Das bleibt am Ende auch übrig. Es gibt ein entsprechendes Bundesprogramm. Die Landesregierungen sind aufgefordert worden, sich einzubringen und Koordinationsaufgaben zu leisten. Das geschieht in Sachsen nicht. Hier gibt es erneut eine klar ablehnende Haltung, genauso wie zum Kommunal-Kombi. Solange Sie jedoch von diesem Pult aus nicht ernsthaft erklären, was Sie mit den Menschen machen wollen, finde ich es unredlich, dass Sie all die guten Projekte – ob es Kommunal-Kombi oder Bürgerarbeit ist – ablehnen. Ich würde Ihnen dieses Recht erst dann zugestehen, nachdem Sie uns gesagt haben, welche Alternative Sie vorschlagen. Von einer Alternative habe ich von Ihnen bis heute nichts gehört.
Es ist immer die gleiche Leier: Sie unterstützen die Unternehmen, die dann Arbeit anbieten sollen. Wenn es aber darum geht, konkret zu werden, sind Sie wieder neutral. Wenn Sie die Unternehmen unterstützen wollen, dann erklären Sie mir bitte: Wo ist die Fortsetzung des regionalen Wachstums? Wo ist das Konzept, das genau die Unternehmen unterstützt? Das lehnen Sie ab, obwohl Sie sich auf die Unterstützung der Unternehmen kaprizieren wollen. Sie lehnen konkrete Projekte ab, Sie lehnen soziale Arbeit ab.
Was wollen Sie eigentlich im Kern? Wir in Sachsen bekommen das, was an sinnvoller Arbeit geleistet wird – auch unter dem Begriff „Bürgerarbeit“ subsumiert –, in Sachsen deshalb nicht hin, weil Sie mit aller Gewalt versuchen, es zu verhindern. Das ist die Botschaft Ihrer Ausführungen. Sie wollen es nicht. Wenn Sie von der Staatsregierung reden, dann ist das Ihr Part, den Sie in der Kabinettssitzung vertreten. Ich hoffe, dass die vielen Menschen, die Bürgerarbeit leisten, genau verstehen, was Sie sagen: Sie haben keine Antwort. Aber das, was wir Ihnen anbieten, wollen Sie nicht.
Herr Kollege, geben Sie mir recht, dass es sogar noch viel schlimmer ist? Kollege Herbst hat in diesem Zusammenhang nicht nur den Begriff „Placebos“ verwendet, sondern vor allem von älteren Arbeitslosen gesprochen, bei denen es sich sozusagen nicht mehr lohne, sie in eine sinnvolle Tätigkeit zu bringen. Er sprach schwammig von „sozialer Integration“, hat aber überhaupt nicht hinzugefügt, was er darunter versteht. Gerade ältere Arbeitslose, die ihr ganzes Leben lang – –
Liebe Kollegin, ich gebe Ihnen recht. Das ist genau das, was ich meine. Ich hoffe, dass viele Menschen gehört haben, was die Botschaft der FDP für sie heißt: Kümmert euch selbst! Wir können uns nicht um euch kümmern. Arbeit um jeden Preis – Hauptsache Arbeit! Jede Form von sozialer, gemeinnütziger Arbeit lehnt die FDP pauschal ab, weil das nach ihrer Auffassung keine Arbeit ist.
Ich hoffe, dass die FDP dafür die Quittung bekommt. Ich wünsche mir, dass viele Mitarbeiter der zahlreichen Projekte in der Debatte Stellung nehmen. Die Vereinsvorsitzenden, die im Rahmen des Kommunal-Kombis bereits erfolgreich tätig sind und jetzt auch Bürgerarbeit durchführen wollen, können Ihnen von der FDP hoffentlich zeigen, wie sinnvolle Arbeit stattfindet.
Deshalb kann ich nur sagen: Der Kommunal-Kombi war ursprünglich keine Bürgerarbeit, weil er eine bessere Ausstattung hatte. Aber Bürgerarbeit ist die Fortsetzung des richtigen Weges „sozialer Arbeitsmarkt“ als Angebot
Frau Präsidentin, ich möchte im Rahmen der regulären Redezeit klarstellen – falls einige nicht richtig zugehört haben –, was ich vorhin in meiner Rede gesagt habe. Zum einen habe ich zum Ausdruck gebracht, dass ich sehr wohl sehe, dass durch den demografischen Wandel die Nachfrage auch nach älteren Arbeitsuchenden zunimmt. Die Unternehmen werden froh sein, erfahrene Fachkräfte gewinnen zu können. Zum anderen gibt es zahlreiche Projekte, die von ehrenamtlichem, gemeinschaftlichem Engagement getragen werden. Dazu bedarf es keines zusätzlichen Arbeitsmarktförderprogramms. Das sind Projekte im sozialen Bereich, die unterstützt werden, gut laufen und sinnstiftend sowohl für die Gemeinschaft als auch für die Betroffenen sind.
(Elke Herrmann, GRÜNE: Deshalb kürzen Sie die Ehrenamtsförderung, weil das so sinnvoll ist! – Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)
Meine Damen und Herren! Wenn es keinen Redebedarf mehr gibt, rufe ich das Schlusswort auf. Herr Brangs, möchten Sie das Schlusswort halten?
Dann können wir zur Abstimmung kommen. Ich stelle den Antrag in der Drucksache 5/2706 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte? – Die Stimmenthaltungen? – Bei einer Anzahl von Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.
Kriterien und Konsequenzen von Haushaltsvollzug und Haushaltsaufstellung vorlegen – keine Kürzungen auf Kosten der Zukunft!
Es beginnt die Fraktion GRÜNE. Danach folgen DIE LINKE, SPD, CDU, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am heutigen Tage haben tausende Schülerinnen und Schüler, Studierende, Lehrerinnen und Lehrer, Sozialarbeiter und Künstler in einem breiten Bündnis gezeigt, dass sie sich nicht gegeneinander ausspielen lassen. Diese Solidarität ist wichtig; denn es geht bei dem kommenden Doppelhaushalt nicht um die üblichen Verteilungskämpfe, in denen jeder Bereich meint, dass er natürlich der wichtigste sei. Es geht diesmal um die größten Haushaltseinschnitte seit Bestehen dieses Freistaates.
Im Raum stehen für das nächste Jahr Kürzungen von 1,2 Milliarden Euro; das sind 8 % des Etats. Geplant ist ein Abbau von 17 000 Stellen bis 2020. Die Menschen in Sachsen spüren, dass hier entscheidende Weichenstellungen und Strukturveränderungen vorgenommen werden. Deshalb die Demonstration des heutigen Tages, deshalb der Antrag zu diesem Thema genau hier, im heutigen Plenum, einen Tag nach der Haushaltsklausur.
Die Staatsregierung hat gestern die Eckpunkte des Doppelhaushalts 2011/2012 bekanntgegeben. Sie lassen erkennen, in welche Richtung es geht. Diese Richtung ist trotz der vollmundigen Ankündigungen des gestrigen Tages besorgniserregend. Wer Prioritäten setzen will – das hat die Staatsregierung angekündigt –, der muss vor allem erst einmal Aufgabenkritik betreiben, um zu klären, welche Mittelkürzungen zu welchen Konsequenzen führen. Die Kürzungen des laufenden Haushaltsjahres geben allen Grund zum Zweifel, ob Sie diese Aufgabenkritik seriös betrieben haben.
Sie wollen, so Finanzminister Unland, wenn Sie einmal abtreten, Ihren Kindern sagen können: „Ich habe mein Bestes gegeben – euch bleiben alle Chancen!“ Dieses Ziel teilen wir hier sicher alle. Aber es bleibt die Frage: Mit welcher Politik bleiben unseren Kindern eigentlich alle Chancen?
Wir teilen ausdrücklich die Auffassung der Staatsregierung, dass die Vermeidung neuer Schulden eine wesentliche Antwort auf diese Frage ist. Aber sie ist nicht die
einzige Antwort. Und darin unterscheiden wir uns sehr deutlich. Der Verzicht auf Schulden mag Anfang und Grundlage einer intelligenten Haushaltspolitik sein. Die Koalition ist damit jedoch anscheinend schon am Ende ihres Lateins. Danach kommt nur noch der Rasenmäher, wenn auch mit unterschiedlichen Schnitthöhen.
Sie haben im Vergleich zu den Kürzungsmaßnahmen im Haushaltsvollzug 2010 nichts hinzugelernt. Im Gegenteil, der Rasenmäher wird auch an Stellen angesetzt, an denen es nötig wäre, zu pflegen und neu zu pflanzen. Die Zukunftsbereiche Bildung, Wissenschaft, Soziales und Kultur waren schon 2010 zu einem Drittel an den Kürzungen beteiligt. Im Haushaltsentwurf sind diese Bereiche – nach Presseberichten vom heutigen Tage – mit über 360 Millionen Euro Einsparleistungen wieder in derselben Größenordnung betroffen. Der einzige Unterschied: Was gestern „Bewirtschaftungsmaßnahme“ hieß, nennen Sie heute „Prioritätensetzung“ – ein glatter Etikettenschwindel!
Was Sie als „Prioritätensetzung“ ausgeben, ist zum großen Teil schlicht der nackten Notwendigkeit geschuldet. Der Anstieg der Ausgaben für den Kita-Bereich auf 400 Millionen Euro im Jahr 2012 ist angesichts der Verpflichtungen des Tagesbetreuungsausbaugesetzes unumgänglich. Alles andere würde gegen eingegangene Verpflichtungen verstoßen.
Insgesamt setzen Sie im Bereich Kultus keinen Schwerpunkt, sondern Sie kürzen um 70 Millionen Euro. Massiv sind auch die Einschnitte bei Wissenschaft und Kunst. Sie verraten bisher kaum, wo diese 200 Millionen gekürzt werden sollen. An den Hochschulen soll es keinen weiteren Stellenabbau geben. Das klingt gut, aber in Wahrheit wird der Stellenabbau nur vertagt. Diese Kürzungen widersprechen eindeutig der Qualifizierungsinitiative, wonach die Ausgaben für Bildung und Forschung auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts gesteigert werden sollen. Das mittlerweile geflügelte Unwort: „Mehr Geld macht nicht automatisch klüger“ von Ministerpräsident Tillich verrät, wie platt diese Koalition hier Politik macht.
(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion – Ministerpräsident Stanislaw Tillich: Ihre Schlussfolgerungen sind das!)
Insbesondere die skandinavischen Länder zeigen uns, wie die richtige Konsequenz lauten muss: Höhere Bildungsaufwendungen rentieren sich, wenn sie mit den richtigen Strukturen gekoppelt werden. Genau in diese Richtung ging ja auch das 10-%-Ziel von Bund und Ländern, das Bundeskanzlerin Merkel auf dem Bildungsgipfel 2007 verkündet hat. Noch im Dezember 2009 betonte Ministerpräsident Tillich wörtlich: „Ich stehe zu dem Ziel, insgesamt 10 % des Bruttoinlandsproduktes für Bildung, Wissenschaft und Forschung auszugeben“, und kündigte an, es werde „mehr Geld in diesen Bereich fließen – und nicht weniger“. Ich kann deshalb heute nur politischen Gedächtnisschwund diagnostizieren.
Meine Damen und Herren von Staatsregierung und Koalition! Entweder Sie wissen nicht mehr, was Sie damals in Dresden beschlossen haben, oder Sie setzen auf die Vergesslichkeit der Leute. So oder so fehlt Ihnen offensichtlich die Einsicht, die rund um den Globus mittlerweile eine Binsenweisheit ist: Bildung ist der Schlüssel zu mehr Entwicklung.