Protokoll der Sitzung vom 25.05.2011

Spätestens seit 2009, also vor über zwei Jahren, haben die kommunalen Vertreter in der Anteilseignerversammlung der Sachsen-Finanzgruppe klar und deutlich artikuliert, dass sie diese Finanzgruppe aufgelöst haben wollen, bis hin zu der Äußerung, wenigstens den Freistaat müsste man einmal hinauswerfen.

Wir haben so viele Probleme in der Sparkassenlandschaft zu lösen, und trotzdem sind wir seit über zwei Jahren immer noch nicht mit einem Gesetzentwurf befasst, und das ist ein mittelgroßer Skandal, meine Damen und Herren.

(Ganz vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Das Geschäftsmodell der Sparkassen steht vor großen Herausforderungen: Basel III, das gerade in Europa, in Brüssel diskutiert wird, bringt viele Probleme mit sich, denn Europa ist immer noch der Meinung, dass Basel III auch eins zu eins auf die Sparkassen angewendet werden

muss. Das bringt für uns Eigenkapitalprobleme in die Sparkassen hinein.

Wir haben weiterhin die Frage, ob die Sparkassen handlungsfähig sind, auch über ihre Grenzen hinaus, und das europafest. Wir haben das Problem, dass die Demografie auch für die Sparkassen eine große Rolle spielt, weil auch ihnen in Zukunft nicht nur Kunden, sondern natürlich auch Einlagen abhandenkommen werden.

Unter solchen Bedingungen müssen wir endlich Ordnung in das System bringen. Ordnung in das System heißt: auf mehreren Ebenen.

Erstens kann es nicht sein, dass wir seit der Kreisgebietsreform in manchen Landkreisen zwei Sparkassen für einen Landrat haben. Das muss aufhören. Das Prinzip „ein Kreis und maximal eine Sparkasse“ muss endlich wieder ins Recht gesetzt werden.

Wir haben weiterhin das große Thema Spaltung der Sparkassenlandschaft. Wir brauchen die Auflösung der Sachsen-Finanzgruppe so schnell wie möglich und auf jeden Fall mit einem festgelegten Termin.

(Beifall bei den LINKEN)

Eine Rückabwicklung als offene Option und möglichst noch ohne Gesetzgeber ist mit der LINKEN nicht zu machen.

Und eine kleine Frage, die vielleicht nicht ganz unwesentlich ist, die man aber auch beantworten müsste: Wer soll denn in Zukunft unsere Sparkassenzentralbank sein? Auch dazu gibt es bisher keine Antworten und keine Informationen seitens des Finanzministeriums.

Wie ich schon sagte, waren wir sehr, sehr geduldig mit der Staatsregierung, denn gut Ding will Weile haben. Aber irgendwann ist natürlich auch unsere Geduld mal am Ende. Daher frage ich Sie hier und heute, Herr Staatsminister: Was hindert Sie daran, endlich diesem Landtag ein neues Sparkassengesetz auf den Tisch zu legen? Was hindert Sie, die Auflösungsbestimmung offenzulegen? Wir haben ein originäres, eigenes sächsisches Problem zu lösen. Hier redet uns fast niemand hinein. Sie müssen nur Einigkeit erzeugen. Seit drei Jahren wird der Finanzausschuss, wird dieses Parlament vertröstet, wird auf den nächsten Termin verschoben, wird gesagt, das kommt alles noch. Entweder sind Sie nicht fähig, dieses Problem zu lösen,

(Volker Bandmann, CDU: Na, na, na!)

oder aber Sie sind nicht bereit, die notwendigen Informationen dem Parlament gegenüber herauszugeben.

Wir wünschen uns Antworten auf diese Fragen. Hier und heute haben Sie die Gelegenheit.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Für die CDU-Fraktion spricht als nächster Redner Herr Rohwer.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Wie das?)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Scheel, für den historischen Abriss, bei dem Sie nur geschildert haben, wie es aussieht. Es ist, wie es ist; danke, dass Sie mir das abgenommen haben, dann muss ich es nicht noch einmal tun.

Aber lassen Sie uns jetzt einmal darüber diskutieren, wie wir mit den Sparkassen wirklich weitermachen; denn ich habe aus Ihrem Antrag herausgelesen, dass Sie darüber diskutieren wollen.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, Sie haben Ihren Antrag mit den Worten „Der sächsische Weg“ überschrieben, und ich finde es gut, dass Sie diese Worte gewählt haben;

(Beifall des Abg. Thomas Kind, DIE LINKE)

denn diese Worte stehen für solide, kontinuierliche und verlässliche Politik in unserem Freistaat.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Träum’ weiter! – Dr. André Hahn, DIE LINKE: Aber nicht bei den Banken!)

Mit diesen Worten zeigen Sie Ihre Bereitschaft, ebenfalls in diesen Kanon der klugen Politik einzusteigen, wenngleich Ihr Antrag natürlich einiger Anmerkungen bedarf.

Sparkassen stehen für eine unschätzbare Tradition und für Werte, die noch heute aktuell sind. Sparen ist die Grundvoraussetzung für Investitionen, für Wohlstand und Innovation, und es ermöglicht Nachhaltigkeit und Stabilität.

Noch heute ist es Ziel der Sparkassen, das Sparen zu fördern. Es gehört immer noch zu dem Selbstverständnis der Sparkassen, für jeden da zu sein. Diese Idee hat schon unzählige Menschen und unser Land als Ganzes vorangebracht. Das Erfolgsgeheimnis gründet sich vor allem auf der Nähe zum Kunden, sei es ein Privatkunde, sei es ein mittelständisches Unternehmen. Die Mitarbeiter der Sparkasse kennen die Menschen und die Projekte vor Ort. Daher ist das Regionalprinzip der Sparkassenorganisation auch so gewichtig und längst nicht überholt.

Die Finanzkrise hat unser gesamtes Bankenwesen vor große Herausforderungen gestellt; auch die Sparkassen müssen Konsequenzen daraus ziehen.

Meine Damen und Herren! Auch in der Finanzwelt muss Freiheit an Verantwortung gebunden werden. Das Geschäftsmodell der Sparkassen verlangt Ergebnisorientierung, verliert aber nicht den Blick für das gesellschaftliche Umfeld. Daher kann man mit gutem Recht davon sprechen, dass die Sparkassenidee noch immer modern ist.

Die Sparkassen müssen sich weiter rigoros auf ihre eigentlichen Stärken und Tugenden konzentrieren können:

konzentrieren auf die Kunden vor Ort und deren vernünftige Interessen. In Abwandlung des Slogans einer großen Kammerorganisation will ich einen Werbeslogan für die Sparkassen vorschlagen: „Sparkasse – die Bank von nebenan“.

Die Geschichte der Sachsen LB hat uns schmerzlich vor Augen geführt, was passiert, wenn man den Verlockungen schneller Gewinne auf internationalen Finanzmärkten erliegt.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Und wenn die Aufsicht versagt!)

Es lässt sich nicht schönreden: Finanzielle Folgen für den sächsischen Haushalt gibt es; darüber haben wir hier im Sächsischen Landtag bereits mehrfach diskutiert.

Die Sachsen-Finanzgruppe war Anteilseigener – gemeinsam mit dem Freistaat Sachsen – der Sachsen LB. Diese ist mittlerweile verkauft worden, es gibt sie nicht mehr. Der Freistaat Sachsen ist immer noch größter Anteilseigner der Sachsen-Finanzgruppe. Mit der Vereinbarung der Anteilseigner der Sachsen-Finanzgruppe zum Ausscheiden des Freistaates Sachsen aus der Gruppe können künftig die kommunalen Anteilseigner in eigener Verantwortung – ohne Zutun des Freistaates – selbst über die Zukunft der Sachsen-Finanzgruppe entscheiden. Ob sie die Sachsen-Finanzgruppe erhalten, auflösen, umstrukturieren oder ob sie überregionale Kosten in der SFG bündeln, ist allein Sache der Kommunen. Ich vertraue dabei in deren Kompetenz und Weitsicht, um im knallharten Wettbewerb weiter zu bestehen. Die SachsenFinanzgruppe ist dann eine kommunale Veranstaltung.

Die Vereinbarung zwischen den Anteilseignern der Sachsen-Finanzgruppe zum Ausscheiden des Freistaates Sachsen liegt dem Parlament seit Anfang April dieses Jahres vor. Am 8. Juni werden wir im Haushalts- und Finanzausschuss darüber abstimmen. Ich halte es erst ab Zustimmung des Landtages für sinnvoll, über ein neues Sparkassengesetz zu verhandeln und zu sprechen. Die Dinge müssen klar getrennt sein, die SachsenFinanzgruppe in kommunaler Hand muss frei zur eigenen Entscheidung sein.

Nach dem Ausstieg des Freistaates aus der SFG müssen wir uns der Diskussion um das Gesetz über die öffentlichrechtlichen Kreditinstitute im Freistaat Sachsen – kurz Görk oder auch Sparkassengesetz genannt – stellen. Ich betone: Diese Diskussion steht an.

Die inhaltliche Ausgestaltung wirft einige Fragen auf. Zum Beispiel: Wo soll die Landeszentralbankfunktion angesiedelt sein? Oder: Wie gehen wir zukünftig mit dem Gewinn der Sparkasse um? Soll er ausgezahlt oder in der Bilanz rückgestellt werden?

Herr Rohwer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Sehr gern, wenn es zu dem Teil passt, bei dem ich gerade bin.

Herr Scheel.

Vielen Dank, Herr Rohwer! Können Sie mir einen wirklich nachvollziehbaren Grund nennen, warum es denn so schwierig ist – selbst wenn wir diese Vereinbarung im Vorhinein beschließen sollten –, das Gesetz einfach danebenzulegen, sodass man schon weiß, worüber man spricht, und sich nicht ein bisschen über den Tisch gezogen fühlt?

Ich habe nicht den Eindruck, dass wir uns über den Tisch gezogen fühlen. Herr Scheel, Sie haben in Ihren Ausführungen, die Sie vorhin gemacht haben, völlig vergessen, darauf hinzuweisen, dass die Vereinbarung mittlerweile vorliegt. Sie wissen auch, dass der Antrag, über den wir heute diskutieren, aus dem Januar letzten Jahres ist, also reichlich ein Jahr zurückliegt.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Von Ihnen zurückgelassen!)

Insofern ist er nicht mehr aktuell. Aber er bietet eine gute Grundlage, um heute eine Debatte zu führen.

Ich habe gesagt, dass wir dann auch darüber sprechen müssen, was mit dem Gewinn der Sparkassen passiert – „Basel III“ ist schon angesprochen worden –: Soll er ausgezahlt oder in der Bilanz rückgestellt werden?

All diese Fragen sind in den nächsten zwölf Monaten zu besprechen. Des Weiteren müssen wir darüber diskutieren, ob wir eine Regelung treffen, die pro Landkreis eine Sparkasse festschreibt. In jedem Fall muss weiter sichergestellt sein, dass das Regionalprinzip erhalten bleibt; sonst bekommen wir Beihilfeprobleme mit der Europäischen Kommission.

Die Idee der Sparkasse darf bei aller Diskussion nicht aus den Augen verloren werden. Jeder soll die Chance bekommen, sich etwas aufzubauen. Es geht darum, gemeinsam wirtschaftlich erfolgreich zu sein, Verantwortung zu tragen und für nachhaltigen Wohlstand zu sorgen. Sorgen wir dafür, dass die Prinzipien, die die Sparkassen starkgemacht haben, weiter im Vordergrund stehen!

Heinrich Haasis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, sagte einmal: „Sparkasse, das bedeutet nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg, das ist gelebte Verantwortung vor Ort, das ist aber vor allem eine menschliche und verantwortliche Form des Bankgeschäfts.“ Recht hat er.