Protokoll der Sitzung vom 14.12.2010

Gibt es weiteren Redebedarf zum Änderungsantrag? – Wenn das nicht der Fall ist, stimmen wir jetzt über diesen ab. Wer dem Änderungsantrag der Linksfraktion die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür wurde der Antrag dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung des Ursprungsantrages, der Drucksache 5/4240. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte. – Stimmenthaltungen? – Eine Reihe von Stimmen dafür, eine größere Anzahl von Stimmenenthaltungen – dennoch wurde der Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 9

Gebührenabzocke an Geldautomaten stoppen

Drucksache 5/2045, Antrag der Fraktion der NPD

Wir verfahren in der bewährten Weise. Es beginnt die NPD, danach CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile nun der NPD-Fraktion, Herrn Delle, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Namhafte deutsche Banken verspekulierten nicht nur Milliarden auf den internationalen Finanzmärkten und wurden für dieses waghalsige Roulette auch noch mit großzügigen Rettungspaketen aus dem Steuersäckel belohnt. Deutsche Banken pumpen nicht nur massenhaft Kredite in die bankrotte Peripherie der europäischen Transferunion und gehörten damit zu den Mitverantwortlichen für das jetzige Euro-Desaster. Nein, die deutschen Kreditinstitute sind nicht nur die Desperados des weltweiten Kasinokapitalismus, sie zocken die Kunden auch hier in Deutschland täglich ab – nämlich an den Geldautomaten, und zwar immer dann, wenn ein Kunde nicht bei einem Automaten seiner Hausbank, sondern einer fremden Bank Geld abhebt.

Im Durchschnitt werden bei diesem „Fremdgehen“ 5,64 Euro an Gebühren fällig, doch viele Institute kassieren die Kunden noch gnadenloser ab. Nur einige Beispiele: Die PSD-Bank Kiel verlangt 6,50 Euro pro Abhebung, die Berliner Volksbank und die Ostsächsische Sparkasse je 7,50 Euro. Unangefochtener Spitzenreiter ist jedoch die Direktbank DKB. Hier kostet jede Abhebung mit der ECKarte sage und schreibe 10 Euro extra.

Automatengebühren sind also ein teurer Spaß für die Kunden und für die Banken ein lohnendes Geschäft. Denn das Abheben kostet die Bank, die den Automaten zur Verfügung stellt, laut einer Studie der FHM-Finanzberatung nur 60 Cent pro Vorgang. Nach einer Schätzung der Unternehmensberatung PaySys bringt die Abzocke an den Geldautomaten den Banken und Sparkassen pro Jahr rund 500 Millionen Euro ein, und das für nichts und wieder nichts.

Wir konnten Anfang dieses Jahres erleben, dass eine Einigung zwischen Privatbanken, Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken anstehe, wonach der Gebührenwucher auf einheitlich 5 Euro pro Abhebung reduziert werden solle, was natürlich aber immer noch viel zu viel ist.

Doch mit der Einigkeit scheint es nach aktuellem Stand vorbei zu sein. Denn auch die von der Politik in ihren Lippenbekenntnissen zwar geforderte, aber eben nicht durchgesetzte einheitliche Lösung wird es so nicht geben. So haben die Privatbanken beschlossen, die Gebühren pro Vorgang auf 1,95 Euro zu senken. Die Sparkassen und die

Genossenschaftsbanken konnten sich jedoch bisher nicht einigen.

Immerhin soll ab 15. Januar 2011 bei Bargeldverfügungen klar und deutlich im Display aller Geldautomaten angezeigt werden, welcher Betrag für die jeweilige Auszahlung fällig wird. Bisher war dem Verbraucher ja nie so richtig genau bekannt, wie viel so eine Abhebung im Endeffekt wirklich kostet. Aber – und das ist der Pferdefuß – auch die Abrechnung ändert sich. Bislang stellten die Banken die jeweiligen Gebühren dem Kreditinstitut des Karteninhabers in Rechnung. Sie wurden dann ganz oder teilweise an den Kunden weitergegeben. Demnächst aber gehen die Kosten für die Bargeldverfügungen an Fremdautomaten komplett zulasten des Verbrauchers. Für Bankkunden heißt das nach wie vor: Man muss sich genau überlegen, wo man Geld abhebt.

Die NPD-Fraktion betrachtet diese neue Regelung als völlig unzureichend und als faulen Kompromiss zulasten der Verbraucher. Da helfen dann auch keine Hinweise auf den Wettbewerb zwischen den Banken oder die Stigmatisierung der Direktbankkunden als Parasiten, die zwar die günstigen Konditionen eines Direktkontos ohne Filialnetz und entsprechende Automaten nutzen, aber sich weigern, gefälligst die horrenden Gebühren für Abhebungen an Fremdautomaten zu zahlen.

Warum auch, frage ich mich und frage ich auch Sie, wenn solche Auszahlungen die Institute nur 60 Cent kosten? Wozu soll man – gemäß der neuen Regelung – bei Privatbanken das Dreifache bezahlen? Wozu dieser Aufschlag um sage und schreibe über 200 %?

Das hat nichts mehr mit einem angemessenen Servicezuschlag zu tun, der natürlich gerechtfertigt ist. Das, meine Damen und Herren, ist nichts anderes als Wucher.

Es ist kein Wunder, dass der Bundesverband der Verbraucherzentrale die neue Regelung als Pyrrhussieg auf dem Rücken der Verbraucher ansieht und entsprechende Vorgaben durch den Gesetzgeber einfordert. Genau dies beabsichtigt unsere Fraktion mit dem Ihnen vorliegenden Antrag, indem sie die Staatsregierung auffordert, sich auf Bundesebene für eine entsprechende gesetzlich fixierte Obergrenze bei den Gebühren an Geldautomaten einzusetzen.

Nach unserem Ermessen hat sich diese Obergrenze ausnahmslos auf alle Kreditinstitute zu erstrecken. Diese Obergrenze, meine Damen und Herren, soll nicht bei 2 Euro, sondern bei maximal 1 Euro liegen. Das bedeutet, dass bei den reinen Kosten von 60 Cent pro Transaktion

immer noch 40 Cent an Servicezuschlag hinzugerechnet werden können. Damit, so meinen wir, können sowohl die Verbraucher als auch die Kreditinstitute gut leben. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zum vorliegenden Antrag.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Mir liegt jetzt ein Redebeitrag vor: Herr Abg. Biesok, FDP-Fraktion. – Sollte ich jemanden übersehen haben, bitte, melden Sie sich.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der NPD-Fraktion ist aus meiner Sicht aus zweierlei Gründen abzulehnen; zum einen aus grundsätzlichen Erwägungen.

Wir leben in einer Marktwirtschaft, und in einer Marktwirtschaft bilden sich Preise durch Angebot und Nachfrage. Deshalb lehnen wir als Liberale grundsätzlich staatliche Preisvorgaben für Dienstleistungen von Banken ab.

(Beifall bei der FDP)

Das Zweite ist – und da wundere ich mich schon sehr, dass ausgerechnet die NPD-Fraktion den Antrag hier einbringt –: Kapitalmarktorientierte Großbanken, wie es sie in Deutschland gibt und die teilweise in ausländischer Hand sind, wie zum Beispiel die HypoVereinsbank, die Italienern gehört, haben sich gerade in Sachsen zum Großteil aus der Fläche zurückgezogen. Sie betreiben Geldautomaten nur noch in Großstädten wie Dresden, Leipzig oder Chemnitz. Wenn Sie in Hohenstein-Ernstthal oder in Dürrröhrsdorf-Dittersbach einen Geldautomaten brauchen, gerade als ältere Menschen, dann sind diese Banken nicht vor Ort.

Die Funktion der Bargeldversorgung in der Fläche für die Bevölkerung haben weitestgehend allein die Raiffeisenbank, die Volksbank und die Sparkasse übernommen. Allein im Jahr 2009 haben an den Sparkassenautomaten deutschlandweit 173 Millionen Auszahlungen stattgefunden. Die meisten Kunden waren auch Kunden der Sparkasse. Deshalb ist es fair und gerecht, dass diese mit ihren Kontoführungsgebühren die Geldautomaten bezahlen.

Die internationalen Großbanken, insbesondere Direktbanken, entziehen sich dieser Verantwortung. Sie unterhalten kein Filialnetz und deshalb eben auch keine Versorgung der Bevölkerung mit Gelddienstleistungen vor Ort. Entsprechend ist es fair und gerecht, wenn diese Banken für ihren nicht vorhandenen Service vor Ort ihre Kunden mit einem angemessenen Entgelt weiter belasten müssen, wenn diese die Infrastruktur von anderen Banken nutzen.

Ich möchte vielleicht noch darauf hinweisen, dass sich gerade Direktbanken dieser Verantwortung komplett entziehen. Die holländische ING-DiBa oder die spanische Santander betreiben keine oder kaum Geldautomaten in Deutschland. Oder die DKB, eine Tochtergesellschaft der Bayerischen Landesbank, hat über die Bayerische Lan

desbank und ihre Tochtergesellschaft Hypo Alpe/Adria Milliardenbeträge im ehemaligen Jugoslawien versenkt, betreibt aber deutschlandweit nur 15 Geldautomaten. Man entzieht sich der Verantwortung gegenüber der Bevölkerung vor Ort, damit Leute, die nicht mit dem Auto zum nächsten Geldautomaten fahren können, ihre Gelder bekommen, und erwartet von denjenigen, die sich hier zu ihrer Region bekennen, die hier ihre Eigentümerstruktur haben, dass diese Geldautomaten im Wesentlichen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Umgekehrt locken diese Banken, die ich gerade genannt habe, vermögende Privatkunden mit guten Konditionen und ziehen somit den Banken, die hier die Infrastruktur zur Verfügung stellen, die guten Kunden ab, womit auch der Aufwand entsprechend gedeckt wird. Das kann nicht sein, und deshalb lehnen wir ebenfalls diesen Antrag ab.

Nun noch etwas zu dem Argument: 60 Cent angebliche Kosten. Die 60 Cent sind lediglich das Transaktionsgeld. Nicht gedeckt sind von diesen 60 Cent die Investitionen in die Geldautomaten, die Infrastruktur und die Miete für die Filialgebäude, die dann anteilig umgelegt werden. Deshalb benachteiligt der Antrag der NPD lokale Banken, die die Verantwortung hier vor Ort übernehmen. Sie steigert die Gewinne von kapitalmarktorientierten Banken, die unter anderem in ausländischer Hand sind. Das kann nicht Sinn und Zweck dieser Veranstaltung sein. Wir werden diesen Antrag daher ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU sowie der Abg. Sabine Friedel, SPD, und Elke Herrmann, GRÜNE)

Der Abg. Schimmer, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Biesok, ich habe gerade gemerkt, dass Sie die Diskussion in der eigenen Partei nicht nachvollzogen haben. Denn die FDP selbst fordert eine Höchstgebühr von 2 Euro. Deswegen war Ihre heutige Rede ein einziger Widerspruch, weil Ihre eigene Partei einen Höchstbetrag von 2 Euro fordert. Die NPD fordert einen Höchstbetrag von 1 Euro.

Natürlich teilen wir Ihre Kritik an den Direktbanken. Man muss trotzdem sagen: Wenn im Durchschnitt an deutschen Banken mittlerweile für Fremdabhebungen 5,46 Euro fällig sind, dann ist das einfach zu viel, weil mittlerweile die meisten Vorgänge in den Banken so standardisiert sind, dass kaum mehr Kosten anfallen. Insofern war Ihre heutige Rede reiner Unsinn, der gegen FDP-Positionen verstößt. Das muss hier einmal ganz klar gesagt werden.

(Vereinzelt Beifall bei der NPD)

Aber wahrscheinlich ist Polemik gegen die NPD wichtiger als jedweder Inhalt.

Ich habe jetzt von Ihnen kein einziges triftiges Argument gehört, das gegen eine Umsetzung des NPD-Antrages sprechen würde.

(Sabine Friedel, SPD, steht am Mikrofon.)

Wie Sie ja wissen – auch Sie, Herr Biesok –, hat sich die NPD-Fraktion in diesem Haus in den vergangenen sechs Jahren immer für die Volksbanken und Sparkassen stark gemacht, denen es – das ist richtig – zu verdanken ist, dass es in Deutschland noch eine flächendeckende Infrastruktur für Bankdienstleistungen gibt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte schön.

Vielen Dank. – Herr Abgeordneter, haben Sie gehört, dass Herr Biesok nicht auf die technischen Transaktionskosten eingegangen ist, sondern auf die Kosten, die die Vorhaltung von Filialnetzen und Geldautomaten verursacht und die deswegen getragen werden müssen?

(Zuruf des Abg. Alexander Delle, NPD)

Haben Sie das gehört und haben Sie das auch verstanden?