Ich denke manchmal, dass die FDP wirklich daran glaubt, dass durch mehr Waschstraßen und längere Öffnungszeiten bei Videotheken so viel Gewerbesteuer eingenommen wird, dass man diese Ausfälle damit kompensieren könnte.
Ich bleibe dabei: Dieses Programm ist ungerecht. Es ist teuer und es ist auf Pump aufgebaut und dient nicht dem Wohl des Freistaates Sachsen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich dieses Thema der Aktuellen Debatte gelesen habe, dachte ich: Was will die SPD? Will sie uns zeigen, dass sie ganz schnell das Regierungsmäntelchen mit dem Oppositionsmäntelchen gewechselt hat, oder will sie vielleicht jetzt in Vorbereitung ihres Bundesparteitages in Dresden eine Begleitmusik in der Presse schaffen?
Sie wollen sich ja ab morgen erneuern, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD. Zur Erneuerung gehört auch ein bisschen Pressewirbel. Aber das, was ich gerade gehört habe, ist keine Erneuerung. Herr Pecher hat gerade von Beitragserhöhungen gesprochen. Vielleicht sollten Sie aber einmal darüber nachdenken, Ausgaben zu senken.
Das wäre ja etwas Neues von der SPD gewesen, dass sie Vorschläge auf den Tisch legt, mit denen etwas eingespart werden kann, damit den Bürgern das Geld nicht über Steuern wieder aus der Tasche gezogen wird. Aber das haben wir seit Jahren von der SPD nicht gehört. Ich denke, wir werden es auch nicht auf diesem Parteitag hören. Wo soll denn die Erneuerung mit Herrn Gabriel, Herrn Heil, Herrn Scholz herkommen, die ja auch alle mit der Vergangenheit der SPD intensiv zu tun haben?! Es gibt also keine Ideen für das Land, sondern die SPD stolpert von Ausgabenvorschlag zu Ausgabenvorschlag, aber wie man Einnahmerückgänge kompensieren kann, dazu hört man nichts.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD! Gürtel enger schnallen – das wäre vielleicht auch mal bei Ihnen angesagt.
Nun zu den Regelungen im Koalitionsvertrag auf Bundesebene, denn das ist ja das Thema. Herr Pecher hat eben all die Dinge angesprochen, die aus seiner Sicht negativ sind. Ich spreche jetzt einmal die Dinge an, die aus unserer Sicht positiv sind. Das Erste ist das Bekenntnis zum Solidarpakt 2019. Da haben wir in der bundesdeutschen Debatte auch schon anderes gehört.
Herr Pecher und Herr Jurk, Sie wissen aus der Regierungserfahrung im Freistaat ganz genau, wie wichtig es ist, dass der Solidarpakt 2009 bis zum Schluss läuft. Insofern ist das etwas Positives im Koalitionsvertrag des Bundes.
Das zweite Positive ist, dass wir die Familien in diesem Land entlasten wollen. Da sollte eher die SPD Beifall klatschen, als dass sie es kritisiert. Anhebung Kinderfreibetrag, Erhöhung Kindergeld – das alles sind Dinge, die, wie Sie wissen, wichtig sind, damit die Familien, die von der Krise am meisten belastet werden, auch ein Stück Entlastung bekommen.
Das Nächste ist, dass Sie völlig vergessen, was im Koalitionsvertrag zum Beispiel zur Verkehrsanbindung des Freistaates Sachsen geschrieben ist, etwas, was Ihre SPDVerkehrsminister ständig negiert haben. Es ist nichts passiert.
Ich würde gerne die Rede zu Ende führen. Frau Dr. Stange kann sicher im Rahmen der Debatte eingreifen. Die SPD hat genügend Redezeit.
Deutsche Einheit, dazu gibt es mehrere Projekte, die im Koalitionsvertrag festgehalten sind. Ich höre nicht ein Wort der Freude aus der SPD darüber, dass sich die neue Regierung vornimmt, eine bessere Schienenverkehrsverbindung von der Ostsee über Berlin, Dresden und Prag nach Südosteuropa zu schaffen; denn Ihre Verkehrsminister haben es nicht erreicht. Wahrscheinlich sind Sie deswegen nicht so erfreut.
Wissen Sie, liebe Damen und Herren von der SPD, ich habe vor Kurzem einen Satz in der Zeitung von einem deutschen Geschäftsmann gelesen, von dem ich glaube, dass er an dieser Stelle durchaus gut passt – die SPD sollte auf ihrem Parteitag darüber diskutieren –: Das Steuern ist wichtiger als die Steuern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rohwer, langsam wird es ein bisschen langweilig. Wir hören immer nur: Gürtel enger schnallen, wir müssen die Steuern senken und es geht um die starke Belastung der Bürger. Mittlerweile ist Deutschland in Europa und weltweit eines der Länder mit der geringsten Steuer- und Abgabenquote. Wir müssen uns aber auch vor Augen führen, was die Leistungsfähigkeit eines Staates ausmacht.
Ich weiß natürlich, dass das „Oh“ von der FDP kommen muss. Es ist ja jetzt gerade Ihre Politik, die im Bund betrieben wird. Die CDU macht ja ganz klar neoliberale Politik. Sie sind sicher hocherfreut, dass ein kleiner Koalitionspartner so viel Macht in einer solchen Koalition hat.
Kommen wir zum eigentlichen Thema. Es ist offensichtlich, dass wir in einer Situation sind, in der Welle um Welle auf Bund, Länder und Kommunen zukommt und diese von Finanzkürzungen und weniger Einnahmen betroffen sind. Wir befinden uns noch immer in der Wirtschafts- und Finanzkrise. Ich zitiere hier Herrn Zastrow, der uns vor geraumer Zeit Krisenfetischismus unterstellt hat. Mittlerweile sind Sie selbst dabei, Konjunkturpakete aufzulegen. Das ist eine interessante Entwicklung, die Sie da genommen haben.
Für 2010 rechnen wir jetzt schon mit 21 Milliarden Euro Mindereinnahmen für Gesamtdeutschland. Daran ist allerdings auch die Große Koalition nicht ganz unschuldig. Herr Pecher, wenn Sie sich hier hinstellen, bedenken Sie bitte: Das Konjunkturpaket I umfasst immerhin 14 Milliarden Euro von diesen 21 Milliarden Euro. Das bedeutet für Sachsen eine halbe Milliarde Euro weniger Einnahmen allein aus dem Konjunkturpaket I, wie aus einer Kleinen Anfrage meines hochverehrten Kollegen Dr. Friedrich hervorgeht – Drucksache 4/15249; für diejenigen, die es gern noch einmal nachlesen wollen. Dort ist alles schön aufgeschlüsselt worden.
Wir haben eine Situation, die einmalig in Deutschland ist. Wir hatten schon immer einmal eine Finanzkrise oder eine problematische Situation, was zum Beispiel die Zahlungen der Sozialversicherung angeht. Wir hatten immer schon einmal ein Problem bei den Kommunen, nämlich 2002 bis 2005. Aber dass gleichzeitig Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherung riesige Defizite ausweisen, ist einmalig in Deutschland. Im Moment sehe ich noch nicht, wie wir dieses Problem wirklich in den Griff bekommen können.
Nun haben wir einen Koalitionsvertrag vorliegen und mit Staunen schaue auch ich nach Berlin, was sich dort tut. Mit großem Erstaunen stellen wir fest, dass dort unter
dem Titel „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ 8,5 Milliarden Euro weitere Steuermittel dem Staat entzogen werden. Das heißt für Sachsen, wenn ich der „Sächsischen Zeitung“ glauben kann, 156 Millionen Euro, 156 Millionen Euro zusätzlich zu der einen Milliarde Euro, die uns sowieso schon fehlt, denn diese war noch nicht eingepreist.
In Ihrem Koalitionsvertrag heißt es, dass Erben entlastet werden, indem Sie die Unternehmenserben von sieben Jahre auf fünf Jahre bei durchschnittlicher Mitarbeiterzahl verpflichten. Ich glaube, das ist jetzt schon Fachchinesisch. Für Sie ist es nur die Erbengeschichte, am Ende tun Sie wieder etwas für Ihre Klientel – nichts anderes ist es – und entlasten wieder einmal Unternehmen. Was kann man anderes erwarten?!
Sie rühmen sich, das Kindergeld und die Kinderfreibeträge zu erhöhen. Das ist eigentlich eine schöne Sache. Ich persönlich freue mich auch darüber. Ich weiß nur nicht, ob ich der Maßstab bin, wenn es um konjunkturelle Entwicklung geht. Es muss doch darum gehen, den Leuten Geld zu geben, die das in Konsum stecken und damit wieder für mehr Nachfrage in diesem Land sorgen.
Sie geben den Leuten, die sowieso schon genug Geld haben und gar nicht mehr wissen, wie sie das Geld am Ende ausgeben sollen, noch eine Schippe oben drauf.
Überhaupt nicht verstehen kann ich, worin der konjunkturelle Impuls besteht, wenn man jetzt eine Übernachtung im Hotel nicht mehr mit 19, sondern mit 7 % besteuert. Das geht bei mir einfach nicht rein. Das verstehe ich nicht. Vielleicht können Sie es mir noch im Laufe der Debatte erklären. Diese konjunkturelle Wirkung kann ich nicht verstehen. Dass Sie das Ganze der Öffentlichkeit auch noch als Konjunkturpaket III verkaufen, kann kein Finanzwissenschaftler verstehen. Vielleicht haben Sie eine andere Logik. Meines Erachtens ist das keine Konjunkturpolitik, das ist reine Klientelpolitik.
Wir stehen vor einem riesigen Problem. Der SSG sagt, dass ab 2011 keine Kommune in Sachsen ihren Haushaltsausgleich hinbekommt. Insofern würde ich mich freuen, wenn Herr Flath, der sich gestern mit einer Presseerklärung zitieren ließ, heute selbst zum Offenbarungseid schreitet und sagt, was er damit meint. Heißt das für die Kommunen radikaler Abbau oder finanzielle Hilfe des Freistaates?
Vielen Dank, Herr Kollege Scheel. – Als Nächstes rufe ich die FDP-Fraktion mit Herrn Kollegen Zastrow.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gegen Ihr „Blutrot“ ist unser „Schwarz-Gelb“ ja geradezu lieblich, wenn ich da an die hübsche Tigerente denke, die im Landtag schon einmal eine Rolle spielte. Ich kann nur den Zwischenruf von Herrn Gillo wiederholen, falls er nicht gehört wurde: „Bei Rot geht dann überhaupt nichts mehr.“ Genau das bringt es auf den Punkt.
Ansonsten empfehle ich Ihnen allen im Hohen Hause – und das passt auch ganz gut zur Farbe – ein bisschen ruhig Blut. Sie haben in Berlin erst angefangen zu arbeiten. Dieser Koalitionsvertrag enthält, wie Sie alle bemerkt haben, viel Visionäres.