Protokoll der Sitzung vom 03.11.2010

Zum Punkt mit dem Unterpunkt II: Der Insiderhandel müsse verboten werden. Er ist verboten. Die Markttrans

parenz wird kontrolliert; selbstverständlich gibt es diese. Ich kann mich dabei letztendlich nur auf das Wirtschaftsministerium beziehen. Sie haben Ihren Antrag relativ flapsig gestellt. Ich würde sagen, wir müssen es letztendlich ähnlich zurückschieben.

Veröffentlichungs- und Informationspflichten sind vorhanden, also, die Struktur ist da. Selbstverständlich muss im laufenden Verfahren ständig kontrolliert werden, ob es ausreicht, ob man nachbessern muss und ob es kreatives Wirtschaften dahin gehend gibt, dass diese Strukturen ausgenutzt werden. Selbstverständlich muss man hinschauen, das heißt aber nicht, dass die Strukturen, die wir bereits haben, in Bausch und Bogen zu verurteilen und umzumodeln sind und damit letztlich der Sache nicht gerecht werden, für die sie entstanden sind.

Noch ein Punkt, der mir wichtig ist. Es kommt bei Ihnen unterschwellig heraus – das ist das, was mich an Ihrem Antrag gestört hat: Sie sind gegen Monopole, Sie sind für mehr staatliche Kontrollinstanzen und damit für Behörden, und Sie haben ein starkes Misstrauen gegen die Märkte. Sie haben Ihre Gründe dafür genannt, aber Ihr Antrag schimmerte doch sehr nach Klientelpolitik. Sie wollen dieses Thema Monopol für die Klientel der LINKEN ansprechen, besetzen, dieses Unwohlsein mit den Preissteigerungen auf Ihre Mühlen laden. Das finden wir nicht angemessen, denn dieses Thema muss sehr sachlich geführt werden. Ihr mündlicher Beitrag ging eher in diese Richtung, als der Antrag letztlich vermuten ließ.

Eines können wir nicht vertragen: Unfrieden zu unterstellen, Misstrauen in unsere staatlichen Instanzen, die natürlich in Bewegung sein müssen in einer sich verändernden Welt, aber doch letztendlich erst einmal funktionieren. Dahinter steht Fachkompetenz. Es arbeiten Menschen mit diesen Kontrollsystemen. Diesbezüglich Misstrauen ins Land zu bringen, können wir nicht mittragen. Das sind Verunsicherungen, die Sie ins Spiel bringen. Gerade die Zahlen, dass sich die Strompreise für die Haushalte vervierfacht haben, sind völlig übertrieben. Es ist das 1,3-fache innerhalb von zehn Jahren von 1998 bis 2008.

(Zuruf der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

Das gab mir jetzt den Unterton, den wir nicht wollen. Wir müssen den Realitäten ins Auge sehen. Das ist wahrhaftige Politik. Wir müssen unsere Politik davon ableiten. Aber wir können jetzt keine Feindbilder, Gespinste und Verschwörungstheorien in die Welt setzen und daran Politik gestalten. Das geht nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war Herr von Breitenbuch für die CDU-Fraktion. – Ich rufe für die Fraktion der SPD den Abg. Jurk auf. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE setzt sich mit den Monopolpreisen bei Strom und Gas auseinander und verlangt zusätzliche staatliche Kontrollen. Bevor ich auf den Antrag näher eingehe, will ich zunächst darauf hinweisen, dass es immer wieder ein populäres Thema ist, wenn bekannt wird, dass Strom- und Gasversorger planen, an der Preisschraube zu drehen. Man muss sich aber sehr genau anschauen, welche Elemente zur Preisbildung bei Strom und Gas beitragen.

Beim Strom ist es so, dass es drei Kernbestandteile gibt. Das eine ist die Erzeugung, das andere ist die Netznutzung und das Dritte sind Steuern, Abgaben und Umlagen. Beim Gaspreis ist es noch etwas komplizierter, weil wir Gas in Deutschland nicht selbst produzieren, sondern es wird im Ausland produziert, zum Beispiel gehandelt durch die VNG, aber produziert in Norwegen und in Russland. Das heißt auch, dass die Lieferkette vom Produzenten über den Importeur, vom lokalen Versorger bis zum Kunden etwas länger ist.

Es ist in der jetzigen Situation bemerkenswert, dass von den 704 Grundversorgern in Deutschland über 240 Gasversorger planen, ihre Preise zu erhöhen. Jetzt stocke ich etwas und sage: Erstaunlich ist, dass im selben Zug in diesem Jahrhundert 144 Gasversorger ihre Preise gesenkt haben. Ich finde, das ist ein interessantes Phänomen, was sich hier abzeichnet.

Aber nun zur Geschichte mit dem Strom. Bei der Erzeugung müssen wir schauen, dass es keine Monopolbildung gibt. Wir haben nach wie vor bei den Erzeugern das Oligopol von vier großen Unternehmen. Deshalb ist es wichtig, mit der Schaffung von mehr Transparenzen – dazu kann die jetzt geplante Markttransparenzstelle beim Bundeskartellamt beitragen – dafür zu sorgen, dass keine marktbeherrschende Stellung entsteht.

Es ist eines von vielen Elementen. Ich selbst habe in meiner Zeit als Wirtschaftsminister versucht, Einfluss zu nehmen, dass der gesetzliche Rahmen, insbesondere über die Frage der Strompreisbildung an der Strombörse, verbessert wird. Ich muss aber auch sagen, dass ich mich nicht denjenigen anschließen will, die über die Strombörse in Leipzig herfallen. Ich habe in meinem Haus die Überwachung gehabt. Wir haben gemeinsam mit der BaFin entsprechende Kontrollen durchgeführt, und es konnte nicht nachgewiesen werden, dass Manipulationen stattfinden, auch wenn dies immer wieder behauptet wurde. Nichtsdestotrotz – und da steckte der Hase im Pfeffer – ist es ganz entscheidend, insbesondere beim Spotmarkt Kenntnis über aktuelle Strommengen und aktuelle Verbräuche zu haben, und da sind die Großen halt im Vorteil.

Deshalb sage ich sehr klar: Selbst wenn Insiderhandel verboten ist, schließen wir nicht aus, dass Wissensvorsprung genutzt wird und dass damit die Preisbildung beeinflusst wird. – Das so weit zum Thema Erzeugung.

Herr Minister, ich hoffe sehr – da die Mitarbeiter in Ihrem Haus noch dieselben sind –, dass die Aktivitäten, die ich insbesondere über den Bundesrat – übrigens leider mit wenig Unterstützung der Bundesregierung – gemacht habe, insbesondere was die Herstellung von Transparenz betrifft, weiterhin über den Bundesrat fortzusetzen versucht wird.

Der zweite Punkt, die Netznutzung. Ich denke, hier hat die Einführung der Landesregulierungsbehörde genauso wie auf Bundesebene die Bundesnetzagentur dazu beigetragen, dass der Anteil der Kosten, der durch die Netznutzung beim Strompreis entsteht, durch die Regulierungsmaßnahmen erheblich zurückgegangen ist. Ich denke, das ist ein echter Erfolg. Hier hat sich gezeigt, dass Regulierung im positiven Sinne auch dazu führt, dass Preise sinken und gleichzeitig Wettbewerb hergestellt wird.

Zu Steuern, Abgaben und Umlagen will ich nur so viel sagen: Es ist richtig, dass durch die EEG-Umlage der Strompreis im nächsten Jahr von derzeit 2 Cent auf circa 3,5 Cent steigen wird. Wer sich allerdings mit Studien, zum Beispiel des Wuppertal-Instituts, auseinandersetzt, wird feststellen, dass Wind- und Sonnenenergie durchaus preisbremsende Wirkung haben, weil nämlich immer das letzte Kraftwerk, das aktuell am Spotmarkt verfügbar ist, den Preis bestimmt. Ich will an dieser Stelle nur darauf aufmerksam machen, um hier nicht wieder ständig Argumente gegen die Solar- und Windenergie ins Feld geführt zu bekommen.

Frau Dr. Runge, ich will noch darauf hinweisen – wir haben es vorher schon kurz diskutiert: Wir haben uns in Sachsen mit der Energierechtsnovelle ganz bewusst dafür entschieden, dass wir eine eigene Landesregulierungsbehörde für Strom und Gas eingerichtet haben, und zwar für Unternehmen mit bis zu 100 000 Kunden und die Unternehmen, die im Freistaat Sachsen ihre Netze betreiben. Das haben wir aus gutem Grund gemacht, um vor Ort aktiv werden zu können. Wir haben nicht den Weg der anderen Länder gewählt – das ist aber auch die Minderheit der deutschen Bundesländer –, die diese Aufgabe über die Organleihe an die Bundesnetzagentur übertragen haben.

Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass dieser Punkt in Ihrer Begründung falsch formuliert ist. Mich wundert es allerdings auch, Herr Staatsminister Morlok, dass Sie dieses Argument nicht entkräftet haben. Aus meiner Kenntnis – ich weiß nicht, was Sie aus dem entsprechenden Referat an Zuarbeiten bekommen haben – finde ich, fällt die Antwort sehr knapp aus. Aber das nur am Rande bemerkt.

Für mich ist es noch wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir die Möglichkeiten des Kartellrechts ausnutzen sollten. Sie haben das gerade bei den privaten Wasserversorgern gemacht. Für mich wäre es schon wichtig zu erfahren, ob Sie aktuell Preise untersuchen. Dabei geht es speziell um Gasversorger, dabei geht es mir aber auch um die Stromversorger. Wir haben es in der Vergangenheit immer so gemacht, dass wir sie vorher nicht informiert haben.

Deshalb verstehe ich es, dass man das nicht in die Antwort auf einen Antrag schreibt, aber durchaus diese Möglichkeiten der Preiskontrolle zweimal im Jahr vorsieht. Diesbezüglich hätte mich interessiert, ob Sie das tun und mit welchen Ergebnissen dies getan wird.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Vielen Dank, Herr Jurk. – Nun für die FDP-Fraktion Herr Abg. Hauschild.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Runge, der Antrag war teilweise doch sehr verwirrend; und so, wie Sie den Antrag eingebracht haben, hat sich das in meinen Augen nicht wirklich aufgeklärt. Ich versuche, trotzdem das, was sachlich drinsteht, zu analysieren und zu beantworten.

Halloween ist zwar gerade vorbei, aber DIE LINKE – in Ihrer Person, Frau Dr. Runge – scheint vorzuhaben, die sächsischen Bürger noch einmal in gruselige Stimmung zu versetzen.

(Mario Pecher, SPD: Sachlich!)

Da wird in den schauerlichsten Farben das Gespenst vom bösen Energiekartell an die Wand gemalt und lauthals von Vater Staat die erzieherische Prügelstrafe und wohltuender Hausarrest gefordert. Der vorliegende Antrag möchte vom Wirtschaftsministerium, dass die Landeskartellbehörde gegen Preissteigerungen bei Strom und Gas in Marsch gesetzt wird. Sie soll Ermittlungen zur Preishöhenkontrolle aufnehmen und bei Anfangsverdacht sofort ein Missbrauchsverfahren einleiten.

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE: Das ist Ihre Auffassung!)

Wer die Presse aufmerksam verfolgt hat, weiß, dass das sächsische Wirtschaftministerium bei den Energiepreisen nicht untätig ist. Staatsminister Morlok hat zu Recht im Februar dieses Jahres Rückzahlungen bei den Stromdurchleitungsentgelten einiger sächsischer Netzbetreiber gefordert. Hier kommen die entsprechenden Stellen ihren Pflichten nach, auch ohne dass es einer besonderen Zurechtweisung durch die Fraktion auf der linken Seite bedarf.

Ich bin der Meinung, Ihnen geht es gar nicht um die gerechtfertigten Preise oder die sächsischen Verbraucher. Sie versuchen, hier ein Klima des Misstrauens aufzubauen nach dem Motto „Die armen Verbraucher auf der einen Seite und die bösen, kapitalistischen Energieunternehmen auf der anderen Seite, die Arm in Arm mit der Bundesnetzagentur feixend dem Bürger das Geld aus der Tasche ziehen“.

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE: Ja, das ist so!)

Das beweist auch Ihre Forderung nach der Organleihe, mit der Sie die Aufgaben der Bundesnetzagentur auf die Landesbehörden übertragen wollen. Sehen wir einmal von dem höheren Personalaufwand ab, den Sachsen damit

hätte, ist die berechtigte Frage, was sich dadurch ändern würde: nichts, absolut nichts.

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE: Aha, ist ja interessant!)

Die Bundesnetzagentur prüft bereits jetzt die sächsischen Firmen in ihrem Zuständigkeitsbereich – das wurde schon gesagt – ab 100 000 Abnehmern, genau wie es die Landesbehörden bei den kleineren Stadtwerken machen. Hinzu kommt, dass Ihr Antrag über Wunschdenken leider nicht hinauskommt.

Richtig ist, dass Organleihen schon in einigen Bundesländern mit der Bundesnetzagentur durchgeführt werden, aber in die andere Richtung. Nicht die Landesbehörden übernehmen die Aufgaben des Bundes, sondern die Bundesnetzagentur übernimmt die Landesaufgaben. Das ist für kleinere Stadtstaaten sinnvoll, in denen die meisten Anbieter sowieso über die Landesgrenze hinaus agieren. In einem Flächenland wie Sachsen mit vielen gut funktionierenden und unabhängig arbeitenden Stadtwerken ist das unsinnig. Lassen wir den Schuster bei seinem Leisten und die Konzerne und großen Anbieter bei der Bundesnetzagentur.

Zu Ihrer Forderung nach Einflussnahme auf die Energiebörse Leipzig kann ich nur sagen: doppelt unsinnig. Der Freistaat kann in dem Maße, wie Sie es fordern, gar keinen Einfluss auf den Handel nehmen. Er ist Gesellschafter und kann damit nur auf die gesellschaftlichen Kontrollbefugnisse Einfluss nehmen. Der Rechtsrahmen für den Handel wird auf Bundesebene geregelt. Interessanter ist ja, was Sie an Neuregelungen wollen. Insiderhandel verbieten – das wurde schon gesagt – ist schon geschehen.

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE: Findet trotzdem statt!)

Marktüberwachungsstellen einrichten – es gibt schon eine Handelsüberwachungsstelle, die übrigens nach § 7 des Börsengesetzes gefordert ist, und es soll eine Markttransparenzstelle beim Bundeskartellamt eingerichtet werden.

(Dr. Monika Runge, DIE LINKE: Soll!)

Zu guter Letzt: Informationspflicht nach dem Vorbild skandinavischer Länder – auch das besteht schon längst.

Liebe Kollegen von den LINKEN, liebe Frau Runge, ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die Staatsregierung Ihre Forderungen, soweit nicht völlig abstrus, bereits erledigen konnte. Normalerweise erwartet man solch einen Jubelantrag nicht von der Opposition, aber wir sind ja nicht undankbar. Vielen Dank, dass Sie uns hier die Gelegenheit geben, das anzusprechen: Der Energiemarkt liegt in Sachsen in sicheren Händen, die Staatsregierung und die Landesregulierungsbehörde kommen ihren Pflichten nach

(Oh-Rufe von den LINKEN)

und Ihren Antrag müssen wir leider wegen inhaltlicher Schwäche ablehnen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren, jetzt spricht die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abg. Lichdi, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird diesen Antrag ablehnen. Er meint, etwas Gutes zu tun, aber die Mittel, die Sie, Frau Dr. Runge, hier vorschlagen, sind ungeeignet. Meine Vorredner sind darauf zum großen Teil schon eingegangen. Ich möchte es aus unserer Sicht noch einmal kurz umreißen.

Die Forderung einer Organleihe von Bundesaufgaben an eine Landesregulierungsbehörde ist nach unserer Ansicht mit § 54 des Energiewirtschaftsgesetzes schlicht und ergreifend nicht vereinbar und unzulässig. Wie einige Vorredner ausgeführt haben, ist die Organleihe in umgekehrter Richtung möglich, aber es ist nicht möglich, dass wir Bundesaufgaben übernehmen. Das ist rechtlich unmöglich. Daran, ob es sinnvoll ist, hätte ich große Zweifel. Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist. Es ist auch schon darauf hingewiesen worden, dass die Landesregulierungsbehörde bisher schon für Werke mit bis 100 000 Anschlüssen verantwortlich ist.

Auf das Verbot des Insiderhandels, das Sie im zweiten Teil fordern, wurde auch schon hingewiesen: Er ist verboten. Kollege Jurk hat auf die eigentlichen Probleme hingewiesen. Es ist eben alles andere als einfach, die tatsächlich anzunehmenden, vermachteten Strukturen aufzudecken und dagegen vorzugehen.