der Truppe weitere 30 000 Mann entzogen. Im November 2004 hat dann der SPD-Verteidigungsminister Peter Struck einen bislang letzten Aderlass von 35 000 Mann vorgenommen. Die Gleichung "Weniger Soldaten = weniger Kasernen = weniger Standorte" ist da doch nur folgerichtig.
Was soll dann dieses kosten- und folgenlose Bekenntnis zur Bundeswehr? Die Soldaten wissen doch sehr genau, welchen ungedienten und militärfeindlichen Parteizivilisten der CDU/FDP, der SPD und der GRÜNEN sie ihre prekäre Einsatzlage, ihre mangelhafte Ausrüstung und ihre persönliche Planungsunsicherheit verdanken; und was DIE LINKE mangels Regierungsbeteiligung nicht vermurksen konnte, das macht Kollegin Köditz mit ihren Misstrauensanträgen in Gestalt Kleiner Anfragen, wie zum Beispiel der Drucksache 5/4594, mehr als wett.
Geradezu unverschämt erscheint mir das Argument für Sachsen, dass momentan 49 % aller in Auslandseinsätzen befindlichen Soldaten aus Mitteldeutschland stammen, wohingegen hier doch nur 20 % der Bevölkerung wohnen; und dass besonders viele hiesige Abiturienten zur Bundeswehr gehen und sich freiwillig als längerdienend melden, ist eben kein Zeichen besonderer Wehrhaftigkeit oder Bundeswehrverbundenheit, sondern es zeigt die immer noch herrschende berufliche Chancenungleichheit zwischen Ost und West. Für einen Berufssoldaten ist auch die von Ihnen geforderte heimatnahe Verwendung kein Argument, weil er im Laufe seines Berufslebens ohnehin bis zu 20 Mal versetzt wird.
Für die NPD aber ist die Landesverteidigung und damit die Einstellung zur Truppe keine wirtschaftliche Standortfrage, wie beispielsweise für einen Kaufhauskonzern wie Karstadt, sondern ein Bekenntnis zur allgemeinen Wehrpflicht, zur Bundeswehr in einer Größe, die abschreckende Wirkung auf einen potenziellen Gegner ausübt, für eine harte, realistische, gefechtsnahe Ausbildung, eine moderne und den Anforderungen gerecht werdende Ausstattung; denn für die Soldaten geht es ums Überleben und nicht, wie hier im Hohen Hause, um Sprücheklopfen
und eine Bekenntniskultur, die nicht zulässt, dass Soldaten von wild gewordenen Zivilhalunken straffrei als Mörder bezeichnet werden können.
Die politisch Verantwortlichen in Bund stehen nicht mehr vorbehaltlos hinter unseren Soldaten. Im öffentlichen Leben hat der Soldat nicht mehr die Achtung, die er verdient, obwohl er im Afghanistan-Krieg sein Leben einsetzt. Die Soldaten sind nur ein ungeliebtes, wenn auch nicht ganz verzichtbares Instrument einer US-hörigen Vasallenpolitik der herrschenden politischen Klasse, die noch nicht einmal den Schneid hat, einen Krieg auch einen Krieg zu nennen, und stattdessen noch immer von Friedensmissionen spricht.
Allein um die sächsischen Interessen zu artikulieren, werden wir Teilen des Antrages zustimmen. Ansonsten sehen wir auch die Begründung zum Teil sehr kritisch.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Ich rufe die zweite Runde auf. Es gibt eine Wortmeldung von der CDUFraktion. Frau Abg. Firmenich, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zum Eingang all das, was Herr Storr hier gesagt hat, entschieden zurückweisen,
und ich denke, dass mir das jeder abnimmt. Ich komme aus Frankenberg. Ich bin mit einem ehemaligen Offizier verheiratet und ich meine: All das, was die Bundeswehr in Frankenberg tut, das tut sie mit unserer größten Unterstützung. Es gibt ein sehr enges Verhältnis, und die Soldaten leisten eine sehr wichtige Arbeit, und dazu stehen wir. Das, was Sie gesagt haben, ist einfach nur eine Verhöhnung. Ich denke, das muss man entschieden zurückweisen.
(Beifall bei der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Andreas Storr, NPD: Die Soldaten haben den Freistaat schon gefragt, ob die Politik hinter ihnen steht! – Zuruf von der CDU: Hören Sie doch mal zu!)
Dass ich heute hier das Wort für unsere Standorte ergreife, hat auch etwas damit zu tun. Ich möchte damit beginnen: Der Staatssekretär Christian Schmidt aus dem BMVg hat im vergangenen Jahr den Standort in Havelberg besucht. Er ist vom dortigen Bürgermeister gefragt worden, wie es mit dem Standort stehe, und hat deutlich gesagt: Ein zweites Schneeberg wird es in keinem Fall geben.
Schneeberg ist geschlossen worden, obwohl man vorher 65 Millionen Euro in dieses Objekt investiert hatte. Wie schwer es ist, dort eine Nachnutzung zu finden, das
wissen Sie alle. Es hat kein Mensch verstanden, und es hat uns gelehrt, dass man rechtzeitig ein wenig darauf schauen muss, was dort geschieht.
Die derzeitige Reform ist in Planung. Die Feinabstimmung läuft noch und vieles von dem, was hier gesagt worden ist – auch von Ihnen, Herr Gebhardt –, denke ich, wird in dieser Reform mit bedacht, und die Bundeswehrreform wird sich daran ausrichten.
Wir als Sachsen haben unseren Einsparbeitrag gebracht – schmerzhaft; es hat uns sehr wehgetan, und ich denke, wenn wir heute unsere Forderung in Richtung Berlin stellen, dann ist es legitim: Keine weiteren Standortschließungen in Sachsen! Diese Botschaft, Herr Ministerpräsident, haben Sie mit Vehemenz und mit guten Argumenten – wenn man den Pressemeldungen glauben darf, auch mit Erfolg – an den entsprechenden Stellen deutlich zum Ausdruck gebracht.
Seit einigen Tagen melden verschiedene Zeitungen – ich sage Zeitungen und nicht das BMVg – positive Signale aus dem Bundesministerium der Verteidigung, wonach die sächsischen Standorte sicher sein sollen. Das hören wir gern. Aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Aus dem Kanzleramt ist zu vernehmen, dass man auf Arbeitsebene mit den derzeitigen Reformplänen das Sparziel von 8,4 Milliarden Euro für nicht erreichbar hält. Bis die Reform endgültig steht, gibt es also noch eine Reihe von Unwägbarkeiten, die uns keinesfalls Anlass geben sollten, sich in Sicherheit zu wägen und darauf zu warten, dass schon alles so kommen wird. Nein, wir müssen weiterhin vehement für den Erhalt unserer Bundeswehrstandorte eintreten,
Ich möchte die Gründe für den Bestand unserer Kasernen noch einmal deutlich nennen: Die allgemeine Wehrpflicht, die ab 1. Juli ausgesetzt und durch einen freiwilligen Wehrdienst ersetzt wird, zieht nach sich, dass die Bundeswehr also nicht mehr hergehen und junge Menschen zum Dienst verpflichten kann. Sie braucht junge Frauen und Männer, die bereit sind, einen Abschnitt ihres Lebens in den Dienst unserer Armee und damit in den Dienst unseres Landes zu stellen. Diese jungen Menschen findet sie mit Mehrheit in Sachsen, denn die Bereitschaft zum Dienst in der Bundeswehr ist nirgendwo so groß wie in Sachsen und in Thüringen. Das beweisen die Zahlen.
In der in Frankenberg stationierten Panzergrenadierbrigade 37 mit dem stolzen Namen „Freistaat Sachsen“ dienen derzeit circa 6 500 Soldatinnen und Soldaten, 5 300 davon kommen aus den neuen Bundesländern, darunter 2 500 allein aus Sachsen.
Auch der Anteil an Abiturienten, die sich für den Dienst bei der Bundeswehr entscheiden, ist in Sachsen höher als in den alten Bundesländern. Sie sind die Quelle für den
Das ist das entscheidende Argument, denn ohne diese Basis ist die notwendige Zahl von 15 000 freiwillig dienenden jungen Männern und Frauen wohl kaum zu erreichen. Die sächsischen Bundeswehrstandorte und auch die in Thüringen sind im Hinblick auf die Personalsituation ein festes und unverzichtbares Fundament für das Gelingen der Reform.
Wir haben aber nicht nur eine hohe Bereitschaft zum Dienst in den Streitkräften, sondern unsere Soldatinnen und Soldaten sind motiviert und bestens qualifiziert.
Ich hatte Gelegenheit, beim Auftaktbesuch des Bundesministers der Verteidigung Karl Theodor zu Guttenberg im Rahmen seiner Sommertour in Frankenberg dabei sein zu dürfen. Ich habe nicht nur eine vorzüglich aufgestellte Truppe erlebt, ich habe auch aufmerksam verfolgt, was die Soldaten auf die Fragen ihres obersten Dienstherrn geantwortet haben. Er hat sie gefragt: Sind Sie freiwillig hier? Etwas verdutzt über diese Frage kam bei allen die Antwort: Natürlich, wenn wir nicht gewollt hätten, dann hätten wir Gründe gefunden. Und er fragte die Zeitsoldaten: Würden Sie auch gern länger dienen, vielleicht statt vier Jahre lieber acht oder zwölf Jahre? Es gab niemanden, der sich nicht hätte vorstellen können, auch länger zu dienen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das waren keine Männer und Frauen, die in der Wirtschaft keine Chance gehabt hätten. Die meisten von ihnen haben bereits einen Beruf und konnten ihre mitgebrachten Kenntnisse bestens in ihre militärische Laufbahn einbringen. Sie arbeiten mit hoher Motivation und vorzüglicher Expertise. Was will ein Bundesminister der Verteidigung eigentlich mehr?
Ich denke, dass seine anerkennenden Worte am Ende seines Besuches ehrlich waren und sich der gute Eindruck, den er aus Sachsen mitgenommen hat, letztlich positiv für unsere Standorte auszahlen wird. Ich meine, er weiß sehr wohl, dass er dieses Potenzial für das Gelingen der Reform braucht. Das wiederum hängt am Erhalt unserer Standorte.
Die Bundeswehr ist sicherlich ein angesehener Arbeitgeber. Aber mit dem zunehmenden Fachkräftebedarf in der Wirtschaft muss sie sich dem Wettbewerb um die besten Köpfe stellen. Will sie diesen Wettbewerb nicht verlieren, muss sie ihren zukünftigen Soldatinnen und Soldaten neben einer einigermaßen attraktiven Vergütung eine heimatnahe Verwendung bieten. Die Sachsen haben in der Regel eine starke Bindung an ihre Heimat. Familie und Freunde sind ihnen wichtig. Diese Bindung an die Heimat, an die Familie und das Eingebettetsein in die Gemeinschaft, in die Vereine und Freundeskreise sind ein sehr wichtiger Aspekt, damit sie wissen, wenn sie im Ausland sind, dass zu Hause jemand an sie denkt und sie unterstützt.
Den typischen Wehrdienstleistenden, der den Querschnitt der Bevölkerung repräsentiert, wird es in Zukunft so nicht mehr geben. Diejenigen, die sich ab Sommer für den freiwilligen Dienst bei der Truppe entscheiden, tun das meistens mit der Option auf eine zukünftige Verwendung als Soldat auf Zeit für mehrere Jahre oder auch als Berufssoldat. Sie gehen diesen Weg im Wissen darum, dass sie an Einsätzen der Bundeswehr in Krisenregionen teilnehmen werden, die keinesfalls ungefährlich sind. Sie werden Belastungen ausgesetzt sein, die sie bis an die Grenze ihrer Leistungs- und Leidensfähigkeit bringen werden.
Um diese Belastungen tragen zu können, braucht jede Soldatin und jeder Soldat den Rückhalt der Familie und die Zugehörigkeit zu einem vertrauten sozialen Umfeld. Unsere sächsischen Garnisonsstädte pflegen alle eine sehr enge Verbindung zu ihren Kasernen. Die dort stationierten Soldatinnen und Soldaten werden als Teil der Bevölkerung fest in die Gemeinschaft integriert. Frauen und Männer in Uniform gehören zum Stadtbild. Im Rahmen von Patenschaften zwischen Gemeinden und Einheiten der Bundeswehr wurde schon so manches gemeinnützige Projekt verwirklicht und wenn Not am Mann ist, dann stehen Soldatinnen und Soldaten der Gemeinschaft zur Seite.
Die Kommunen revanchieren sich ihrerseits. Sie sorgen für angemessenen Wohnraum und weisen Bauplätze für Eigenheime aus, sie stellen Kindergartenplätze bereit und hoffen, dass die jungen Familien der Bundeswehrangehörigen hier dauerhaft ihren Lebensmittelpunkt finden. Zum Soldatenleben gehört sicherlich auch, an verschiedene Standorte versetzt zu werden, aber in der Regel bleiben die Familien dennoch am Heimatort wohnen. Verlieren wir jedoch eine Kaserne, dann verlieren wir auch viele Familien.
Der Bundesminister der Verteidigung hat aber noch mehr in Sachsen gesehen, und zwar eine Infrastruktur vom Feinsten. Mit der 13. Panzerdivision in Leipzig, der Offiziersschule des Heeres in Dresden, der Unteroffiziersschule in Delitzsch und der Panzergrenadierbrigade 37 "Freistaat Sachsen" mit den zwei sächsischen Standorten in Frankenberg und Marienberg sind wir gut aufgestellt. Insgesamt wurden in die Standorte der Panzergrenadierbrigade in den vergangenen Jahren circa 500 Millionen Euro investiert. In die Kaserne meiner Heimatstadt wurden allein 68,6 Millionen Euro investiert.
Die neueste Errungenschaft ist ein modernes Sozialgebäude mit Speisenversorgung, Internetcafé und Kegelbahn – alles auf dem neuesten Stand. Auch die Steuerung der Energieversorgung funktioniert über ein modernes Bussystem, damit die Betriebskosten niedrig gehalten werden. Dieses Geld haben Sie, ich und alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes mit ihren Steuern aufgebracht. Damit geht man verantwortungsvoll um.
Nicht zu vergessen sind die wirtschaftlichen Aspekte. Sie wurden heute bereits genannt. Sie sind zwar für den Bundesminister der Verteidigung kein Kriterium, aber für kleine Garnisonsstädte wie Frankenberg ist es nicht unerheblich. Die Bundeswehr vergibt Aufträge in den Regionen. Allein 1 000 Soldatinnen und Soldaten täglich zu versorgen ist für die Wirtschaft in der Region beachtlich. Bundeswehrangehörige zahlen Steuern, sie kaufen in den Geschäften der Stadt, sie besuchen die Gaststätte, sie nutzen die Kultureinrichtungen und bringen ihre Kinder in die Schulen und Kitas. Zusätzlich arbeiten zivile Mitarbeiter in den Kasernen und verdienen dort ihr Geld.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vom März 2009 bis April 2010 war die Panzergrenadierbrigade 37 unter dem Kommando von General Jörg Vollmer als Leitbrigade für das 19. bis 21. Einsatzkontingent im Rahmen der ISAF-Mission in Afghanistan.
Wir haben die Soldatinnen und Soldaten auf dem Marktplatz in Frankenberg in den Einsatz verabschiedet und wir haben sie nach ihrem Einsatz wieder zu Hause begrüßt. Sie, Herr Ministerpräsident, haben durch Ihre persönliche Teilnahme am Appell den Soldatinnen und Soldaten gezeigt, dass der Freistaat Sachsen zu ihnen steht.
In diesem Jahr bereiten sich nun die Frauen und Männer der sächsisch-thüringischen Brigade erneut auf ihren nächsten Einsatz im kommenden Jahr vor. Dann werden wieder mehrheitlich Sachsen und Thüringer unter Führung von Brigadekommandeur Oberst Kropf eine gefährliche Mission antreten. Geben wir ihnen Rückhalt und die Gewissheit, dass sie nach ihrem Einsatz in ihren sächsischen und thüringischen Heimatstandorten von ihren Familien, Kameraden, Freunden und Mitbürgern mit offenen Armen erwartet werden!