

Wie einfach könnte man hier die Interessen der vor Ort gut arbeitenden Zweckverbände miteinander koordinieren und einen gemeinsamen Maßstab in Sachsen bilden.

Sie scheitern schon an diesem Anspruch bei der effektiven Vergabe von Mitteln, weil Sie noch nicht über das Theoretisieren über Marktideologien hinausgekommen sind. Bitte fangen Sie an zu regieren und zu gestalten, damit der Nahverkehr eine Wachstumsbranche wird.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der SPD)

Meine Damen und Herren, damit ist die Aktuelle Debatte abgeschlossen. – Wir haben uns heute auf eine Mittagspause von 45 Minuten geeinigt. Ich bitte Sie, um 13:25 Uhr wieder hier im Plenarsaal zu sein. Ich wünsche Ihnen jetzt eine angenehme Mittagspause.

(Unterbrechung von 12:41 bis 13:25 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, es ist jetzt 13:25 Uhr und 20 Sekunden. Wir beginnen pünktlich wieder mit unserer Beratung. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

2. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Anpassung des Landesumweltrechts an das neue Bundesrecht aufgrund der Föderalismusreform

Drucksache 5/1357, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 5/1791, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Es beginnt die CDU-Fraktion. Danach folgen die Linksfraktion, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. – Ich rufe jetzt die CDU-Fraktion auf und bitte um den ersten Redner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Nach der Mittagspause kommt jetzt ein wenig schwere Kost. Ich möchte aber zunächst auf den Hintergrund des heute eingebrachten Gesetzentwurfs zu sprechen kommen, damit Sie meine nachfolgenden Ausführungen besser einordnen können.

Im Rahmen der Föderalismusreform 2006 wurden die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes geändert. Besonders die Gesetze, welche die Rahmengesetzgebung betrafen, wurden nun in die konkurrierende Gesetzgebung

überführt. Das bedeutet, dass da, wo der Bund von seinem Recht auf Gesetzgebung Gebrauch macht, grundsätzlich keine Gesetze mehr durch die Länder gemäß Artikel 72 des Grundgesetzes erlassen werden können. Schon bestehendes Landesrecht tritt nach Artikel 31 des Grundgesetzes somit außer Kraft.

Diese Regelung betrifft seit 2006 auch das Umweltrecht. Nachdem das Umweltgesetzbuch leider gescheitert war, wurden im August letzten Jahres verschiedene Umweltgesetze als Vollgesetze beschlossen und traten am 1. März 2010 in Kraft. Das Ziel besteht darin, ein möglichst einheitliches Umweltrecht in Deutschland zu schaffen. Der Bund hat zwar jetzt die Gesetzgebungskompetenz beispielsweise beim Jagdwesen, beim Naturschutz oder bei der Landschaftspflege, bei der Bodenverteilung, der Raumordnung, dem Wasserhaushalt, aber

auch im Hochschulzulassungs- und -abschlussbereich, um nur einige wesentliche Bereiche zu nennen; die Länder haben jedoch eine Abweichungskompetenz gemäß Artikel 72 Abs. 3 des Grundgesetzes.

Diese Abweichungskompetenz gehört zu den großen und positiven Neuerungen der Föderalismusreform. Sie führt dazu, dass in größerem Umfang als bisher Bundesrecht nur in bestimmten Regionen gilt und Abweichungen der Länder möglich werden. Gleichzeitig war diese Abweichungsgesetzgebung ein wichtiges Thema in der Anhörung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft hier im Sächsischen Landtag zu dem vorliegenden Gesetzentwurf.

Wie in vielen anderen Fällen auch besteht kein hundertprozentiger Konsens unter den Sachverständigen, wie weit ein Bundesland vom Bundesrecht tatsächlich abweichen darf. Auch in der Rechtsprechung ist dies letztinstanzlich noch nicht geklärt. Es ist aber abwegig zu glauben, dass in unserem föderalistisch geprägten Staatsgefüge die Bundesländer keine Gesetzgebungskompetenzen im Bereich des Umweltrechts haben. Gerade die natürlichen Gegebenheiten wie das Schleswig-Holsteiner Wattenmeer, die Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft, die Mecklenburgische Seenplatte, das sächsische Elbsandsteingebirge oder auch die bayerischen Hochgebirge, um nur wenige zu nennen, verlangen geradezu nach abweichenden Regelungen, welche den länderspezifischen Gegebenheiten gerecht werden.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich hervorheben, dass sich, gerade weil die sächsische CDU im Jahr 1992 in alleiniger Verantwortung ein herausragend gutes Naturschutzrecht verabschiedet hat, in den vergangenen 18 Jahren im Freistaat die Landschaftspflege und den Naturschutz so erfolgreich entwickeln konnten.

(Beifall bei der CDU)

Auch unser Sächsisches Wassergesetz kann ohne Zweifel dazugezählt werden.

Ausgehend von dieser soliden Rechtsbasis aus der Landesverfassung und den Fachgesetzen kann der zurückliegende Zeitraum von 1990 bis heute positiv betrachtet werden.

Natur- und Umweltschutz haben in Sachsen eine feste Basis und einen respektierten gesellschaftlichen Stellenwert. Diese Aussage möchte ich noch mit einigen wenigen Kriterien belegen. So hat sich seit 1990 bis zur Gegenwart der Flächenumfang von Naturschutzgebieten vervierfacht. Wir haben – quasi von null auf 4,8 % – 59 000 Einzelbiotope in der Landesfläche festgesetzt. Die Zahl der Flächennaturdenkmale hat sich fast verdoppelt, und die Fläche der Landschaftsschutzgebiete hat um 30 % zugenommen. Auf diese umweltpolitischen Erfolge können wir mit Recht stolz sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Hinzu kommen die ausgewiesenen Natura-2000-Flächen, Fauna-Flora-Habitate (kurz: FFH-Gebiete) und Vogel

schutzgebiete sowie unsere Großschutzgebiete wie der Nationalpark und das Biosphärenreservat. Naturschutzgroßprojekte, insbesondere mit entsprechender finanzieller Unterstützung und Förderung seitens des Bundes, Landesschwerpunktprojekte, die günstigen Bedingungen über Förderprogramme wie das Programm „Umweltgerechte Landwirtschaft“, das vor allem grünlandorientierte Kulturlandschaftsprogramm oder der Naturschutz zur Pflege der Kulturlandschaft haben mit dem Vertragsnaturschutz in Sachsen gute bis beste Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die gesetzlichen Regelungen auch seitens der Flächennutzer umgesetzt werden können.

Für die jetzige Novelle der betreffenden Gesetze galt es als Erstes zu prüfen, ob die naturschutzfachlichen Grundlagen für den Freistaat Sachsen, die sich bewährt haben, erhalten bleiben und wo und wie die Umsetzungspflicht der Bundesgesetze ausgesetzt werden kann. Dabei galt es für unsere Sächsische Staatsregierung, sehr zeitnah zu handeln. Innerhalb von nur drei Monaten war die Prüfung erfolgt und ein Referentenentwurf vorgelegt worden.

Nun kann man sicher zu Recht die kurze Anhörungsfrist von nur fünf Wochen – auch noch über die Weihnachtszeit – kritisieren. Aber aus heutiger Sicht und aus dem Wissen um die tatsächlichen Änderungen, die faktisch nicht stattgefunden haben, war dies genau das richtige Verfahren.

Als CDU-Fraktion ging es uns darum, möglichst zeitnah an den 1. März 2010, zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes, die sächsischen Besonderheiten im Umweltrecht wieder zum Gesetz zu erheben. Die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung trägt dem Gebot der Erhaltung bewährter Regelungen Rechnung und kann faktisch noch am heutigen Tage in Kraft treten. Der Antrag auf Eilausfertigung wurde durch die CDU-Fraktion gestellt. Dies erachte ich für die Planungssicherheit aller, die eng mit dem Gesetz zu tun haben, für sehr wichtig. Der Kernbestand notwendiger umweltrechtlicher Instrumente bleibt erhalten, womit Kontinuität in der Arbeit des ehrenamtlichen Naturschutzes, aber genauso auch des behördlichen Umweltschutzes und der behördlichen Arbeit gegeben ist.

Als Berichterstatter des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft zu diesem Gesetz möchte ich noch hervorheben, dass wir im Ausschuss deutlich gemacht haben, dass es zunächst darum geht, eine zeitnahe Anpassung des Landesrechts an das Bundesrecht vorzunehmen. Im Jahr 2011 sollen in einer Novelle des Gesetzes mögliche Anpassungsnotwendigkeiten, welche sich aus einer bis dahin erfolgten tiefgründigen Prüfung der Sachverständigenpositionen und aller Normen ergeben, vorgenommen werden. Uns geht es jedoch nunmehr um die bereits erwähnte Rechtssicherheit ab dem heutigen Tage. Dies sollte das gemeinsame Anliegen aller verantwortungsbewussten Politiker in diesem Hause sein.

Ich bitte Sie daher um die Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf und bedanke mich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Linksfraktion, bitte; Frau Abg. Dr. Pinka.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Das gerade absolvierte Gesetzgebungsverfahren zur Anpassung des Landesumweltrechts an das Bundesrecht nach der Föderalismusreform war wahrscheinlich nicht nur für mich allein etwas gewöhnungsbedürftig, oder, wie Herr Prof. Wolf in der Anhörung zur vorliegenden Drucksache meinte: „Wir haben es in der Zukunft bei den Abweichungsgesetzen mit Gesetzestypen eigener Art zu tun und mit nur noch einer begrenzten Gesetzesästhetik.“

Trotzdem haben wir diesen Entwurf ausführlich geprüft und sind auf einige Korrekturbedürfnisse gestoßen, die wir eigentlich im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft gemeinsam mit den dort anwesenden Fachpolitikern intensiver diskutieren wollten. Zu dieser Diskussion kam es leider nicht, da sich die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen offensichtlich mit uns – wie ich höre, Herr Meyer – erst 2011 inhaltlich zu einer späteren Novellierung der Wasser- und Naturschutzgesetzgebung auseinandersetzen wollen. Wir halten das für falsch, da uns in der Anhörung durch die Experten verdeutlicht wurde, dass es noch sehr umstritten ist, ob bestimmte Regelungen aus dem vormaligen Landesgesetz jetzt noch weiter gelten werden, ohne dass wir sie in eine nochmalige Anpassung aufnehmen, und welche Regelungen im Bundesgesetz abweichungsfest sind und welche nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren ist es guter Brauch, Expertenmeinungen in Anhörungen einzuholen und in den Fachgremien darüber zu diskutieren. Nun hat es diese Diskussion und die Auswertung der Expertenanhörung im Ausschuss nicht gegeben. Unsere Änderungsanträge und auch die der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurden negiert. Uns bleibt daher heute nichts übrig, als ausgewählte Probleme nochmals anzusprechen und uns politisch wichtige Inhalte nochmals einzubringen. Sie liegen Ihnen, gerade ausgereicht, als Änderungsantrag zur Drucksache vor.

Wir haben in Sachsen also jetzt einen Flickenteppich aus a) europäischem Recht, aus b) Landesumweltrecht – solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsverfahren nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat, c) aus Normen, die zwar jetzt erst einmal nicht fortgelten, die aber, abweichend vom Bundesgesetz, wieder erlassen werden könnten, und aus d) Normen, die nicht mehr anwendbar sind, weil der Bund abschließend geregelt hat. Dabei ist der gesamte Komplex der Abweichungsgesetzgebung im Zuge der Föderalismusreform noch nicht erprobt und wird aktuell zwangsläufig ohne Erfahrungen ausgestaltet.

An dieser Stelle möchte ich daran erinnern, was eigentlich einmal die Idee war, die hinter der Föderalismusreform

gestanden hat. In einer Zeit, in der wir zunehmend europäische und internationale Regelungen haben, sollten in Deutschland einheitliche Regelungen bürgerfreundlich, wenig bürokratisch und im Interesse der Investoren geschaffen werden. Übersichtlichkeit, meine ich, ist auch ein demokratischer Punkt, damit das Recht ansatzweise verständlich bleibt.

Ich gebe zu, diese Chance ist aktuell vertan. Daher bringen wir heute den angesprochenen Änderungsantrag ein, auch wenn sich die Fachpolitiker der Koalitionsfraktionen offensichtlich erst später in fachliche Diskussionen mit uns begeben wollen.

Zunächst meine Anmerkungen zum Sächsischen Wassergesetz. Wie eben erwähnt, liegt vor uns eine gewaltige Herausforderung in Form der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Sie ist nicht nur eine politische Idee, sondern ihre Umsetzung zielt auf das Verbot der zukünftigen Verschlechterung von Oberflächenwasser- und Grundwasserkörpern, um deren guten quantitativen, chemischen und ökologischen Zustand auch in naher Zukunft europaweit zu erlangen.

Verschlechterungsverbot und Trendumkehr sind keine Randthemen, sondern zentrale Anforderungen, denen wir uns stellen müssen. Sachsen ist dabei in seinen Regelungen offensichtlich ebenso weit entfernt wie der Bund. Daher können wir heute auch nur mithilfe von Kosmetik versuchen, etwas zu korrigieren, um das Gesamtbild unseres Bundeslandes etwas aufzufrischen.

Eine Änderung betrifft daher die Festlegungen zum Gewässerrandstreifen im Sächsischen Wassergesetz. Dieser nach dem Hochwasser 2002 eingeführte Schutzstreifen erfüllt vielfache Funktionen. Er unterstützt zum einen, wie vordergründig beabsichtigt, den Hochwasserschutz, dient zum anderen jedoch meines Erachtens auch dem Schutz der Wasserqualität und dem Naturschutz.

Lassen Sie mich dies ganz kurz erläutern. Nach der Bestandsaufnahme zur Qualität der Grund- und Oberflächenwasserkörper in Sachsen, die 2004 begann, musste resümiert werden, dass circa 70 % der Fließgewässerkörper in einem schlechten bzw. unbefriedigenden ökologischen Zustand waren. Bei der Bewertung des chemischen Zustandes der Gewässer wurde als Hauptschadstoff das Nitrat herausgestellt.

Nun sind im Zuge der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie Bewirtschaftungs- und Maßnahmenpläne erstellt worden, die zu dem erwähnten guten chemischen und ökologischen Zustand – zum Beispiel der Fließgewässerkörper – führen sollen. Genau auf dieses Anliegen zielt unser Antrag: eine Festsetzung von Verbotstatbeständen auf 10 Metern außerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen zur Minderung von Stoffeinträgen aus diffusen Quellen.

Es ist für uns nicht nachvollziehbar, weshalb das Schutzregime des Gewässerrandstreifens, der in Sachsen aus guten Gründen in der vorliegenden Weise und Dimension definiert ist, durch die im Sächsischen Wassergesetz