zivilem Ungehorsam. Ich komme zum Schluss mit einem Zitat von Martin Niemöller, ein evangelischer Theologe und Pfarrer.
Er war einer der wenigen Gefangenen, die die Inhaftierung in der Nazizeit überlebt haben. Ich darf zitieren: „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen. Ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen. Ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen. Ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen. Ich war ja kein Jude. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“
Gibt es vonseiten der Fraktionen weiteren Redebedarf? – Dann rufe ich jetzt Herrn Bartl auf. Herr Bartl, möchten Sie noch reden? – Nein. Es gibt keinen Redebedarf mehr. – Entschuldigung, die Staatsregierung habe ich nicht gefragt. Herr Minister Ulbig, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Für den 13. und den 19. Februar sind zahlreiche Versammlungen und Veranstaltungen aus Anlass des 66. Jahrestages der Bombardierung der Stadt Dresden angemeldet. Es gehört zu den Grundrechten unserer Gesellschaft, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln und seine Meinung äußern zu können –
mit all den Schwierigkeiten, die gerade von den Vorrednern genannt wurden. Da kommt die Demokratie mit Sicherheit auch manchmal durchaus an ihre Grenzen. Dennoch besteht für den Staat und insbesondere die Polizei die Verpflichtung, die Ausübung dieses Grundrechts möglichst vor Störungen und Ausschreitungen Dritter zu schützen.
Das heißt, es ist auch gegen Störer vorzugehen, um die Durchführung von rechtmäßigen Versammlungen zu ermöglichen.
Nach diesem Grundsatz werden wir handeln. Die Landeshauptstadt Dresden arbeitet als zuständige Versammlungsbehörde eng mit der Polizeidirektion Dresden zusammen. Im Vorfeld der Versammlungen werden entsprechende Kooperationsgespräche mit den verschiedenen Anmeldern durchgeführt. Ziel ist es, die Versammlungen möglichst störungsfrei durchführen zu können. Die Polizeidirektion Dresden im Zusammenwirken mit
der gesamten sächsischen Polizei bereitet sich intensiv und umfassend auf diese schwierige und komplexe Einsatzlage vor. Als Innenminister betone ich, dass die sächsische Polizei und auch die sie unterstützenden Kräfte aus den Ländern und des Bundes alle erforderlichen Maßnahmen vornehmen werden, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung am 13. sowie am 19. Februar in Dresden zu gewährleisten. Unser Ziel ist ein friedlicher Ablauf der Veranstaltungen und Versammlungen. Die sächsische Polizei wird dabei alle ihr zur Verfügung stehenden Befugnisse konsequent wahrnehmen.
Herr Storr, zu dem Thema, welches Sie angesprochen haben, was die friedliebende Art und Weise der NPD bei Demonstrationen betrifft, möchte ich Sie an die Veranstaltung am 17.10.2009 in Leipzig erinnern, als massive Gewalt aus dieser rechten Demonstration hervorgegangen ist, sodass diese sogar aufgelöst werden musste und 1 300 Identitätsfeststellungen und Anklagen wegen Landfriedensbruchs
erfolgt sind. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, betone ich zusammenfassend: Unsere Polizei ist zur Unparteilichkeit verpflichtet.
Deshalb gilt, wenn die Versammlungen für Ordnungswidrigkeiten und Straftaten missbraucht werden, egal aus welchem politischen Lager, dann werden auch die erforderlichen und rechtlich gebotenen Maßnahmen getroffen.
Damit ist die Aktuelle Debatte beendet. Wir gehen jetzt in eine Mittagspause von 45 Minuten. Ich bitte Sie, 13:15 Uhr wieder hier zu sein, und erinnere die Präsidiumsmitglieder an die jetzt stattfindende Präsidiumssitzung im Raum 2.
Es findet wieder eine allgemeine Aussprache statt. Es beginnt die CDU-Fraktion. Es folgen DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung. Ich erteile jetzt Herrn Abg. Schiemann das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Staatsregierung soll – die Öffnungsklausel nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung nutzend – die Durchführung des Widerspruchsverfahrens für Verwaltungsverfahren der Rechtsanwaltskammern und Notarkammern durch Gesetz im Freistaat Sachsen ausschließen.
Das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 1. September 2009 hatte die Einführung des Widerspruchsverfahrens zur Erhebung der Klage zur Prüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsaktes der Rechtsanwalts- und Notarkammern vorgesehen.
Der Freistaat Sachsen hat bereits im Bundesgesetzgebungsverfahren im Jahr 2009 den Vermittlungsausschuss
mit dem Ziel des Verzichts auf die Einführung des Widerspruchsverfahrens in diesem Sinne angerufen. Die Rechtsanwalts- und Notarkammern haben vorgetragen, dass dieses Verfahren in beiden Berufsständen weder höhere Richtigkeitsgewähr der Entscheidungen noch eine nennenswerte Entlastung der Berufsgerichtsbarkeit erbringt.
Bleibt hinzuzufügen: Dieselbe Kammer muss sowohl über den Ausgangsbescheid als auch über den Widerspruch entscheiden.
Will man die Zielsetzung des Widerspruchsverfahrens, das heißt eine erneute unabhängige Überprüfung des Ausgangsbescheides, nicht unterlaufen, so ist die Einarbeitung eines anderen Berichterstatters in den Sachverhalt erforderlich, was zu einem erheblichen Mehraufwand der Kammern und zur Verlängerung des Verwaltungsverfahrens führt. Die Verlängerung der Verfahrensdauer wird auch mit der Mitwirkung Ehrenamtlicher und der oftmals geringen Mitwirkungsbereitschaft der betroffenen Rechtsanwälte und Notare, die aber oftmals bis zur Grenze des Zumutbaren mitarbeiten sollen, begründet.
Nach ausführlicher Diskussion im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss und der notwendigen Abwägung wird die CDU-Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Vor einem Trugschluss muss ich dennoch deutlich warnen. Handelt es sich hierbei um eine Spezialregelung, die Widerspruchsverfahren im Verwaltungsverfahren der Rechtsanwaltskammern und der Notarkammern nach Bundesrecht nicht einführt, so muss man deutlich sagen, dass dies kein Signal zu einer weiteren ungebremsten generellen Abschaffung von Widerspruchsverfahren sein kann.
Auf das Widerspruchsverfahren als außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren kann nur in Ausnahmefällen verzichtet werden. Drei Gründe sprechen deutlich für eine Beibehaltung dieser Vorverfahren.
Zweitens. Die Verwaltung steht unter einer stärkeren Selbstkontrolle. Sie steht natürlich auch unter dem Druck, eine Verwaltungsentscheidung, die nachprüfbar sein muss, zu erbringen. Wir haben sicherlich auch alle unsere Erfahrungen mit Verwaltungen, und nicht jede Verwaltung ist an dem Gradmesser einer sehr hohen Qualität messbar. Deshalb ist die Frage der Selbstkontrolle auch ein Schutz für die Verwaltung selbst.
Drittens. Die durch Verfahren bereits jetzt über Gebühr belasteten Verwaltungsgerichte im Freistaat Sachsen werden durch das Widerspruchsverfahren als Vorverfahren natürlich nicht belastet, sondern entlastet.
Für den Bürger bedeutet das aber auch: Die Klage, die notwendigerweise ergehen muss, wenn es keine Möglichkeit des Vorverfahrens mehr gibt, wird einen wesentlich höheren Kostenaufwand nach sich ziehen, und zwar für den Bürger, aber auch für den Staat. Denn Verwaltungsgerichte, die mehr an Eingängen haben, werden dann natürlich auch von dem jeweiligen Staatsminister der Justiz entsprechend ausgestattet werden müssen, damit die Rechtsgewährung der Bürger, die rechtliches Gehör verlangen, ermöglicht wird.
Die Abwägung im Ausschuss hatte ich dargelegt. Wir werden diesem Gesetzentwurf unsere Zustimmung geben.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schiemann, ich bedanke mich für Ihren Beitrag, vor allen Dingen für den zweiten Teil. Ich komme dann noch einmal darauf zurück.