Protokoll der Sitzung vom 28.04.2010

Es ist für uns nicht nachvollziehbar, weshalb das Schutzregime des Gewässerrandstreifens, der in Sachsen aus guten Gründen in der vorliegenden Weise und Dimension definiert ist, durch die im Sächsischen Wassergesetz

verankerte Absenkung der Breite auf 5 Meter – im Falle der Dünge- und Pflanzenschutzmittel – abgeschwächt werden soll.

Hinzu kommt, dass Gewässerrandstreifen wahrscheinlich zu den wichtigsten Gliedern für den angestrebten Biotopverbund im Freistaat Sachsen gehören. Hierzu verweise ich auf Ergebnisse zu fachlichen Arbeitsgrundlagen für einen landesweiten Biotopverbund, die 2007 im Auftrag des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Geologie erlangt wurden.

Das Fazit dieser Studie war: Die naturschutzfachlichen Empfehlungen zielen auf eine Entwicklung von Gewässerrandstreifen, um Grünland- und Gehölzstreifen wieder herzustellen, Flüsse zu renaturieren und somit gegen Stoffeinträge aus dem Ackerland zu puffern.

Mit dem vorliegenden Änderungsantrag wird in effektiver Weise dem wasserwirtschaftlichen Vorsorgeprinzip und dem in der Wasserrahmenrichtlinie verankerten Verschlechterungsverbot Rechnung getragen.

Einige Anmerkungen zum Sächsischen Naturschutzgesetz. In § 9 Abs. 4 Satz 2 geht es unseres Erachtens um die redaktionelle Wiederaufnahme des mutmaßlich unbedacht weggefallenen Teilsatzes bezüglich von Ersatzmaßnahmen, die mit der Gestattung des Eingriffs zumindest dem Grunde nach festzusetzen sind. Die Wiederaufnahme dient der Entscheidung, diese Ausgleichsabgabe auch künftig weiter zusammen mit der Gestattung des Eingriffs zu regeln.

In der uns vorliegenden Synopse aus dem Ministerium wird ausgeführt, dass abweichend vom Bundesrecht bei der Bemessung der Ausgleichsabgabe gleichzeitig die Gestattung des Eingriffs zumindest dem Grunde nach festzusetzen ist. Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um einen redaktionellen Fehler handelt. Ich erwarte daher von Herrn Staatsminister Kupfer eine eindeutige Positionierung, wie bei der Festsetzung der Ausgleichsabgabe zukünftig durch die betroffenen Behörden gehandelt werden soll.

Mit den folgenden Änderungen am angepassten Sächsischen Naturschutzgesetz nehmen wir vormalige Regelungen zum Teil wortgleich wieder auf. Da der gesamte Komplex der Abweichungsgesetzgebung im Zuge der Föderalismusreform noch nicht erprobt ist, wird er aktuell zwangsläufig, also ohne Erfahrungen, ausgestaltet. Biotopschutz und Landschaftsplanung sind aber zu sensible Bereiche, um sie einem Missglücken des Experiments auszusetzen. Deshalb wird sich DIE LINKE auch weiterhin für den Erhalt bzw. die Neuauflage der derzeitigen Regelungen starkmachen. Um Rechtsunsicherheiten für die Bürgerinnen und Bürger zu vermeiden, bedarf es aus unserer Sicht daher einer erneuten Verabschiedung.

Zu § 26. In der Anhörung der Experten war es umstritten, ob die bisher nach § 26 geschützten Biotope, die im neuen Paragrafen des Bundesnaturschutzgesetzes nicht erwähnt sind, nach Inkrafttreten des novellierten Bundesnaturschutzgesetzes zum 1. März 2010 noch geschützt sind.

Neben mageren Berg- und Frischwiesen, höhlenreichen Altholzinseln und Trockenmauern ist insbesondere der Schutzstatus der Streuobstwiesen umstritten. Ist dies Zufall oder Absicht? Gerade bei dem letztgenannten Biotoptyp wurde jüngst die Antragstellung für Fördermittel durch das Umweltministerium ausgeschlossen. Hier frage ich mich, ob es erst eines rechtlichen Musterverfahrens bedarf, wenn die erste Streuobstwiese zerstört sein wird.

Meine Damen und Herren der Koalition! Sehr geehrter Herr Staatsminister Kupfer! Wenn Sie unserem Änderungsantrag in diesem Punkt aus Prinzip nicht zustimmen können, erwarte ich dennoch, dass Sie sich heute dazu äußern, ob diese Biotope zumindest dem Willen nach weiterhin dauerhaft unter Schutz stehen und nicht als Biotope zweiter Art gesehen werden.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Last but not least: Die Landschaftsplanung besteht zwar grundsätzlich in ihren Planungsebenen fort, ist jedoch gemäß Bundesnaturschutzgesetz nicht mehr in vollem Umfang obligatorisch. Mit unserem Änderungsantrag sollen die derzeitigen sächsischen Regelungen zur Landschaftsplanung erhalten bleiben. Daher ist nach unserer Auffassung eine Neuverabschiedung der bisherigen landschaftsplanerischen Instrumente „Landschaftsprogramm“, „Landschaftsrahmenplan“, „Landschaftsplan“ und „Grünordnungsplan“ im Hinblick auf die Fakultativität verschiedener Planungsinstrumente laut Bundesnaturschutzgesetz dringend geboten.

Zusätzlich müssen Planungsinstrumente „Landschaftsprogramm“ und „Landschaftsrahmenplan“ erneut Eingang in das Sächsische Landesplanungsgesetz finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Koalition! Sehr geehrter Herr Staatsminister Kupfer! Ebenso wie bei den Biotopen nach § 26 erwarte ich von Ihnen, dass Sie sich heute unzweideutig positionieren, dass die erwähnten Instrumente der Landschaftsplanung vollumfänglich beibehalten werden und dass insbesondere die Landschaftsplanung auf Landesebene und damit die Primärintegration nicht entfällt.

Ich hoffe auf Zustimmung zu den vorliegenden Anträgen und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Für die SPDFraktion spricht Frau Dr. Deicke, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf basiert im Wesentlichen auf zwei Umweltgesetzen des Bundes, und zwar dem Bundesnaturschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, welche seit dem 1. März 2010 unmittelbar gelten.

Die Föderalismusreform räumt den Bundesländern bestimmte inhaltliche Abweichungskompetenzen ein, wovon sie Gebrauch machen können. Das soll nun mit

dem vorliegenden Gesetzentwurf geschehen. In der Vollzugspraxis der sächsischen Wasser- und Naturschutzbehörden, aber auch bei Unternehmen und Kommunen ist aufgrund der nicht punktgenauen Anpassung zum 1. März 2010 bereits eine gewisse Verunsicherung entstanden, die es schnell zu beseitigen gilt.

Erklärtes Ziel des Gesetzentwurfes ist es daher, sächsische Regelungen unverändert fortzuführen. Dies betrifft zum Beispiel das Felsklettern in der Sächsischen Schweiz. Allerdings führt das bloße Wiederinkraftsetzen bisheriger sächsischer Regelungen dazu, dass Regelungen, die fachlich nicht mehr sinnvoll sind, auch eins zu eins übernommen werden, so zum Beispiel bei den Gewässerrandstreifen. Hier behalten wir die sächsische Regelung bei, dass Gewässerrandstreifen im Außenbereich eine Breite von 10 Metern statt 5 Metern haben müssen, sich aber das Verbot des Einsatzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln nur auf eine Breite von 5 Metern bezieht.

Die sächsische 10-Meter-Regelung ist damals auf der Grundlage der Erfahrungen mit dem Hochwasser eingeführt worden, allerdings – das ist auch in der Anhörung mehrfach angeklungen – geht es heute neben dem Hochwasserschutz auch um die Qualität unserer Gewässer, das heißt: Wenn wir an der guten sächsischen Regelung des breiteren Gewässerstreifens festhalten, wäre es folgerichtig, auch das Verbot der stofflichen Einträge entsprechend anzupassen.

Neben der Thematik der Gewässerrandstreifen gibt es noch weitere Punkte, die wir inhaltlich unbedingt vertiefen müssen. In der Anhörung und in den Stellungnahmen sind einige Probleme genannt worden, wie zum Beispiel die Ausgestaltung der Regelung zum Suchraum für Kompensationsleistungen bei Eingriffen in die Natur. Die Anhörung hat gezeigt, dass eine große Novelle dringend erforderlich ist. Bei dieser großen Novelle wäre es wünschenswert, gleichzeitig die Handhabbarkeit der einzelnen Gesetze zu verbessern.

Zurzeit muss man zwei Gesetze nebeneinanderlegen: das Bundesgesetz und das Landesgesetz, und womöglich muss man auch noch die europäische Gesetzgebung berücksichtigen. Aber selbst dann weiß man immer noch nicht genau, ob eine Regelung nun im Landesgesetz noch gilt bzw. fortgeführt wird oder ob sie nicht mehr gilt, weil Bundesrecht greift. Strittig war hier zum Beispiel die Regelung zu den Streuobstwiesen.

Auch für uns Fachpolitiker ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, ob die Streuobstwiesen nach wie vor zu den gesetzlich geschützten Biotopen in Sachsen zählen oder nicht.

Die SPD wird sich dem vorliegenden Gesetzentwurf aber nicht versperren, um die Rechtsunsicherheit, die seit dem 1. März 2010 eingetreten ist, schnell zu beenden. Da wir aber an einigen Stellen inhaltlichen Diskussions- und Nachbesserungsbedarf haben, werden wir uns der Stimme enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Die FDP-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, das bereits Gesagte kurz zusammenzufassen.

Der Bund hat im vergangenen Jahr Änderungen in den verschiedenen Umweltgesetzen vorgenommen. Den Ländern steht mit der Föderalismusreform 2006 eine Abweichungsbefugnis zu diesen Bundesgesetzen zu. Von dieser macht nun die Staatsregierung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf Gebrauch, um den Zustand der vormaligen sächsischen Regelung wiederherzustellen und damit für Rechtssicherheit zu sorgen. Das war der rein formale Anteil.

Dabei bestand sogar ein erhöhter zeitlicher Bedarf, damit dieses Gesetz nun endlich beschlossen werden kann. Bereits am 1. März 2010 traten mit dem Wasserhaushaltsgesetz und dem Bundesnaturschutzgesetz zwei Gesetze in Kraft, die zu Unklarheiten darüber führten, welche Gesetzeslage wie angewandt werden soll. So wäre beispielsweise nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz das Felsklettern in der Sächsischen Schweiz verboten gewesen. Auch darauf hatten meine Vorredner hingewiesen.

Aus Gründen der Herstellung von Rechtssicherheit sind die notwendigen Anpassungen nun endlich vorzunehmen. Das war mit einer sehr kurzen Frist in den Ausschüssen notwendig – darauf ist hingewiesen worden –, weil das Gesetz bereits am 1. März in Kraft getreten ist. Die Gewährleistung des Fortbestandes der bewährten sächsischen Regelung steht im Mittelpunkt des gesamten Gesetzentwurfs.

Gerade die Festsetzung von Gewässerrandstreifen im Außenbereich auf 10 Meter und auf 5 Meter im Zusammenhang mit bebauten Ortsteilen als Reaktion auf die Hochwasserkatastrophe im Jahre 2002 soll mit diesem Gesetz wieder in seinen alten Status überführt werden.

Frau Dr. Pinka hat bereits auf die Schwierigkeiten mit der Auslegung und die Diskussionen hingewiesen, die es im Ausschuss dazu gegeben hat. Ich möchte noch einmal darauf verweisen, dass die von Ihnen angesprochenen Fragen der Förderung und die vorliegenden rechtlichen Grundlagen in keinem Zusammenhang stehen. Das heißt, gerade die von Ihnen angesprochenen Streuobstwiesen befinden sich selbstverständlich in den gesetzlichen Grundlagen der Naturschutzbiotope. Das möchte ich noch einmal klar zum Ausdruck bringen.

(Zurufe von der Linksfraktion)

Aber auch die Regelungen zum erfolgreichen sächsischen Hochwasserschutzrecht galt es mit dem Entwurf der Staatsregierung fortzuführen, ohne im Rahmen der Ergänzung bzw. der Abweichung von Bundesrecht gegen das

schon angesprochene EU-Recht zu verstoßen. Das ist der Staatsregierung gelungen.

Die FDP-Fraktion wird deshalb dem Gesetzentwurf zustimmen, weil er dafür Sorge trägt, dass bei der Anwendung des Umweltrechtes nun wieder Klarheit herrscht und die alten sächsischen Regelungen gelten. In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch bei den Kollegen der Opposition bedanken, dass wir den Gesetzentwurf der Staatsregierung im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft so zügig behandeln konnten. Gleichzeitig möchte ich Sie dazu einladen, bei der anstehenden Bereinigung des Landesumweltrechtes – voraussichtlich im kommenden Jahr – ebenso konstruktiv mitzuwirken.

In der öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf vom 19. März 2010 wurden einige Hinweise dazu gegeben, wo genau die Eckpunkte sind, die einer intensiveren Betrachtung bedürfen, und wo die gesetzlichen Regelungen im Rahmen der Novellierung angepackt werden müssen und können. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, weil das so infrage gestellt worden ist: Wir werden uns dieser Diskussion stellen und mit Ihnen gemeinsam intensiv an der Novellierung arbeiten.

Ich lade Sie also heute schon recht herzlich zu dieser Diskussion ein und hoffe, dass wir gemeinsam zielgerichtet an der Novellierung arbeiten, sie vorantreiben und letztendlich beschließen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und des Staatsministers Markus Ulbig)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kallenbach, bitte.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir eingangs eine allgemeine Anmerkung. Ich bin überzeugt, dass Umweltschutz als regionen- und länderübergreifende Angelegenheit europäischer, wenn nicht gar weltweiter Regelungen und Abkommen bedarf; denn Beeinträchtigungen der natürlichen Lebensräume machen weder an Länder-, Fluss- oder sonstigen Grenzen halt.

Dazu gibt es in Deutschland im Ergebnis der Föderalismusreform eine andere Auffassung. Man kann sie mögen oder nicht – Fakt ist, dass die Länder im Rahmen der neuen konkurrierenden Gesetzgebung die Abweichungsbefugnis erhalten haben. Darauf wurde heute bereits mehrfach hingewiesen.

Damit betreten wir juristisches Neuland, in dessen Folge spannende Auslegungen zu erwarten sind. Zur Anhörung bezeichnete Rechtsanwalt Prof. Breuer die Abweichungsbefugnis der Länder als ein verfassungsrechtliches Novum ohne Vorbild. Machen wir uns also auf einiges gefasst!

Zur kurzfristigen Erstanpassung hat die Staatsregierung Mitte Dezember den Trägern öffentlicher Belange und

den Verbänden die vorgesehenen landesrechtlichen Regelungen vorgelegt. Die Frist zur Stellungnahme in der Zeit der Weihnachts- und Neujahrsferien wurde vehement als Einschränkung der Mitwirkungsrechte ohne mögliche Kommunikation in den Verbänden selbst beklagt. Das teile ich inhaltlich voll und ganz. Ich denke, demokratische Teilhabe sieht anders aus, Herr Minister Kupfer!

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der Linksfraktion)