Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Biesok, ist Ihnen der Passus in der Sächsischen Verfassung geläufig, wonach es auch zu den Aufgaben der Parlamentarier des Sächsischen Landtags gehört, die Staatsregierung zu kontrollieren?
Insbesondere gibt es auch ein Recht auf Opposition, aber das gehört jetzt hier nicht hinein. Das heißt, es ist wohl nicht verfassungskonform, wenn Sie davon ausgehen, dass die alleinige Aufgabe des Sächsischen Landtags die Gesetzgebung sei. Das ist insbesondere auch die Kontrolle der Staatsregierung. Die Polizei und auch die Staatsanwaltschaft, Herr Staatsminister Dr. Martens, sind nachgeordnete Behörden der Staatsregierung. Würden Sie mir da zustimmen?
Herr Kollege Lichdi, Sie können davon ausgehen, dass mir die Funktionen des Parlaments geläufig sind.
Gleichwohl verwahre ich mich dagegen, als Parlamentarier darüber zu befinden, ob ein Beschluss des Amtsgerichts Dresden rechtmäßig oder unrechtmäßig war. Das ist nicht unsere Aufgabe.
Das möchte ich auch gern begründen: Der Landtag ist keine Instanz über den Gerichten, der über die Rechtmäßigkeit von Gerichtsentscheidungen befindet. Wer die Beschlüsse des Amtsgerichts Dresden für rechtswidrig hält und von diesen Beschlüssen betroffen ist – das ist auch ein Element unserer Rechtsordnung –, der möge sie vor den Gerichten angreifen, und ich bitte darum, sie anzugreifen, damit wir da Rechtssicherheit bekommen, aber nicht hier.
Meine Damen und Herren, ich finde die Positionen der GRÜNEN hier, um es mal vorsichtig auszudrücken, teilweise etwas problematisch. Die GRÜNEN schwingen sich hier zu den Hütern der Datenschützer auf. Herr
und es waren die FDP-Abgeordneten, die sich in der Debatte dagegen ausgesprochen haben, insbesondere der heutige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium.
Herr Lichdi, wir sollten vielleicht noch einmal auf einen Punkt eingehen: den IMSI-Catcher. Ich habe gerade erst richtig erfahren, was das für ein Gerät ist und welche Stimmungen ein solches Ding auslösen kann. Der IMSICatcher wurde auch von Rot-Grün eingeführt, und Sie haben letztes Mal den IMSI-Catcher richtig zelebriert und versucht, den Innenminister vorzuführen. Im Gutachten steht eindeutig, dass der Einsatz dieses IMSI-Catchers verhältnismäßig war. Herr Lichdi, diese Kritik an Herrn Ulbig hätten Sie sich sparen können.
Meine Damen und Herren, auch der Datenschutzbeauftragte geht hier einen sehr schmalen Weg. Wohl wissend, dass ihm eine Überprüfung richterliche Entscheidungen nicht zusteht, überprüft er diese noch nicht, sondern überprüft lediglich die vorbereitenden Handlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft. Seine dabei geäußerte grundsätzliche Kritik an der Verhältnismäßigkeit der Datenerhebung spricht mir als Liberalem aus dem Herzen; seine weiteren juristischen Wertungen halte ich für rechtlich schwer vertretbar. Insbesondere betrifft das die Funktion des gesetzlichen Richters. Der Datenschutzbeauftragte führt in seinem Gutachten aus, der Richter hätte lediglich nur eine Warnfunktion. Das ist meines Erachtens falsch.
Nach meiner festen Überzeugung ist es gerade die richterliche Entscheidung, die auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein bedeutsames Element eines effektiven Grundrechtsschutzes ist. Für mich ist die unabhängige Entscheidung eines Richters ein ebenso hohes Verfassungsgut wie der Datenschutz selbst.
Vielen Dank, Herr Kollege Biesok. – Ich habe den Bericht so gelesen – das, was Sie gerade zitiert haben –, dass der Datenschützer damit eine leider
traurige Realität beschreibt und nicht eine wünschenswerte Normativität. Ich habe diese Feststellung als Kritik verstanden. Geht es Ihnen anders?
Der Bericht ist an den Stellen unterschiedlich. Teilweise ist er so zu lesen, wie Sie ihn beurteilt haben, dass die Richter nicht die notwendige Sorgfalt angewandt haben – das ist meines Erachtens aber eine Frage, die in einer gerichtlichen Überprüfung zu klären ist. Teilweise habe ich es als eine absolute Kritik gesehen, dass er wirklich dem Richter nicht mehr die Funktion beigemessen hat, wie ich sie gerade zitiert habe.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch auf einen anderen Punkt eingehen – die Vorredner Herr Lichdi und Herr Bartl haben darauf hingewiesen –: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Volkszählungsurteil zu Recht darauf hingewiesen, dass allein die Möglichkeit einer Überwachung teilweise schon eine abschreckende Wirkung haben und zu einer Veränderung im Verhalten führen kann und dadurch die Ausübung von Grundrechten beeinträchtigt werden kann. Daher ist es für mich wichtig, dass wir dem Datenschutz hier diese Funktion beimessen
Aber es ist meines Erachtens auch wichtig, dass wir uns einmal darüber unterhalten, wo das aufhört. Wenn schon allein die Möglichkeit einer Überwachung eine abschreckende Wirkung auf Demonstrationen haben soll, dann ist wirklich abschreckend, was linke und rechte Chaoten in den letzten Jahren hier am 13. Februar und an anderen Tagen aufgebracht haben.
Es gab auch rechte Chaoten, meine Damen und Herren von der NPD, das wissen Sie ganz genau, die haben hier genauso zugeholzt wie die linken.
Meine Damen und Herren, es ist eine Verpflichtung für uns alle – auch für uns Parlamentarier –, die Mehrheitsentscheidung des Grundgesetzes auch in diesem Punkt zu respektieren. Herr Kollege Bartl, da muss ich Ihnen leider sagen: Da schütten Sie Gift in den Brunnen. Wenn Sie in Ihren Antrag schreiben, es habe eine flächendeckende Ausspähung und Überwachung von Telekommunikationsverbindungen bei Demonstrationen gegeben und es seien massenhaft Kommunikationsinhalte erhoben worden, dann geht das eindeutig zu weit.
Es hat gerade keine Registrierung und Erfassung von Teilnehmern gegeben. Wer glaubt, dass teilweise die Erhebung von Verbindungsdaten einhergeht mit der Registrierung der Teilnehmer in persona, die zu der Demonstration gekommen sind, der kommt aus einem Überwachungsstaat, in dem wir glücklicherweise nicht mehr leben.
Herr Kollege Lichdi, es geht nicht darum, eine Szene auszutrocknen oder auszuforschen. Es geht darum, Taten des schweren Landfriedensbruches und der Bildung einer kriminellen Vereinigung aufzuklären. Dafür wurden Verbindungsdaten und zum Teil auch Bestandsdaten erhoben. Das müssen wir einmal deutlich herleiten: Das waren die Anlässe dessentwegen, was man hier gemacht hat, nicht einfach ein Spitzelinteresse des Freistaates.
Meine Damen und Herren! Der Bericht gibt Anlass, Konsequenzen zu ziehen. Meines Erachtens hat die Staatsregierung schon weitgehende Konsequenzen gezogen, indem sie am 30. August einen Gesetzentwurf für eine Bundesratsinitiative verabschiedet hat. In diesem Gesetzentwurf soll der Anwendungsbereich für Funkzellenabfragen künftig stärker konkretisiert werden. Die Sächsische Staatsregierung heilt das, was Rot-Grün damals verbockt hat. Eine Funkzellenabfrage soll künftig lediglich bei Vorliegen von Katalogtaten nach § 100a Abs. 2 Strafprozessordnung und für solche Straftaten möglich sein, die mit einer Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten bedroht sind.
Kollege Schiemann hat schon die internen Handlungsanweisungen für die Polizei angesprochen. Auch dies konkretisiert den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit weiter. Das ist meines Erachtens ein wichtiger Punkt.
Weiterhin soll ein Richtervorbehalt eingeführt werden, damit die Daten, die in einem Verfahren gewonnen werden, nicht einfach so in ein anderes Verfahren übertragen werden. Damit wird einer weitgehenden Kritik des Datenschutzbeauftragten Rechnung getragen. Wir setzen das nicht nur für Sachsen um, sondern versuchen, bundesweit eine entsprechende Regelung hinzubekommen.
Ich möchte gern abschließen, Herr Lichdi, mit einem Satz von Herrn Ströbele, immerhin Bundestagsabgeordneter von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aus einer Bundestagsdebatte 2001: „Auch Sie, meine Damen und Herren, müssen einsehen, dass es hin und wieder ein Interesse der Strafverfolgungsbehörden gibt, zu wissen, wer mit wem telefoniert hat.“ So etwas festzustellen, ist ein berechtigtes Anliegen der Strafverfolgungsbehörden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden vorliegenden Anträge sind die Fortsetzung einer Inszenierung der linken Parteien und des linken Informations- und Meinungsmonopols der Medien, die darauf abzielt, von den zahlreichen Rechtsbrüchen, die am 19. Februar 2011 in Dresden stattfanden, abzulenken und eine wirksame Strafverfolgung zu verhindern.