Protokoll der Sitzung vom 01.09.2010

(Klaus Bartl, Linksfraktion: Nur das Weihnachtsgeld nicht mehr!)

Natürlich hat der bayerische Beamte derzeit noch das Weihnachtsgeld.

Frau Jähnigen, Sie sprachen von einer Senkung der sächsischen Beamtenbesoldung unter das Ostniveau. Sie können gern das Land Thüringen in Ansatz bringen. Das Land Thüringen hat – so ist es von Herrn Brangs richtig dargestellt worden – die Sonderzahlung in das Jahresgehalt integriert. Sie können feststellen – das ist auch aus der Stellungnahme des Beamtenbundes ersichtlich –, dass damit ein thüringischer Beamter 717,60 Euro mehr bekommt als ein sächsischer Beamter.

Was bei dieser Gegenüberstellung etwas abhanden gekommen ist, meine Damen und Herren, ist die Frage der Arbeitszeit. Ein sächsischer Beamter hat eine 40-StundenWoche, der thüringische eine 42-Stunden-Woche, und wenn Sie das in Ansatz bringen, kommen Sie auf 24 648,15 Euro. Das sind 500 Euro weniger als im Freistaat Sachsen.

Nun geht es aber auch nicht um Cent-Klauberei, sondern um das Alimentationsprinzip; und da ist es immer sehr schwierig – zumindest aus meiner Überzeugung –, wenn Sie von Tariftreue sprechen. Alimentationsprinzip heißt, dass dem sächsischen Beamten für seinen Dienst, den er dem Freistaat zur Verfügung stellt, eine amtsangemessene Lebensführung gewährleistet wird, und das unter der Maßgabe, dass es für ihn keine wirtschaftlichen Schwierigkeiten geben soll.

Diesen Grundsatz, meine Damen und Herren, erfüllen wir mit der jetzigen hundertprozentigen Besoldung und auch in dem Bewusstsein, dass wir in den vergangenen Jahren Abstriche gemacht haben. Aber mit Stand zum 01.03.2010 sind wir bei einer hundertprozentigen Besoldung und ich glaube, dass man pauschal die Sonderzahlungsdebatte nicht auf diesem Niveau führen kann.

Wenn Sie sie so führen, dann müssen Sie noch einiges andere in den Ansatz bringen, wie zum Beispiel die Frage, wie die Heilfürsorge im Freistaat Sachsen geregelt ist. Wir haben die ersten Bundesländer im Bereich der Polizei, die auf Beihilfe umgestellt haben; wir haben die Beteiligung von Beamten in anderen Bundesländern, die mittlerweile 1,6 bis 2,0 % des monatlichen Gehaltes als Beihilfesatz mit hinzuführen sollen. Der Freistaat Sachsen – das ist im Übrigen auch einmal durch den Rechnungshof moniert worden – leistet für seine Beamten in dem Bereich der sächsischen Polizei und der Justiz eine sehr umfängliche Krankenvorsorge, die über das Maß der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgeht.

Das heißt, wenn wir dieses Thema diskutieren, dann müssen wir dies umfassend tun: betrachtet vom Grundgehalt, über den Familienzuschlag, über die Beihilfe- und Heilfürsorgeregelung bis hin zur Arbeitszeit. Und, meine Damen und Herren, wenn wir den Vergleich zwischen den sächsischen, den ostdeutschen und den gesamtdeutschen Beamten führen, dann dürfen wir auch nicht den Ver

gleich zwischen der wirtschaftlichen Situation im Freistaat Sachsen und den Einkommen der Beamten vergessen. Das durchschnittliche Einkommen im Freistaat Sachsen lag 2003 bei 21 047 Euro im Jahr 2009 bei 22 819 Euro. Das ist eine Gehaltsentwicklung von 8,4 % in sieben Jahren. Im Eingangsamt A7 Mittlerer Dienst der sächsischen Polizei 2003 waren es 21 099,72 Euro Grundgehalt ohne Sonderzahlung, 2009 waren es 25 440,48 Euro. Das ist eine Entwicklung von 20 %.

Ich will das ganz deutlich nicht mit einer Neiddiskussion verbunden haben, weil ich weiß, welche Arbeit meine Kollegen leisten. Aber wir müssen bei dieser Diskussion genau das im Blick haben: den Vergleich zwischen den einzelnen Bundesländern, die Gehaltsentwicklung der letzten Jahre und auch die Wirtschaftskraft des Freistaates Sachsen.

Meine Damen und Herren, wir sprechen darüber, dass die Staatsregierung einen Haushaltsentwurf eingebracht hat, über den es jetzt erlaubt sein muss zu diskutieren. Was Sie heute machen, ist, zu sagen: Bevor wir den Haushalt diskutieren – der im Übrigen erst morgen eingebracht wird –, nehmen wir gleich ein Thema aus der Diskussion heraus, und Sie versteifen sich auf eine Diskussion, die so nicht stattfinden kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich denke, dass wir gerade auch für die unteren Besoldungsgruppen der Beamten eine Verantwortung haben und dass wir auch in der Zukunft Entscheidungen fällen müssen und dass hierfür die Dienstrechtsreform, über die wir im kommenden Jahr diskutieren werden, das geeignete Mittel sein wird, um zu fragen, wie wir die Besoldung auf neue Füße stellen und wie wir gerade im Bereich der unteren Besoldungsgruppen eine Verbesserung, eine Stärkung erreichen können.

Aber, meine Damen und Herren, sich heute hier hinzustellen und zu sagen, wir sind gegen die Streichung der Sonderzahlung, ohne sich mit dem Thema im Detail und im Vergleich abschließend beschäftigt zu haben, das halte ich für den falschen Weg und deshalb wird meine Fraktion heute diesen Antrag ablehnen.

Gleichwohl senden wir das deutliche Signal nach außen: Wir sind uns der Bedeutung und der Verantwortung auch für die Beamten im Freistaat Sachsen bewusst, und mit diesem Verantwortungsbewusstsein werden wir in die Diskussion zum Haushalt 2011/2012 treten.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Wir sind noch in der zweiten Runde der allgemeinen Aussprache; möchte noch jemand das Wort in der zweiten Runde ergreifen? – Dann würde ich eine dritte Runde eröffnen. Möchte noch jemand in der dritten Runde sprechen? – Das kann ich nicht erkennen. Herr Bartl, Sie können auch

auf das Schlusswort verzichten. – Sie möchten gern; Herr Bartl, Sie erhalten das Wort für das Schlusswort.

Herr Präsident! So groß ist meine Affinität zu CDU und FDP nicht, dass ich das unwidersprochen stehen lasse.

Kollege Hartmann, ich schätze Sie sehr, weil Sie in aller Regel sachlich argumentieren – es war auch jetzt sachlich, aber sehr verkürzt. Sie sagen, es war das Weihnachtsgeld, ist einfach schlicht unwahr. In Drucksache 3/9111 des 3. Sächsischen Landtages ist klipp und klar gesagt: Es wurde aufgemacht die Besoldungseinheit im Bund, und zuallererst wird den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, dann die Sonderzahlung zu definieren.

In diesem Gesetz wird sowohl in der Gesetzesbegründung als auch vorn in der Zielsetzung deutlich zum Ausdruck gebracht, dass zum Ausgleich von Mindergrundbeträgen in der Besoldung jetzt die Sonderzahlung gezahlt wird. Es ist also bei diesem Besoldungsverzicht, den die sächsischen Beamtinnen und Beamten, die Richterinnen und Richter auf sich genommen haben, ein Teil davon mit den Sonderbezügen abgefangen worden. Da können Sie doch nicht sagen, es hängt mit dem Weihnachtsgeld zusammen.

Abgesehen davon haben Sie es doch genauso wie wir vom Beamtenbund bekommen. Es hängt hinten dran die Weihnachtsgeldliste für die freie Wirtschaft; das ist allerdings von 2009; das gibt es 2009. Sie kennen es doch, Kollege Zastrow, wie die Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland Weihnachtsgeld zahlen, das sind ungefähr 150 aufgeführte Unternehmen.

(Zuruf von der CDU: Für Sachsen?)

Auch Unternehmen in Sachsen. Es geht um die Frage, dass dieses allgemeine Abstandsgebot letzten Endes mit allem zu vergleichen ist, das ist richtig. Aber es geht um eine entscheidende Frage – auch um diese, Kollege Hartmann, haben Sie sich bei dem Zitat des Urteils von 2005 einfach gedrückt: Das Verfassungsgericht hat gesagt, natürlich können Weihnachtsgelder oder anderes gekürzt oder gestrichen werden – aber nicht zur Konsolidierung der Haushaltslage. Und das ist aber die Begründung, die Sie jetzt für den Artikel 27 Haushaltsbegleitgesetz anführen.

Das ist das Eherne, das das Verfassungsgericht definitiv immer wieder gesagt hat: Sonderopfer zum Zwecke der Konsolidierung des Haushaltes dürfen Beamtinnen und Beamten nicht auferlegt werden. – Im öffentlichen Dienst nach unserer Überzeugung genauso nicht. Das ist der Kernsatz beim Geschäft.

Unter diesem Aspekt, meinen wir, haben wir überhaupt nichts von unserem Antrag zurückzunehmen – auch nicht unter den von Ihnen vorgetragenen Erwägungen, dass man das weiter prüfen muss. Wir sind mitnichten als Sächsischer Landtag gezwungen und gehalten – auch wegen der Reichweite des Budgetrechts –, dass wir uns einen verfassungswidrigen Haushaltsansatz überhaupt vorlegen lassen. Wir können sehr wohl am Tag vorher

sagen: Mit diesem Haushaltsansatz wollen wir, der Landtag, überhaupt nicht umgehen. Er ist eine Zumutung; denn der Landtag ist eine Stätte, in der nur verfassungsgemäße Gesetzentwürfe entgegengenommen und behandelt werden.

Vielen Dank.

Jetzt bitten wir um namentliche Abstimmung.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Wir steigen in die namentliche Abstimmung ein. Ich übergebe an die Schriftführerin Frau Saborowski-Richter.

Namentliche Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 5/3404, beginnend mit dem Buchstaben F.

(Namentliche Abstimmung – siehe Anlage)

Habe ich alle aufgerufen? Fehlt noch jemand?

(Kurze Unterbrechung)

Meine Damen und Herren! Wir haben ein Ergebnis: Für den Antrag der Fraktion DIE LINKE haben 35 Abgeordnete, mit Nein 73 gestimmt und neun Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Damit ist die Drucksache 5/3404 nicht beschlossen.

Ich habe noch eine Wortmeldung des Abg. Hartmann. Ich gehe davon aus, dass es eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten ist, Herr Hartmann.

Es ist eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Ich habe mit Nein gestimmt. Das möchte ich noch einmal begründen, insbesondere nach den Ausführungen von Herrn Bartl.

Bis 2003 hatten wir eine bundeseinheitliche Regelung der Sonderzahlungen in Form eines in der Mitte des Jahres gezahlten Urlaubsgeldes und eines zum Ende des Jahres gezahlten Weihnachtsgeldes. Mit der Novellierung 2003 in Anbindung an § 77 Bundesbesoldungsgesetz hat der Freistaat Sachsen die Zusammenlegung von Weihnachts- und Urlaubsgeld in dieser Form gefasst. Das ist für mich Ansatz, es nicht als Gehaltsbestandteil zu sehen. Insbesondere mit Verweis auf die noch ausstehenden Haushaltsberatungen habe ich diesen Antrag heute abgelehnt.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Hartmann, für die Erklärung des Abstimmungsverhaltens. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Tagesordnungspunkt 13

Finanzielle Mittel aus dem Aufbauhilfefonds für die Betroffenen des Hochwassers 2010 bereitstellen

Drucksache 5/3411, Antrag der Fraktion der SPD

wurde abgesetzt. Der

Tagesordnungspunkt 14

Qualität und Quantität der Schulgebäude im Freistaat Sachsen langfristig sichern

Drucksache 5/3415, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

wurde an den Ausschuss für Schule und Sport überwiesen.