Es gibt Zwischenfragen, Herr Staatsminister, von Herrn Kollegen Herbst und von Frau Jähnigen; lassen Sie sie noch zu?
Herr Staatsminister, ich möchte noch einmal an die Thematik des Kollegen Lichdi anknüpfen, die er vorhin aufgeworfen hat: Sind Sie nicht der Meinung, dass beim Thema Arbeitsplätze auch die Produktivität und die technologischen Fortschritte in der Produktion berücksichtigt werden müssen? Das heißt, wenn ich die Braunkohlenproduktion in DDR-Zeiten gegenüber heute vergleiche, den Ausstoß und die eingesetzten Arbeitskräfte, war die Braunkohlenproduktion in der DDR deshalb besser, weil viel mehr Arbeitskräfte eingesetzt wurden?
Ich denke, wir sind uns alle darin einig, dass die Braunkohlenproduktion in der DDR nicht nur wegen mehr Arbeitsplätzen nicht sinnvoll war, sondern sie war deswegen nicht sinnvoll, weil sie einen erheblichen Beitrag zur Umweltverschmutzung geleistet hat
Allerdings – deshalb darf man nicht über das Ziel hinausschießen, wenn man über das Thema Arbeitsplätze und die regenerativen Energien spricht – müssen wir als Freistaat immer auch Industriestandort bleiben. Deswegen bin ich dafür, regenerative Energien auszubauen, und ich habe bereits betont, dass wir im Bereich der regenerativen Energien in der Vergangenheit einen erheblichen Arbeitsplatzzuwachs hatten und in der Zukunft noch haben werden.
Eines muss uns doch auch klar sein: dass wir allein dadurch, dass wir im Freistaat Windräder und Fotovoltaikanlagen haben, unseren Wohlstand nicht werden steigern können. Wir werden auch Industriearbeitsplätze brauchen. Ohne diese Industriearbeitsplätze wird es einen
Deswegen müssen wir, sehr geehrte Damen und Herren, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Entwicklung der regenerativen Energien auf der einen Seite und bezahlbarem Strom für Unternehmen mit hohem Energiebedarf auf der anderen Seite finden.
Herr Minister, stimmen Sie mit mir in Folgendem überein: Eine Studie Ihres Hauses aus dem letzten Jahr hat aufgezeigt, dass in der sächsischen Solarindustrie bei den erneuerbaren Energien über 10 000 Arbeitsplätze entstanden sind, dass diese die Arbeitsplätze in der Braunkohle um mehr als die Hälfte übersteigen und dass die Arbeitsplätze in den erneuerbaren Energien wachsen, in der Braunkohle aber nicht? Stimmen Sie darin mit mir überein?
Sehr geehrte Frau Kollegin, ich habe das überhaupt nicht bestritten; und dass Sie mir diese Frage stellen, zeigt, dass Sie mir nicht zugehört haben, oder vielleicht habe ich es nicht deutlich genug zum Ausdruck gebracht.
Wenn Sie vielleicht einfach ruhig sind, Herr Kollege Lichdi, kann sich Frau Kollegin Jähnigen auf meine Antwort konzentrieren.
Es geht letztendlich darum, dass wir im Bereich der erneuerbaren Energien eine erfolgreiche Entwicklung haben – sowohl im Bereich der Arbeitsplätze als auch im Bereich der Technologie, die für unseren Standort sehr wichtig ist.
Was ich deutlich zu machen versucht habe, ist, dass wir diese Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien, die wir haben und weiterentwickeln wollen, ins Verhältnis setzen müssen zu den Arbeitsplätzen, die durch hohe Energiepreise in anderen Industriezweigen verloren zu gehen drohen. Dieser Vergleich führt dazu, wenn Sie sich die Arbeitsplätze im Bereich der Stahlindustrie, im Bereich der Textilindustrie, aber auch im Bereich der Chipindustrie anschauen, dass diese Arbeitsplätze, die bedroht sind, wenn sich die Bundesregierung mit ihren Vorstellungen zum Spitzenausgleich durchsetzen würde, deutlich mehr sind als diejenigen, die im Bereich der regenerativen Energien momentan in Sachsen vorhanden sind. Das heißt, verantwortliche Politik muss beide Effekte berücksichtigen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich wollte noch einmal auf den Leitungsausbau eingehen, auch im Zusammenhang mit dem Bereich der regenerativen Energien. Wir hatten bereits im letzten Jahr und teilweise in diesem Jahr negative Strompreise an der Börse. Diese negativen Strompreise haben ihre Ursache darin, dass bei idealen Bedingungen für regenerative Energien sehr viel erzeugt wird und das Netz nicht in der Lage ist, diesen entsprechenden Strom, die Energie wegzutransportieren. Wenn man sich die Ausbauraten für erneuerbare Energien in Sachsen anschaut, dann werden wir in wenigen Jahren Situationen erleben, in denen allein der regenerativ erzeugte Strom nicht mehr verbraucht bzw. abtransportiert werden kann.
Deswegen ist es so wichtig, wenn wir den erneuerbaren Energien noch stärker zum Durchbruch verhelfen wollen, dass wir die Leitungsnetze entsprechend ausbauen. Dabei kommen wir natürlich auch in einen Konflikt mit den GRÜNEN. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns gemeinsam hier im Parlament über alle Fraktionen hinweg – die GRÜNEN ausdrücklich eingeschlossen – dafür einsetzen könnten, dass die Hochspannungstrasse durch Thüringen endlich gebaut wird, damit wir den Strom, den wir in Sachsen mit erneuerbaren Energien erzeugen, tatsächlich abtransportieren können.
Es ist das Schizophrene, das in der Debatte bereits angesprochen wurde, dass wir Parteien haben, die aus ökologischen Gründen die Erzeugung regenerativer Energien fördern, dann aber genau aus ökologischen Gründen sagen, wir verhindern den Weitertransport dieser regenerativ erzeugten Energien zum Verbraucher. Das ist eine durchaus schizophrene Politik.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass sowohl die sächsischen GRÜNEN als auch die GRÜNEN auf Bundesebene eindeutig zum Netzausbau stehen – was auch die von Ihnen angesprochene Thüringer Trasse einschließt?
Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie sich zukünftig öffentlich für die Hochspannungsfreileitungen in Thüringen einsetzen werden, und ich bedanke mich ausdrücklich, Herr Kollege Lichdi, dass die GRÜNEN die Hochspannungsleitungen durch Thüringen hindurch unterstützen. Das ist ein wichtiger Fortschritt der heutigen Debatte.
(Beifall bei der FDP – Antje Hermenau, GRÜNE: Das ist doch Quatsch! Die GRÜNEN haben das so gefordert! Da wussten Sie überhaupt noch nicht, was eine Hochspannungsleitung ist, Herr Morlok!)
Ich möchte noch einmal auf das Thema Braunkohle eingehen, weil wir im Bereich Braunkohle bereits erhebliche Veränderungen im Energiekonzept der Bundesregierung erreicht haben. Es ist mitnichten so, Frau Kollegin Dr. Runge, dass dies nur im Bereich der kommunalen Energieversorger wäre. Es ist vollkommen richtig: Die spezielle Förderung auch der CCS-Technologie soll den kleinen Unternehmen zugute kommen – insofern haben Sie recht –, aber die Bestandsgarantie für die Braunkohle, auch für die Verstromung, ist für die gesamte Braunkohlenindustrie im Energiekonzept der Bundesregierung abgegeben worden.
Ich zitiere: „Fossile Kraftwerke (Braun- und Steinkohle) sind langfristig von Bedeutung. Durch solche technologischen Erneuerungen und Innovationen wie CCS wollen wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass eine Verstromung fossiler Energieträger, zum Beispiel von heimischer Braunkohle, künftig klimaneutral erfolgen kann.“ – So steht es im Energiekonzept der Bundesregierung. – Lesen bildet!
Ich möchte noch einmal zum Thema CCS sprechen, weil das Thema CCS natürlich schon eine schwierige Diskussion ist, wie wir sie momentan auf Bundesebene führen. Es gibt ja verschiedene Bundesländer – Herr Jurk, Sie haben darauf hingewiesen –, die bei dieser Speicherung von Kohlendioxid nicht mitmachen wollen. Das ist eine Sache, die wir uns in dem föderativen Bundesstaat sehr gut anschauen sollten; denn Dinge, die man typischerweise nur bundesstaatlich regeln kann, weil das CO2 ja auch nicht unterirdisch an Ländergrenzen Halt machen würde, muss man in einem föderativen Staat auch bundesweit regeln, und zwar allgemein verbindlich.
Ich würde es für sehr gefährlich halten, wenn wir bundesweit zu einer Entwicklung kämen, dass durch solche Opting-Out-Klauseln bei jedem Gesetz jedes Bundesland das nehmen kann, was ihm gerade so passt – und das setzen wir um –, und das andere Gesetz, das einem gerade mal nicht so passt, setzen wir nicht um. Ich meine, dass wir uns auch bei der Bundesregierung mit Nachdruck dafür einsetzen müssen, dass in dem entsprechenden Gesetz eine ganz klare Formulierung getroffen wird: Wenn Lagerstätten für CO2 nachgewiesen werden, sollen die einzelnen Länder keine Möglichkeit haben, per Landesentscheidung von der CO2-Einlagerung abzusehen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Staatsregierung kann jederzeit das Wort ergreifen. Ich muss Sie aber darüber informieren, dass die Redezeit von zehn Minuten bereits überschritten ist. Das ist das Erste. Dieser Hinweis soll aber nicht als Begrenzung verstanden werden. Herr Minister, lassen Sie trotzdem eine Zwischenfrage zu?
Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass sich die Staatsregierung im Rahmen der Diskussion mit der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag speziell auch im Energiebereich für die Interessen des Freistaates Sachsen einsetzt und weiterhin einsetzen wird. Ich bedanke mich bei all denen, die uns auf diesem Weg auch im Bundestag unterstützen.
Ich habe Sie über die Redezeitüberschreitung informiert. Sie wissen, was dann nach Geschäftsordnung möglich ist.
(Staatsminister Sven Morlok: Nein, es war keine Redezeitüberschreitung! Ich habe 20 Minuten lang meist auf Fragen geantwortet!)
Die Fraktionen könnten nach Geschäftsordnung zusätzliche Redezeit beantragen. Ich muss das nur noch einmal sagen, weil wir das im Präsidium auch besprochen haben. Aber es gibt anscheinend keinen entsprechenden Antrag.
(Interne Gespräche zwischen Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD – Antje Hermenau, GRÜNE, tritt an das Saalmikrofon.)