(Kopfschütteln des Abg. Prof. Dr. Andreas Schmalfuß, FDP – Dr. Volker Külow, DIE LINKE: Er ist sprachlos! – Zuruf von der SPD: Er kann nicht!)
Meine Damen und Herren! Die Fraktion der NPD hat ihren Redebeitrag zurückgezogen. Damit ist die erste Runde beendet. Besteht noch Redebedarf für eine zweite Runde? – Herr Mann, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Damen und Herren, insbesondere die Vertreter der Regierungsfraktionen! Ich muss jetzt erst einmal feststellen, dass wir wieder eine Debatte gehört haben, die gezeigt hat, dass Sie keine einheitliche Position zur Hochschulentwicklungsplanung haben und kein Konzept, was Sie hier in diesem Raum vorstellen könnten. Sie haben wieder über zwei verschiedene Wege gesprochen. Das lässt mich befürchten, dass wir auch in absehbarer Zeit kein solides Modell einer Hochschulentwicklungsplanung durch die Sächsische Staatsregierung vorgelegt bekommen. Das halte ich für vollkommen fatal.
Zum Zweiten will ich natürlich auf die Kritik von Herrn Prof. Schneider eingehen. Da waren wieder gewollte Missverständnisse. Wenn wir sagen, in Wissenschaftsforen müssen auch Vertreter der Studierendenwerke und der Sitzkommunen der Universitäten sitzen, dann geht das natürlich von dem derzeit bestehenden und vorgestellten Modell von Wissenschaftsräumen aus. Die Zeit bleibt auch im Wissenschaftsministerium nicht stehen, und wir gehen auf Vorschläge des Wissenschaftsministeriums ein. Sie ignorieren diese offensichtlich. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie das weiter tun. Wir versuchen, uns konstruktiv einzubringen.
Sie haben Ihre Lüge wiederholt, dass Sie 300 Stellen zusätzlich erhalten oder gar geschaffen hätten. Sie haben nur 300 Stellen nicht gekürzt, die sich die Hochschulen selber verdient haben und welche die demografische Entwicklung rechtfertigt; nichts anderes. Die Behauptung wird auch durch Wiederholungen nicht besser.
Sie haben im Übrigen keinen Bezug darauf genommen, dass der Finanzminister in den Haushaltsberatungen 60 % der Hochschulpaktmittel des Bundes einbehalten hat. So viel zum Thema, was uns Hochschulen wirklich kosten.
Was mich wirklich einmal interessieren würde, ist, was herauskommen würde, wenn wir ausrechnen würden, was wir an Mitteln durch Hochschulen gewinnen, und zwar durch einen Zuzug an Bevölkerung, durch Effekte der Forschung und durch Hochschulpaktmittel des Bundes und durch Mittel, die außeruniversitäre Forschungsinstitutionen nach Sachsen bringen. Das alles in der Summe ist mehr, als wir derzeit aufwenden müssen, um die Stellenausstattung konstant zu halten. Das sind die Potenziale der sächsischen Hochschulen.
Sie haben immer nur ein degressives Modell in der Vorstellung, das vom Kürzen redet. Da wird gern behaup
tet, alle Mittel gehen zurück. Nach meinen Erkenntnissen stiegen die Steuereinnahmen in Sachsen in den vergangenen Jahren. Das liegt nicht zuletzt daran, dass wir innovative und forschungsstarke Hochschulen haben, die wir uns erhalten müssen.
Zu guter Letzt will ich noch einmal eine Aufforderung an Sie richten. Sie haben hier mehrfach Kritik geäußert. Aber – wie gesagt – eine abgestimmte Position, mit der Sie in die Diskussion gehen, meinetwegen auch in die Auseinandersetzung mit dem Staatsministerium, habe ich bis heute nicht erkennen können bzw. haben Sie nicht erkennen lassen. Ich bitte Sie nochmals eindringlich, diesen Prozess zum Erfolg zu führen. Anderthalb Jahre in der Hochschulentwicklungsplanung lavieren vertragen diese Hochschulen nicht weiter.
Vielen Dank, Herr Mann. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage nun die Staatsregierung. – Frau Ministerin Prof. Schorlemer, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wer sich in den Niederungen der hochschulpolitischen Diskussionen dieser Tage umhört, könnte den Eindruck gewinnen, als sei das Ziel einer im konstruktiven Dialog mit den Hochschulen und Forschungseinrichtungen klug vernetzten Wissenschaftspolitik in Sachsen aus dem Blick geraten. Dabei ist für die Arbeit der Hochschulen nichts schädlicher, als jede Woche mit einem neuen Plan konfrontiert oder über die Medien mit unausgegorenen Ideen verunsichert zu werden.
Wir setzen daher in der Arbeit am Hochschulentwicklungsplan auf eine solide und fachlich orientierte Arbeit. Der Hochschulentwicklungsplan ist eine der Schwerpunktaufgaben der Staatsregierung in dieser Legislaturperiode, an der wir kontinuierlich arbeiten. Wir tun dies zügig. Wir nehmen uns aber die Zeit, die wir brauchen, um vorab und ohne großen Medienrummel die wichtigen Punkte mit den Hochschulen und anderen politischen Akteuren zu beraten. Wir klären für die Hochschulen die großen Linien sowie wichtige Detailfragen, von denen – wie Sie alle wissen – in der Realität oft der Erfolg oder das Scheitern des großen Ganzen abhängt.
In diesem Sinne wollen wir beispielsweise auch die Hochschulentwicklungsplanung mit der baulichen Entwicklungsplanung verbinden. Hierzu sind wir seit einigen Wochen in konkreten Abstimmungsprozessen mit dem Staatsministerium der Finanzen.
Meine Damen und Herren! Der Hochschulentwicklungsplan beschäftigt sich mit nichts weniger als mit der Zukunft unserer Hochschulen. Er legt die Eckpunkte der Entwicklung für ein ganzes Jahrzehnt fest – ein Jahrzehnt, das große Herausforderungen an die Hochschulen stellen wird. Ich möchte an dieser Stelle nicht zum wiederholten Male darstellen, vor welchen Aufgaben unsere Hochschulen angesichts der demografischen Entwicklung, der restriktiver werdenden Finanzmittel und der Anforderungen einer alternden Gesellschaft, die zugleich immer internationaler wird, stehen. Sie alle wissen, dass wir für das Wohl des Freistaates mehr denn je auf die Geistes- und Innovationskraft unserer Hochschulen und auf ihre Fähigkeit, hoch qualifizierte Fachkräfte und gebildete junge Menschen hervorzubringen, sowie auf ihre Rolle als geistige Zentren des Landes angewiesen sind.
Hinzu kommt die Eigendynamik des Wissenschaftssystems selbst, das durch die Akademisierungsschübe der vergangenen Jahre eine Studierendenschaft hervorgebracht hat, die mit Blick auf ihre Herkunft und ihre Ansprüche immer vielfältiger wird. Das ist gut so. Wenn wir für alle Schichten und Gruppen der Gesellschaft die Tür zu einem akademischen Studium öffnen, kann die Hochschule in die gesamte Gesellschaft zurückwirken und das erforderliche lebenslange Lernen, welches wir in der alternden Gesellschaft so sehr brauchen, für alle Realität werden lassen.
Nur dann können die Hochschulen wesentlich zum sozialen Zusammenhalt – zur Kohäsion – unserer Gesellschaft beitragen. Die Hochschulen müssen sich deshalb darauf einstellen, mehr um Studierende zu werben und verschiedenste Bedürfnisse und Ansprüche der Studierenden unter ein Dach zu bringen.
Zugleich schreitet die Differenzierung innerhalb der einzelnen Fachdisziplinen voran. Es nimmt außerdem die gesellschaftliche Notwendigkeit zu, die Lösung der Probleme über die Fachgrenzen hinaus zu erarbeiten. Unsere Forscher werden immer mehr gefordert, nicht nur mit den Fachvertretern der eigenen Hochschule, sondern auch mit internationalen akademischen Forschungsnetzwerken zusammenzuarbeiten. Zugleich müssen sie Ideen von außen aufgreifen – etwa von den außeruniversitären Forschungseinrichtungen oder denjenigen, die in der freien Wirtschaft forschen.
Meine Damen und Herren! Dies ist kurz dargestellt der komplexe Hintergrund, vor dem wir die Arbeit am Hochschulentwicklungsplan voranbringen – und zwar im Einklang mit dem Sächsischen Hochschulgesetz. Wir werden in Kürze den Hochschulentwicklungsplan dem Kabinett vorstellen und veröffentlichen. Darauf aufbauend werden die Hochschulen ihre jeweiligen eigenen Entwicklungspläne für die Hochschulen erarbeiten.
Diese bilden wiederum die Grundlage für den Abschluss von mehrjährigen Zielvereinbarungen zwischen dem SMWK und den Hochschulen.
Wir sind uns bewusst, dass die Qualität der Hochschulentwicklungsplanung eine entscheidende Grundlage für die zukünftige Steuerung der Hochschulen über Zielvereinbarungen sein wird. Zur Etablierung dieser neuen Form der Steuerung werden wir das Verhältnis zwischen Staat und Hochschulen weiter aktiv ausgestalten – und zwar auf Grundlage der §§ 10 und 11 des Sächsischen Hochschulgesetzes.
Dafür unternehmen sowohl das SMWK als auch die Hochschulen zahlreiche Anstrengungen, welche sich nicht zuletzt in einem umfassenden und empfängerorientierten Hochschulberichtswesen niederschlagen werden. Rechenschaftspflichten gegenüber der öffentlichen Hand sind zu sichern. Für die Hochschulen wird die momentan verfügbare Datenbasis deshalb konkret weiterentwickelt.
Meine Damen und Herren! Wir fordern unsere Hochschulen mit hohen Ansprüchen an ihre Entwicklung heraus. Wir muten ihnen zu, sich messbare und abrechenbare Ziele zu stecken. Wir werden deren Einhaltung überprüfen und mit finanziellen Folgen verbinden.
Inhaltlich erwarten wir von den Hochschulen sichtbare Fortschritte in der Profilbildung – und zwar auch unter Beachtung des Angebotes anderer Hochschulen. Wir werden Fortschritte in der Qualitätssicherung und bei der Umsetzung des Gleichstellungsauftrages durchsetzen und natürlich mit jeder einzelnen Hochschule spezifische Ziele festlegen. Jede einzelne Hochschule soll sich aufbauend auf ihren spezifischen Stärken und unter Kenntnisnahme ihrer eigenen Schwächen weiterentwickeln. Wir werden seitens des SMWK die nötigen Impulse und Vorgaben geben, um landesweit ein qualitativ hochwertiges und abgestimmtes Fächerangebot zu erreichen. Mit einer Einheitspolitik für alle werden wir weder den Hochschulen noch den Ansprüchen unserer Gesellschaft gerecht.
Meine Damen und Herren! Es ist das erklärte Ziel der Staatsregierung, Wissenspotenziale im Freistaat zu halten, neue heranzuziehen und die vorhandenen zu stärken. Wir haben dabei stets auch die Regionen im Blick. Bei einem Ministerium, welches außerdem für die Technologieförderung zuständig ist, ist das naheliegend. Wir wollen die optimale Entwicklung der Regionen fördern. Wir schaffen die Grundlagen für Innovationen und damit für eine positive Entwicklung des Freistaates in wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht.
Die Hochschulen sollen sich auch – das ist das klare Ziel – über die Grenzen Sachsens hinaus als attraktive geistige Zentren entwickeln. Gleichwohl sollen sie als Attraktionspunkte für junge Menschen aus aller Welt und als Ansprechpartner für Wirtschaft und Gesellschaft für grundlegende Entwicklungs- und Zukunftsfragen dienen.
Bei allen politischen Diskussionen wird in diesen Tagen oft vergessen, welche Erfolge unsere Hochschulen für ein relativ kleines Land beispielsweise – das wurde erwähnt – in der Vorrunde der Exzellenzinitiative einfahren konnten. Lassen Sie mich an dieser Stelle den Akteuren in den Hochschulen – vor allem der TU Chemnitz und der TU Dresden – ganz herzlich zu ihren Erfolgen gratulieren und für ihr großartiges Engagement danken.
Vergessen wir nicht: Die Universität Leipzig hat ein überzeugendes Zukunftskonzept vorgelegt – allerdings gelang es nicht, das Exzellenzcluster, welches ebenfalls als zweites Element erforderlich war, auf den Weg zu bringen. Wir unterstützen die Exzellenzinitiative. Wir haben dies bereits in der Phase der Antragstellung getan. Wir unterstützen sie im ständigen Dialog aktuell weiter.
Meine Damen und Herren! Im Gegenzug zu diesen vielfältigen Forderungen, die wir an die Hochschulen herantragen, erwarten die Hochschulen von uns Sicherheit. Sie erwarten Planungssicherheit über alles, was sich politisch sinnvoll festlegen lässt. Sie erwarten außerdem eine finanzielle Sicherheit, um mit der notwendigen inhaltlichen Arbeit voranschreiten zu können. Die Planungssicherheit ist elementar für unsere Hochschulen.
Wir haben mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 die Weichen gestellt. Der Freistaat Sachsen gibt – gemessen an seiner eigenen Wirtschaftskraft – viel Geld für die Hochschulen aus. Beim Anteil der Grundmittel am Bruttoinlandsprodukt liegt Sachsen bei allen Flächenländern mit 1,4 % an der Spitze. Der Durchschnitt der alten Länder liegt bei 1 %. Gemessen am Anteil des Hochschulhaushaltes am Gesamthaushalt vom Soll 2010 her gesehen, liegt Sachsen mit 5,7 % an zweiter Stelle aller Flächenländer und damit deutlich über dem Durchschnitt der alten Flächenländer von 5 %.
Dieses Niveau zu halten ist Ziel der Staatsregierung und soll über eine mehrjährige Vereinbarung über die Höhe des Zuschusses zwischen den Hochschulen und der Staatsregierung, aufbauend auf dem Hochschulentwicklungsplan, umgesetzt werden. Damit erhalten die Hochschulen die nötige Sicherheit, um vor allem auch personelle Entscheidungen zu treffen, die in der Regel langfristig bindend sind. Wissen ist nun einmal keine Ware, die man kaufen kann. Es kann auch nicht spontan generiert werden. Es steckt in den Köpfen, muss entwickelt werden, und wir müssen als Landespolitiker alles tun, um den klugen Köpfen attraktive Bedingungen für ihre Arbeit zu bieten. Genau hierzu gehört nicht zuletzt die Planungssicherheit für unsere Hochschulen.
Der Hochschulbereich wird und darf also nicht in gleichem Umfang vom geplanten Stellenabbau betroffen sein.
Der ursprünglich in der Hochschulvereinbarung von 2003 vorgesehene Abbau von 300 Stellen in den Jahren 2011 und 2012 wurde unter dem Aspekt des Hochschulpaktes 2020 mit dem Bund ausgesetzt. Damit wurde auch die hohe Belastung, zum Teil auch die Überlastung der Hochschulen berücksichtigt. Den Hochschulen stehen also 300 Stellen mehr zur Verfügung, als sie erwarten konnten. Diese benötigen sie aber auch dringend, um die Qualität der Lehre zu bewältigen und mit dem Ansturm von Studierenden, aus dem Hochschulpakt resultierend, zurechtzukommen.
Für die Jahre 2013 bis 2015 ist ein Abbau von jährlich 100 Stellen vereinbart. Danach wird nach einer Überprüfung entschieden, wie viele weitere Stellen bis 2020 abzubauen sind. Im Jahre 2016 werden sich auch die kurzfristigen Schwankungen durch die doppelten Abiturjahrgänge und die Aussetzung der Wehrpflicht beruhigt haben und wir werden deutlicher als heute abschätzen können, wie unsere Hochschulen angesichts des demografischen Rückganges der Zahl der sächsischen Abiturienten auszustatten sind. Insgesamt wird sich der Stellenabbau an den Hochschulen bis 2020 in einem Bereich zwischen 8 bis 11 % bewegen – und damit unter der Zahl für den gesamten öffentlichen Bereich.