geht und heute ein Gehalt von 7,50 Euro pro Stunde bekommt, der erhält eine Rente von 717 Euro. Da sind wir übrigens nicht weit von der Grundsicherung weg; aber er hat durchgängig 45 Jahre gearbeitet. Nehmen wir ein anderes Beispiel: Jemand, der heute 47 Jahre ist, 2030 in Rente geht und 47 Jahre durchgängig gearbeitet hat, bekäme dann eine Rente von 489 Euro für 47 Beitragsjahre. Dem muss man mal erklären, warum er sein Leben lang gearbeitet hat, wenn er das Gleiche bekommt wie jemand, der nie gearbeitet hat. Das ist aus meiner Sicht die größte Ungerechtigkeit im Rentensystem, die man angehen muss.
Deswegen auch die Forderung der Rente nach Mindesteinkommen, die wir aufgemacht haben, und da muss man wirklich nicht auf die Rentenbeiträge für Arbeitslose schauen; das ist ein Spezialproblem.
Bevor Kollege Pellmann zu Wort kommt, möchte ich noch sagen: Hätten wir die Rente nach Mindesteinkommen, die uns wichtig ist, dann bekäme derjenige, der 47 Jahre gearbeitet hat, im Jahr 2030 zumindest 706 Euro.
Herr Krauß, wir wiederholen ja gelegentlich die Debatten, und deswegen will ich Sie auch heute fragen: Meinen Sie nicht, dass die Hauptursache dafür, dass Menschen zu wenig Rentenanwartschaften erlangen, in unterbrochenen Erwerbsbiografien liegt – für die sie in aller Regel nichts können – und daran, dass wir in Deutschland einfach zu niedrige Löhne haben;
und dass wir deshalb Löhne haben müssen, die eine Existenz oberhalb der Armutsgrenze auch im Alter ermöglichen?
Meinen Sie nicht auch, dass das die Ursache ist und dass es nichts bringt, dass Sie immer wieder die Leier bemühen zu sagen, wir haben doch zu niedrige Arbeitsentgelte und deswegen müssen die Renten auch niedrig sein?
Lassen Sie mich einmal bei dem Punkt der unterbrochenen Erwerbsbiografien ansetzen. In der Tat ist das ein Problem. Das tritt aber weniger bei denen zutage, die Arbeitslosengeld I beziehen, da bei denjenigen die Einzahlung in die Rentenversicherung relativ komfortabel erfolgt, sodass man eigentlich nichts davon spürt, wenn man die Rente in Anspruch nimmt. Diese Probleme treten erst dann auf, wenn man langzeitarbeitslos ist, also eine relativ lange Zeit nicht arbeitet. Dann zahlt man nichts in die Rentenversicherung ein. Was ich für systemgerecht halte, ist, dass das System der
Rentenversicherung an den Faktor Arbeit gekoppelt ist. Ansonsten könnte man immer sagen, jeder bekommt das Gleiche, dann braucht man nicht mehr arbeiten zu gehen.
Natürlich ist es auch richtig, dass man, wenn man ein höheres Gehalt hat, auch eine höhere Rente erhält. Deswegen ist es wichtig, dass es gute Tarifverträge gibt, in denen das ausgehandelt wird; darin sind wir uns einig. Aber Ihre Vorstellung geht ja nicht in diese Richtung, sondern Ihr Antrag beinhaltet etwas anderes. Deswegen muss ich sagen, aus Gründen der Gerechtigkeit, im Interesse der Menschen, die jeden Tag früh aufstehen und arbeiten, können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen, und ich bitte Sie, diesem Weg zu folgen.
Meine Damen und Herren, das war Herr Krauß für die Fraktion der CDU. – Für die SPD spricht nun Herr Abg. Brangs; bitte.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag ist in der Tat notwendig und in seiner Kritik an der Bundesregierung durchaus zutreffend. Insofern ist es auch richtig, dass wir die Dinge beim Namen nennen müssen. Wenn man sich das Sparpaket der Bundesregierung und, als Parallele dazu, den Entwurf des sächsischen Doppelhaushalts ansieht, dann kann man durchaus feststellen, dass beide Ansätze die Armut in diesem Land zementieren werden. Wir müssen uns deshalb auch mit dem Thema Altersarmut auseinandersetzen.
Der Dritte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung – ich hoffe, einige im Landtag haben ihn sich angesehen – kommt ganz klar zu dem Schluss, dass die Situation in diesem Bereich für viele Menschen bedrohlich ist. Der Vierte Bericht liegt noch nicht vor, aber es ist bereits heute klar – das zeigen auch die aktuellen Zahlen –, dass die Schere zwischen Arm und Reich in diesem Land immer weiter auseinandergeht. Das hat nicht nur, aber auch etwas mit der Finanzkrise zu tun. Vor allem aber belegen alle Zahlen, die ich kenne, dass der Reichtum immens zugenommen hat. Große Vermögen entwickeln sich weiter ungebremst. Auf der anderen Seite gibt es eine Zunahme von Altersarmut, gerade in Ostdeutschland und damit auch in Sachsen.
Der Bericht zeigt ferner auf, dass das Altersarmutsrisiko heutiger Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher zwar halbwegs im europäischen Durchschnitt liegt; aber wenn man sich die Zahlen genau ansieht, muss man feststellen, dass Rentnerinnen und Rentner zunehmend von Altersarmut bedroht sind. Wir müssen sagen, woran das liegt, und dürfen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Die betreffenden Rentnerinnen und Rentner haben in ihrer aktiven Arbeitszeit oft niedrige Löhne bezogen, Ausfallzeiten erlebt etc. Das alles führt dazu, dass die entsprechenden Rentenpunkte nicht erreicht werden können.
Ich glaube, es ist richtig, dass wir uns mit der Frage auseinandersetzen: Wie können wir das Armutsrisiko von künftigen Rentenbeziehern vermindern? Was können wir insoweit verändern?
Die im Jahr 2007 veröffentlichte Studie „Altersvorsorge in Deutschland 2005“, angefertigt im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung und des Arbeitsministeriums, macht das Problem sehr gut nachvollziehbar. Die Biografien der Geburtsjahrgänge 1942 bis 1961 wurden in die Zukunft projiziert. Dabei wurde festgestellt, dass genau die Versicherten mit niedrigen Einkommen und solche, die zwei oder drei Mal von Arbeitslosigkeit betroffen waren, ein höheres Altersarmutsrisiko aufweisen. Wenn man diese Befunde mit denen einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung vergleicht, stellt man ebenfalls fest, dass eine längere Dauer von Arbeitslosigkeit negative Auswirkungen auf die spätere Rente hat.
Angesichts dessen geht es natürlich auch um die Lohnhöhe. Es geht um die Frage, zu welchen Bedingungen Menschen in diesem Land arbeiten. Damit sind wir beim Thema Niedriglohnsektor, der sich in einer Form ausweitet, die nichts mehr mit dem ursprünglichen Gedanken, den man damit verband, zu tun hat. Die Zahl der Mini- und Midijobs hat ebenso zugenommen wie die Leiharbeit. Das alles ist ein Thema für die Politik. Sie muss versuchen, etwas dagegenzusetzen. Der Mindestlohn ist ein Ansatz. Aber auch diese Instrumente selbst sind auf den Zweck, der eigentlich damit verfolgt worden ist, zurückzustutzen. Wenn wir zum Beispiel im Hinblick auf die Leiharbeit nicht mehr von der Ausnahme, sondern von der Regel sprechen, dann müssen auch Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten den Mut haben zu sagen: Das war nicht die Entwicklung, die wir wollten. – Deshalb müssen wir an die Gesetze heran und diese wieder ändern. Wir sind auf diesem Weg und werden uns weiter in diese Richtung entwickeln. Wir haben keine Angst davor, auch unbequeme Wahrheiten anzusprechen.
Es ist mir wichtig, einen weiteren Punkt anzusprechen: Altersarmut ist vor allen Dingen weiblich. Zwei Drittel derjenigen, die gegenwärtig von Altersarmut betroffen sind, sind Frauen, die Leistungen der Grundsicherung im Alter beziehen. Dies erklärt sich nicht allein durch die höhere Lebenserwartung von Frauen, sondern hat auch etwas damit zu tun, dass sie unzureichende Rentenanwartschaften erworben haben. Das alles ist Folge einer kürzeren Erwerbsbiografie, von Teilzeitbeschäftigung und Lohndiskriminierung. Klar ist auch, dass Frauen häufig ihr Erwerbsleben für die Erziehung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen unterbrechen. Auch das gehört zur Wahrheit.
Damit komme ich zu dem Antrag der Linken. Ich habe große Zweifel daran, ob die beiden darin enthaltenen Erklärungsmuster tatsächlich ausreichen, um das von mir soeben beschriebene Problem zu lösen. Wir haben einen Änderungsantrag eingebracht; er liegt Ihnen vor. Im Kern geht es darum, dass wir eine rentenrechtliche Bewertung von Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit und von Zeiten
Das hat übrigens der Bundestag schon getan. Gestern hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales eine Sachverständigenanhörung durchgeführt. Diese war sehr interessant. Das Protokoll war sicherlich noch nicht allen zugänglich. Derjenige, der die Statements schon gelesen hat oder über seine Quellen in den Fraktionen die Ergebnisse zur Kenntnis nehmen konnte, hat festgestellt, dass alle Sachverständigen die bisherigen Pläne der Bundesregierung abgelehnt haben. Vielleicht müsste der Antrag der Linken dahin gehend überarbeitet werden, dass das Ergebnis der gestrigen Bundestagsanhörung eingearbeitet bzw. ein neuer Antrag vorgelegt wird. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, stammt der Antrag der Linken vom 30.06.2010. Man möge mich korrigieren, wenn ich es falsch in Erinnerung habe. Ich glaube, es war ein verhältnismäßig langer Vorlauf. Die aktuelle Entwicklung der Debatte in dem genannten Ausschuss des Deutschen Bundestages sollte berücksichtigt werden.
Sie fragen zu Recht: Was macht die SPD? Was schlägt sie vor? Wie gesagt, unser Änderungsantrag liegt vor. Uns geht es darum, dass Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit als beitragsgeminderte Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung gewertet werden. Dieses Ziel – bessere Bewertung von Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit – muss im Vordergrund stehen. Um dem Problem der Altersarmut zu begegnen, sollten wir ein System einführen, mit dem über Entgeltpunkte ein Ausgleich für Zeiten geringer oder fehlender Beitragszahlung geschaffen wird. Der Umstand, dass jemand Arbeitslosenhilfe oder Grundsicherung bezogen hat, darf nicht dazu führen, dass die Rentenansprüche so gering sind, wie das heute teilweise der Fall ist. Um unser Ziel zu erreichen, versuchen wir, an der einen oder anderen Stelle nachzujustieren.
Man könnte unsere Aufgabe wie folgt zusammenfassen: Wir als Politik müssen – auch aus dem Sächsischen Landtag heraus – den Menschen dringend verdeutlichen, was Bundesregierung und Landesregierung planen. Viele der geplanten Maßnahmen werden flankierend dazu beitragen, dass die Altersarmut steigt. Es ist sehr wichtig, dass wir im Bereich von Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik im Kern etwas tun. Wir sind dem Leitbild verpflichtet – das ist jedenfalls unsere Auffassung –, dass vor allem gute Arbeit sinnvoll ist und dass diese unterstützt werden muss. Mit guter Arbeit zu vernünftigen Löhnen und vernünftigen Bedingungen kann man Altersarmut begegnen.
Wir müssen die Beschäftigung erhöhen – das sollte uns alle interessieren –, damit wir die Arbeitslosigkeit bekämpfen können. Wir müssen insbesondere sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in diesem Land fördern und dürfen nicht irgendwelche Erosionen im Sinne von geringfügiger Beschäftigung, Scheinselbstständigkeit etc. zulassen, die dazu führen, dass Menschen keine Rentenanwartschaften erwerben können.
Die Löhne und die Gehälter in diesem Land sind an die Produktivitätsentwicklung anzupassen. Das Bruttosozialprodukt muss berücksichtigt werden. Der Motor springt wieder an. Wir erhalten von allen Wirtschaftsweisen die Information, dass die Talsohle durchschritten ist und der wirtschaftliche Aufschwung wieder einsetzt. Vor allem die Tarifpartner haben in den vergangenen Jahren ihren Teil an Verzicht geleistet, um aus der Krise herauszukommen. Angesichts all dessen ist es jetzt an der Zeit, dass die Löhne und Gehälter wieder steigen.
Es kommt hinzu – das sage ich von dieser und auch von anderer Stelle aus –: Wir brauchen einen gesetzlichen Mindestlohn als unterste Grenze, damit die Menschen von ihrer Arbeit auch leben können. Auch das ist ein Beitrag zur Bekämpfung von Altersarmut.
Vielen Dank, Herr Brangs. – Für die Fraktion der FDP ist Frau Abg. Schütz gemeldet. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion wird in der heutigen Aussprache schon weiter geführt, als der Antrag eigentlich lautet. Ich werde versuchen, dies in meinem Redebeitrag mit zu berücksichtigen.
Zum Antrag der Linksfraktion: Statt sich Gedanken zu machen, wie die Menschen wieder in Arbeit kommen, um selbst für ihre Rente zu sorgen, wird in dem vorliegenden Antrag die Verdopplung der monatlichen Beiträge verlangt, mindestens 80 Euro für jeden Langzeitarbeitslosen. Das ist Ihre Intention. Haben Sie sich eigentlich schon einmal Gedanken gemacht, was Sie den arbeitenden Menschen damit sagen? Das Geld, das der Staat ausgeben soll, müssen die arbeitenden Menschen Tag für Tag selbst verdienen und ihre Rente selbst ansparen.
Die Verdopplung des monatlichen Beitrages – was den Steuerzahler 1,8 Milliarden Euro zusätzlich kosten würde – sollen die Arbeitenden noch zusätzlich erwirtschaften. Nein, das nenne ich respektlos und eine Beleidigung für die berufstätige Mitte.
Sehr geehrte Damen und Herren! Das deutsche Rentenversicherungssystem beruht auf einem wesentlichen Grundsatz: Die Höhe der individuellen Rente richtet sich danach, was im Arbeitsleben eingezahlt wurde. Aber offenbar scheint Ihnen von der Linksfraktion dieses Prinzip fremd, denn mit diesem Antrag würden Sie anscheinend dieses System aushebeln.
Der vorliegende Antrag ist unserer Meinung nach reine Augenwischerei, denn die heute sehr geringen Beiträge von 40 Euro pro Monat führen bei einem Jahr ALG-IIBezug zu einem monatlichen Rentenanspruch von 2,09 Euro. Dieser Beitrag, der im Übrigen unter Mitregierung der SPD, Herr Brangs, bereits 2006 von 78 Euro auf
40 Euro halbiert wurde, reicht zudem bei Weitem nicht aus, um Rentenanwartschaften in nennenswertem Umfang aufzubauen. Damit bin ich eigentlich schon beim Änderungsantrag.
Herr Brangs, schade, dass Ihnen als SPD dieser Änderungsantrag nicht bereits 2006 eingefallen ist, als Sie diese Veränderung selbst in der Bundesregierung mit herbeigeführt haben. Allerdings ist das, was Sie jetzt vorschlagen – –
Mit Ihrem Änderungsantrag diese Problematik in die zukünftige Generation zu verlagern, halte ich an dieser Stelle für sehr schwierig, gerade in der augenblicklichen Situation. Nach unserer Auffassung entspricht es nicht der Aufgabe eines Fürsorgesystems, für eine mögliche Hilfebedürftigkeit bereits im Voraus Leistungen zu erbringen, obwohl die Hilfebedürftigkeit im Rentenalter vielleicht nicht eintritt. Wir gehen davon aus, dass Arbeitslosigkeit keine Dauereinrichtung ist. Wir als FDP stehen für einen flexiblen Renteneintritt, nämlich dann, wenn es die Arbeitsleistung ermöglicht hat, den Lebensabend damit zu bestreiten. Wenn wir vom lebenslangen Lernen reden, müssen wir sicherlich auch in die Richtung eines lebenslangen Mit-Arbeitens denken dürfen. Selbst wenn Hilfebedürftigkeit im Alter eintritt und die Rentenbeiträge zu einer leicht erhöhten Rente führen würden, so wie es der Antrag vorschlägt, so wird dies selbstverständlich auch wieder auf die Grundsicherung angerechnet. Im Ergebnis steht dem Hilfebedürftigen eigentlich immer eine gleiche hohe Leistung zur Verfügung.
Sie haben das Thema Grundsicherung und Kommune angesprochen. Dem Thema dürfen wir uns nicht verschließen, ganz klar; so wie wir die Probleme nicht auf die künftigen Generationen verlagern dürfen, müssen wir auch aufpassen, dass wir es nicht einfach wegdelegieren. Es hat ja auch schon in der Antwort der Staatsregierung gestanden, dass man sich um eine Gesamtlösung von Bundesseite aus gemeinsam mit den Ländern bemühen würde. Aber Sie werden mir sicherlich zustimmen, es gibt zurzeit kein fertiges Modell, um dieser Problematik zu begegnen. Hier müssen wir alle gemeinsam Anstrengungen unternehmen.