Werter Kollege von Breitenbuch! Sind Ihnen vielleicht Diskussionen bekannt vom Verband der Alteigentümer, der Interesse geäußert hat, den Boden zu vergünstigten Konditionen zurückzuerwerben? Hat man sich darauf geeinigt, den Lastenausgleich an den Steuerzahler zurückzugeben, der ihnen zur Wiedergutmachung oder dem Ausgleich von nicht erlangbaren Erträgen von der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt wurde? Will man dort wieder einen Ausgleich herstellen? Gibt es dazu Diskussionen?
Herr Kind, es ist super, dass Sie mich daran erinnern. Ich habe diesen Punkt vergessen. Der Lastenausgleich wird komplett von der Summe abgezogen, die als Entschädigungs- und Ausgleichsleistung errechnet wird. Das ist ganz klar. Das habe ich vergessen. Herzlichen Dank für den Hinweis.
Herr von Breitenbuch; ist Ihnen bekannt, dass auch der Verband der Alteigentümer immer wieder darauf hinweist, dass Michail Gorbatschow klargestellt hat, dass die Frage des Alteigentums und der Rückgabe von Grundstücken und Immobilien an die Alteigentümer eben nicht Teil des Zwei-plus-VierVertrages oder eine Vorbedingung für die Wiedervereinigung war? Helmut Kohl, der CDU-Kanzler, hatte das später behauptet. Ist Ihnen diese Äußerung von Michail Gorbatschow bekannt?
Mir ist diese Aussage bekannt. Ich habe die Entwicklung seit 1990 intensiv verfolgt. Ich war selbst Betroffener. Unser Rechtsstaat hat eine Lösung gefunden, mit der wir nach langen Diskussionen zur Ruhe kommen müssen. Ich möchte das ausdrücklich sagen.
Herr von Breitenbuch, geben Sie mir recht, dass die gerade gestellten Fragen nichts mit dem Thema zu tun haben, über das wir gerade debattieren?
Werter Herr Kollege! Die Diskussion ist hochinteressant und wichtig. Insofern finde ich es gut, dass wir sie an dieser Stelle auch einmal führen.
Um alle Klischees bei den LINKEN auszuräumen, sage ich Folgendes: Ich bin gleichzeitig Vorstand in einer Agrargenossenschaft. Nun passt Ihr Weltbild nicht mehr zusammen.
Nun komme ich zur heutigen Landwirtschaftspolitik. Es geht um das tägliche Brot. Es liegt folgende Situation vor: Wir haben effiziente, gut produzierende und mit allen
Rahmenbedingungen belastete Betriebe, die dies mit großer fachlicher Kenntnis und Können in Sachsen gut auf die Reihe bekommen.
Ich möchte auch mit den Klischees von Frau Dr. Deicke aufräumen: nicht nur bei Agrargenossenschaften, sondern in aller Vielfalt der Betriebe. Ich möchte das noch einmal ganz deutlich sagen.
Für diese Vielfalt der Betriebe machen wir in Sachsen die Landwirtschaftspolitik. Alles andere wäre auch verwerflich. Dadurch unterscheiden wir uns historisch von anderen. Es geht um die Vielfalt. Es geht darum, allen Betrieben Zukunftschancen zu ermöglichen, sodass sie mit ihrer Entwicklung weiterkommen.
Inzwischen ist ein großes Pfund entstanden. Die Entkopplung – sprich die Flächen – sind gleich wert. Das wird zum Teil in den Planungen der EU zurückgefahren. Es ist das sächsische Interesse, daran zu rühren, dass diese Zahlungen weiterhin gleichmäßig verteilt werden, sodass wir die Endstufe der Entkopplung, die 2013 zwischen Acker- und Grünland unterscheidet, überhaupt erreichen. Darum müssen wir kämpfen. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass in Sachsen die Landwirtschaftsbetriebe die ersten sind, die das Geld erhalten.
Wir haben die Rahmenbedingungen dafür gesetzt. Wir haben in Sachsen schon sehr zeitig Umweltprogramme angeboten, die die Landwirtschaftsbetriebe zum Einstieg in bessere Verfahren genutzt haben. Wir sind dagegen, dass man davon abrückt und meint, dass wir in die zweite, dritte oder fünfte Säule Geld fließen lassen.
Das Geld im ländlichen Raum soll von denjenigen eingesetzt und zu vernünftigen wirtschaftlichen Entscheidungen gebracht werden, die dort wirtschaften und sich dort auskennen. Es soll nah an den Bürger herangerückt werden. Über die Pachtpreise wird letztendlich ein Teil dieser Erträge aus den Landwirtschaftsbetrieben auch auf die Bevölkerung, die Landbesitz hat – das sind nicht wenige – übergewälzt.
Für die einbringende CDU-Fraktion sprach Herr Kollege von Breitenbuch. Gibt es weiteren Diskussionsbedarf? – Gibt es weitere Redebeiträge aus den Reihen der Fraktion? – Das kann ich nicht erkennen. Damit hätte die Staatsregierung das Wort. Bitte, Herr Staatsminister Kupfer.
geehrten Damen und Herren! Zeitgleich mit dem Sächsischen Landtag berät auch der Bundesrat über das Thema der gemeinsamen Agrarpolitik. Es steht ein gemeinsamer Antrag auf der Tagesordnung, der hoffentlich heute eine Mehrheit findet.
Frau Dr. Deicke hatte es schon angesprochen: Der Agrarausschuss des Bundesrates hat einen Mehrländerantrag beschlossen. Es war eine Abstimmung mit folgendem Ergebnis: 14 : 1: 1. Frau Dr. Deicke, es wäre mir eine große Freude, wenn Sie den Kollegen Backhaus aus Mecklenburg-Vorpommern dazu bringen könnten, die Gemeinschaft nicht zu verlassen, sondern mit den übrigen 14 Bundesländern zu stimmen.
Meine Damen und Herren! Wir haben die gemeinsame Agrarpolitik, die Vorschläge von EU-Agrarkommissar Ciolos vorliegen. Ich sage, dass das eine Diskussionsgrundlage ist. Es kann auch nur eine Diskussionsgrundlage sein. Das, was dort niedergeschrieben ist, ist in weiten Teilen sehr unkonkret.
Das ist auf der einen Seite gut. Wir sollten die positiven Punkte, die dort enthalten sind, unterstützen. Positiv für mich ist, dass das Zwei-Säulen-Modell beibehalten werden soll. Das ist unwahrscheinlich wichtig.
Es ist für mich positiv, dass es keine einheitliche EUZahlung nach dem Jahr 2013 geben wird und dass die unterschiedlichen Verhältnisse in den einzelnen Mitgliedsstaaten damit berücksichtigt werden.
Für mich ist wichtig, dass es bei einer entkoppelten Direktzahlung bleibt; in der Umsetzung haben wir ohnehin noch sehr viel zu tun. Deutschland ist in der Europäischen Union diesbezüglich Vorreiter. Viele andere Länder haben ihre Hausaufgaben noch zu machen, sie haben diese Entkopplung noch lange nicht durchgesetzt. Ich hoffe, dass die Europäische Union darauf achtet, dass diese Entkopplung bis zum Jahr 2013 überall in den Mitgliedsstaaten durchgesetzt ist.
Für mich ist positiv, dass die Modulation im Sprachgebrauch nicht mehr vorkommt und in der Mottenkiste der europäischen Agrarpolitik verschwindet. Es ist wichtig – auch wenn wir wissen, dass die Betriebsprämien und die Mittel aus der Europäischen Union nach dem Jahr 2013 vielleicht geringer sein werden –, dass die Agrarbetriebe wissen, welche Gelder sie in den nächsten Jahren zur Verfügung haben werden.
Die Betriebe planen. Für ihre Planungssicherheit ist es notwendig, dass von vornherein feststeht, wie viel Gelder in den einzelnen Säulen vorhanden sind. Für mich ist es positiv, dass es ein Sicherheitsnetz geben wird – ein auf das notwendige Maß reduziertes Sicherheitsnetz, das ist klar. Auch zur Absicherung gegen naturbedingte Risiken muss es Lösungsmöglichkeiten anbieten. Aber, meine Damen und Herren, wir sollten es den Regionen überlassen, es auszugestalten.
Was mich, ich will nicht sagen gewundert, aber geärgert hat, ist, dass in den Vorschlägen von Cioloş kein Kapitel zur Entbürokratisierung zu finden ist. Ich habe es nirgendwo gefunden. An keiner Stelle der Vorschläge ist etwas über den Abbau der Bürokratie zu lesen.
Sinnvoller und von den Landwirten gefordert ist eine Risikoausgleichsrücklage. Das ist auch Konsens zwischen der Politik in Sachsen und dem Bauernverband. Wir müssen mit den Finanzpolitikern noch darüber diskutieren, dass wir das in Deutschland endlich durchsetzen.
Abzulehnen ist aus den Vorschlägen des Agrarkommissars die Kappung: Hektar ist Hektar. Jeder Betrieb, egal und in welcher Form, hat den gleichen Anspruch auf eine Prämienzahlung pro Hektar.
Eine Kappung ist insbesondere für die sächsischen Betriebe, für die ostdeutschen Betriebe insgesamt, ein Nachteil. Wir haben, wie auch immer entstanden – ich will die gesamte Problematik nicht noch einmal anführen –, im Freistaat Sachsen Strukturen, die wirtschaftlich sind, und zwar wirtschaftlicher – das behaupte ich ganz einfach – als in anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland.
Ich halte nichts davon, wenn man eine Kappungsgrenze einführt und danach sagt: Okay, wir geben pro Arbeitskraft da noch was drauf. Frau Kagelmann, das käme vielleicht Ihren Vorstellungen ein wenig entgegen, da Sie Agrarpolitik als Sozialpolitik verstehen, aber Agrarpolitik ist keine Sozialpolitik. Diese Kopplung an Arbeitskräfte halte ich schon aus bürokratischen Gesichtspunkten nicht für realisierbar. Schlagzeilen wie „Scheinbeschäftigung“ wären dann vorprogrammiert. Es sollte von Anfang an klar gesagt werden, wie viel Geld es gibt, und zwar pro Hektar, und das ohne Kappungsgrenze.
Die Ökologisierungskomponente ist ein weiteres Thema, das ich skeptisch sehe, und zwar nicht, weil ich nicht möchte, dass mehr für den Klimaschutz und die Umwelt getan wird, sondern ich möchte daran erinnern, dass dies Landwirte schon mit vielen Leistungen berücksichtigen. Wir haben Stellschrauben im Fachrecht, wir haben Cross Compliance und wir haben die Agrarumweltmaßnahmen. Das alles wird von unseren sächsischen Landwirten sehr intensiv genutzt. Das kann man an der einen oder anderen Stelle noch ausbauen, denn es ist nicht absolut. Aber vom Prinzip her ist das, was gemacht wird, schon sehr fruchtbringend.
Ich bin gegen eine Vermischung der beiden Säulen. Wir sollten eine klar abgegrenzte erste Säule und eine klar abgegrenzte zweite Säule haben. Diesbezüglich gibt es in den Vorstellungen von Cioloş auch Ansätze, was die benachteiligten Gebiete anbetrifft. Die Zahlungen sind in der zweiten Säule beinhaltet. Dort sollten sie auch bleiben. In den Vorstellungen schwappt aber auch etwas in die erste Säule hinüber. Ich kenne auch die Hintergründe, halte das aber nicht für produktiv, weil das für die Klarheit und Verständlichkeit der Agrarpolitik auf jeden Fall ein negativer Aspekt wäre.
Im Gegenteil: Es ist zu lesen, dass die Kontrollen verstärkt und verschärft werden müssen, also ein zusätzlicher Aufwand.
Unsere Landwirte und die Verwaltungen sind aber schon jetzt an der Schmerzgrenze. Wir brauchen unbedingt – das ist auch eine Forderung der deutschen Agrarminister in Richtung Europa – eine Entbürokratisierung der europäischen Agrarpolitik.