Auch in schulorganisatorisch unterschiedlichen Angeboten lässt sich die Durchlässigkeit erreichen, sodass von vornherein keine Festlegung auf bestimmte Schulformen geprägt ist. Wir wollen also keine plakative Gleichmacherei, die Heterogenität von Lerngruppen in schulischen Lernangeboten zwar postuliert, sich aber in der Ausgestaltung von Schulen nur halbherzig stellt.
Die Verschiedenheit von individuellen Voraussetzungen bei den Kindern verlangt nach unterschiedlichen Wegen, um ihnen einen möglichst hohen Schulabschluss zu ermöglichen. Schülern und Eltern ist dabei die Möglichkeit, über die Mittelschule zur höheren Abschlüssen zu kommen, oftmals zu wenig präsent. Das ist sicher ein Problem, das man anerkennen muss. Demgegenüber – Sie hatten Baden-Württemberg angesprochen, Frau Dr. Stange – erwirbt dort mittlerweile ein Drittel der Abiturienten die Hochschulzugangsberechtigung über die Realschule und das berufliche Gymnasium.
Ich darf an dieser Stelle Herrn Prof. Rekus von der Uni Karlsruhe zitieren. Er sagt: "Der zweite Weg zur Hochschulreife, der über die qualitativ anspruchsvollen Realschulen führt, sollte nicht leichtfertig verspielt werden. Als spezifischer Bildungsgang, der auch eine Option zum Abitur bereithält, ist er neben dem gymnasialen Schnellweg unentbehrlicher denn je. Das Bildungswesen muss alles daransetzen, Bildungsaufstiege auch durch unterschiedliche Organisationsformen zu ermöglichen.“
Meine Damen und Herren! Natürlich sind für die Ausgestaltung der Oberschule weitere organisatorische und inhaltliche Maßnahmen notwendig. Sie reichen – dies ist bereits gefragt worden – von der Ressourcenabsicherung der genannten Leistungsgruppen über die zweite Fremdsprache ab Klasse 6 bis hin zur noch engeren Kooperation der Mittelschulen und Berufsschulzentren bzw. auch der beruflichen Gymnasien miteinander bis zur Frage der Ausbildung der Lehrkräfte. Ich gehe schon davon aus, dass wir uns diesen Erfordernissen auch weiter stellen werden, dass das Ganze jedoch nicht von heute auf
Meine Damen und Herren! Auch die Fragen der Intensivierung von Berufs- und Studienorientierung stehen dabei mit auf der Agenda und sind auch Gegenstand des Antrages. Wir haben dieses Thema erst kürzlich recht ausführlich diskutiert, deshalb möchte ich darauf nur kurz eingehen. Die Berufs- und Studienorientierung wurde in Sachsen, beginnend mit der Einführung der neuen Lehrpläne 2004, grundlegend strukturell überarbeitet und systematisiert.
Neben der Förderung der ökonomischen Bildung soll die Verbesserung der Koordinierung vieler Einzelprojekte und Initiativen erreicht werden. Das Beachten der regionalen Bedürfnisse und Bedingungen ist dabei eine sehr wichtige Voraussetzung, wenn Entwicklungs- und Ausbildungswege bis hin zum Ausbildungsabschluss möglichst erfolgreich und ohne Umbrüche gelingen sollen. Die Wahrnehmung der Verantwortung für Berufs- und Studienorientierung hat mittlerweile regional sehr viele unterschiedliche Vorgehensweisen hervorgebracht.
Aber die maßgeblichen Akteure in diesem Prozess sind in jedem Fall die Einrichtungen der kommunalen Selbstverwaltung, die Wirtschaftsförderer, allgemein- und berufsbildende Schulen, die Arbeitsagenturen, Unternehmen, Kammern, Arbeitskreise Schule – Wirtschaft, Träger der Grundsicherung für die Arbeitssuchenden und die freien Bildungsträger.
Ich sage an dieser Stelle sehr deutlich: Es macht Sinn, dass gerade die Fragen der Berufs- und Studienorientierung so breit angelegt sind – auch organisatorisch –, weil damit am ehesten den unterschiedlichen Interessenlagen insbesondere in diesem Bereich besser entsprochen werden kann, als wenn man versucht, das Ganze nur über die Schule zu lösen oder der Schule als Aufgabe aufzuerlegen.
Meine Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag wird auch das Thema Inklusion angesprochen. Ich denke, wir sind uns darin einig, dass wir mit der Umsetzung dieses Anliegens zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der UN-Behindertenkonvention immer noch sehr in den Kinderschuhen stecken, insbesondere den Schulbereich betreffend. Wir müssen uns deshalb schnell und zielführend auf den Weg machen. Ich denke, darin sind wir uns einig. Ohne im Detail an dieser Stelle darauf einzugehen, muss dieses Thema auch Bestandteil der konzeptionellen Weiterentwicklung nicht nur der Mittelschule, sondern auch aller anderen Schularten sein.
Es ist nicht allein ein schulpolitisches, sondern auch ein gesamtgesellschaftliches Anliegen. Insofern ist bei der Umsetzung sicher offensives Herangehen gefragt, aber auch Sensibilität und Achtung vor den Interessen und Vorstellungen derjenigen, die davon unmittelbar betroffen sind. Es kann auch nicht um einen politischen Wettbewerb nach dem Muster „Schneller, höher, weiter!“ bei der Umsetzung dieser Konvention gehen. Es geht darum, dass eine gesellschaftliche Integration von Menschen mit
Behinderungen wirklich ernsthaft stattfindet. Wir werden, denke ich, zeitnah die Möglichkeit haben, dieses Thema noch einmal zu vertiefen und entsprechende Konzepte zu entwickeln, die dem Thema der Inklusion im Schulbereich gerecht werden.
Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag bezieht sich auf die Umsetzung des Koalitionsvertrages. Das ist im Redebeitrag von Frau Dr. Stange bereits gesagt worden. Deshalb möchte ich zum Abschluss die Gelegenheit nutzen, aus dem Koalitionsvertrag zu zitieren. Dort heißt es: „Gut gebildete, sozial kompetente, weltoffene und kreative Menschen sind die wichtigste Grundlage für die künftige Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Unabhängig von der sozialen und ethnischen Herkunft haben Kinder und Jugendliche auch künftig einen Anspruch auf eine chancengerechte und individuelle Bildung, die jedem Einzelnen den für ihn bestmöglichen Abschluss und Aufstieg durch Bildung ermöglicht.“
Meine Damen und Herren! Diese Rahmenvorgabe macht deutlich – sicherlich in hehren Worten –, dass das Thema Bildung einen hohen Stellenwert für diese Koalition hat. Es wird aktuell und in nächster Zukunft darauf ankommen, diesen hohen Anspruch weiter mit Leben zu erfüllen.
Konflikte sind dabei möglicherweise auch in unseren eigenen Reihen unvermeidlich. Entscheidend ist jedoch, dass wir das gesteckte Ziel, gerade mit Blick auf die Weiterentwicklung unseres Schulsystems, wirklich erreichen.
Deshalb will ich schließen mit der grundoptimistischen Aussage eines deutschen Bundeskanzlers, der einmal sinngemäß gesagt hat: „Über den Weg kann man streiten; entscheidend ist, was hinten rauskommt.“
Für die CDU-Fraktion sprach Herr Kollege Colditz. – Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Kollegin Falken.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Colditz, selbstverständlich ist wichtig und entscheidend, was hinten rauskommt. Aber wenn Sie nicht einmal bereit sind, ein bestehendes Projekt vernünftig zu evaluieren und anzuerkennen, welche Ergebnisse in dieser Evaluation zu den existierenden Gemeinschaftsschulen vorhanden sind, dann werden Sie nie optimal herausfinden, welcher Weg der richtige ist. Vor allen Dingen kommt immer hinten etwas raus, was eigentlich nicht gut für die Schülerinnen und Schüler ist.
Dazu muss man ganz klar sagen: Wir haben existierende Gemeinschaftsschulen, auch wenn das Bild der Gemein
schaftsschule für uns noch nicht das ist, was wir als LINKE eigentlich haben wollen. Wir haben Gemeinschaftsschulen. So lax und locker darüber hinwegzugehen, wie Sie es eben mit der Frage von Herrn Brangs getan haben, halten wir für sehr arrogant und überheblich. Die CDU sagt, was richtig ist, ohne irgendetwas zu evaluieren und ohne ernsthaft darüber nachzudenken, und dann ist das so und dann hat sich das erledigt. Abtreten! Das ist etwas, was wir als Opposition so nicht akzeptieren.
Die bessere Ausgestaltung der sächsischen Mittelschule ist zwingend notwendig, und zwar personell wie auch inhaltlich. Ich denke, das ist eine Aussage, die von jeder demokratischen Fraktion hier im Hohen Haus unterschrieben werden kann. Veränderungen in der Mittelschule, die sich lediglich darauf beziehen, dass die Bildungsempfehlungen verändert werden, sind keine ernsthafte Veränderung oder Verbesserung der Mittelschulen.
Bei den Punkten, die Sie, Herr Colditz, gerade in Ihrem Redebeitrag genannt haben, welche Veränderungen es an der Mittelschule gegeben hat, stellt sich für mich sofort die Frage – ich habe sie auch von einigen Kollegen meiner Fraktion gehört –: Was ist denn daran das Neue, außer der veränderten Bildungsempfehlung? Das sollten Sie wirklich noch einmal überprüfen. Wenn das die neue Oberschule werden soll, reicht das noch lange nicht aus.
Klar ist – das müssen wir einfach akzeptieren –, dass mit der CDU in der Regierung hier im Freistaat Sachsen kein längeres gemeinsames Lernen zu erreichen ist. Das heißt, für diese Legislaturperiode werden wir die Zweigliedrigkeit Gymnasium und Mittelschule mit der Untergliederung für Haupt- und Realschüler an den Mittelschulen haben. Das bedeutet für uns als LINKE, dass wir für eine Stärkung und Verbesserung der Bedingungen an sächsischen Mittelschulen weiterhin kämpfen werden.
Führt es zum Lernerfolg für alle Schülerinnen und Schüler im Freistaat Sachsen? Die Antwort von unserer Fraktion ist darauf klar und eindeutig, und es gibt kein Zögern. Die Antwort heißt: Ja, das längere gemeinsame Lernen ist unser Ziel.
Wir bleiben klar bei unserer Forderung: eine Schule für alle, längeres gemeinsames Lernen, Inklusion, keine Trennung der Schülerinnen und Schüler in gute und schlechte nach der 4. Klasse.
Nun haben wir ja – Frau Stange wird sich in Ihrem zweiten Beitrag dazu sicher noch äußern – von Herrn Dulig und Frau Stange in der Presse gelesen, dass es ein
neues Konzept bei der SPD gibt, welches auch eine klare Zweigliedrigkeit vorsieht. Dazu muss ich fragen – Frau Stange, Sie können ja dann darauf antworten –: Mir ist nicht so richtig klar, was Sie eigentlich wollen. Wollen Sie eine verbesserte Oberschule, wie es in Ihrem Antrag steht, oder wollen Sie, wie Sie in der Presse neulich dargestellt haben, eine Gemeinschaftsschule, oder was wollen Sie eigentlich? Das, was Sie in der Presse vorgestellt haben, ist auch keine Gemeinschaftsschule. Unter Gemeinschaftsschule verstehen wir das längere gemeinsame Lernen aller Kinder – eine Schule für alle. Ich habe Angst davor, dass Sie gerade dabei sind, dieses Thema wieder einmal zu zerstückeln. Wenn ich das richtig sehe, sind Sie nicht mal mehr in Ihrer eigenen Partei sicher, ob das, was Sie vorgeschlagen haben, wirklich durchdiskutiert ist oder nicht.
Ich sage es Ihnen hier: Ich habe Anrufe von Ihren Kollegen bekommen, die mich ganz erstaunt gefragt haben: Was ist denn in der SPD los? Wieso machen wir kein längeres gemeinsames Lernen mehr? Wieso machen wir weiterhin die Zweigliedrigkeit?
Gut, das müssen Sie in Ihrer eigenen Partei klären. Das ist nicht unsere Aufgabe. Trotzdem haben wir als LINKE bei diesem Weg, den Sie einschlagen wollen, Bedenken. Es steht zum Beispiel die Frage: Wo lassen Sie denn die Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen oder mit besonderem Förderbedarf? Werden diese Kinder zukünftig eher in Ihrer Gemeinschaftsschule sein oder eher im Gymnasium, das weiter existiert? Ich glaube, das ist eine entscheidende und wesentliche Frage; denn ich hatte den Eindruck, dass wir in der Diskussion unter den Bildungspolitikern schon wesentlich weiter waren.
Nun höre und lese ich – hallo, Frau Dr. Stange hat es eben wieder gesagt –: Sie wollen einen großen Schritt auf die CDU zugehen. Darf ich das jetzt so verstehen, dass es das erste Angebot einer gemeinsamen Regierung nach 2014 sein soll? Aber Sie haben ja sowohl von Herrn Wöller wie auch von Herrn Colditz gehört, dass Sie damit schon einmal nicht angekommen sind. Wenn Sie sich erinnern, dass die letzte Regierungszeit für Sie eher auch nicht unbedingt erfolgreich war, sollten Sie sich das wirklich in diesem Punkt noch einmal überlegen.
Die einzelnen Punkte Ihres Antrages sind natürlich selbstverständlich gut. Daran gibt es keinen Zweifel. Aber dies auch dann auf Kosten der Gemeinschaftsschule oder eine Schule für alle aufzugeben, dafür stehen wir nicht zur Verfügung. Über 80 % der Eltern in Sachsen wünschen sich das längere gemeinsame Lernen. Fragen Sie einmal Ihren Koalitionspartner. Dieser hatte in der letzten Legislaturperiode eine Befragung durchgeführt, die sogar noch günstiger war als unsere. Dann möchte ich Sie auch daran erinnern, dass Sachsen eine andere Geschichte als Hamburg hat. Sehen Sie doch nicht ständig das Schreckge
Zum anderen ist es natürlich notwendig, dass ein Antrag allein für eine Veränderung der Mittelschule, in welcher Art auch immer, nicht ausreicht. Das heißt, dass wir hier ein neues Schulgesetz brauchen. Das gilt übrigens sowohl für die Oberschule als auch für die möglicherweise neue Gemeinschaftsschule.
Unter der CDU-Regierung – das habe ich schon gesagt – werden wir immer eine Form von Mittelschule haben. Deshalb werden wir Ihren Antrag heute nicht ablehnen, sondern wir werden uns enthalten.
Die Oberschule ist doch in der Aussage der CDU ein reines Feigenblatt der FDP. Im Wahlkampf sprach die FDP noch vom längeren gemeinsamen Lernen, in der Koalition haben Sie dann die Oberschule aufgedrückt bekommen, und bis heute wissen wir nicht, wann, wie und wo diese Oberschule hier in Sachsen entstehen wird.
Wir gehen von unserem Ziel nicht ab, das heißt: eine Schule für alle, längeres gemeinsames Lernen, keine Trennung der Schülerinnen und Schüler nach der 4. Klasse.
Das war Frau Kollegin Falken für die Fraktion DIE LINKE. – Für die FDP spricht jetzt Herr Kollege Bläsner.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe SPD! Kurz dachte ich beim Lesen der Überschrift: Die Sozialdemokraten haben verstanden. Aber spätestens nach den ersten Zeilen wurde klar, dass die SPD nichts verstanden hat. Da hilft es auch nichts, wenn Sie den schönen Namen „Oberschule“ verwenden. Verstärkt wurde meine Skepsis dann auch, als ich letzten Freitag von Ihrem neuen Projekt, der Gemeinschaftsschule light, erfuhr. Dazu kann ich nur sagen, dass das der Versuch eines bildungspolitischen Geisterfahrers ist. Das wird schiefgehen.