Protokoll der Sitzung vom 15.09.2011

(Zuruf des Abg. Martin Dulig, SPD)

wie das von Ihnen, Martin Dulig, hier dargestellt worden ist.

Lassen Sie mich letztlich noch darauf hinweisen: In Dresden gab es seit 1946 nach den bitteren Erfahrungen der Bombardierung und der vielen Toten, die es in Dresden gegeben hat, eine Gedenkkultur, die man als Kultur des Erinnerns, des Mahnens und des friedlichen Zusammenstehens, damit sich Derartiges nie wiederholen kann, bezeichnen kann.

Die Redezeit läuft ab, Kollege.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Diese Gedenkkultur ist auch am 50. Jahrestag von Zehntausenden von Menschen genutzt worden. Mit Zehntausenden Kerzen haben hier Menschen, Gäste des Freistaates, Gäste der Landeshauptstadt Dresden und Dresdner, zusammengestanden und haben der Opfer gedacht –

Die Redezeit ist abgelaufen.

– und haben gemahnt, dass sich diese Opfer nie wiederholen sollten.

Ich danke Ihnen, Herr Präsident.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war Herr Kollege Schiemann für die Fraktion der CDU. Jetzt vermute ich, dass Kollege Jurk am Mikrofon 2 vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen und auf den Redebeitrag von Kollegen Schiemann reagieren möchte.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte das Instrument der Kurzintervention nutzen. Da Herr Kollege Schiemann ja keine Zwischenfrage von mir zugelassen hat, will ich gerne deutlich machen, worum es mir ging, als ich Herrn Schiemann fragen wollte.

Ich hatte den Eindruck, dass wir – das hat Herr Schiemann versucht – ein Nachgefecht zu gestern und zum 19. Februar führen. Das kann man gern tun, aber mein Fraktionsvorsitzender hat zu Recht auf kritikwürdige Zustände in unserem Land hingewiesen und dabei auch andere Beispiele als die Handydatenaffäre genannt. Das will ich ausdrücklich herausstellen. Darauf ist Herr Schiemann weniger, eigentlich gar nicht eingegangen.

Ich will aber gerne zum Thema Datenschutzbeauftragter Folgendes feststellen: Am 9. Dezember 2009 hat dieser Sächsische Landtag mit 124 von 127 Stimmen Herrn Andreas Schurig in seinem Amt als Datenschutzbeauftragter des Freistaates Sachsen bestätigt. Das ist ein riesiger Vertrauensbeweis, auch ein Beweis dafür, dass der Landtag die Arbeit, die Herr Schurig sechs Jahre lang geleistet hat, honoriert und gewürdigt hat.

Wenn die Sächsische Staatsregierung in ihrer Not meint, mit einem – zugegebenermaßen – mit einer hohen Reputation versehenen Verfassungsrechtler wie Herrn Prof. Battis das in Zweifel zu ziehen, was Andreas Schurig

nicht allein geschrieben hat – denn er ist doch nicht der Datenschutzbeauftragte, der sich im stillen Kämmerlein irgendwelche Berichte ausschwitzt, sondern der sich auf eine Vielzahl von hochqualifizierten Mitarbeitern verlassen kann, die übrigens unterschiedlicher parteipolitischer Couleur sind und damit ein hohes Maß an Unabhängigkeit dieses Amtes gewährleisten –, dann finde ich es völlig unangemessen, wenn diese Regierung mit einem Gegengutachten das auszuhebeln versucht, was der Landtag bislang als positiv empfunden hat, nämlich die Arbeit des Sächsischen Datenschutzbeauftragten.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Man sollte auch das hinterfragen, was Herr Battis unter Zuarbeit von Herrn Augustin gestern als Gutachten vorgestellt hat. Wir alle wissen auch, dass er bei diesem Gutachten auf eine Vielzahl von Dokumenten nicht zurückgreifen konnte, sodass man sich schon die Frage stellen kann, wie objektiv das Gutachten dann ist.

Nichtsdestotrotz glaube ich schon: Der Landtag – und da möchte ich alle Fraktionen, auch die der Regierungskoalition, ansprechen – sollte sich hinter den Sächsischen Datenschutzbeauftragten stellen. Wenn man selbst wie ich Mitglied der Exekutive war, gefällt einem vielleicht ein kritisches Wort auch einer unabhängigen Institution nicht, aber ich muss das aushalten. Das erwarte ich auch von der jetzigen Staatsregierung.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Auf die Kurzintervention von Kollegen Jurk reagiert jetzt Herr Kollege Schiemann. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich kann für mich in Anspruch nehmen, dass ich gestern für die CDU-Fraktion mit großem Respekt die Unterrichtung des Datenschutzbeauftragten im Landtag bewertet habe. An dieser Stelle brauche ich keine Belehrung. Ich habe gestern deutlich gemacht, dass der Datenschutzbeauftragte als gewähltes Organ, das uns unsere Arbeit erleichtern soll, zur Verfügung steht und dass wir das auch respektieren.

Aber eines ärgert mich jetzt, das muss ich deutlich machen: Ich verstehe nicht, warum es seitens der SPDFraktion kein Wort dazu gibt, dass die Gewalttäter, die die friedliche Demonstration – –

(Zurufe von den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Sabine Friedel, SPD: Haben Sie meine Rede gehört? – Glocke des Präsidenten)

Ich bitte einfach darum, dass Sie Kollegen Schiemann auf die Kurzintervention reagieren lassen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Bitte, sprechen Sie weiter.

(Thomas Jurk, SPD: Das ist aber wenig demokratisch!)

Herr Präsident, ich weiß, dass Wahrheit manchmal wehtut.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der SPD)

Es gehört zur Demokratie, glaube ich, dass man die andere Meinung einfach aushalten muss. Wie es Herr Jurk deutlich gemacht hat: Die Exekutive muss manchmal auch einen kritischen Satz aushalten, der vom Datenschutzbeauftragten gekommen ist. Dennoch glaube ich noch einmal sagen zu müssen: Das, was in der Südvorstadt gelaufen ist, war keine genehmigte Demonstration. Die Bundestagsabgeordneten, die dort aufgetreten sind, sind Gäste in unserem Land gewesen und haben sich wenig im Versammlungsrecht ausgekannt. Sie haben mit ihrer Autorität Menschen gegenübergestanden, wobei die Polizei fragen muss: Ist es noch angemessen, dass hochrangige Vertreter gewählter Gremien sich das Recht anmaßen, gegen die Polizei vorzugehen, dass die Polizei Nazis schützt – was überhaupt nicht wahr ist? Es war nicht der Auftrag der sächsischen Polizei, irgendwelche Demonstranten zu schützen, sondern sie sollte lediglich dafür sorgen, dass das Versammlungsrecht auf einer Demonstration, die vom Gericht genehmigt worden ist, auch umgesetzt werden kann.

(Zuruf des Abg. Andreas Storr, NPD)

Deshalb gibt es keine Legitimation. Dazu würde ich von Ihnen gern eine deutliche Meinung dahin gehend hören wollen, dass Sie sich von diesen Gewalttätern distanzieren, die das Versammlungsgeschehen missbraucht haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das waren Kurzintervention und Reaktion. Wir merken, dass das die Diskussion belebt. – Wir fahren aber jetzt in der Rednerreihenfolge fort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Kollege Hahn.

Herr Kollege Schiemann, wir sprechen heute nicht über ein Rechtsproblem. Wir haben ein Demokratieproblem in diesem Land und deshalb findet diese Debatte statt.

(Beifall bei den LINKEN – Andreas Storr, NPD: Genau! Das hat unter anderem auch die Partei DIE LINKE!)

Dazu sage ich: Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gilt auch im Freistaat Sachsen. In der Landesverfassung sind wichtige Aussagen zu Fragen der Gewaltenteilung, zum Kontrollrecht des Parlaments gegenüber der Exekutive und zu Bürgerrechten enthalten.

Es gibt eindeutige Vorgaben, die von Polizei und Justiz ebenso eingehalten werden müssen wie von der Sächsischen Staatsregierung.

(Andreas Storr, NPD: Aber auch von linken Abgeordneten!)

Es ist bedauerlich, dass man dies überhaupt im Landtag anmahnen muss.

Doch leider werden diese Normen allzu oft gebrochen und die politische Mehrheit kann häufig erst durch den Verfassungsgerichtshof gestoppt werden. Ich nenne nur einige wenige Stichworte: Polizeigesetz, Personalvertretungsgesetz, Mediengesetz, Notverkauf Sachsen LB, Verstoß gegen Abgeordnetenrechte, versuchtes Unterbinden von Untersuchungsausschüssen und zuletzt das Versammlungsgesetz. Die Regierung und die sie tragende Koalition haben aus alledem aber nichts gelernt, und das ist der eigentliche Skandal, über den wir heute zu sprechen haben.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Als Bundestagsvizepräsident Thierse angesichts der Ereignisse im Februar dieses Jahres von einer speziellen Art sächsischer Demokratie sprach, wurde er von CDU und FDP massiv kritisiert,

(Andreas Storr, NPD: Zu Recht! – Zurufe von der CDU)

ja sogar zum Rücktritt aufgefordert. Nach all dem, was wir in den letzten Monaten – eigentlich in den letzten Jahren – in Sachsen erlebt haben, kommt man nicht umhin festzustellen: Wolfgang Thierse hat leider recht.

(Christian Piwarz, CDU: Fragen Sie mal die Menschen im Lande, was sie von Wolfgang Thierse halten!)

Wer das nicht glaubt, den möchte ich bitten, einmal über die folgenden sechs Fragen nachzudenken.

Erstens. Gibt es noch ein anderes Land in der Bundesrepublik, in dem ein Justizminister – es war Herr Heitmann – ungestraft von der Richterschaft fordern kann, dass sie doch hin und wieder einmal die Gesetzbücher beiseite legen, an die Decke schauen und kreativ entscheiden möge?

Zweitens. Gibt es noch ein anderes Land in der Bundesrepublik Deutschland, in dem ein Generalstaatsanwalt bei Ermittlungen gegen den Ministerpräsidenten und den Finanzminister wegen Untreue eine geplante Hausdurchsuchung und ebenso die Vernehmung als Beschuldigte unterbindet, und zwar so lange, bis die Straftaten verjährt sind?

Drittens. Gibt es noch ein anderes Land in der Bundesrepublik, in dem, wie hier in Sachsen, versucht wird, kritische Oppositionspolitiker durch höchst fragwürdige Fördermittel- und Steuerkontrollen finanziell zu ruinieren und damit mundtot zu machen? Ich schließe an das von

Martin Dulig Gesagte an. Für das, was mit Karl Nolle angestellt wurde, sollten sich die Verantwortlichen einfach nur schämen.