Protokoll der Sitzung vom 30.09.2010

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Inhaltlich sind uns folgende Ziele wichtig:

1. Angemessene Nutzung der Braunkohle und der erneuerbaren Energien Wind, Solar, Biomasse und die Weiterentwicklung auf diesen Gebieten;

2. Stärkung der Energieforschung. Die TU-Bergakademie Freiberg ist da ein Beispiel mit Blick auch hier auf die Industriepolitik.

3. Sicherung der schnellen Umsetzung von Innovation in diesem Bereich;

4. Stärkung des Wettbewerbs am Energiemarkt auch bei Netzinfrastrukturen und auch mit Berücksichtigung des demografischen Wandels und

5. möglichst Unabhängigkeit von Energieimporten.

Sehr verehrte Damen und Herren! Energie – wie die tägliche Ernährung ist sie ein Grundstein für unsere entwickelte Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft. Mit Augenmaß wollen wir diese Grundlage unseres Lebens, unseres Miteinanders in einem freiheitlichen Mitteleuropa weiterentwickeln.

Herr von Breitenbuch, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Bitte, Herr Kollege Lichdi.

Vielen Dank, Herr Kollege. Da Sie gerade das Thema der Versorgungssicherheit nach dem Atomkonzept der Bundesregierung angesprochen haben: Ist Ihnen bekannt, dass nach dem Atomkonzept, das Sie jetzt hier offensichtlich vertreten, im Jahr 2050 ein Drittel des Strombedarfs Deutschlands importiert werden muss? Ist Ihnen bekannt, dass das Konzept dies so vorsieht?

Das ist mir bekannt. Aber Sie haben ja auch einen Beitrag dazu geleistet, dass es ganz toll und entscheidend ist, dass es so sein soll; denn Sie unterstützen ja gerade in Ihrer Partei, dass der Atomstrom über die Grenze kommt und dass sich unsere Atommeiler nicht weiterentwickeln können.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir fordern die Staatsregierung auf, ein Industrieprogramm bis zum Jahresende vorzulegen. Eine feste Ergänzung dazu ist die Berücksichtigung des Klimawandels und mit dem entsprechenden Klimaprogramm angehängt. Nur in diesem Verbund wollen wir es entwickeln. Ich freue mich auf die weitere Debatte.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war für die CDUFraktion Herr von Breitenbuch. – Als nächste nimmt die miteinbringende Fraktion der FDP das Wort. Bitte, Herr Kollege Hauschild.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Energieversorgung hat für uns drei gleichgewichtige Ziele: die Wirtschaftlichkeit, die Versorgungssicherheit und die Umweltverträglichkeit. Eines vorweg: Ja, der Ausbau der erneuerbaren Energien ist für uns ein ganz wichtiger Punkt. Das haben wir schon immer gesagt. Die Frage der Kosten ist allerdings auch ein ganz wichtiger Punkt – auch das haben wir schon immer gesagt –, und die Kosten wird am

Ende der Endverbraucher tragen. Deswegen haben wir ihn gerade im Blick.

Die erneuerbaren Energien treiben die Stromkosten auch für die privaten Abnehmer immer höher. Die EEGUmlage kostet den Durchschnittsverbraucher in diesem Jahr circa 85 Euro, im nächsten Jahr werden es bereits 145 Euro sein, und mit weiteren massiv steigenden Stromkosten ist zu rechnen.

Die deutschen Unternehmen sind bereits sehr energieeffizient aufgestellt. Sie sind auch von sich aus schon bestrebt, diese Energieeffizienz weiter auszubauen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Steuern, Abgaben und Umlagen für die extrem energieintensiven Unternehmen nicht erhöht werden. Eine Kostenexplosion – nehmen wir die städtischen Unternehmen dieses Bereiches – ist gravierend für die Wettbewerbsfähigkeit auch gerade für den sächsischen Standort.

Die Industriestrompreise sind im Verhältnis zu anderen Ländern in Deutschland bereits extrem hoch. So zahlt man in Deutschland sogar 85 Euro pro Megawattstunde, in Frankreich nur 53 Euro. Bezahlbarer Strom ist wirklich entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Wirtschaft.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die erneuerbaren Energien reichen derzeit nicht aus, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Sie sind auch nicht in der Lage, eine notwendige Grundlast abzusichern. Die Energiespeicher sind noch nicht kraftvoll genug. Die Stromnetze müssen für die erneuerbaren Energien noch weiter ausgebaut werden.

Wir alle freuen uns beispielsweise über OffshoreWindanlagen auf der Nordsee. Wir selbst wollen aber – das richtet sich gerade an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN – das Kabel, welches den Strom nach Mittel- und Süddeutschland zu den Unternehmen bringt, nicht in der Nähe unserer Haustür haben. Auch hier gilt: Wer A sagt, muss auch B sagen.

Nun komme ich zur Umweltverträglichkeit: Die Umweltverträglichkeit braucht einen sinnvollen Energiemix. Die Kernkraft kann helfen, die ambitionierten Klimaschutzziele wirklich zu erreichen. Eine Weiterentwicklung der fossilen Energieträger darf nicht vernachlässigt werden. Die notwendige Modernisierung ist aus ökologischer und ökonomischer Sicht immer sinnvoll. Allerdings geschieht dies nur, wenn die Unternehmen auch wissen, dass sich ihre Investitionen rentieren, weil sie zukunftssicher sind.

Die sächsischen Kohlekraftwerke sind sauberer als viele Kraftwerke in anderen Ländern. Es ist mir lieber, dass ich den Strom aus sauberen heimischen Kraftwerken statt aus ökologisch fragwürdigen Kraftwerken aus dem Ausland bekomme.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Grundsätzlich befürworten wir, dass die Bundesregierung seit langer Zeit ein integriertes Konzept vorgelegt hat. In den Details muss noch nachgebessert werden. Die Verlän

gerung der Laufzeiten für die Atomkraftwerke ist ein Baustein für die Versorgungssicherheit. Er ist allerdings nicht der einzige Punkt. Die Kohleverstromung ist ein genauso wichtiger Baustein.

Die Atomkraftwerksbetreiber haben die Möglichkeit, große Zusatzgewinne zu erwirtschaften. Das sehen wir auf der einen Seite problematisch. Auf der anderen Seite wäre es für uns wichtig, dass wir eine Regelung schaffen, dass diese Zusatzgewinne zum einen in den erweiterten Ausbau der erneuerbaren Energien einfließen und zum anderen dazu beitragen, dass die Steuern, Abgaben und Umlagen auf die energieintensiven Unternehmen nicht verschärft werden.

Entscheidend für uns ist, welche Energiepreise wir am Ende haben werden, und nicht, wie lange die einzelnen Atomkraftwerke laufen. Die Linie der Bundesregierung ist: mehr Gewinne bei den AKW-Betreibern abzuschöpfen, an der Braunkohleverstromung festzuhalten und keine höheren Steuern für energieintensive Unternehmen zu erlassen. Das können wir voll unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Das war für die miteinbringende Fraktion der FDP der Kollege Hauschild. Nun spricht die Fraktion DIE LINKE. Frau Dr. Runge ergreift das Wort.

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist so wie immer in Sachsen: Die sächsische Politik beginnt – vor allem vonseiten der Staatsregierung und der regierungstragenden Fraktionen – mit der Diskussion, wenn alle Messen gesungen sind. Danach wollen Sie im Detail nachbessern.

Was hier vorliegt, ist ein gravierendes Versagen in der energiepolitischen Debatte innerhalb der Bundesrepublik.

(Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und den GRÜNEN)

Sie von der CDU und Ihr damaliger Ministerpräsident Milbradt haben – ich möchte Sie daran erinnern – eine inhaltliche Debatte zu einer Energiestrategie in Sachsen für ein zukunftsfähiges Energieprogramm in der letzten Legislaturperiode verhindert.

(Alexander Krauß, CDU: Stimmt nicht!)

Sie haben es durch ein Veto verhindert. Wir haben es nach wie vor mit einem völlig veralteten und nicht den gegenwärtigen Bedingungen und Ansprüchen – vor allem den zukünftigen Voraussetzungen – gerecht werdenden Energiekonzept aus dem Jahre 2004 zu tun. Dieses erklärt die Braunkohleverstromung zum Tabu. Dieses Beharrungsvermögen in der sächsischen Regierung macht eine wirkliche Debatte um die Zukunft der Energieversorgung in Sachsen unmöglich.

(Alexander Krauß, CDU: Gute Dinge kann man auch behalten und muss man nicht ändern!)

Ich komme zu den guten Dingen: Wir sehen am Energiekonzept der Bundesregierung, welche guten Dinge Sie hineingebracht haben. Fakt ist eines: Wenn die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke befürwortet wird, soll dieser ausgehandelte Atomvertrag zwischen der Bundesregierung und den vier großen Konzernen bis 2036/2037 die Grundlastversorgung in Deutschland garantieren.

Völlig zu Recht kam die Braunkohleverstromung in dem Energiekonzept der Bundesregierung überhaupt nicht mehr vor. Erst auf einen Änderungsantrag hin und nachdem sich der Herr Tillich und andere ostdeutsche Bundesländer gemeldet haben, wurde darüber gesprochen. Schauen Sie sich die Seiten 19 bis 21 genau an: Wo wurde die Braunkohleverstromung mit CCS-Technologie angesiedelt? Sie wurde unter dem Thema „Kommunale Unternehmen“ angesiedelt.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Man bekommt einen Lachkrampf.

(Allgemeine Heiterkeit – Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Die Stadtwerke haben entsprechend reagiert. Sie sagten zu Recht: Uns fehlen schlicht die Flächen, um die CCSTechnologie jemals in kleineren und flexiblen KWKAnlagen anzuwenden. Die großtechnologische Anwendung von CCS-Technologie in Großkraftwerken kommt in diesem Energiekonzept überhaupt nicht vor. Sie haben völlig versagt.

Im Übrigen wollen wir das natürlich auch nicht. Insofern gibt es in Details Übereinstimmungen.

Eines steht fest: Das gesamte Energiekonzept der Bundesregierung ist um die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke herumgebaut worden. Wir stimmen zum Teil überein. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen sagt: Bis Mitte des Jahrhunderts ist eine Versorgung – zumindest die Stromversorgung – zu 100 % aus erneuerbaren Energien möglich.