Ich könnte an dieser Stelle noch viele weitere Fragen stellen, zum Beispiel: Wie soll das Kulturreiseland Sachsen weiter aussehen, wenn sich die Staatsregierung auf juristisch höchst fragwürdige Weise an unserem Kulturraumgesetz zu schaffen macht? Wie wollen wir mehr ausländische Touristen für uns begeistern, wenn wir nicht mehr in der Lage sind, erfolgreiche Programme für Weltoffenheit und Toleranz fortzuführen?
Oder: Wie soll die Destinationsbildung aussehen, wenn nur drei Regionen überhaupt in der Lage sind, die dafür vorgesehenen Förderkriterien zu erfüllen?
Meine Damen und Herren! Auf alle diese wichtigen Fragen finde ich in Ihrem Antrag keine Antwort. Daher kann ich eine Zustimmung nicht empfehlen. Tourismus ist eine wichtige Zukunftsbranche für Sachsen, deren Entwicklungspotenzial wir erkennen und nutzen wollen. Ich möchte mich ausdrücklich für die gute Arbeit der Tourismusakteure vor Ort und für die vielen Hinweise und Förderungen für eine konzeptionelle Weiterentwicklung durch den Landestourismusverband bedanken.
Meine Damen und Herren! Tourismus hat auch immer etwas mit Erholung zu tun. Ich persönlich hoffe, dass sich der sächsische Tourismus zeitnah von Ihrer verfehlten Politik erholen kann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade weil der Tourismus eine Wachstumsbranche ist, drängen wir GRÜNEN seit Jahr und Tag die Staatsregierung und die Akteure vor Ort, sich anzustrengen. Doch ist dieser Antrag in diesem Bemühen mehr als eine hilflose Geste?
Die vom Wirtschaftsministerium vor über sechs Jahren vorgelegte Studie zur Tourismuspolitik zeigte damals konkrete Arbeitsfelder für fünf bis sieben Jahre auf. Auf die Umsetzung warten wir noch heute. Der Regierungsentwurf des Tourismuskonzeptes wurde in der von uns initiierten Anhörung hart kritisiert. Dann geschah wieder nichts. Die Auswertung dieser Anhörung lässt der uns heute vorliegende Antrag überhaupt nicht spüren.
Da wir der Regierung gern unter die Arme greifen, haben wir im letzten Jahr – die Vorredner haben ihn schon zitiert – einen Antrag zum Tourismuskonzept eingereicht. Wir forderten darin unter anderem eine Strategie zur Neuausrichtung der Tourismusförderung, konzentrierte Förderung bestimmter Destinationen, mehr fachliche Begleitung der Städte und Regionen, mehr Kooperationen dort, die Verbesserung ressortübergreifender Kommunikation mittels einer interministeriellen Clearingstelle und die Ablösung der überalterten Software des Systems Turbo.
Die Koalition springt nun mit ihrem Antrag auf den Zug mit einem grünen Lokführer auf. Ihre Forderungen bleiben allerdings sehr allgemein und verklausuliert. Man kann sogar darüber mutmaßen, ob dieser Antrag vielleicht das Nichthandeln des Ministers kritisieren soll. Man weiß es nicht.
Wenn ich Sie jetzt fragen würde, würden Sie natürlich Nein sagen und Sie seien mit dem Minister sehr zufrieden. Aber ich weiß nicht, mit welchem Ernst Sie das wirklich vertreten wollen, da das Tourismuskonzept der Regierung immer noch aussteht. Man hätte sich jedenfalls gewünscht, Sie hätten wenigstens von unserem GRÜNEN-Antrag abgeschrieben; denn er war viel konkreter als Ihrer.
Verstehen Sie das bitte nicht falsch. In solchen Fällen bestehen wir auf Quellenangabe. Autor ist hier mein Kollege Michael Weichert, dem ich von hier aus herzlich gute Besserung und baldiges Wiederkommen wünsche.
Dieser Antrag ist allerdings so unkonkret geblieben, dass man ihn als Plagiat nicht wirklich bezeichnen kann, eher als Vertuschung von Nichtstun. Die Einbringungsreden waren entsprechend.
Kommen wir zum Inhalt. In Punkt 1 fordern Sie chancenreiche Schwerpunkte für die Tourismusförderung. Ja, richtig. Aber welche sollen es sein?
Wo bleibt der Trend zu den Aktivurlauben? Wo bleibt die Förderung von Gesundheits- und Wellnessurlauben der Kurorte, gerade im ländlichen Raum? Im GRÜNENTourismusantrag schlugen wir endlich vor, den Ökotourismus und die Erschließung sächsischer Regionen mit umweltfreundlichen Verkehrsarten aufzunehmen, touristische Wegenetze auszubauen und deren Verknüpfung zu Wander- und Reitwegen zu verarbeiten und gerade auch für die Wintersportregionen Anpassungsstrategien zu entwickeln. Nichts davon!
Leider steht auch die umweltfreundliche und touristisch attraktive Erschließung der touristisch wichtigen Regionen durch den öffentlichen Verkehr nun gerade stark infrage. Auch das sollte ein Grund zum Umdenken in
Ihrer Verkehrspolitik sein. Trotz der erfreulich gestiegenen Tourismuszahlen geht die Inanspruchnahme des öffentlich so stark subventionierten privatwirtschaftlichen Flugverkehrs zurück. Sie sollten dort nachdenklich werden. Wir halten es nämlich für ausgesprochen wichtig, uns nicht nur auf den Städtetourismus zu fokussieren, sondern Tourismus gerade im ländlichen Raum zu fördern.
Wie kann die Regierung hierfür innovative Potenziale fördern und erschließen? Sie liefern nicht einmal den Ansatz einer Antwort. Das in Punkt 2 vorgeschlagene Standortmarketing gibt es schon und es ist im stark gekürzten Haushalt mit üppigen 30 Millionen Euro ausgestattet. Wozu jetzt noch einmal pseudoaktivistische Beschlüsse? Warum gelang es eigentlich nicht, bisher mit so viel Geld eine solche Standortinitiative anzukurbeln?
In Punkt 3 wollen Sie klare und effiziente Strukturen und Ebenen zwischen den touristischen Akteuren schaffen, und Sie schlagen in den Punkten 7 und 8 eine interministerielle Arbeitsgruppe vor. Das beantragen zwei regierungstragende Fraktionen anderthalb Jahre nach dem Regierungsbeginn. Mein Gott, warum macht es die Regierung nicht endlich, können Sie das einmal erklären?
Interessant wäre stattdessen die in Punkt 6 beschworene Neuausrichtung der Förderung gewesen, aber die bleibt nur nebelhaft. Schwerpunktsetzung für eine schlagkräftige Destination ist richtig; doch nach unserer Meinung erfüllt der aus Österreich abgeschriebene Kriterienkatalog nicht die Anforderungen für die Entwicklung in Sachsen. Das ist so, als würde man das Erzgebirge gießen und hoffen, dass es wächst und so hoch wird wie die Alpen.
Aber so richtig spannend wird es bei der Machbarkeit Ihrer angeblich neuen Ansätze. In Punkt 4 fordern Sie – ich zitiere – „die zunehmende Einbeziehung von Unternehmen, die vom Tourismus profitieren, in die Finanzierung“. Richtig. Dann müssen Sie aber auch den Mut haben, es umzusetzen, und dürfen es nicht blockieren, wie zum Beispiel zurzeit in Dresden. Schade, hätten Sie sich durchringen können, unserem Antrag aus dem Mai vorigen Jahres zuzustimmen, dann hätten Sie einen konkreten Arbeitsauftrag für die Regierung längst gehabt, ohne heute so säuseln zu müssen und um die Defizite herumzureden. Es ist nicht alles falsch, was drinsteht, aber so wahrscheinlich wirkungslos. Wir werden uns enthalten und wir sind gespannt, wann die Regierung endlich mit ihrer Arbeit anfängt.
Zum Abschluss der ersten Runde in der allgemeinen Aussprache die NPD-Fraktion. Herr Dr. Müller, Sie haben jetzt die Möglichkeit zu sprechen.
Danke. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich richtig liege, behandeln wir heute zum vierten Mal innerhalb von nicht einmal zwei Jahren hier im Plenum das Thema Tourismus in Sachsen. Im Mai 2009 brachte die damals noch Oppositionsfraktion FDP einen Zehn-Punkte-Plan als Antrag ein. Im Januar 2010 folgte seitens der Koalitionsfraktionen eine Aktuelle Debatte zu diesem Thema, worauf dann – zumindest von CDU und FDP – bislang nichts mehr zu hören war.
Allerdings fand im Oktober 2010 anlässlich eines Antrags der Fraktion der GRÜNEN eine Sachverständigenanhörung zu dem Thema Tourismusstrategie statt. Unbenommen ist die Tourismuswirtschaft für den Freistaat ein bedeutender Zweig, der seine Würdigung im Plenum durchaus erfahren darf, und das besonders auch im Lichte der aktuell veröffentlichten Zahlen des Statistischen Landesamtes für 2010.
Allerdings wundert mich ein wenig, weshalb die Koalitionsfraktionen im Dezember 2010 einen Antrag in den Geschäftsgang geben, der dann im März 2011 ins Plenum gezogen wird, worin die Vorlage einer Tourismusstrategie gefordert wird, wenn doch im FDP-geführten Wirtschaftsministerium längst der Entwurf eines solchen kursieren soll. Liegt es daran, weil es diesen Entwurf bereits Mitte Juni 2010 gab und seitdem nichts weiter vorangegangen ist oder weil es inhaltliche Differenzen zwischen den Koalitionsfraktionen und der Staatsregierung gibt?
Nachdem wir mitbekommen durften und auch von der TMGS bestätigt bekamen, dass die internationale Tourismusbörse in Berlin aus der Sicht Sachsens sehr erfolgreich bewertet wurde, bin ich mir nicht sicher, ob man nicht nur wieder einen typischen Berichts- und Strategie/Konzeptionseinforderungsantrag à la CDU/FDP einreichen wollte, wie es auf circa 30 der bisher knapp 70 Koalitionsanträge zutrifft, nur um sich wieder einmal selbst zu beweihräuchern. Für eine ernsthafte Befassung wäre es doch auch möglich gewesen, den bereits existierenden Strategieentwurf, der das Papier aus 2004 fortschreiben soll, als Antrag einzureichen und hier zum Beispiel eine Sachverständigenanhörung dazu zu beantragen. Doch so viel Debatte will man dann zu dem Thema doch nicht.
Zustimmen wird die NPD-Fraktion diesem Antrag trotzdem, und zwar wegen seiner Unschädlichkeit. Wie die Strategie, die daraus resultieren wird, von uns bewertet wird, steht wiederum auf einem anderen Blatt; darüber können wir uns später noch unterhalten. Grundsätzlich stehen wir hinter dem Thema Tourismus, gerade weil 2010 bereits ein sächsisches Tourismusrekordjahr war, denn schließlich sollen ja die Stärken gestärkt werden. Die NPD-Fraktion freut sich über die 6,4 Millionen Gäste und über die über 16 Millionen Übernachtungen.
Die NPD freut sich auch darüber, dass Sachsen mit einer Steigerung auf 14,5 % den unter allen Bundesländern höchsten Zuwachs an Gästen aus dem Ausland verbuchen durfte. Wir freuen uns aus wirtschaftlichen Gründen darüber, aber auch, weil dies Ihrer unsachlichen Argumentation hinsichtlich der Bewertung von NPD-Erfolgen und Tourismusentwicklung diametral widerspricht. Gerade dorthin, wo Deutschland noch Deutschland, wo Sachsen noch Sachsen ist, reizt es offensichtlich ausländische Urlauber, hinzureisen.
Die Schwerpunktfelder liegen auf der Hand. Diese sind vorwiegend im Zweiturlaubsziel Sachsen der Kulturtourismus, der Radtourismus, aber auch der Gesundheitstourismus. Mit Blick auf die Übernachtung zeigt sich deutlich, dass die Tourismuswirtschaft insbesondere für die ländliche Peripherie von besonderer Bedeutung ist.
Allerdings darf gerade in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, wie wichtig die kommunale Finanzausstattung, die ländliche Infrastruktur, das Einkaufsangebot und vieles mehr sind. Hier hege ich meine Bedenken, ob die Staatsregierung diesbezüglich das richtige Problembewusstsein besitzt und adäquat aufgestellt ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich direkt noch einmal auf Herrn Günther eingehen. Herr Günther, Sie sprachen von einem Mangel an Viersternehotels. Ich muss das aus Sicht eines im ländlichen Raum Wohnenden widerlegen: Wir haben in der Sächsischen Schweiz in Rathen ein Viersternehotel, in Bad Schandau ein Viersternehotel und ein Fünfsternehotel, in Sebnitz ein zur Zertifizierung beantragtes Viersternehotel, aber wir haben nicht die Gäste. Wir haben auch nicht die Infrastruktur drumherum und es ist leider Gottes so geworden, dass die Gäste in den Viersternehotels lieber in den Ballungszentren übernachten, in den von Ihrer verfehlten Leuchtturmpolitik bevorteilten Regionen. Die wohnen alle in Dresden, in Leipzig, machen Tagesausflüge in die Sächsische Schweiz oder nach Seiffen.
Herr Günther, Sie wissen es doch selbst: Ihr Freizeitbad in Seiffen dümpelt vor sich hin, es wird in dem Sinne nicht gebraucht. Genauso geht es in vielen anderen Dingen in der Peripherie auch. Da sollten Sie ein generelles Umdenken in Ihrer Politik machen – weg von den Leuchttürmen, auch zur Stärkung des ländlichen Raumes,
Zum Fazit: Wenngleich die NPD-Fraktion nichts gegen die Vorlage einer Tourismusstrategie einzuwenden hat, muss ich darauf verweisen, dass dies mehr als ein Papier sein muss, und vor allem, dass das Thema Tourismus auch als politisches Querschnittsthema zukünftig aufgegriffen wird. Insofern sind wir gespannt.
Meine Damen und Herren! Mir liegen weitere Wortmeldungen für eine zweite Runde vor. Ich frage trotzdem die Staatsregierung, ob sie das Wort ergreifen möchte. – Das ist nicht der Fall. Es spricht Frau Windisch für die CDUFraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte doch noch vor dem offiziellen Schlusswort einige Punkte beleuchten – und zwar sachlich und nicht polemisch. Wir hatten zum Thema Tourismus schon bessere Debatten hier in diesem Haus, wo sich die Opposition noch Gedanken in der Sache gemacht und nicht nur platte Polemik von sich gegeben hat.