Protokoll der Sitzung vom 19.01.2011

Es gibt bereits die Situation, dass der Instandsetzungsbedarf bei Straßen durch den schlechten Zustand der Straßen steigt. Mit anderen Worten gesagt ist nur Flickschusterei möglich. Diese ist aber über lange Zeit teurer – was Ihnen jeder Tiefbauamtsleiter bestätigen wird – als eine ordentliche Sanierung. Das Straßen- und Wegenetz verrottet zusehends, nicht nur in den Kommunen. Die Kommunen sind für die Defizite bei der Finanzierung auch doppelt verantwortlich, denn sie haben zudem die Amtshaftung im Rahmen ihrer Unterhaltspflichten.

Kommen Sie jetzt bitte nicht mit den Folgen der DDR! Ich denke, an dieser Stelle ist dies keine Entschuldigung im Jahre 2011 mehr. Denn Sie als CDU haben 20 Jahre lang auf den Neubau von Straßen gesetzt und nicht auf ihre Sanierung. Das Ergebnis ist, dass der Sanierungsbedarf natürlich steigt.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Ja!)

Sie drücken auch noch bei Kommunen, die Straßen abgespeckt bauen wollen, auf den Ausbaustandard, Herr Staatsminister – ich bin gespannt auf die Umplanung, die Sie vorlegen wollen –, und zwingen die Kommunen, größer zu planen, als sie es wollen. Hierzu nenne ich das Beispiel S 1 in Leipzig oder das Beispiel der Waldschlößchenbrücke in Dresden – die wollte man nicht so breit haben – oder das Beispiel der Königsbrücker Straße in Dresden, was Sie gerade im aktuellen Ablauf betrifft. Ich habe mit Interesse Ihre Klagen gehört, dass diese Planungen überdimensioniert sind. Sie sind übrigens auch sehr teuer. Es werden wahrscheinlich nicht alle geplanten Straßen gebaut werden. Ich bin gespannt auf das von Ihnen angekündigte Umdenken.

Unsere Vorstellungen sind: Erstens. Alle Straßen nennen, die nicht sicher finanziert sind – Herr Herbst, hören Sie bitte zu! –, zweitens, klar auf den Tisch legen, welche Folgekosten auf die Kommunen überhaupt zukommen, wenn sie die Bundes- und Staatsstraßen in ihr Netz aufnehmen müssen. Die Wahrheit muss auf den Tisch. Durch die von Ihnen nun geplanten Neubauten werden die Kosten für die Kommunen natürlich einmal deutlich steigen. Sie müssten jetzt schon überlegen, wie Sie das als Freistaat kofinanzieren wollen, falls Sie, lieber Herr Herbst, dann noch regieren wollen.

Die überwiesenen 28,5 Millionen Euro sind sicher keine Lösung für die kommunalen Probleme jetzt, denn diese sind nur für die Bundes- und Landesstraßen gedacht. Ihr Verteilerschlüssel und der Bedarf sind unklar, da sie für einen normalen Winter gedacht waren. Es droht tatsächlich die Situation, dass das kommunale Straßen- und Wegenetz weiter verrottet. Aber das Entscheidende ist, dass die Planungsgrundlage für ihre jetzt zu teuren Planungen nicht nur rhetorisch, sondern tatsächlich infrage gestellt wird.

Nun muss ich neben dem Kapitel Straßenbau auch noch das Kapitel Streusalz aufschlagen. Hier sollten wir uns – das sei auch gerichtet an die lieben Kollegen von den LINKEN – die kommunale Situation nicht unkritisch zueigen machen. Hoher Streusalzeinsatz ist hoch problematisch für Umwelt- und Sachschäden. Man sollte es nicht noch konterkarieren, dass nun scherzhaft oder ernsthaft überlegt wird, Streusalz aus Nahost zu importieren. Das macht es nicht besser. Besser macht es nur ein guter Winterdienst, und zwar ein Winterdienst mit ausreichend Personal. Ein privatisierter Winterdienst wird teurer. Das sagte uns im Dresdner Stadtrat der Amtsleiter der CDU. Besser macht auch eine Aufklärung über die ökologischen Folgen, über die Kosten der Schäden und ein Durchsetzen der Empfehlungen der Umweltbehörden. Das hilft beim Streusalzeinsatz. Hier sind Maß und Kompetenz gefragt. Es fehlt nicht nur an Geld, –

Bitte zum Ende kommen.

– es fehlt auch an Kompetenzen. Ziehen Sie deshalb aus diesem Winter wirklich konkret politisch die Folgen, nicht nur rhetorisch.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Andrea Roth, DIE LINKE)

Für die NPDFraktion Herr Abg. Storr, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor mehr als 20 Jahren war der Zustand der Straßen in der DDR durchaus auch ein Maßstab dafür, in welchem Zustand das Staatswesen ist. Diese für den Bürger naheliegende Wahrheit trifft auch heute zu. Wenn der Sächsische Städte- und Gemeindetag und der ADAC konstatieren, dass nach den letzten vergangenen Winterwochen jede zweite Straße Schäden aufweist, zeigt dies auch, dass einiges im Argen ist. Die aufgetauchten Schäden sind nicht nur eine Folge der Winterwitterung, sondern einer mangelhaften Instandsetzung auch schon in den Vorjahren.

Ich möchte einmal bemerkenswerte Zahlen nennen, da sie noch nicht genannt wurden: Von den in Sachsen vorhandenen 36 357 Straßenkilometern entfallen 5 622 auf die Kreisstraßen, was 15,4 % sind, und 23 523 Straßenkilometer auf die Gemeindestraßen, was 64,7 % sind. Somit

sind 80 % des sächsischen Straßen- und Wegenetzes in kommunaler Verantwortung, und er zeigt, dass der Zustand so schlecht ist, wie er offenbar ist – was im Grunde genommen jeder einräumt –, dass offenbar die dafür bereitstehenden Mittel nicht ausreichend sind. 2,35 Euro pro Straßenmeter und Jahr stehen für die Instandsetzung und den Bau der Gemeindestraßen zur Verfügung bzw. 3,67 Euro für die Kreisstraßen. Diese Gelder sind offenbar nicht ausreichend. Das zeigt, dass der Kern des Problems nicht nur ein schlecht funktionierender Winterdienst oder eine strenge Winterwitterung ist, sondern dass einzig und allein die Finanzmittel nicht ausreichend sind.

Ich möchte versuchen, die Zusammenhänge darzustellen. Das Gesamtproblem ist, dass die Zuschüsse für den Unterhalt der Kreis- und Gemeindestraßen aus dem Gesamttopf der Finanzausgleichsmasse entnommen werden und somit eine Vorwegentnahme vor Festlegung der Schlüsselmasse sind. Im Grunde genommen sind somit die Mittel für den Straßenerhalt entzogen, die Gelder werden nur von der linken in die rechte Tasche gelegt. Es gibt tatsächlich keinen wirklich echten Straßenlastenausgleich, der nicht zum Abzug der Schlüsselmasse führt. Die Finanzkraft der Kommunen mit der Festschreibung auf 35,7 % der Finanzmasse schränkt die Kommunen ein.

Das schafft auch die Absurdität, dass Straßen unterhalten werden müssen und weniger Mittel dann für die sonstigen Verwaltungsaufgaben und sonstigen Investitionen in den Kommunen zur Verfügung stehen. Die Finanzmasseverteilung sollte sich nach Auffassung der NPD eigentlich in dem Maße ändern, wie sich die Lasten der Kommunen verschieben. Das ist natürlich nicht der Fall. Eine der vielen absurden Konsequenzen des dogmatischen Festhaltens an der derzeitigen Auslegung des vertikalen Gleichmäßigkeitsgrundsatzes im kommunalen Haushalt ist die Unterfinanzierung des sächsischen Straßennetzes.

Die Kommunen versuchen zum Teil, diese Mittel anderweitig einzusetzen, um entsprechende Löcher zu schließen. Das weiß auch die sächsische Staatsregierung, und interessant ist in diesem Zusammenhang der § 17 Abs. 2 des neuen Finanzausgleichsgesetzes. Dort heißt es: „Bei festgestellter, nicht zweckentsprechender Verwendung der Mittel nach Abs. 1 Nr. 1 ist spätestens in dem auf das Ausgleichsjahr folgenden Jahr durch die zuständige Landesdirektion die Zweckbindung eines entsprechenden Anteils der allgemeinen Schlüsselzuweisung gemäß § 5 zu verfügen oder der nicht zweckentsprechend verwendete Anteil des Lastenausgleichs zurückzufordern.“

Die Staatsregierung weiß also – ausweislich dieser Bestimmung – sehr genau über den chronischen Geldmangel der Kommunen Bescheid. Sie hat mit dieser Regelung letztendlich eine Lösung geschaffen, die genau darauf abzielt, diese Unterfinanzierung gerade im Bereich des Straßenbaues weiter fortzuschreiben. Das sehen wir als das Kernübel. Wenn hier nur Scheinlösungen diskutiert werden, wie mangelnde Salzvorräte oder ein nicht ausreichender Winterdienst, dann sind das keine echten Lösun

gen. Das sind Scheinlösungen. Wir müssen dieses Thema auch grundsätzlicher betrachten. Wir müssen dafür sorgen, dass die Kommunen hier in Sachsen auf eine tragfähige finanzielle Grundlage gestellt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Wir gehen in die zweite Runde, es sei denn, die Staatsregierung meldet sich. – Dann bitte ich jetzt die Fraktion DIE LINKE, Frau Abg. Junge, und danach die CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Die prekäre Haushaltslage der kommunalen Ebene ist jetzt durch den Winter spürbar und sichtbar. Wir haben es heute schon mehrmals gehört: Holprige Straßen, tiefe Löcher, Fahrbahnrisse, mangelhafter Winterdienst – das sind Schlagzeilen, die es in den letzten Wochen gab. Das sind Auswirkungen der Kürzungspolitik des Freistaates Sachsen nicht nur des vergangenen Jahres. Seit Jahren können die Kommunen aufgrund ihrer unzureichenden Finanzausstattung weniger Geld für den kommunalen Straßenbau verwenden. Wir reden jetzt über kommunalen Straßenbau und nicht über Autobahnen, Herr Herbst, wie Sie hier versucht haben, das nicht zu unterscheiden.

2,35 Euro stehen den Kommunen derzeit pro Jahr und Straßenmeter für Neubau und Instandsetzung zur Verfügung. Das reicht für eine grundhafte Beseitigung der Straßenschäden überhaupt nicht aus, Frau Springer, auch wenn Sie versucht haben, das hier so darzustellen. Auch die fünfundsiebzigprozentige Mittelüberweisung aus dem FAG, Herr Herbst, ist keine Lösung für die Probleme, die die Kommunen hier mittlerweile haben. Die Hälfte der kommunalen Straßen weist derzeit Schäden auf. Das schätzt der Städte- und Gemeindetag offiziell ein, und das kann man auch nachlesen.

Schäden in dieser Dimension können die Kommunen nicht allein bewältigen. Das hat nichts, aber auch gar nichts mehr mit kommunaler Selbstverwaltung zu tun. Das Land muss den Kommunen genügend finanziellen Spielraum einräumen, damit sie ihre Pflichtaufgaben erfüllen können. Wenn Sie uns vorwerfen, dass wir dafür nicht genügend Mittel gefordert haben – ich denke einmal, wir haben lange im Dezember die entsprechenden Anträge eingebracht und meine Fraktion, DIE LINKE, brachte hier mehrere Anträge für eine bessere Finanzausstattung der Kommunen ein, zum Beispiel die Investitionspauschale in Höhe von 75 Millionen Euro entsprechend umzusetzen. Alle Anträge der Oppositionsparteien sind von der Regierungsmehrheit entsprechend abgelehnt worden.

Einen anderen Fakt möchte ich noch nennen. Mit fast 30 000 Kilometern Gemeinde- und Kreisstraßen ist das kommunale Straßennetz in Sachsen mit Abstand das größte. Das muss man auch mit bedenken. Das heißt also,

das Land hat sich auf Kosten der Kommunen saniert. Diese Aufgaben wurden vom Land übertragen, jedoch die Finanzmittel in erheblichem Maße gekürzt. Deshalb fordern und erwarten die Kommunen ein Soforthilfeprogramm, wie es dies zuletzt vor vier Jahren seitens des Freistaates Sachsen gab. Damals zahlte der Freistaat Sachsen 15 Millionen Euro, um Schlaglöcher schnell zu reparieren. Es ist letztendlich Inhalt unserer Aktuellen Debatte, dass wir dies aufgrund dieser Situation erneut hier einfordern.

Ich denke, die Staatsregierung muss jetzt handeln und zusätzliche Gelder für dringend notwendige Reparaturen von Straßenschäden zur Verfügung stellen. Die Staatsregierung darf die kommunale Familie mit ihren aktuellen Problemen und Nöten nicht im Stich lassen. Ich habe auch mit vielen Bürgermeistern gesprochen bzw. sogar eine Anfrage gestartet hinsichtlich der Unterstützung, wie sie die Problematik in ihrem Ort einschätzen. Dort wird erwartet, dass seitens des Landes eine Soforthilfe bei einer solchen Situation gegeben wird.

Wir fordern die Staatsregierung deshalb auf, ein Soforthilfeprogramm für die Instandsetzung der kommunalen Straßen in Höhe von mindestens 20 Millionen Euro aufzulegen, und ich denke, es wird Zeit, das auch zu tun.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die CDUFraktion Herr Abg. Heidan, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir heute hier in diesem Haus die Debatte zum kommunalen Straßenbau führen. Ich habe den Ausführungen sehr aufmerksam zugehört und möchte vorwegschicken, dass in den letzten Tagen und Wochen Außergewöhnliches vonseiten der Kommunen beim Winterdienst geleistet worden ist und teilweise auch schon bei der provisorischen Beseitigung dieser Straßenschäden.

In den letzten Tagen, als der Schnee nicht mehr diese Ausmaße wie vor reichlich 14 Tagen hatte, sprach ich mit einigen Tiefbauamtsleitern; und jetzt raten Sie einmal, was sie mir fachlich sagten. Das war mir auch nicht so bewusst, ich habe es aber geahnt. Sie sagten mir, die Schäden kommen jetzt erst, wenn die Aufbrüche vorhanden sind. Wenn Feuchtigkeit in den Fahrbahnbelag kommt, werden die Schäden mit nachfolgendem Frost noch größer. Wir werden sicherlich den Winter noch dankbar in Erinnerung haben und schauen, was für Schäden noch entstehen können. Weniger werden es auf keinen Fall.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Deshalb brauchen wir ein Soforthilfeprogramm!)

Ich finde aber die Debatte, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, hier als Heuchelei in Hochpotenz.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich möchte das auch begründen. Den Katzenjammer, Frau Jähnigen, kann ich gleich gar nicht nachvollziehen. Ich darf vielleicht einmal in Erinnerung rufen, was vor genau zwei Monaten und einem Tag hier im Hohen Hause beantragt wurde. Ich darf verlesen. Sie können dann auch schon einmal raten, wer der Urheber dieses Antrages ist. Es ging um die Förderung des kommunalen Straßenbaues aus Entflechtungsmitteln. Das war der Regierungsentwurf: 74,7 Millionen Euro im Jahr 2011 und 74,7 Millionen Euro im Jahr 2012. Der Änderungsantrag hatte zum Inhalt, 30,9 – also fast 31 Millionen Euro pro Jahr – in den Jahren 2011 und 2012 zu streichen.

(Zurufe von der CDU)

Das war keine Einzelmeinung einer Fraktion.

(Zuruf aus der CDU: Was war denn das?)

Meine Damen und Herren! Dieser Änderungsantrag ist mit 7 Jastimmen, 11 Neinstimmen und einer Enthaltung abgelehnt worden. Man kann sagen: Gott sein Dank. Der Änderungsantrag ist wie folgt unterzeichnet: Frau Eva Jähnigen, MdL, Dresden, den 18. November 2010. Frau Jähnigen, Sie sollten sich schämen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Ich kann Ihnen noch weitere Beispiele aufzählen. Ich habe noch weitere Schandtaten kopiert, liebe Frau Jähnigen. Schauen Sie einmal, was Sie vor zwei Monaten in diesem Haus auf den Weg gebracht haben.

(Christian Piwarz, CDU: Was schert uns das Geschwätz von gestern?)

Meine Damen und Herren von der Opposition! Herr Hahn, ich würde Sie bitten, Ihre Vertreter des jeweiligen Ausschusses zu konsultieren und sie zu fragen, wie das Abstimmungsverhalten war.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Sie möchten eine Kurzintervention machen, Frau Jähnigen? – Bitte schön.

Frau Präsidentin, Sie haben mich richtig verstanden. – Ich schäme mich dieses Antrags keineswegs. Ich habe ihn im Plenum noch einmal eingebracht und begründet.