Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

(Beifall bei der Linksfraktion und der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Das war für die einbringende Fraktion DIE LINKE Frau Falken. – Es folgt für die CDU-Fraktion Herr Colditz.

(Zurufe von der Linksfraktion)

– Herr Dr. Hahn, es geht noch, danke.

(Heiterkeit bei der Linksfraktion)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute Nachmittag noch einmal Gelegenheit, ein zweites Mal über dieses Thema zu sprechen. Deshalb nur drei kurze Anmerkungen zu dem, was gesagt worden ist.

Frau Dr. Stange, sicherlich ist es richtig, dass wir das Schulnetz in Größenordnungen gestrafft – wenn Sie so wollen –, ausgedünnt haben. Aber man muss noch einmal darauf hinweisen: Das war kein politischer Willkürakt, sondern einfach der demografischen Entwicklung in diesem Land geschuldet.

Und wenn man möglicherweise in MecklenburgVorpommern mehr Schulstandorte erhalten hat, dann muss man das auch vor dem Hintergrund der dortigen topografischen Situation sehen. Dort überwiegt der ländliche Raum eben wirklich gegenüber den Verdichtungsgebieten, die wir haben.

Frau Dr. Stange, eines wird man bei aller Kontroverse in dieser Frage nicht leugnen können: Wir haben trotzdem kleinste Schulstandorte erhalten. Ich möchte schon wissen: In welchem anderen Bundesland – betrachten wir einmal nur den Osten – gibt es Klassenstärken von 15 bzw. 20 Schülern Mindestschülerzahl? Wir haben diese Mindestvorgaben nicht mehr nur auf den ländlichen Raum begrenzt, sondern das ist mittlerweile die Planungsgröße geworden, auch für städtische Gebiete. Das muss man schon differenziert wichten, um deutlich zu machen, was wirklich Realität ist.

Ein zweiter Punkt. Sie sprachen schon Ihren Antrag an, über den wir heute noch sprechen werden. Es geht sicher

lich darum – da bin ich voll auf Ihrer Seite –, dass wir so weit wie möglich Ausnahmeregelungen ausloten. Ich halte es allerdings nicht für zielführend, wenn wir Kompromisse finden, die dazu führen, dass die Vergleichbarkeit schulischer Angebote infrage gestellt wird.

Ich stelle es jetzt ganz einfach infrage. Wenn ich ein zweizügiges Gymnasium mit einer Außenstelle oder Ähnliches zulasse, dann ist die Qualität der Ausbildung an dieser Einrichtung schon zu hinterfragen. Das haben wir auch schon sehr kritisch diskutiert. Also: Ausnahmeregelungen ja, aber wir sollten keine scheinbaren Kompromisse machen in der Richtung, dass wir über neue Strukturen nachdenken – jahrgangsübergreifender Unterricht oder was auch immer dort im Gespräch ist.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Ja, Frau Roth.

Bitte, Frau Roth.

Herr Colditz, Sie sprachen bei Grundschulen von 15 Schülern als Planungsgröße – das ist richtig; so steht es auch im Schulgesetz. Können Sie mir erklären, weshalb dann vor Ort die Kommunen, die Bürgermeister, die Oberbürgermeister argumentieren – und so steht es auch in der Ankündigung zum Mitwirkungsentzug –, dass mit Planungsgrößen bei Grundschulen von 25 Schülern gerechnet wird? Das ist für mich ein sehr großer Widerspruch – können Sie diesen aufhellen?

Ich denke, die Bürgermeister vor Ort sollten einfach Vertrauen in die Gesetzgebung haben. Wir haben klargestellt, dass es 15 Schüler Mindestschülerzahl gibt, und möglicherweise sollte man im Einzelfall durchaus einmal die Konfrontation suchen – wobei wir natürlich beim Klassenrichtwert, wenn wir es landesweit betrachten und die städtischen Regionen dazunehmen, diese 25 sicherlich aus dem Blick verlieren können.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion)

Wir müssen zu diesen Zahlen kommen, und es hat sich ganz einfach eine gewisse Schieflage ergeben, dass wir bei ländlichen Gebieten sicherlich diese Ausnahmetatbestände auch klar definiert haben; dass das Ganze aber mittlerweile auf den städtischen Raum übergeschwappt ist, und da kann ich es nicht unbedingt nachvollziehen – mit Verlaub, was Richtung Chemnitz zu sagen ist –, dass dort im städtischen Gebiet Mindestschülerzahlen von 15 Kindern und dann noch einzügige Grundschulen realisiert werden. Es ist schon zu hinterfragen, ob das wirklich notwendig ist, wenn es um die Wohnortnähe geht.

Erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Bitte, Frau Kollegin Giegengack.

Herr Colditz, ist es möglich, dass in Bezug auf das, was gerade angesprochen wurde, die 15 nicht zum Tragen kommen, sondern die 25, weil das damit zusammenhängt, dass sich der Freistaat, wenn diese 25 nicht gewährleistet werden, bei der Schulhausbauförderung zurückzieht?

Das kann ich so nicht rechtfertigen. Ich denke schon, es gibt auch kleinere Schulstandorte, für die trotz dieser Mindestschülerzahlen Fördermittel ausgereicht worden sind, insbesondere im ländlichen Raum. Es ist nicht automatisch so, dass die Nichteinhaltung von 25 zur Nichtbereitstellung von Fördermitteln führt. Das würde ich so nicht sagen wollen – vor allem nicht mit Blick auf den ländlichen Raum.

Sie haben eine Nachfrage; bitte.

Ich würde Sie gern auffordern, sich mit der Situation in Chemnitz auseinanderzusetzen; denn genau das war das Problem in Chemnitz: Wir haben keine genehmigte Schulnetzplanung aufgrund des Nichterreichens von 25 Schülern pro Klasse und haben deshalb seit mehreren Jahren keine Fördermittel für die Grundschulen bekommen.

Ich glaube, das war jetzt keine Nachfrage.

Ich habe aber gerade noch einmal über Chemnitz gesprochen. Ich sehe Chemnitz nach wie vor noch nicht als ländlichen Raum und insofern sollten dort schon andere Maßstäbe als im ländlichen Raum gelten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Eine letzte Anmerkung: Wir sind uns sicherlich darüber einig, dass wir nicht unser öffentliches Schulnetz dadurch infrage stellen können, dass wir in Größenordnungen freie Schulträger ins Boot holen. Es ist nicht gewollt, dass wir in Größenordnungen freie Schulen zulassen bzw. zulassen müssen. Wir haben nur wenig Ermessensspielraum. Insofern müssen die Gestaltungsmöglichkeiten, die wir auch im Rahmen von Ausnahmeregelungen haben, maximal ausgeschöpft werden.

(Beifall der Abg. Andrea Roth, Linksfraktion)

Ich gehe davon aus, dass das Ministerium verantwortungsvoll herangehen wird.

Vielen Dank.

(Beifall des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Für die CDU-Fraktion sprach der Abg. Colditz. – Es folgt die SPD-Fraktion. – Kein Redebedarf. – –

Frau Kollegin Giegengack, Sie wollen vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen; bitte.

Genau. Ich würde gern eine Anmerkung machen: Dass Chemnitz kein ländlicher Raum ist, sehe ich auch so, Herr Colditz. Ich wollte Sie nur darauf hinweisen, dass es bei uns nicht um Klassengrößen von 15 Schülern, sondern von 22 und 23 Schülern geht.

Es wird um keine Reaktion gebeten? – Gut; vielen Dank.

Die SPD-Fraktion signalisiert keinen Redebedarf. Hat die FDP Redebedarf? – Nein. Die Fraktion GRÜNE? – Auch nicht. NPD? – Auch nicht. Wollen Sie als einbringende Fraktion noch einmal sprechen? – Nein. Damit hat die Staatsregierung das Wort; Herr Staatsminister Wöller, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Titel der Aktuellen Debatte erweckt einen falschen Eindruck. Um es gleich zu Beginn deutlich zu machen: Das Kultusministerium hat zu keiner Zeit und an keiner Stelle die Absicht geäußert, 37 Schulen schließen zu wollen. Es geht hier um die Klassenbildung für das Schuljahr 2010/2011. Richtig ist, dass die überwiegende Zahl der Träger von insgesamt 37 Grund- und Mittelschulen zum Bestehen des öffentlichen Bedürfnisses von Eingangsstufen angehört wurde. Das, meine Damen und Herren, ist etwas anderes als Schulschließungen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Debatte gibt mir die Gelegenheit, noch einmal die Verantwortlichkeiten festzustellen, und ich habe durch den einen oder anderen Wortbeitrag auch von den Linken gewisse Lücken erkennen können

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Niemals!)

in Bezug auf die Interpretation und Auslegung des Schulgesetzes.

Zunächst einmal ergeben sich die Parameter für die Klassenbildung aus dem Schulgesetz.

(Andrea Roth, Linksfraktion: Genau!)

Dort sind die Mindestschülerzahlen und die Zügigkeiten festgelegt.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion Und dann gibt es Ausnahmen!)

15 Schüler für die Eingangsklasse der Grundschule und bei den Mittelschulen 40 Schüler für die Fünftklässler bei der geforderten Zweizügigkeit. Nun kann man durchaus die Frage stellen: Ist das restriktiv? Ich möchte deutlich sagen – Kollege Colditz hat im Rahmen der Debatte darauf hingewiesen –: Wir haben in Sachsen im Bundesvergleich kleine Schulen und kleine Klassen.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage, Herr Staatsminister?

Bitte sehr, Herr Präsident.