Protokoll der Sitzung vom 29.04.2010

(Zuruf von der Linksfraktion: Niemals!)

Besser noch – ich zitiere aus dem Schlussbericht der Unabhängigen Kommission: „Rechnerisch konnte ermittelt werden, dass aus dem Altvermögen der LDPD und der NDPD Geldmittel in Höhe von 25,7 Millionen D-Mark – gleich 13,1 Millionen Euro – auf die FDP übergegangen sind.“ Herr Herbst, besonders interessant ist es, im Schlussbericht der UKP zu lesen, dass ausgerechnet die FDP besonders widerwillig war, als es darum ging, auf ihr Blockparteienvermögen zugunsten des Gemeinwesens zu verzichten.

(Torsten Herbst, FDP: Das ist nie passiert!)

Falls Ihnen diese Details der eigenen Parteigeschichte nicht mehr im Gedächtnis sein sollten, verweise ich auf die Seiten 41 bis 44 des Berichtes. Dort können Sie das nachlesen und Ihr Gedächtnis auffrischen.

Meine Damen und Herren von der Koalition, möglicherweise werden sich neue Erkenntnisse aus dem beantragten Bericht ergeben. Unsere Fraktion ist immer offen für einen Erkenntniszuwachs. Wir hätten zum Beispiel auch über die politische Entscheidung debattieren können, für welche Verwendung ein eventuell zurückfließendes Vermögen zur Verfügung gestellt wird. An die Vergangenheit zu denken und Opfer zu entschädigen ist ein ehrenwerter Ansatz. Ich neige offen gesagt mehr dazu, Zukunftsfragen zu lösen und dieses Geld in die Bildungspolitik zu investieren.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der SPD)

Meine Fraktion wird dem vorliegenden Antrag seine Zustimmung nicht verweigern, auch wenn die Frage gestellt werden muss, ob der Zeitpunkt für einen solchen Bericht günstig ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es könnte ein gewisses Risiko bestehen, dass dieser Bericht unvollständig wäre. Aber, meine Damen und Herren, dann ergäbe sich auch wieder die Gelegenheit, dass irgendein Mitglied der Koalitionsfraktionen vielleicht doch die fehlenden Details mittels einer Kleinen Anfrage herausbekommt. Auf solche Debatten, die wahrlich nicht zu den Sternstunden dieses Parlaments gehören, können wir verzichten. Ich wünsche Ihnen dabei gutes Gelingen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der Linksfraktion – Torsten Herbst, FDP, steht am Mikrofon.)

Herr Herbst, eine Kurzintervention, sicherlich?

Ja, Frau Präsidentin, eine Kurzintervention. Die angesprochene Seite 41 des Berichtes der Unabhängigen Kommission erwähnt im Wesentlichen die Deutsche Bauernpartei und nicht die LDPD. Hier geht es lediglich um die Rolle der LDPD. Im Bericht wird ausdrücklich festgehalten, dass die LDPD mit der Unabhängigen Kommission zusammengearbeitet hat, dass alle Vermögenswerte geklärt wurden und dass zügig dieses Vermögen entsprechend für die Ausschüttung an die neuen Länder zur Verfügung gestellt werden konnte. Ich habe den Bericht vor mir liegen. Das, was Herr Dr. Gerstenberg gesagt hat, entspricht nicht der Wahrheit.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU – Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Herr Dr. Gerstenberg, ich gehe davon aus, dass Sie dazu etwas sagen möchten.

Selbstverständlich! Auch ich kann aus dem Bericht zitieren, denn ich habe ihn in der Hand. Auf der erwähnten Seite 41 und den nachfolgenden Seiten werden zusammenhängend die Blockparteien dargestellt, die dann in der FDP aufgegangen sind. Es beginnt auf den Seiten 40 und 41 richtigerweise mit der Liberaldemokratischen Partei Deutschlands und mit der Abwicklung des Vermögens der LDPD. Seite 43 widmet sich insbesondere dem intensiven Bestreben der FDP auf die Wiederzurverfügungstellung der Vermögenswerte. Wir haben nachfolgend auf der erwähnten Seite 44 auch die NPD – –

(Zuruf von der Linksfraktion: NDPD!)

Dort wird die Abwicklung des Vermögens der NDPD dargestellt. Es wird ferner dargestellt, wie die FDP auch hier wieder einen Teil des treuhänderisch verwalteten ehemaligen NPD-Vermögens zurückverlangt hat.

(Zuruf von der Linksfraktion: Es heißt NDPD!)

Ich bitte, es dort nachzulesen. Es ist genau dargestellt.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie vereinzelt bei der Linksfraktion und der SPD)

Gibt es weitere Kurzinterventionen? – Herr Herbst, bitte.

Ich zitiere wörtlich; das kann man gern nachprüfen: „Die NDPD hat sich dann mit der THA/BVS über die Abwicklung ihres Vermögens verglichen. Der NDPD wurden hiernach ihre Vermögenswerte nicht wieder zur Verfügung gestellt.“

Ich hatte mich in meiner Rede ausdrücklich auf die LDPD bezogen. Man muss schon wissen, dass verschiedene Parteien in der FDP vereinigt wurden. Der Gesamtbericht stellt – das kann man auch nachlesen – ein kooperatives Verhalten der FDP dar. Natürlich musste man die Vermögenswerte auseinanderklamüsern und entscheiden, wer was bekommt.

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion)

Allerdings gibt es einen großen Unterschied: Während die SED/PDS versucht hat, ihre Vermögen so lange wie möglich zu verschleiern und zu vertuschen, hat die LDPD bzw. FDP kooperiert.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Klaus Bartl, Linksfraktion: Das ist unglaublich!)

Eigentlich darf jeder nur eine Kurzintervention machen, aber es wäre sehr ungerecht, diese jetzt nicht zuzulassen. Sie können sich aber dann, im Rahmen Ihrer Redezeit, noch weiter dazu äußern.

Ich denke, wenn unzulässigerweise eine zweite Kurzintervention zugelassen wird, dann muss jetzt auch unzulässigerweise eine Ausnahme für eine zweite Erwiderung gemacht werden.

(Heiterkeit im Saal)

Ich bitte jetzt alle, dieses große Interesse, was am Abschlussbericht der Unabhängigen Kommission entstanden ist, zu befriedigen und selbst nachzulesen.

(Unruhe bei der Linksfraktion)

Jeder, der in diesem Bereich der Blockparteien nachliest, wird deutlich empfinden, dass es sehr klare Entscheidungen vonseiten des DDR-CDU-Vermögens gab und dass die FDP eine große Widerspenstigkeit an den Tag legte, da sie an den alten Vermögenswerten sehr beharrlich gehangen hat.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der SPD)

Die NPD-Fraktion ist an der Reihe. Herr Abg. Petzold, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als die NPD-Fraktion den Titel des Antrages

der Fraktionen der CDU und der FDP das erste Mal zur Kenntnis genommen hatte, entstand der Eindruck, die Koalition wolle sich als Vertreter der SED-Opfer profilieren und die Errichtung einer Landesstiftung für diese Opfergruppe beantragen.

Die Vereinigung der Opfer des Stalinismus und die Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft haben das bereits Ende März gefordert, nachdem das Urteil aus Zürich über die Novum-Gelder bekannt wurde. Doch die Koalitionsregierung hat wieder nur einen ihrer kläglichen Berichtsanträge vorgelegt, in denen Anliegen formuliert sind, die sie genauso gut mit einer Kleinen Anfrage in Erfahrung bringen könnte.

Außerdem merkt man der Frage nach den bisher aus dem Vermögen der ehemaligen Parteien und Massenorganisationen der früheren DDR geförderten Projekten gleich an, dass die Regierungskoalition offenbar nicht daran denkt, die soziale Lage der Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft zu verbessern, sondern vermutlich nur Haushaltslöcher stopfen will. Angesichts der anstehenden Streichorgien im Haushalt und einer Kassenlage auf allen Ebenen, die sich immer mehr verschlechtert, kann es ja nicht schaden, wenn man irgendwo noch etwas Geld locker macht.

Die NPD-Fraktion legt deshalb hiermit zugleich einen Änderungsantrag vor, mit dem sie erreichen will, dass zumindest die Verbesserung der Stellung der SED-Opfer für den Fall geprüft wird, dass die erhofften SEDMillionen aus der Schweiz eines Tages tatsächlich fließen. Das hält die NPD für notwendig, um die tatsächlich Betroffenen, die unter dem Regime jener Partei, um deren ehemaliges Vermögen es hier geht, gelitten haben, besserzustellen.

Die NPD-Fraktion ist skeptisch gegenüber der eingangs erwähnten Forderung nach Einrichtung einer Landesstiftung in den mitteldeutschen Bundesländern. Nach Meinung der NPD sollten die zu erwartenden 230 Millionen Euro nicht in Strukturen wie Stiftungsverwaltungen gesteckt werden – die selbst wieder nur Geld kosten –, sondern direkt an die Opfer fließen.

In den letzten Jahren ist zwar deren Lage etwas verbessert worden, aber immer noch gibt es Hürden. Nach Auffassung der NPD sollte man die Mindestfrist von sechs Monaten Haft und die Bedürftigkeitsprüfung bei der Opferrente abschaffen. Letzteres fordert übrigens auch die CDU-Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht. Umso unverständlicher ist es, warum sich die CDU in Sachsen nicht genauso eindeutig zugunsten der SED-Opfer positioniert hat.

Wie das Verfahren im Einzelnen gesetzlich gestaltet werden kann, sollte die Staatsregierung bereits jetzt prüfen und eine entsprechende Bundesratsinitiative starten, sobald die Millionen aus der Schweiz und vielleicht noch weitere Gelder fließen.

Die Novum-Millionen, um die es hier geht, stammen bekanntlich aus dem Vermögen der SED. Allerdings

handelt es sich gar nicht um das ursprüngliche Geld, das nach der Wende in die Schweiz floss, sondern um Schadensersatz. Die damalige Bank Austria hätte wissen müssen, dass es sich nicht um Vermögen der Kommunistischen Partei Österreichs bzw. der Wiener Kommerzialrätin Rudolfine Steinling handelt, sondern um getarnte SED-Millionen. Das eigentliche Novum-Geld bleibt weiterhin verschwunden. Darüber, wo es geblieben ist, kann man nur Vermutungen anstellen.

Am 15. Juli 2002 berichtete der „Spiegel“ über die Steinling, auch die „Rote Fini“ genannt: „Die Fini ist für Israel so etwas wie ein wandelnder Bankautomat, verlautet aus diplomatischen Kreisen in Tel Aviv. Es gibt von ihr jederzeit Geld, außer das Tageslimit ist einmal erschöpft.“

Frau Steinling hatte sich in den Neunzigerjahren, als sie von Interpol steckbrieflich gesucht wurde, nach Israel abgesetzt. Inzwischen lebt sie zeitweilig auch wieder in Österreich und zeigt sich nach wie vor spendabel. Wenige Tage vor dem Züricher Urteil feierte sie im noblen Wiener Hotel Marriott das Jubiläum eines zionistischen Stiftungsfonds, über das die Tageszeitung „Kurier“ unter der Überschrift „90 Jahre für ein starkes Israel“ berichtete. Man kann sich also denken, wohin die SED-Gelder geflossen sind.

Die NPD-Fraktion wird dem vorliegenden Antrag zustimmen, auch wenn er mehr als dürftig ist. Als Ergänzung bitten wir im Sinne der Opfer der kommunistischen Diktatur um Zustimmung zum Änderungsantrag der NPD.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Herr Abg. Rohwer, CDU-Fraktion; bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Schluss dieser Debatte möchte ich noch einmal zum eigentlichen Punkt zurückkehren.

(Zuruf der Abg. Uta-Verena Meiwald, Linksfraktion)

Genau, zum Antrag, Frau Meiwald. Aber Sie müssen mir schon zugestehen, dass ich einige Erläuterungen dazu gebe, sonst versteht man nicht, warum wir diesen Antrag gestellt haben.