Vielen Dank. – Herr Biesok, ich würde gern wissen: In wie vielen Fällen sind denn extremistische Organisationen bereits mit Fördermitteln des Freistaates gefördert worden, welches Ministerium war dafür zuständig und welche Konsequenzen hatte die fehlerhafte Förderentscheidung?
Frau Friedel, das wäre Gegenstand einer Kleinen Anfrage an die Staatsregierung. Ich bitte um Verständnis, dass ich hier nicht über Detailwissen verfüge.
Wozu soll ein Bekenntnis abgelegt werden? Es soll ein Bekenntnis zu den Grundwerten unserer Gesellschaft und unserer Verfassung abgelegt werden. Wer über die freiheitlich-demokratische Grundordnung spricht, spricht über Prinzipien wie Menschenrechte, das Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, er spricht über Werte wie die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit einer Regierung und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.
Ich finde, es ist nicht zu viel von einer Organisation verlangt, die sich um öffentliche Mittel bewirbt und die für einen Preis vorgeschlagen wird, hier ein Bekenntnis zu fordern. Das ist meines Erachtens eine Selbstverständlichkeit, dass man sich zu diesen Werten auch schriftlich bekennen kann.
Wer diese Werte bekämpft, hat keinen Anspruch auf öffentliche Förderung. Wer diese Werte anerkennt, der verdient unseren Respekt, und wir müssen darum kämpfen, diese Werte auch gegen Extremisten zu verteidigen.
Vielen Dank, Herr Kollege Biesok. – Ist Ihnen als Jurist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes bekannt, die ausdrücklich festgestellt hat, dass der freiheitliche Staat des Grundgesetzes keine Werteloyalität von seinen Bürgern erzwingt, sondern darauf vertraut, dass sich die Bürger freiwillig, weil der Staat die Grundrechte, die Grundfreiheit gewährleistet, zu diesem Staat bekennen, also ohne Zwang?
Sehr geehrter Herr Lichdi! Soweit mir diese Rechtsprechung bekannt ist, betrifft sie den einzelnen Bürger, dass er nicht verpflichtet ist, dieses Bekenntnis einzeln abzulegen. Wir haben aber hier eine andere Situation. Hier geht es darum, dass sich bestimmte Gruppen um öffentliche Mittel bewerben oder öffentliche Preise bekommen. Dort ist diese Rechtsprechung nicht einschlägig. Vielmehr ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes insofern einschlägig, als man sehr wohl ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung fordern kann. Dieses Bekenntnis ist so weitgefasst, dass man sich lediglich zu den Grundprinzipien bekennen muss, aber man darf durchaus auch Kritik an den Werten der freiheitlich-demokratischen Grundord
nung äußern. Daher ist es auch für demokratische Vereinigungen kein Problem, diese Erklärung abzugeben.
Meine Damen und Herren! Wir als demokratische Parteien – da schließe ich die NPD hier in diesem Hause ausdrücklich aus – haben die Aufgabe, gegen Rechts- und Linksextremisten zu kämpfen. Wir müssen diesen Mut haben, dies auch öffentlich zu bekennen, und auch bei Förderdebatten diese klare Linie fahren.
Wir haben hier in Sachsen links- und rechtsextreme Vereinigungen und es darf nicht sein, dass wir diese extremistischen Vereinigungen noch mit Steuermitteln fördern.
Es darf ebenfalls nicht passieren, dass wir beim notwendigen Kampf gegen Rechtsradikale auf dem linken Auge blind sind und linksextremistischen Organisationen ebenfalls Fördermittel geben, um Rechte zu bekämpfen. Dazu darf es nicht kommen. Deshalb ist es richtig, von allen Gruppierungen ein Bekenntnis zur freiheitlichdemokratischen Grundordnung zu verlangen.
Auch im Kampf gegen Extremisten müssen wir maßhalten. Deshalb finde ich es wichtig und richtig, dass wir gerade bei Institutionen wie dem Landesamt für Verfassungsschutz immer genau hinsehen, was man macht und was man nicht macht. Der Kampf gegen Extremisten heiligt nicht alle Mittel. Man muss auch hier entsprechend maßhalten. Das gilt auch beim Streit zur gegenständlichen Erklärung, die gefordert wird.
Ich bin der festen Überzeugung, dass das Innenministerium sich diese Klausel noch einmal ansieht und überprüft, inwiefern sie geeignet und erforderlich ist, das Ziel zu erreichen. Ich sage ganz deutlich: Ich möchte auch weiterhin ein klares Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung von allen Vereinigungen haben, die Mittel vom Freistaat Sachsen bekommen.
Das war für die miteinbringende Koalition die Fraktion der FDP, Herr Kollege Biesok. Als nächste in der Redereihung kommt die Fraktion DIE LINKE mit Herrn Prof. Besier.
Lassen Sie mich doch einmal mit dem von Ihnen gebrauchten Extremismusbegriff beginnen. Dieser Begriff ist ideologisch hoch aufgeladen und so unpräzise, so vage, dass er von den meisten Politikwissenschaftlern und Historikern – und das nicht nur in Deutschland – wegen seiner fehlenden Erklärungskraft rundweg abgelehnt wird.
Mit diesem Begriff lässt sich alles und jedes etikettieren und jeder lässt sich damit zum Staatsfeind erklären, der irgendwie von einer imaginären gesellschaftlichen Norm abweicht. In die praktische Politik sollte man aber nur bewährte Begriffe und Konzepte einführen, nicht solche, über die in den Referenzwissenschaften heftig gestritten wird. Daran halten sich im Grunde auch die meisten Bundesländer, nicht aber Sachsen, wie der jüngste Eklat wieder einmal gezeigt hat. Ich meine, von Empfängern staatlicher Fördergelder eine Extremismusklausel unterschreiben zu lassen.
Der Berliner Historiker Wolfgang Wippermann, übrigens ein Sozialdemokrat, ist der Geschichte des Extremismusbegriffes nachgegangen. Nach seinen Untersuchungen wird Extremismus als Austauschbegriff für Totalitarismus bzw. für Radikalismus gebraucht. Urheber dieses Begriffes waren weder Politikwissenschaftler noch Historiker, sondern der Verfassungsschutz gebrauchte in seinen Berichten bis 1973 – das können Sie nachvollziehen – den Radikalismusbegriff und führte dann den Extremismusbegriff ein. Ich zitiere Wippermann: „Der Extremismusbegriff ist allein vom Verfassungsschutz und einigen seiner offiziellen und inoffiziellen Mitarbeiter in die Debatte eingeführt worden.“ Dann nennt Wippermann Namen von Hochschullehrern, die als V-Leute des Verfassungsschutzes arbeiten. Da diese Personen beinahe ausschließlich an sächsischen Hochschulen lehren, versteht man auf einmal, warum in Sachsen die Extremismusdoktrin und ihre Derivate zur Staatsideologie haben werden können.
Meine Damen und Herren, nichts gegen den Verfassungsschutz, aber er ist ein Geheimdienst und keine volkspädagogische Einrichtung.
Wissenschaft lebt aber von der Transparenz ihrer freien Diskurse, nicht von der Konspiration in dunklen Hinterzimmern. Wenn Wippermann in der 2. Auflage unwidersprochen die für Hochschullehrer so ehrenrührige Behauptung wiederholen kann, dass sächsische Professoren
für den Verfassungsschutz arbeiten, dann ist daraus der Schluss zu ziehen, dass da etwas dran sein muss.
Wippermann zufolge führen die geheimdienstlichen Kontakte bis ins Hannah-Arendt-Institut, das Flaggschiff der sächsischen Extremismus- und Totalitarismusdoktrin. Anscheinend hat es die Verantwortlichen wenig beeindruckt, dass eine Strukturkommission für das HannahArendt-Institut, gemischt besetzt, feststellte – –
Ich zitiere: „Der programmatischen Ausrichtung auf die Totalitarismusforschung steht ein Teil von Fachwissenschaft und Öffentlichkeit ablehnend gegenüber.“ Und: Das Hannah-Arendt-Institut „war in seiner bisherigen Entwicklung Gegenstand nicht allein geschichtspolitischer, sondern auch politisch-tagesaktueller und somit … forschungsfremder Debatten.“ Auf den Fall Richter, der seinerzeit vom Ministerium für Staatssicherheit zum Verfassungsschutz wechselte, will ich gar nicht erst eingehen.