Herr Tischendorf, ich lasse keine Zwischenfrage zu. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass Sie genügend Redezeit haben, Ihre Probleme vortragen zu können.
Ich habe keine Angst vor Ihnen, vor Ihnen gleich gar nicht. Ich möchte aber eine gewisse Sachlichkeit und Wahrheit hineinbringen. Dabei sind Ihre Zwischenfragen sicherlich nicht hilfreich.
Frau Köpping, Ihnen möchte ich etwas ins Stammbuch schreiben. 2006 bestand bereits die Möglichkeit, hier ein Sächsisches Gaststättengesetz zu erarbeiten. Ich weiß nicht, wer damals dafür verantwortlich war, liebe Frau Köpping. Sicherlich war es in Verantwortung der SPD. Da haben Sie sich mit Ihrem Redebeitrag einen Bärendienst erwiesen. Seien Sie mit Ihren Änderungsanträgen etwas vorsichtig. Aber dazu kommen wir in der nächsten Runde.
Eine Kurzintervention; Frau Präsidentin, herzlichen Dank. – Fakt ist doch eines, Herr Heidan: Ein Großteil der Änderungen, die jetzt in unserem Änderungsantrag stehen, dürfte Ihnen nicht unbekannt sein. Das sind die, die Sie im Ausschuss abgelehnt haben. Aber es ist ja bei Ihnen üblich, dass Sie das vergessen. Das ist kein Problem.
Im Übrigen verstehe ich etwas nicht, Herr Heidan. Ich habe große Teile meiner Rede darauf verwendet darzustellen, dass es darum geht, ein ordentliches parlamentarisches, demokratisches Verfahren zu akzeptieren und nicht diese infantile Rechthaberei durchzuziehen. Jetzt fangen Sie wieder einmal damit an und sagen: Mit dem Änderungsantrag hier zeigen Sie, dass dieser Gesetzentwurf nicht sinnvoll ist. Herr Heidan, Sie haben es nicht verstanden, es tut mir leid. Ich weiß nicht, ob Sie die Geschäftsordnung dieses Hauses schon einmal gelesen haben. Das sollten Sie tun, denn das bildet auf jeden Fall und hilft dabei, parlamentarische Verfahren zu verstehen.
Das ist nicht der Fall. Gibt es weiteren Redebedarf? – Das ist auch nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. Herr Minister, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute liegen Ihnen zwei Entwürfe über ein Sächsisches Gaststättengesetz vor. Die Staatsregierung begrüßt ausdrücklich, dass sich beide Entwürfe von dem Gedanken leiten lassen, Bürokratie abzubauen. Das ist ein Anliegen, das die Sächsische Staatsregierung auch in anderen Gesetzgebungsbereichen vertritt. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Kritik, die Frau Köpping in der Debatte geäußert hat, eingehen.
Es ist nicht so, dass jeder, wie Sie es angedeutet haben, einfach einmal so eine Gaststätte eröffnen kann. Jemand, der eine Gaststätte eröffnen möchte, ist vielmehr – da unterscheiden sich die Gesetzentwürfe nicht – verpflichtet, in einem festgelegten Zeitraum vor der Eröffnung die Absicht anzuzeigen, sodass die Verwaltung ausreichend Zeit hat, auf das Ansinnen zu reagieren, es zu prüfen und, falls es erforderlich sein sollte, auch zu versagen. Ich bin da ganz auf der Linie von Michael Weichert, dass nicht hinter jedem Gastronomen jemand zu vermuten ist, der Unrechtes im Schilde führt, sondern grundsätzlich dem Ansinnen der Gastronomen zu vertrauen. Das ist auch ein grundsätzliches Prinzip im Umgang zwischen Staat und Bürgern. Wir sollten unseren Bürgern eher vertrauen, als ihnen per se zu misstrauen.
Wenn ich mir die beiden Gesetzentwürfe anschaue, wie sie heute vorliegen, dann muss ich aus Sicht der Staatsregierung feststellen, dass im Gesetzentwurf, wie er von den LINKEN vorgelegt wurde, verschiedenen Punkten nicht in ausreichender Form Rechnung getragen wurde. Auch nach Überfliegen des heute vorgelegten Änderungsantrages bleibe ich bei dieser Auffassung.
Zwei Punkte, in denen es um die Ermächtigungsgrundlagen bezüglich der Sperrzeitenregelung und die Informationspflichten im Rahmen der Vereinsgastronomie geht, hatte Kollege Herbst bereits angesprochen. Ich möchte noch zwei Punkte ergänzen, die aus Sicht der Staatsregierung nicht ausreichend geregelt sind: Es geht um die Frage der grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung. Hier fehlen die europarechtlichen Voraussetzungen. Es fehlen auch die Regelungen bezüglich der Anerkennung der Zuverlässigkeitsüberprüfung anderer Bundesländer.
Insofern möchte ich Ihnen namens der Staatsregierung empfehlen, den Gesetzentwurf von CDU und FDP in der Fassung des Ausschusses heute anzunehmen.
Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zu der von Herrn Kollegen Stange angesprochenen Winterschadensverordnung. Wir hatten Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren,
ein unbürokratisches Verfahren für die Kommunen versprochen. Der Sächsische Rechnungshof hatte vorgegeben, für jede einzelne Schlaglochbeseitigungsmaßnahme den Kommunen einen Antrag abzufordern und für jede dieser einzelnen Maßnahmen einen Verwendungsnachweis zu erstellen und diesen zu überprüfen. Es hat über vier Wochen gedauert, dem Rechnungshof dieses bürokratische Verfahren auszureden. Ich bedaure, dass es so lange gedauert hat; aber im Interesse unserer Kommunen haben wir uns die Mühe gern gemacht.
Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur Neuordnung des Gaststättenrechts in Sachsen. Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE. Wenn es keinen Widerspruch gibt, verfahren wir so.
Ich beginne mit den Änderungsanträgen und rufe die Drucksache 5/6212 auf, Änderungsantrag der SPDFraktion. Möchten Sie diesen noch einbringen? – Bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit jedem neuen Gesetz, das wir in den nächsten Jahren in diesem Hause verabschieden werden, entsteht für uns eine wunderbare Chance: Wir haben jedes Mal die Möglichkeit, das neue Gesetz daraufhin zu überprüfen, ob es den Anforderungen des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen standhalten kann. Das ist nicht nur eine Möglichkeit, das ist auch ein völkerrechtliches Gebot.
Mit der Ratifizierung der UN-Konvention am 26. März 2009 haben wir uns dazu verpflichtet. Die UNKonvention besitzt den Rang eines Bundesgesetzes, ist damit den Ländergesetzen übergeordnet, und wenn wir ein neues Gesetz in diesem Hause verabschieden, sollten wir das berücksichtigen.
Ich hatte nun, nachdem wir in diesem Hause schon viele Debatten über die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention geführt haben, gehofft, dass die Bewusstseinsbildung im sächsischen Parlament zu diesem Thema nicht mehr so sehr in den Kinderschuhen steckt wie zu Beginn der Legislatur. Offenbar habe ich mich getäuscht; denn in beiden vorliegenden Anträgen wurde nicht ein einziger Gedanke der Tatsache gewidmet, dass den Menschen mit Behinderungen, aber auch Familien mit Kinderwagen oder älteren mobilitätseingeschränkten Menschen Zugang und Nutzung zu den sächsischen Gaststätten gewährt werden soll. Besonders im Fall der Partei DIE LINKE finde ich das bedauerlich. Wenn Sie das bedacht hätten, hätte es die CDU dann zumindest noch abschreiben können.
Werfen wir einen Blick darauf, wie es funktionieren kann. Im Bremischen Gaststättengesetz heißt es beispielsweise: „Vom Gaststättenbetreiber ist die nach Bestimmung der Bremischen Landesbauordnung hergestellte barrierefreie Benutzbarkeit und Erreichbarkeit der für Gäste bestimmten Räume dauerhaft sicherzustellen.“
Hier ist also zum einen der Anspruch im Gaststättengesetz benannt, dass Kneipen, Restaurants, Hotels und Gasthäuser so gebaut sein müssen, dass Menschen mit Mobilitätseinschränkungen uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten vorfinden. Zweitens ist hier ein Verweis auf die Landesbauordnung verankert. Das ist ein ganz wichtiger Punkt; denn falls Sie damit argumentieren wollen, dass es ja in der Landesbauordnung geregelt sein müsste und deswegen nicht in das Gaststättengesetz hineingehört, kann ich Ihnen nur sagen: Es ist aber in der Sächsischen Bauordnung nicht klar geregelt. Solange die Sächsische Bauordnung in § 52 nicht obligatorisch vorschreibt, dass barrierefrei gebaut werden muss, brauchen wir diesen Änderungsantrag.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sind nicht immer nur die sozialpolitischen Forderungen, bei denen wir an Menschen mit Behinderungen denken sollen. Eine praktische Gleichstellung muss im wahren Leben gewährleistet sein, und das findet eben auch in Gaststätten statt. Denken Sie bitte beim Verabschieden dieses Gesetzes daran, eine Zugänglichkeit für alle Menschen zu schaffen – und bei den folgenden Gesetzentwürfen in den nächsten Jahren bitte auch, und zwar rechtzeitig.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Anliegen der SPD ist wichtig und richtig, aber an dieser Stelle falsch aufgehoben; denn von der Systematik her – Sie haben es offensichtlich nicht verstanden – koppeln wir bewusst das Gaststättenrecht vom Fachrecht ab, auch beim Baurecht. Das heißt aber nicht, dass das Thema Barrierefreiheit deshalb hinten herunterfällt. Es ist exakt geregelt, und zwar in § 50 der Sächsischen Bauordnung sind Gaststätten explizit erwähnt. Ich kann Ihnen das zum Nachlesen geben, das hilft vielleicht weiter. Wir brauchen Ihren Antrag nicht, meine Damen und Herren.
Ich würde ganz gern auf Herrn Herbst reagieren: Ich möchte Ihnen gern den § 52 der Sächsischen Bauordnung zitieren – Sie brauchen mir die Bauordnung nicht zu geben; ich weiß, was im § 50 steht
, weil Sie ihn offenbar nicht kennen. Darin steht, dass, wenn es mit einem finanziellen Mehraufwand verbunden ist, der unverhältnismäßig ist, nicht barrierefrei gebaut werden muss. Diese Formulierung öffnet Tür und Tor dafür, dass man nicht barrierefrei bauen muss, und solange diese unsägliche Formulierung in der Bauordnung enthalten ist, ist dieser Änderungsantrag wichtig.
(Beifall bei der SPD und den LINKEN – Zuruf: Bundesrecht bricht Landesrecht! – Unruhe - Weitere Zurufe)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Offensichtlich, Frau Kliese, sollten Sie einmal die Sächsische Bauordnung in Gänze lesen. Es mag mir jetzt wieder der Vorwurf unterstellt werden, dass ich arrogant und beratungsresistent bin,
aber an dieser Stelle darf ich durchaus mal den § 50 zitieren, und zwar unter Abs. 2: „Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen in den dem allgemeinen Besucherverkehr dienenden Teilen von Menschen mit Behinderungen, alten Menschen und Personen mit Kleinkindern barrierefrei erreicht und ohne fremde Hilfe zweckentsprechend genutzt werden können. Diese Anforderungen gelten insbesondere …“ – dann folgen sechs Punkte, und unter Punkt 5 Verkaufs- und Gaststätten. Das sind die Dinge, die zu beachten sind, und dann gibt es sicherlich noch einen Bestandsschutz. Wir haben dann aber auch noch den Abs. 4 in § 50, den ich auch zitieren darf: „Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht, soweit die Anforderungen wegen schwieriger Geländeverhältnisse, wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs, wegen ungünstiger vorhandener Bebauung oder im Hinblick auf die Sicherheit der Menschen mit Behinderungen oder alten Menschen nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können.“
Ich denke, damit ist das beschrieben, was auch in der Praxis seinen Niederschlag findet. Hier sollte mit Augenmaß gehandelt werden und wir sollten diesen Gesetzentwurf, der ein Gaststättengesetz beschreibt, nicht noch mit zusätzlichen Dingen belasten, die bereits geregelt sind.
Frau Kliese, nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber Ihre beiden Anträge, die Drucksache 5/6212 und Drucksache 5/6213, sind meiner Meinung nach Schaufensteranträge, die hier kommunizieren sollen, dass Sie auch darüber nachgedacht haben, um den LINKEN-Gesetzentwurf etwas aufzubessern; sie sollen zeigen, dass die SPD dort auch mitgeredet hat. Dem ist mitnichten so.