Er zeigt ganz, ganz weit nach vorn. Jetzt geben Sie uns doch die Zeit in Dresden und Berlin, vielleicht wenigstens die 100 Tage. Diesen politischen Stil hätte ich gern gehabt, den bekommen wir aber nicht. Es steht überhaupt noch nicht fest, wie all das, was im Koalitionsvertrag steht, am Ende finanziert wird. Das wissen Sie. Da gibt es große Diskussionen. Ich gehe natürlich davon aus, dass es gerade für ein Land wie Sachsen, das im Unterschied zu vielen anderen Bundesländern für eine solide Finanzpolitik bekannt ist, faire Lösungsvorschläge des Bundes – für unser Land und für die Kommunen – gibt.
Lieber Kollege Scheel, da Sie gerade von Logik gesprochen haben – ich kann der Logik nicht folgen, die ich von vielen Ländern und Kommunen höre. Mir geht dieses ganze Gejammer ziemlich auf den Geist. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich.
Jetzt hören Sie doch einmal zu. Ich verstehe nicht, dass jetzt die Bürgerinnen und Bürger überall in Deutschland die Zeche dafür bezahlen sollen und keine Steuersenkung bekommen, weil die Kommunen und viele Länder über ihre Verhältnisse gelebt und es in guten Zeiten nicht auf die Reihe gebracht haben, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen. Wo leben wir denn?! In guten Zeiten gab es keine Steuersenkungsspielräume und in schlechten Zeiten gibt es auch keine. Am Ende zahlt nach Ihrer Logik einzig und allein der Bürger die Zeche.
Dagegen bin ich. Ich fordere dazu auf, dass unsere Kommunen endlich die Ausgaben senken, was sie hätten schon längst machen müssen. Herr Rohwer hat es gesagt: Gürtel enger schnallen, das ist das Gebot der Stunde.
Dass Sie von der SPD-Fraktion sich hier hinstellen und frech von Schuldenpolitik sprechen, ist wirklich etwas
ganz, ganz Neues. Wer hat denn die Schuldenpolitik erfunden? Sie sind es gewesen, niemand anderes hat es erfunden! Der oberste Schuldenmacher in den letzten Jahren war Peer Steinbrück.
Sie hatten Rekordsteuereinnahmen auf allen Ebenen. Unter Schwarz-Rot hat der Bund bis zum 31.12.2008 48,5 Milliarden Euro mehr eingenommen. Was haben Sie gemacht? Sie haben trotzdem immer neue Schulden gemacht. Für die Abwrackprämie geht es plötzlich! Da haben Sie die Frage nach der Sinnhaftigkeit überhaupt nicht gestellt.
5 Milliarden Euro mehr Schulden waren für Sie, Frau Dr. Stange, überhaupt kein Problem. Völlig sinnlos! Für die Entlastung der berufstätigen Mitte haben Sie überhaupt kein Geld. Wenn Sie so weiter Politik machen, dann Gute Nacht! Das Wahlergebnis von Sachsen wird das Beispiel für Ihre zukünftigen Wahlergebnisse in ganz Deutschland sein, verrate ich Ihnen.
Selbst in Krisenzeiten hatten wir in Sachsen Geld für das eine oder andere Wahlgeschenk. Das als kleiner Vorwurf vom kleinen Koalitionspartner. Für die Beamtenbesoldung, die wir gerade im Frühjahr mitten in der Krise erhöht haben, waren 142 Millionen Euro, Herr Scheel, möglich. Wir haben das damals nicht verstanden und uns dafür prügeln lassen. Das ist eine verlogene Politik. Kommen Sie zurück auf die Wahrheit. Das, Herr Nolle, verstehe ich übrigens unter Worthalten.
Wir haben in Deutschland eine klare Aufgabe. Wir müssen die berufstätige Mitte unserer Gesellschaft entlasten, vor allem die kleinen Einkommen, die ganz normalen Einkommen, die ganz normale Familie. Genau das tut Schwarz-Gelb in Berlin mit der Politik, die jetzt vorgelegt wurde. Das ist der richtige Weg – Steuersenkungen sind notwendig, Steuersenkungen sind möglich. Ich empfehle allen anderen Ländern, die gerade die Steuersenkungen kritisieren, einen Blick in den sächsischen Koalitionsvertrag. Wir haben gesagt, was wir machen wollen: Ausgaben reduzieren. Sie haben es gestern erst wieder kritisiert.
Der Ministerpräsident hat es vorgemacht. Wir nennen das Staatsreform, Staatsmodernisierung. Wir wollen in zehn Jahren zu einem schlankeren Staat kommen. Wir sagen auch, dass es dafür Personalabbau geben muss.
So viel zur Ehrlichkeit in der Politik. Das ist unser Weg, das werden wir machen. Wir gehen in Sachsen selbst mit gutem Beispiel voran und kürzen als Freistaat unsere Ausgaben. Dadurch werden wir Spielräume für die Entlastung der berufstätigen Mitte unserer Gesellschaft
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Es ist doch ziemlich eindeutig, was Sie mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz und ähnlichen Steuerfragen in den nächsten Jahren wollen: Schwarz-Gelb, egal ob in Dresden oder in Berlin, kauft sich Wohlwollen beim Volk. Und Sie kaufen sich Zeit, weil Sie nicht wissen, wie wir aus der Krise herauskommen sollen. Das machen Sie auf Pump. Sie verschieben die Verantwortung auf die nächste Generation. So leicht ist zu erklären, was Sie machen. Sie regieren auf Kredit! Sie regieren auf Kredit. 12 Milliarden Euro 2010 an Steuerausfällen, auf Pump finanziert. 24 Milliarden Euro 2011 Steuerausfälle, auf Pump finanziert. Ich sagte gestern schon, die Bundesschulden sind auch die sächsischen Schulden. Machen Sie sich keine Illusionen!
Wer hat denn die Tränen von Hermann-Otto Solms auf dem Parteitag der FDP gesehen, als die Realität wenigstens ihn einholte, auch wenn Sie sich der Erkenntnis noch verschließen?
Ja, ja. Sie haben sich so lächerlich gemacht, Herr Zastrow, so lächerlich. Albern haben Sie von der FDP behauptet, Sie hätten nicht gewusst, wie schlimm der Staat verschuldet sei, dabei war Herr Fricke von der FDP der Chef des Haushaltsausschusses im Bundestag. Des Weiteren haben Sie behauptet, Wachstum ist alles. Ich kann gern mit einem Zitat von Kurt Biedenkopf gegenhalten, vielleicht ist das Autoritätsbeweis genug hier im Haus: „1979 hat der damalige Wirtschaftsminister Lambsdorff noch 4 % Wachstum für notwendig gehalten. Inzwischen jammern wir, wenn wir nur 1,5 % Wachstum erzielen. Dabei entspricht der Zuwachs pro Kopf in absoluten Zahlen durchaus dem Zuwachs von damals. Der Fehler liegt darin, dass wir uns mit dem Rechnen in Prozenten einer exponentiellen Entwicklung anvertrauen. Die ist weder stabil noch zukunftsfähig.“ So hat es der Club of Rome vor 40 Jahren auch schon analysiert. Die Frage vom „Spiegel“ lautete, ob wir jetzt jene Grenzen des Wachstums erreicht hätten, auf die der Club of Rome immer hingewiesen hat. Die Antwort war: „Wenn wir so weitermachen wie bisher, ja. Wir müssen unseren Lebensstil ändern. Und ein immer größerer Teil unseres Wachstums entsteht als Folge von Schadensbekämpfung, Reparaturen, Beseitigung von Fehlentwicklungen.“
noch, aber es hat niemand mehr wirklich etwas davon. Die Belastungen der Umwelt, des Klimas und der Verbraucher der natürlichen Ressourcen werden in der Wachstumsbilanz nicht berücksichtigt.“ Das heißt, Sie folgen einem ganz altertümlichen Wachstumsbegriff, und wenn das das Ziel der Berliner Koalition ist, dieses falsche Wachstum noch zu mehren, dann werden Sie das strukturelle Defizit des Landes vergrößern und damit erst recht Probleme schaffen.
Sie betreiben eine chronische Unterfinanzierung des Staates und versuchen die Bürger darüber hinwegzutrösten, indem Sie ihnen ein kleines Taschengeld in die Hand drücken. Ja, merken Sie es denn noch? Die niedrigen Steuern werden das strukturelle Defizit des Staates erhöhen, sie machen das Land auf lange Sicht unregierbar. Herr Weber, Bundesbankpräsident, sagt, das wichtigste Ziel dieser Legislatur sei nicht, dieses verfehlte Wachstum weiter zu betreiben, sondern eine Konsolidierung. Ich denke, dass diese verfehlte Steuerpolitik, die Ausdruck dieses verfehlten Wachstumsbegriffes ist, aus der Angst geboren wurde.
CDU/CSU und FDP saßen auf den Oppositionsbänken, als bereits zum ersten Mal diese alten Denkarten und schulen des 20. Jahrhunderts damals Rot-Grün in die Probleme getrieben haben. Wir haben mörderisch gespart und es war trotzdem schwer; und ich sage Ihnen: Ihnen passiert dasselbe. Es ist im Prinzip eine neue Blase, die da entstanden ist, eine Blase aus Staatsschulden; und wer sich nicht wehrt, macht sich mitschuldig. Das ist so. Es gibt eine Verantwortungsachse Brüssel–Berlin–Dresden– Panschwitz-Kuckau, das können Sie mir glauben.
Wer glaubt, dass die Welt nach diesem Zusammenbruch und dieser Krise genau wieder da anknüpfen wird, wo sie 2007 war, der hat es nicht begriffen. Das tut mir leid, es ist so. „Die Industrieländer folgen“, ich zitiere wieder Biedenkopf, „seit mindestens drei Jahrzehnten diesem verfehlten Wachstumsbegriff. Ja, Wachstum ist ein Fetisch geworden – mit all seinen irrationalen Konsequenzen.“ Sie sollten zurzeit ein wenig mehr Biedenkopf lesen. Ich glaube, das wäre gut.
Wenn diese Politik, die Sie hier androhen, so eintrifft, dann werden wir auch europäisch versagen. JeanClaude Juncker, von dessen Meinung ich viel halte – er ist immerhin Vorsitzender der Euro-Gruppe und 16. EUFinanzminister –, hat gesagt, im Koalitionsvertrag von Deutschland seien „die Konsolidierungsinstrumente unterbelichtet und die expansiven Elemente überpointiert formuliert.“ Sie sind nicht gegenfinanziert – Vereinbarungen zulasten Dritter. Wenn Berlin 2011 nicht zu einer soliden Finanzpolitik zurückkehrt, gerät der europäische Stabilitätspakt insgesamt in Gefahr, denn die Franzosen wollen nämlich auch nicht mehr sparen. Wie Sie dann
anderen Ländern der Europäischen Union erzählen wollen, dass man die Euros zusammenhalten muss, weiß ich nicht; und dann haben wir veritable Probleme – noch jenseits der Klimakrise.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zeichen stehen auf Sturm. Die Lage der kommunalen Haushalte und des Landeshaushaltes ist so dramatisch wie seit dem Fall der Mauer nicht mehr. Die Oberbürgermeisterin von Riesa, Gerti Töpfer, hatte nach dem Interview mit den „Dresdner Neuesten Nachrichten“ gesagt, dass den kommunalen Haushalten vermutlich eine Katastrophe bevorsteht, für die das Haushaltsrecht vielleicht nicht ausreichen wird. Vor welcher Lage stehen wir? Wir haben es mit einer Doppelkrise des Landeshaushaltes und der kommunalen Haushalte zu tun.
Zuerst zum Landeshaushalt. Das Steuersenkungsprogramm der neuen schwarz-gelben Koalition sieht insgesamt Steuersenkungen in Höhe von 24 Milliarden Euro vor, 14 Milliarden Euro sollen die Länder tragen. Das ist auf jeden Fall schon einmal eine große Belastung für Sachsen, und nach vorläufigen Schätzungen werden Sachsen so pro Jahr 700 Millionen Euro Steuerausfälle entstehen. Dazu kommt das Desaster der Landesbank, und meine Fraktion, die NPD-Fraktion, geht weiterhin davon aus, dass die Bürgschaft in voller Höhe fällig werden wird, nämlich in Höhe von 2,75 Milliarden Euro. Das heißt, in den nächsten Jahren werden erhebliche Teile des Landeshaushaltes für diese Bürgschaft fällig werden.
Nun zu den kommunalen Haushalten. Auch da stehen alle Zeichen auf Sturm, auch da sind alle Alarmlampen auf Rot geschaltet. Wenn man den Gemeindefinanzbericht des Sächsischen Städte- und Gemeindetages gelesen hat, dann konnte man daraus entnehmen, dass im Jahr 2011 bereits rund 600 Millionen Euro wegen weniger Mitteln im kommunalen Finanzausgleich fehlen werden. Dazu kommen 150 Millionen Euro, die uns wegen fehlender Steuereinnahmen verloren gehen. Dies alles soll sich auf mehr als eine Milliarde Euro summieren. Außerdem kommt hinzu, dass die Kommunen immer weniger Zuschüsse für die Kosten für Unterkunft und Heizung von Hartz-IV-Beziehern bekommen. Noch die alte schwarzrote Koalition hat beschlossen, dass der Bundeszuschuss für die Kosten für Unterkunft und Heizung auf 23 % sinkt.
All das wird zu dramatischen Einnahmenkürzungen auch bei den kommunalen Haushalten führen. Herr Prof. Unland hat bereits gesagt, dass all das, was auf
Bundesebene von der neuen Koalition beschlossen worden ist, sehr riskant ist und dass es eine Wette auf eine vage Aufschwunghoffnung ist, die erst einmal eintreffen muss. Nur Herr Zastrow scheint noch nicht in der Wirklichkeit angekommen zu sein; denn er sagte eben: nur mehr Netto vom Brutto, alles andere wären abstrakte haushaltspolitische Diskussionen. Dazu muss man natürlich ganz klar sagen: Das ist glatte liberale Wohlfühlrhetorik,
und gerade in einer Staatskrise brauchen wir keine haushaltspolitischen Leichtmatrosen auf dem Staatsschiff. Das kann sehr gefährlich werden, weil die Lage nämlich völlig falsch eingeschätzt wird. Wir Nationaldemokraten sehen hierbei zwei Möglichkeiten:
Als Erstes sind wir dafür, dass das Land Sachsen durchaus eine Verfassungsklage erwägen sollte, da unserer Auffassung nach die Bundesländer durch die Steuersenkungspläne der Koalition in Berlin viel zu stark belastet werden. Der zweite Punkt, den wir sehen, ist der, dass der Beirat für den kommunalen Finanzausgleich, der immer noch die Finanzausgleichsmasse zwischen Land und Kommunen festlegt, angewiesen werden sollte, diesen Ausgleich neu zu regeln; denn unserer Auffassung nach sind die Kommunen in einer großen finanziellen Krise. Diese Krise hat strukturelle, langfristige Ursachen. Die Kommunen haben größere sozialpolitische Ausgaben, und deshalb brauchen sie auch mehr Geld.
Es ist unserer Auffassung nach auch nicht tragbar, dass ein Beirat dieses sehr wichtige Aufteilungsverhältnis zwischen Land und Kommunen festlegt und nicht das Parlament; denn es ist eigentlich das Königsrecht des Parlaments, die Ausgaben zu kontrollieren. Dieses wichtige Aufteilungsverhältnis sollte daher auch Sache des Parlaments sein. Das haben wir Nationaldemokraten schon immer gefordert, und dabei bleiben wir und wollen entsprechende Initiativen einbringen.