Wir müssen uns in diesen Prozess aktiv einbringen können. Es gibt viele Themen, die wichtig wären zu diskutieren. Ich erwarte eine Zukunftsstrategie der Sächsischen Staatsregierung: Wie wird man mit der Mobilität junger sächsischer Bürger umgehen? Wir haben eine völlige Veränderung der Ausbildungslandschaft, der Berufsbilder. Wir haben ein anderes Verhalten nach dem Studium, nach dem Bologna-Prozess. Ob das alles gut und richtig ist, ob das damit teurer geworden ist, auch für die Studenten, oder ob die Prozesse sich noch mehr verlängern, das muss die Praxis sagen und das müssen die jeweiligen Bildungsexperten darlegen.
Einem Punkt können wir uns nicht verschließen: Nachhaltiges Wirtschaften auf allen Ebenen ist etwas, was wir uns noch viel intensiver, auch als Agenda, für unser politisches Handeln vornehmen sollten. Wir brauchen – damit bin ich bei dem Punkt, den mein Vorredner in seinem Antrag zwar drinstehen, aber noch nicht gestreift hat – das Verständnis, aber auch die Unterstützung der Bundesregierung. Ich habe den Eindruck, dass durch die Veränderung der Beamtengenerationen überhaupt nicht mehr wahrgenommen wird, wie hoch der Nachholprozess unseres Landes ist.
Wir sind eben nicht vergleichbar mit Regionen im Freistaat Bayern oder in Baden-Württemberg, auch wenn das manch einer von der jüngeren Generation der Beamten, die Deutschland in Brüssel vertreten, für sich leider in Anspruch nimmt. Das heißt, wir haben auch auf der emotionalen Seite noch Nachholbedarf darzulegen, zum Beispiel, dass nicht alle Bürger des Freistaates Sachsen im öffentlichen Dienst arbeiten, sondern auch bei vielen Unternehmen, die einen Lohnabstand zum Freistaat Bayern in immenser Höhe haben.
Die Regionalförderung hatte ich angesprochen. Lassen Sie mich auf eine Verantwortung hinweisen, die den Freistaat Sachsen durch seine Lage an seine beiden großen Nachbarn, die Tschechische Republik und die Republik Polen, bindet. Diese Verantwortung sollten wir noch viel intensiver und aktiver für uns gestalten. Es ist in den letzten 20 Jahren sehr lohnenswert gewesen, ein gutes Verhältnis zur Tschechischen Republik und zur Republik Polen zu haben,
besonders unter dem Gesichtspunkt der jungen Generation. Vor 20 Jahren haben wir von unserem baden-württembergischen Partnerland immer gesagt bekommen: Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zur Republik Frankreich. Dieses Verhältnis ist auch in 20 Jahren gewachsen. Wir haben davon profitiert, dass wir bereits einen guten Schüleraustausch mit den Nachbarländern hatten. Dies muss meines Erachtens auch im Interesse der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der nächsten Generation besser in den Blick genommen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir brauchen eine starke Vertretung in Brüssel. Die sächsische Landesvertretung in Brüssel ist ein wichtiger Partner für die Umsetzung unserer politischen Ziele. Dort dürfen wir nicht an Personal sparen. Dort brauchen wir die personellen Ressourcen, die uns die Wege für die Europäische Union zu den Entscheidungsträgern stärker verkürzen.
Lassen Sie mich mit einem letzten Ansatz schließen. Es ist auch wichtig, dass die deutsche Sprache in der Europäischen Union nicht gänzlich von den zwei großen Sprachen – Englisch und Französisch – weggestrichen wird. Bisher gibt es die Verpflichtung, dass Deutsch auch als
Amts- und Verhandlungssprache geregelt wird. Deshalb möchte ich diejenigen auffordern, die den Freistaat Sachsen und die Bundesrepublik Deutschland vertreten, viel mehr darauf zu achten, dass unsere Muttersprache in den europäischen Richtlinien eine starke Präsenz auf dem Papier hat.
Ich weiß zwar nicht, ob Sie viel Ahnung von Europa haben, aber Sie sollten mir schon zugestehen, dass die deutsche Muttersprache auch in europäischen Gremien präsent sein sollte.
(Jürgen Gansel, NPD: Sie müssen mal das durchsetzen, was deutsche Interessen sind! Taten statt Worte!)
In diesem Sinne wünsche ich mir viel Engagement und viel Herzblut für dieses Europa, das unser Europa ist.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle im Parlament wissen, dass bundes- und landespolitische Entscheidungen zunehmend durch europäische Entscheidungen beeinflusst werden. Deshalb halte ich es für durchaus gerechtfertigt, dass wir uns auch im Rahmen einer Regierungserklärung diesem Thema zuwenden.
Selbst wenn wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor einigen Wochen die Subsidiaritätskontrolle durch den Sächsischen Landtag hier beschlossen haben, meine ich, dass es richtig ist, der Bedeutung des Themas Europa und der jüngsten europäischen Entwicklung auch eine Regierungserklärung zu widmen. Meine sehr verehrten Herren Vorredner, Herr Kosel und Herr Schiemann, haben genügend Argumente gebracht, die deutlich machen, dass es durchaus auch einer solchen Regierungserklärung bedarf.
Ich hätte auch erwartet, dass unser sächsischer Ministerpräsident als ehemaliger Europaabgeordneter und in Europa häufig unterwegs seiender Repräsentant des Freistaates die Gelegenheit nutzen würde, uns über das europapolitische Konzept der Staatsregierung umfassend aufzuklären.
Europa wird häufig im Rahmen von Debatten im Landtag sehr stark mit Geld verbunden. Ich denke, dass das richtig ist, wenn wir uns dem Stichwort Koalitionspolitik widmen, wenn es um die Frage geht, mit welchen finanziellen Rahmen die Strukturfonds wie EFRE und ESF in den Jahren 2014 bis 2020 ausgestattet werden, auch wenn es um die Frage des Landwirtschaftsfonds ELA und darum geht, wie auch europäische Regelungen auf unsere finanziellen Entscheidungsspielräume Einfluss haben werden. Dazu nenne ich beispielsweise die Frage der EU-Agrarförderung. Wir wissen, dass uns die Kappung der Direktzahlungen droht. Da gibt es Verfassungsrichter, die sagen, dass das eigentlich nicht in Ordnung sei und so nicht gehe. Dieses Thema muss man natürlich besonders intensiv anpacken, und es wäre in einer solchen Regierungserklärung ein guter Zeitpunkt dafür gewesen.
Dann stellen wir wieder fest, dass man über europäische Gelder eine Vielzahl von Finanzierungen für den Freistaat Sachsen vornimmt. Dabei denke ich an die Aufnahme der Förderung von Kindertagesstätten und Schulen in die Programme der ländlichen Entwicklung neuerdings, wobei Sie alle wissen, dass diese Förderung nicht nur Beifall auslöst, sondern sich gerade dadurch auszeichnet, was Programminhalt sowie Förderhöhe anbetrifft, dass es nicht das ist, was wir aus der bisherigen Landesförderung kannten. Man muss schon darüber reden, wie man gegenüber Europa deutlich macht, dass man die landestypischen Bedürfnisse entsprechend anerkennt.
Die Fraktion DIE LINKE hat in ihrem Antrag sehr viele Argumente geliefert, dass es gerade bei der Umsetzung der Strategie Europa 2020 einer klareren Haltung der Sächsischen Staatsregierung bedarf. Das ist völlig in Ordnung.
Jetzt komme ich zu dem Thema, das die Menschen, das die Medien im Moment am meisten bewegt. Das ist etwas, was Politik zurzeit in Erklärungsnot bringt. Es ist die Frage der Hilfen zur Stabilisierung des Euro. Wir haben das ja als Änderungsantrag formuliert, und das ist wirklich aktuell. Dabei erwarte ich, dass der sächsische Ministerpräsident und seine Regierung eine Haltung haben. Warum wohl? Der Bundesrat darf darüber mitbestimmen, er wird gefragt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Er wird gefragt über die Finanztranche und wie der europäische Stabilitätsmechanismus ausgestattet werden muss. Dazu hätte ich gerne die Haltung des Freistaates Sachsen gewusst, wie die Position dieser Staatsregierung ist und wie es um eine mögliche finanzielle Beteiligung Sachsens steht, um Risiken, um Nebenwirkungen zum Beispiel auch für den sächsischen Haushalt, sehr verehrter Herr Staatsminister der Finanzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, dass wir diese Regierungserklärung brauchen, denn wir müssen vor allem wissen, wie der Freistaat Sachsen im Bundesrat agiert. Ich weiß, dass vor der Sitzung des Bundesrates am 17. Juni sehr intensiv auf Länderebene auf der Grundlage des Antrages Bayerns diskutiert wurde, der dann von Baden-Württemberg angereichert wurde,
und wie sich tatsächlich auch die Bundesländer vertreten fühlen bei dem, was gerade auf Bundesebene in Gang gesetzt wird. Ich erwarte schon, dass sich der Freistaat Sachsen dort einbringt. Zumindest möchte ich wissen, ob er es wenigstens versucht und mit welchem Ergebnis man sich dort eingebracht hat.
Die CDU hat ja einstmals mit dem Slogan „Europa muss man richtig machen“ geworben. Da stellt sich schon die Frage, was man momentan richtig macht. Gerade die CDU hat in ihren Reihen mit den Ex-Ministerpräsidenten Biedenkopf und Milbradt durchaus eurokritische Stimmen zu verzeichnen. Wir müssen natürlich auch den Menschen deutlich machen, dass Politik nicht nur den Steuerzahler belastet. Es geht für mich auch darum, dass private Gläubiger und die Profiteure der Staatshilfen beteiligt werden. Dazu genügt mir nicht der rechtliche Hinweis darauf, dass sie eigentlich aus rechtlichen Dingen heraus nicht beteiligt werden können, sondern dass sie es maximal freiwillig machen können. Früher nannte man das einmal Patriotismus. Den vermisse ich. Aber Patriotismus ist nicht nur ein sehr schönes Wort.
Wir müssen auch einfach einmal darüber sprechen, welches Prinzip sich momentan bei manchen Geschäftsbanken und Hedgefonds auftut, wie man agiert. Das Erste ist: Hedgefonds und Banken verkaufen ihre Anleihen. Das Zweite ist: Auch mithilfe von Ratingagenturen werden die Papiere schlechtgemacht, und drittens, wenn sie ganz unten im Tal sind, dann kauft man sie zurück, weil man sich ja sicher sein kann, dass der Staat hilft. Da besteht die große Gefahr, dass wir dieses Geschäftsmodell noch unterstützen. Und ich sage Ihnen etwas: Aus meinen Erwägungen heraus –
Halten Sie doch mal die Klappe! – wäre es sinnvoll, vielleicht einmal über ein Insolvenzplanverfahren nachzudenken. Das hat ja in der Wirtschaft mitunter schon hervorragend funktioniert. Das ist etwas anderes als das, was momentan mit dem ständigen Gewähren von Krediten gemacht wird. Aber darüber gibt uns die Sächsische Staatsregierung leider keine Auskunft.
Ich möchte gerne auch zum Thema Finanztransaktionsteuer etwas hören. Weil wir vermuten, dass es nicht passieren wird, haben wir unseren Antrag als nächsten Tagesordnungspunkt auf die heutige Debatte gesetzt. Auch hier erwarte ich Antworten, die die Sächsische Staatsregierung offensichtlich nicht geben kann oder geben will.
Sie merken, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es viele gute Gründe für eine Regierungserklärung zum Thema Europa gibt. Wir haben mit unserem Änderungsantrag einige weitere hinzugefügt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktionen DIE LINKE und die SPD versuchen, die Lösung für ein Problem einzufordern, das überhaupt nicht existiert.
Die Themen, die wir im Rahmen der europäischen Strategien ansprechen, diskutieren wir in allen Fachpolitikfeldern in jedem Plenum, falls Ihnen das nicht aufgefallen ist, meine Damen und Herren. Die EU-Strategien, bei denen es um ganz verschiedene Bereiche geht, wie Innovation stärken, Mobilität fördern, Informatioenn austauschen – all das passiert doch, und wir diskutieren es bei jedem zweiten Antrag hier im Plenum. Sie merken es vielleicht nicht, weil nicht immer „EU“ dahinter steht. Europäische Strategien werden abgedeckt von diesen Initiativen, und die Diskussionen fallen in diese breiten Zielkategorien, die die EU uns vorgibt. Im Übrigen können Sie vieles von diesen Zielen im Koalitionsvertrag nachlesen. Sie sehen es tagtäglich im Regierungshandeln und in den Landtagsausschüssen genauso wie im Plenum. Deshalb ist Ihr Antrag schlichtweg überflüssig.
In Richtung LINKE frage ich, wo die LINKEN am 19. April im Plenum waren. Offenbar kollektiv zum Mittagessen oder vielleicht auch nicht aufgewacht? Wir hatten hier eine Aktuelle Debatte, eingebracht von CDU und FDP zum Thema „Sächsische Interessen bei der EUFörderung“. Oder ich frage, wo Sie am 3. November 2010 waren. An diesem Tag hatten wir einen Antrag von der CDU/FDP, die Interessen des Freistaates an den Nachbarstaaten bei der Aufstellung des EU-Haushaltes zu wahren. Bei diesen Gelegenheiten hätten wir doch über Europapolitik reden können, und Sie haben es ja auch versucht. Wenn Sie das nicht mit Ernsthaftigkeit betreiben, dann tut es mir leid, aber dann darf man sich hinterher nicht beschweren, dass Europa hier kein Thema sein soll. Wir als Koalition haben Europa zum Thema gemacht, Sie offensichtlich nicht.
Uns allen ist klar, dass wir ohne die Unterstützung der Europäischen Union viele Erfolge hier im Freistaat nicht hätten erreichen können. Allein in der aktuellen Förderperiode fließen 4 Milliarden Euro nach Sachsen, die wir als Hilfe zur Selbsthilfe betrachten und die wir einsetzen wollen, um bessere, selbsttragende wirtschaftliche Strukturen zu schaffen. Dieses Geld kommt uns in der Tat zugute und ist europäische Solidarität, die uns hilft, stärker zu werden, um am Ende des Tages unabhängig von Subventionen von Europa oder auch von der nationalen Ebene zu werden, meine Damen und Herren.
Natürlich setzen wir uns auf den ganz verschiedenen Ebenen dafür ein, dass wir diese Unterstützung auch noch einmal in der nächsten Förderperiode erhalten, dass wir möglichst maximal nach den Möglichkeiten, nach den
Vergleichsmaßstäben, die es in Europa gibt, hier als Freistaat unterstützt werden, dass wir auch, was die Grenzlagen betrifft, bei der Ziel-3-Förderung sinnvoll Geld einsetzen können. Das ist ganz klar, und das passiert doch jeden Monat. Diejenigen, die sich da hineinknien, ist zuvörderst der Europaminister, dem ich für sein Engagement und das unserer Vertretung in Brüssel ganz herzlich danken möchte,