Protokoll der Sitzung vom 29.09.2010

Das heißt, dass die Reform in den nächsten beiden Haushaltsjahren nicht greift?

Ich spreche davon, dass wir derzeit eine Reform vorbereiten – sowohl in der Aufgabenkritik als Grundlage für eine entsprechende Organisationsstruktur als auch eine daraus resultierende Struktur der Dienststellen. Dies ist zum jetzigen Zeitpunkt, unbenommen der Diskussion zum Doppelhaushalt, unabhängig führbar.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Hartmann, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Frau Jähnigen, bitte schön.

Herr Kollege, die kw-Stellen stehen schon für den gesamten Personalabbau im Haushalt. Welchen Spielraum sehen Sie für eine dem nachfolgende echte Reform, wenn die kw-Stellen mit beschlossen werden?

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Als Erstes bin ich der Überzeugung, dass wir bei der Personalstruktur – wenn Sie mir die Chance geben, danach weiter zu sprechen, werde ich dazu auch noch etwas sagen – durchaus noch einen Spielraum haben, der auf den Doppelhaushalt 2011/2012 keine Auswirkungen haben wird. Insoweit ist das, was jetzt zum Haushalt zu beraten ist, für mich beratungsfähig.

Gestatten Sie noch eine Nachfrage?

Ja, natürlich.

Die kw-Stellen stehen doch für die gesamte Zeit für 2020 im Haushalt. Die sollen doch jetzt beschlossen werden, oder wollen Sie das ändern?

(Beifall bei den GRÜNEN und Linksfraktion)

Ich und auch die Koalition sind zum jetzigen Zeitpunkt der Auffassung, dass wir mit Blick auf das, was ich noch sagen werde, auf dem richtigen Weg sind. Deswegen ist dieser kw-Vermerk auch belegbar. Unbenommen davon ist – um Ihre Frage zu beantworten –, wenn wir im Rahmen der aufgabenkritischen Bewertung und der Strukturbewertung dann zu einem anderen Ergebnis kommen, wovon wir nicht überzeugt sind, dass wir die Korrektur von kw-Stellen jederzeit als mögliche Handlungsoption für zukünftige Haushalte haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es gibt noch eine weitere Frage von Herrn Bandmann. Gestatten Sie diese Frage?

Herr Bandmann, bitte.

Herr Kollege Hartmann, stimmen Sie mit mir darin überein, dass auch dem Kollegen Bartl von der Linksfraktion bekannt sein müsste, dass mit dem Haushalt auch die mittelfristige Finanzplanung überreicht worden ist und dass in dieser mittelfristigen Finanzplanung und damit auch Stellenplanung für die Polizei abzulesen ist, dass der befürchtete und propagierte Stellenabbau wesentlich geringer ausfällt als bisher angenommen und dass insbesondere auch der Neuaufwuchs sächsischer Polizei wesentlich höher ist als bisher angenommen? Er beträgt nämlich 300 Personen pro Jahr für die nächsten zehn Jahre.

Ich kann Ihre Aussage insofern bestätigen, als Herrn Bartl der Haushalt zugestellt worden ist

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und Zurufe)

und wir in der Tat, so wie schon dargestellt, 300 Neueinstellungen pro Jahr bis 2019 bzw. 2022 abgebildet haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Zur Personalstruktur und Personalentwicklung. Die Ausgangslage: 2006 wurde der Wegfall von 2 741 Stellen beschlossen. Dieser Stellenabbau wurde zugunsten der Neueinstellung von jährlich 300 Polizeianwärterinnen und Polizeianwärtern bis 2022 – bis auf das Jahr 2019 – gestreckt. Bis zum Jahr 2022 werden nochmals 800 Stellen wegfallen.

Wie ist der Vergleichsstand zu den Flächenländern West? Das Ist in Sachsen beträgt derzeit 1 : 359, also ein Polizist auf 359 Einwohner. Im Jahr 2022 werden es 404 Einwohner pro Polizist sein. Der durchschnittliche Ansatz der westlichen Bundesländer beträgt heute ein Polizist auf 433 Einwohner und wird voraussichtlich im Jahr 2022 bei einem Polizisten auf 427 Einwohner liegen. Damit wird Sachsen auch im Jahr 2022 über dem Durchschnitt der westlichen Flächenländer liegen.

(Jürgen Gansel, NPD, steht am Mikrofon.)

Herr Hartmann, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Herr Gansel, bitte.

Herr Kollege Hartmann, stimmen Sie mir zu, dass es im Hinblick auf die Sicherheitslage einen leichten Unterschied macht, ob der Freistaat Sachsen an die Länder Polen und Tschechien grenzt oder ob die nordrhein-westfälische Landesgrenze an die Niederlande grenzt? Macht das aus Ihrer Sicht vielleicht für die

Sicherheitslage einen Unterschied? Inwiefern könnte das Auswirkungen auf einen höheren Polizistenbedarf in Sachsen haben?

(Volker Bandmann, CDU: Die Frage kommt mir spanisch vor!)

Dann haben Sie im Geografieunterricht nicht aufgepasst!

Ich weiß jetzt nicht, was die Geografie mit einem unterstellten besonderen Kriminalitätsschwerpunkt der polnischen und tschechischen Nachbarn zu tun hat, aber um Ihre Frage zu beantworten: Ich glaube schon, dass die sächsische Polizeistruktur anders zu bewerten ist als die in jedem anderen Bundesland. Ich denke aber, dass es bei der Aufgabenerfüllung grundsätzlich eine Vergleichbarkeit gibt. Insoweit betrachte ich Benchmarks nicht als Dogma, sondern als Anhalt für eine vernünftige Diskussion.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zu den Ergebnissen und Auswirkungen der Strukturreform, also dem Themenkomplex 3. Strukturveränderungen führen immer zu Unruhe und persönlichen Befürchtungen bei den Betroffenen. Wir haben dabei die Aufgabe, diese Sorgen nicht unnötig zu steigern. Derzeit läuft im Rahmen des Projektes „Polizei Sachsen 2020“ eine umfassende Strukturanalyse, also Aufgaben- und Strukturanalyse.

Das Strukturkonzept wird nach Abschluss der Analyse als Grob- und in der Folge als Feinkonzept durch die Staatsregierung vorgestellt. Danach werden wir ausreichend Zeit für eine inhaltliche Diskussion zu diesem Thema haben. Derzeit treiben wir hier eine Sau nach der anderen durchs Dorf. Mal hört man von der Abschaffung der Polizeidirektionen und der Schließung von Revieren, dann hört man von der Abschaffung des Präsidiums der Bereitschaftspolizei und der Schließung von Abteilungen – jeden Tag eine neue Hiobsbotschaft, und man muss feststellen: Bis jetzt liegt das Konzept noch nicht einmal vor.

(Andreas Storr, NPD: Aber das Ziel des Personalabbaus!)

Lassen Sie uns diese Diskussionen auf der Grundlage der aufgabenkritischen Bewertung und eines Strukturkonzepts führen. Dann wären wir auch berechtigt, Schwerpunkte zu diskutieren. Populistische Betroffenheitsbekundungen ohne fachliche Bewertung helfen niemandem weiter.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Hartmann, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ich gestatte.

Herr Lichdi, bitte.

Ich erinnere mich, dass wir in diesem Haus seit 2004 über dieses Thema schon sehr oft gestritten haben. Ich erinnere mich auch, dass die damalige Koalition zwischen CDU und SPD einen entsprechenden Antrag – –

Herr Lichdi, Sie müssen Ihre Frage stellen!

Ja, Herr Präsident, es ist mir doch gestattet, die Frage einzuleiten.

(Zurufe von der CDU: Eine Frage!)

Ich frage mich: Warum liegt bis heute dieses Konzept – –

(Zurufe von der CDU: Nicht sich fragen, sondern eine Frage stellen!)

Herr Kollege Hartmann, können Sie mir sagen, warum dieses Aufgabenkritikkonzept, das in diesem Haus beschlossen wurde, bis heute nicht vorliegt und warum Sie jetzt auf ein weiteres Aufgabenkritikkonzept verweisen, das uns im Grunde nur ein weiteres Versprechen in die Hand gibt, das hier schon oft gehalten, aber auch oft gebrochen wurde?