Protokoll der Sitzung vom 03.11.2010

Auf das Verbot des Insiderhandels, das Sie im zweiten Teil fordern, wurde auch schon hingewiesen: Er ist verboten. Kollege Jurk hat auf die eigentlichen Probleme hingewiesen. Es ist eben alles andere als einfach, die tatsächlich anzunehmenden, vermachteten Strukturen aufzudecken und dagegen vorzugehen.

Nein, ich denke, wir sind uns darin einig, was eigentlich hilft: dass wir das Oligopol der vier großen Stromkonzerne tatsächlich beenden und uns damit, wie wir das erreichen können, auseinandersetzen sollten. Die Mittel, die Sie hier vorschlagen, sind dazu nicht geeignet.

Die fatale Entscheidung der Bundesregierung ist gerade zwei Wochen her. Lassen Sie mich deshalb noch einmal kurz umreißen – ich denke, darin sind wir uns einig –, was tatsächlich zur Auflösung der Monopolstellung der vier großen Konzerne beitragen könnte. Zunächst müsste die Atomvereinbarung rückgängig gemacht werden; denn jeder, der sich damit unvoreingenommen befasst, weiß, dass die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke die Marktmacht der vier Besatzungsmächte – Entschuldigung –, der vier Stromkonzerne erheblich stärkt.

(Oh-Rufe von der CDU und der FDP)

Jetzt habe ich Sie wenigstens aufgeweckt. Das war mein Ziel; ist doch wunderbar!

(Heiterkeit – Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der Wettbewerb muss und kann nur durch den Ausbau der erneuerbaren Energien gestärkt werden. Wind, Sonne und Biomasse – sie sind dezentral und strukturell gegen das Machtmonopol der vier Stromkonzerne gerichtet. Auch

die Besitzstrukturen der Energienetze müssen sich ändern. Netze sind natürlich immer Monopole und müssen deshalb reguliert werden. Das ist dringend erforderlich. Dazu gibt es bereits Ansätze. Es wurde gesagt: Regulierungsbehörde, Markttransparenzstelle.

Aber der Freistaat Sachsen sollte durchaus seine Kommunen beim Rückkauf kommunaler Netze unterstützen; denn eine Vielzahl der Netzverträge, der Konzessionsverträge laufen in diesen Jahren aus und mit der Übernahme der eigenen Netze könnten die Kommunen die Einbindung neuer Erneuerbare-Energien-Anlagen erleichtern und damit langfristig den Strompreis niedrig halten.

Meine Damen und Herren, ich hatte gehofft, Sie jaulen jetzt wieder auf. Ich sage es Ihnen trotzdem: Wahrscheinlich ist Ihnen, Herr Kollege von Breitenbuch, die Studie des Sachverständigenrates für Umweltfragen nicht bekannt geworden. Ich habe es schon einmal hier angesprochen; vielleicht haben Sie sie mittlerweile gelesen. Sie prognostiziert, dass durch den Ausbau der erneuerbaren Energien die Strompreise sinken und nicht steigen werden, wie Sie es in der Atomvereinbarung ausgemacht haben.

Nein, meine Damen und Herren, in Sachsen sind diese Dinge anzupacken. Der Netzausbau ist auf den tatsächlichen Bedarf der erneuerbaren Energien auszurichten, und alle technischen Möglichkeiten zur optimierten Nutzung der bestehenden Stromnetze sind aufzugreifen. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien – und nur durch diese – entstehen statt der veralteten, zentralen Erzeugungsstrukturen neue, dezentrale Strukturen. Statt Kohlen- und Atomkraftwerke brauchen wir viele kleine Anlagen, die sauberen Strom aus Wind, Sonne und Biomasse liefern. Diese müssen besser und intelligenter miteinander vernetzt werden. Wir sprechen vom notwendigen Ausbau sogenannter intelligenter Netze, der sogenannten Smart Grids, und des europäischen Verbundes, des sogenannten Super Grid. Dies erfordert durchaus – das müssen wir auch sagen – höhere Investitionen im Netzbereich, aber diesen stehen auch ein deutlich höheres Nutzenpotenzial und ein Preissenkungspotenzial, jedenfalls mittelfristig, gegenüber.

Ich habe dies noch einmal ausgeführt, weil uns GRÜNEN von Ihnen, aber auch allgemein bundesweit, gerade von konservativer Seite, vorgeworfen wird, dass wir den Netzausbau blockieren wollen. Das ist nicht richtig. Deshalb habe ich das hier noch einmal ausgeführt. Wir sind für den schnellen Netzausbau, aber im Interesse der erneuerbaren Energien und nicht im Interesse der alten, zentralistischen, atomar-fossilen Strukturen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die NPD-Fraktion spricht Herr Abg. Delle. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider sind die Strom- und

Gaspreise ein immer wiederkehrendes Thema in diesem Landtag, was beweist, dass seit Beginn der Liberalisierung des Energiesektors noch längst keine den sozialen Ansprüchen gerecht werdende Funktionsfähigkeit des Marktes hergestellt wurde. Ich sage ganz bewusst „hergestellt wurde“, denn der Markt allein wird dies ohne verantwortliches Zutun der Politik nicht bewerkstelligen.

Die NPD-Fraktion, meine Damen und Herren, positionierte sich zu diesem Thema schon Mitte 2006, als das Ende der Stromtarifaufsicht durch die Landesregulierungsbehörden beschlossen wurde. Allerdings vernahm man schon damals mit Ausnahme der NPD von keiner Seite wirklich reformwürdige energiepolitische Ansätze, die über wirkungslose Kosmetik hinausgingen. Dies ist bedauerlicherweise auch beim vorliegenden Antrag der Fall.

Meine Damen und Herren! Auf die im Antrag Bezug genommene Bundesnetzagentur entfallen folgende Zuständigkeiten: die Genehmigung der Nutzentgelte für die Durchleitung von Strom und Gas, die Verhinderung bzw. Beseitigung von Hindernissen beim Zugang zu den Energieversorgungsnetzen für Lieferanten und Verbraucher, die Standardisierung von Lieferantenwechselprozessen und die Verbesserung von Netzanschlussbedingungen für neue Kraftwerke. Ausdrücklich nicht in ihre Zuständigkeit fällt eine Überprüfung der Endkundenpreise. Hier liegt es in erster Linie an den Landeskartellbehörden, dahin gehende Einwände zu prüfen.

Den vorliegenden Antrag betreffend weist die Staatsregierung darauf hin, dass die im Antrag festgestellte marktbeherrschende Stellung nur für die überregionalen Erzeuger vorliegt, wofür das Bundeskartellamt zuständig ist.

Aber um zu den grundlegenden Dingen vorzustoßen, lassen Sie uns einen kurzen Blick auf den Strompreis werfen. Dieser teilt sich wie folgt auf: Kosten für Netznutzung 31 %, Kosten für Messung und Abrechnung 4 %, Kosten für den Strombezug und den Vertrieb inklusiv Marge 24 % und staatliche Abgaben und Steuern 41 %.

Die Regulierungsbehörde, meine Damen und Herren, ist für die Genehmigung des Netznutzungsentgeltes und der Kosten für Messung und Abrechnung zuständig. Dies macht für Haushaltskunden circa ein Drittel des Strompreises aus. Das war es dann aber auch. Beim Gaspreis reguliert die Regulierungsbehörde gerade einmal einen Kostenbestandteil, der nur knapp über ein Fünftel des Gaspreises ausmacht, nämlich rund 22 %.

Somit kann hier kaum von einem relevanten Handlungsspielraum gesprochen werden. Vielmehr muss hier der Ansatz über eine Senkung für die Steuern und Abgaben auf Strom und Gas verfolgt werden. 41 % macht dieser Anteil aus, ich sagte es schon. Wenn wir nur 12 Jahre zurückblicken, in das Jahr 1998, dann stellen wir fest, dass der Steuer- und Abgabenanteil damals auf Energie nur bei 24,7 % lag.

Ich möchte noch in der kurz bemessenen Redezeit einen grundlegenden Aspekt anschneiden. Wirkliche Verände

rungen, meine Damen und Herren, würde nur eine wirkliche energiepolitische Strukturreform bewirken. Anstatt weiter auf Atomstrom zu setzen, wie das jetzt wieder der Fall ist, der, wenn man den Blick nicht nur auf die Stromrechnung, sondern auch auf den Bundeshaushalt wirft, uns sehr teuer zu stehen kommt und zudem die marktbeherrschenden Strukturen im Energiesektor verfestigt, muss eine energiepolitische Dezentralisierungsoffensive eingeleitet werden.

Bereits in einer Debatte aus dem Jahr 2006 sprach die NDP-Fraktion in diesem Hause von der Vision, dass die zentralistischen, privatwirtschaftlichen Strukturen mittelfristig zugunsten dezentraler, kommunaler oder genossenschaftlicher Selbstversorgerstrukturen auf ökologischer Basis ersetzt werden.

Mit der Zustimmung zu unserem damaligen Entwurf eines Sächsischen Energievorsorgegesetzes wäre dies eingeleitet worden, und da hätte auch Herr Lichdi, weil er im Prinzip das gleiche fordert, zustimmen können. Das hat er damals auch nicht gemacht.

Zum heute vorliegenden Antrag wird die NPD-Fraktion dem Punkt I.1 zustimmen, sich bei den anderen Antragspunkten enthalten wollen, weshalb ich um punktweise Abstimmung bitte.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Wortmeldungen liegen mir keine mehr vor. Wünscht dennoch ein Abgeordneter das Wort? – Das vermag ich nicht festzustellen. Ich frage die Staatsregierung. – Bitte, aber zuerst Herr von Breitenbuch.

Ich möchte noch ein Wort zu Herrn Lichdi sagen. Dieser ganze Umbau der Netze ist genau das, was uns jetzt volkswirtschaftlich belastet, in unserer Generation dieser Umbau von den alten zentralen Großstrukturen: Masse durch die Leitung von einem zentralen Punkt in die Breite, jetzt in die Flexibilität – das ist das, was jetzt geleistet werden muss.

Dazu noch ein Aspekt. Sie schimpfen die ganze Zeit auf die großen Vier. Sie wollen denen eigentlich auch ihre Renditen wegnehmen. Nur brauchen wir auch irgendjemanden, der mit diesen Renditen dann auch in diese Netze investiert und mithilft, dass das überhaupt gelingen kann; denn dieses Kapitalaufkommen, das wir insgesamt brauchen, muss ja auch irgendwo herkommen.

Da gilt es, die Balance zu halten – wir können gerne auf die alle schimpfen, aber wir müssen auch wissen, welche Kapazitäten da sind und dass irgendjemand auch kapitalmäßig dieses stemmen muss. Insofern Vorsicht an der Bahnsteigkante! Wir müssen da einen guten Mittelweg finden.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr von Breitenbuch. Jetzt habe ich noch einmal eine Erwiderung. Bitte schön, Herr Lichdi.

Eine Kurzintervention. Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Kollege von Breitenbuch, mir kommen fast die Tränen. Ich habe das so in Erinnerung, dass die vier großen Konzerne in den letzten Jahren außerordentlich hohe Gewinne erzielt haben, und zwar aufgrund ihrer Monopolstellung unter anderem dadurch, dass sie die kostenlosen Emissionszertifikate für Treibhausgase auf die Preise draufgeschlagen haben, obwohl sie sie nicht bezahlt haben, und vieles, vieles mehr.

Ich erinnere mich auch, dass die Regulierungsbehörde die Netze nicht so stark in den Entgelten herunterreguliert hat, eben um den Konzernen Kapazitäten zum Ausbau zu überlassen. Angesichts dessen, wie sich die vier Konzerne jetzt bei dieser unsäglichen Atomvereinbarung durchgesetzt haben, kann ich wirklich nicht erkennen, dass denen, ausgerechnet denen jetzt wirklich Geld fehlen würde. Nein, denen fehlt es nicht an Geld, denen fehlt es an politischem Willen, endlich den Weg frei zu machen für die dezentrale und solare Energieversorgung zu 100 % mit erneuerbaren Energien.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das war die Kurzintervention von Herrn Lichdi. – Es gibt noch eine weitere Wortmeldung; Herr Jurk, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr von Breitenbuch, Sie haben an der Stelle ausdrücklich recht. Mich hat es sehr geärgert, dass, auch durch die EU vorangetrieben, die Trennung von Erzeugung und Netzen vorgenommen wurde. Denn Geld verdient man bei der Energieerzeugung. Das wissen wir ja.

Die Netze sind eher von Übel und werden noch dazu reguliert. Das heißt, dort drehe ich an der Effizienzschraube und schaue, dass die Netze möglichst wenig Gewinn abwerfen. Eigentlich müssen ja die großen Konzerne Interesse daran haben, dass ihr Strom zum Kunden kommt. Sie sind auf die Netze angewiesen. Das ist ein Thema, das wir in einer politischen Debatte durchaus noch einmal aufgreifen sollten. Dann kommen wir aber auch ganz schnell zu der Frage, wie die Erlöse abgeschöpft werden, die insbesondere die Atomkonzerne in Zukunft haben werden, und wie diese dann beim Ausbau der Netzinfrastruktur eingesetzt werden können.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank Herr Jurk. – Ich sehe jetzt keine Wortmeldungen mehr. Herr Staatsminister, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Dr. Runge, Sie haben in der Begründung zu Ihrem Antrag, zum Antrag der LINKEN, eine Reihe von politischen Aussagen zur Energiedebatte im Allgemeinen gemacht. Sie, Herr Kollege Jurk, haben gerade noch einmal angesprochen, dass es Sinn machen kann, diese energiepolitische Debatte hier in diesem Hause zu führen.

Das Problem, Frau Dr. Runge, mit dem Antrag der LINKEN ist, dass er aufgrund der hier sehr speziell aufgemachten Forderungen gegenüber der Staatsregierung gänzlich ungeeignet ist, diese allgemeine energiepolitische Debatte zu führen. Wenn ich gewusst hätte, welche Debatte wir hier führen, lieber Kollege Jurk, wäre es für mich besser gewesen, tatsächlich den Punkt I etwas ausführlicher in der Stellungnahme der Staatsregierung – aufgrund des einen oder anderen Missverständnisses, das in diesem Hause zu verschiedenen Dingen aufgekommen ist –, zu behandeln. Ich will jetzt aber versuchen, in meinem Beitrag diese Dinge klarzustellen und mich deshalb mit den einzelnen Punkten, mit den einzelnen Forderungen des Antrages der LINKEN auseinandersetzen.

Wir haben hier unter I.1 das Thema Organleihe. Es geht hier ganz offensichtlich – das ist in der Debatte dargestellt worden – nicht um mögliche Übernahmen von Aufgaben des Bundes im Land, sondern es kann nur darum gehen – anders kann es nicht zu verstehen sein –, Aufgaben, die hier im Lande durch die Landesregulierungsbehörde wahrgenommen werden, auf den Bund zu übertragen. Da gebe ich Ihnen, Herr Kollege Jurk, völlig Recht, dass sich der Freistaat Sachsen aus guten Gründen entschieden hat, die Regulierung selbst in diesem Umfang wahrzunehmen. Das ist bereits angesprochen worden. Unter 100 000 Kunden besteht die Zuständigkeit für die Landesregulierungsbehörde, weil sie den Einfluss vor Ort, die Maßnahmen vor Ort möglich macht. Ich denke, dass das im Interesse der Verbraucher ist. Derzeit werden von der Landesregulierungsbehörde 33 Strom-, 37 Gas- und 15 Objektnetze betreut.

Es ist in der Debatte bereits deutlich geworden, dass die Regulierungsbehörde im Frühjahr dieses Jahres tätig geworden ist und überhöhte Durchleitungsentgelte moniert hat. Wir haben im Bereich der Preiskontrolle, als es durch ein bundesgerichtliches Urteil möglich wurde, die Preiskontrolle auch im Wasserbereich durchzuführen, sofort die Tätigkeit entfaltet. Die entsprechenden Einheiten bei mir im Haus sind voll arbeitsfähig und kommen ihrer Aufgabe nach.

Nochmals zu Punkt I.1: Wir halten es als Staatsregierung nicht für sachgerecht, diese Aufgaben zukünftig von der Bundesnetzagentur wahrnehmen zu lassen. Deswegen lehnen wir die Vereinbarung zur Organleihe ab, weil wir sie für nicht sachgerecht halten.

Zu Punkt 2. Hier geht es um eine andere Thematik. Es geht nicht um die Regulierung, sondern um die Miss