Herr Hähnel, ich muss Sie trotzdem fragen, ob Sie auf die Kurzintervention Ihres Abgeordneten-Kollegen Schiemann antworten. – Das ist nicht der Fall.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Europa nach dem 2. Weltkrieg in Trümmern lag, galt es nicht nur, unseren Kontinent materiell wieder aufzubauen, sondern auch die Zusammenarbeit der Völker auf eine neue Grundlage zu stellen.
Unsere Vorväter haben sehr schnell erkannt, dass die Jugend der Schlüssel für die Zukunft des damaligen Europas war. Da liegt auch die Geburtsstunde des Jugendaustausches. Man kann sagen, dass die Saat, die damals gesät wurde, weitestgehend aufgegangen ist, bis auf das bisschen Unkraut hier am rechten Rand. Ich denke einmal, insgesamt ist die Arbeit, die damals begonnen wurde, erfolgreich gewesen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die internationale Jugendbegegnung hat maßgeblichen Anteil daran, dass wir heute in einem friedlichen Europa leben; und auch heute noch im Zeitalter der europäischen Einigung und der intensiven globalen Beziehungen hat der interna
Die Ziele, mit denen sich internationale Jugendarbeit zusammenfassen lässt und deretwegen sie seinerzeit ins Leben gerufen wurde, sind, gegenseitiges Verständnis über Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen zu erweitern, ihre Beziehungen zu festigen und Vorurteile abzubauen. Es geht darum, ganz persönliche Erfahrungen und Erkenntnisse zu sammeln und gleichzeitig einen Beitrag zu leisten für mehr Toleranz, mehr Völkerverständigung und zur Friedensarbeit.
Junge Menschen sind eingeladen, einen vielleicht ersten Blick über den Tellerrand zu wagen, um beispielsweise zu sehen, dass Europa mehr ist als die täglichen Fernsehberichte zur Eurokrise.
Wir alle wissen, dass die Art des Jugendaustausches sehr vielseitig sein kann: Au Pair, Freiwilligendienst, Job, Praktikum, Schulaufenthalt, Freizeit usw. usf. Um sich in dieser Vielfalt von Möglichkeiten zurechtzufinden, haben der Bund und die EU zwei zentrale Fachstellen zum Thema eingerichtet: die Fachstelle für internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland und das Informationssystem Jugendarbeit und Jugendaustausch in der Europäischen Union. Aber auch im Freistaat Sachsen gibt es zahlreiche Einrichtungen und Institutionen, die sich intensiv mit dem Thema Jugendaustausch befassen. Erst am 1. September 2011 veranstalteten zahlreiche Initiativen hier in Dresden einen Informationstag.
Auch der Freistaat selbst unterstützt den Jugendaustausch. Mit der Förderung von Maßnahmen im Rahmen der internationalen Bildungskooperation leistet das Kultusministerium einen wichtigen Beitrag, um den Schüleraustausch zu ermöglichen. Für interessierte Schulen stehen bei der Sächsischen Bildungsagentur Ansprechpartner zur Verfügung.
Die Förderung von Schüleraustausch und auch Schulpartnerschaften ermöglicht breiten Schichten unserer Schüler einen ersten Auslandsaufenthalt und erste Auslandserfahrungen.
Neben persönlichkeitsbildenden Aspekten gewinnt auch die interkulturelle Kompetenz zunehmend an Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf Ausbildung und die späteren Arbeitsmarktchancen junger Menschen. Sie ist wichtig, weil keiner all die Sprachen unserer Nachbarn und Wirtschaftspartner lernen kann. Wichtig zu wissen ist aber, wie sie denken, wie sie fühlen und welche Traditionen sie haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die positiven Langzeitwirkungen der Teilnahme von internationalen Jugendbegegnungen auf die Persönlichkeitsentwicklung wurden bereits durch eine Studie der Universität Regensburg belegt. Mehr als 50 % der befragten ehemaligen Teilnehmer von Schüleraustauschen geben auch lange nach dem Austausch an, durch diese profitiert zu haben, unter anderem in Bezug auf die Fremdsprache, auf die soziale Kompetenz, ihre Offenheit und Flexibilität – alles
Eigenschaften, die nicht nur vielleicht ein privates Fortkommen versprechen, sondern auch für spätere Arbeitgeber von Bedeutung sind. Außerdem leisten Jugendaustauschprogramme einen unverzichtbaren Beitrag zur weiteren Verständigung und zur Zusammenarbeit junger Menschen in Europa und in der ganzen Welt. Hier steht besonders Sachsen mit seinen unmittelbaren Nachbarn Polen und Tschechien in der Pflicht, was aber gleichzeitig eine Chance ist. Gerade weil wir an Polen und Tschechien grenzen, sollten wir den Schüleraustausch mit diesen Ländern noch stärker unterstützen, zum einen aus unserer geschichtlichen Verpflichtung heraus, aber zum anderen auch,
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es besteht Einigkeit darüber, wie wichtig grenzüberschreitende Begegnungen von Jugendlichen zwischen Sachsen, Polen und Tschechien, aber auch anderen europäischen Ländern sind. Wenn man allerdings den Antrag liest, lieber Kollege Bläsner, lieber Kollege Hähnel, dann fragt man sich: Was wollen Sie damit – insbesondere nach der Debatte, die wir gerade davor hatten, in der es darum ging, welche Ziele der Freistaat in seiner Jugendpolitik hat?
Ein Teil der Dinge, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen, finden Sie in der Antwort auf Ihre eigene Große Anfrage „Der Freistaat Sachsen in der Europäischen Union“. Dort lassen Sie sich schon erklären, welche bilateralen Austauschprojekte über den Europäischen Sozialfonds mit Tschechien und Polen gefördert werden. Ich empfehle, dort hineinzuschauen. Andere Punkte, die Sie benennen, finden wir auch richtig. Man sollte einmal nachhaken, was die Staatsregierung da macht. Das offenbart ja auch ein bisschen – gestatten Sie mir die süffisante Anmerkung –, dass Sie ein Defizit bei der Staatsregierung in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Jugendbereich mit Tschechien und Polen sehen, wenn Sie jetzt einen solchen Antrag einbringen müssen.
Wenn man sich ansieht, was Sie im Beschlusstext wollen und in der Begründung formulieren, dann tut sich eine Lücke auf, denn es sind plötzlich zwei verschiedene Paar Schuhe. Beim Beschlusstext geht es um die Förderung von Schulaustausch und Jugendbegegnung und in der Begründung werden konkrete Gedenkstätten benannt, die ohne Zweifel ihre Berechtigung haben, weil man aus Geschichte lernen kann. Es wird aber nicht so richtig klar, was Sie genau wollen.
Herr Hähnel hat davon gesprochen, junge Menschen mit Behinderung einzubeziehen. Ich freue mich, dass Sie das ansprechen, weil wir auf Bundes- und Landesebene das Thema Inklusion haben. Wir wollen Inklusion im sächsischen Schulwesen. Auf Bundesebene gibt es gerade die Schnittstellenbereinigung im Sozialgesetzbuch, dass zukünftig Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen gemeinsam über das Kinder- und Jugendhilfegesetz mitbetreut werden sollen. Leider findet das Thema Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen in Ihrem Antrag überhaupt keine Erwähnung. Das ist zu wenig. Entweder Sie schreiben es auf und wir beschließen es, oder Sie lassen es sein.
Liebe Kollegin, geben Sie mir recht, dass in meiner Rede vorkam, dass der Ansatzpunkt des Kreisauer Kreises beinhaltet, Jugendliche mit Behinderung mit anderen Jugendlichen, die nicht behindert sind, am Schüleraustausch teilnehmen zu lassen? In diesem Antrag steckt die gute Absicht. In Kreisau als Austauschstätte findet dann automatisch, wenn das gefördert wird, dieser Austausch mit statt.
Herr Hähnel, da gebe ich Ihnen recht. Meine Kritik bezog sich darauf, dass wir darüber reden müssen, wie wir Gedenkstätten barrierefrei gestalten und wie es gelingen kann, dass Kinder und Jugendliche mit körperlichen Beeinträchtigungen verkehrstechnisch in der Lage sind, an Fahrten mit nicht behinderten jungen Menschen teilzunehmen. Davon steht in Ihrem Antrag kein Wort.
Nun zurück zu meinen Ausführungen. Wir haben den Kinder- und Jugendplan des Bundes. Dort wird Geld für Jugendbegegnung und Jugendaustausch ausgeschüttet. Der Freistaat Sachsen hält sich wie in anderen Punkten elegant zurück und leitet das Geld weiter. Er hat sich allerdings die Möglichkeit offen gehalten, über eine Förderrichtlinie des Sozialministeriums für den überörtlichen Bedarf Jugendbegegnungen zu fördern. Was passiert jetzt? Dort ist von einer nachrangigen Förderung die Rede, das heißt, wenn man Geld des Bundes bekommt, dann fördert der Freistaat nicht mehr. Die Antragsabwicklung ist für die Träger sehr aufwendig. Wer einmal mit Trägern gesprochen hat, der weiß, wie schwierig das ist.
Nun sind wir leider wieder beim Haushalt, aber das kann ich Ihnen nicht ersparen, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU- und FDP-Fraktion. Den Haushaltstitel „Förderrichtlinie überörtlicher Bedarf“ haben Sie im aktuellen Doppelhaushalt derart gekürzt, dass das Geld dort immer
weniger wird, wir aber riesige Deckungsringe haben, was aus dieser Förderrichtlinie alles bezahlt werden soll. Dort sind die Jugendverbände und eine ganze Menge andere Sachen drin. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.
Der Maßnahmenbericht ist vernünftig. Zu Punkt 2 noch eine Anmerkung. Sie wollen hier historisch bedeutsame Orte unterstützen. Das ist löblich, ich denke aber, es ist wichtig, wenn wir schon Jugendbegegnung initiieren wollen, dass wir nicht nur in die Vergangenheit schauen und Geschichtsaufarbeitung betreiben, sondern wir müssen inhaltlich Anreize schaffen, dass sich junge Menschen in anderem Rahmen begegnen, zum Beispiel beim kulturellen oder sportlichen Austausch. Viele junge Menschen gerade aus benachteiligten Verhältnissen erreichen wir nicht mit Geschichtsthemen, sondern dadurch, dass sie mit ihrem Sportverein einen ausländischen Sportverein treffen, weil ihre Interessen ganz anders sind. Es ist nicht verkehrt, das zu unterstützen, aber es gibt noch Ausweitungsbedarf.
Mehr Zukunftsorientierung wäre Ihrem Antrag zu wünschen gewesen. Wir werden ihm trotzdem zustimmen. Mein Kollege Heiko Kosel wird in der zweiten Runde auf die bilateralen Punkte in Polen und Tschechien eingehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie, dass das für mich eine Premiere ist. Am heutigen Tag geht das 21. Jahr meiner Parlamentsmitgliedschaft zu Ende. Ich halte die erste jugendpolitische Rede. Ich bitte um Nachsicht.
„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen.“ Ich schaue in die Runde. Heute muss man es ja mit Zitaten genau nehmen. Es ist eines von Johann Wolfgang von Goethe.
Es ist aus meiner Sicht durchaus bemerkenswert, dass wir heute im weitesten Sinne schon die zweite Debatte zum Thema Jugendhilfe führen. Ich habe die Hoffnung, dass der eine oder andere Abgeordnete heute Abend wissen wird, wenn er den Saal verlässt, was Jugendhilfe und vor allem Kinder- und Jugendarbeit tagtäglich leisten. Das Wissen um die Lebenswelt von Jugendlichen aus anderen Ländern ist, so glaube ich, eine der eindrucksvollsten Erfahrungen, die man als Jugendlicher oder Schüler machen kann.
Jugendaustausch ist das Thema des heutigen Antrages. Hätte man nicht die Möglichkeit sehen können, den vorliegenden Antrag im zuständigen Ausschuss zu diskutieren? Dann hätte die Chance bestanden, sich noch intensiver über Vor- und Nachteile der bestehenden
Ein anderes Lebensumfeld, eine andere Sprache, wenn vielleicht auch nur für eine Woche, sind für jeden Schüler, für jeden Jugendlichen eine wertvolle Erfahrung. Meine Erfahrung aus der DDR besteht darin, dass es so einen Schüler- und Jugendaustausch beispielsweise mit unseren Bruderländern eben nicht gegeben hat. Sie wissen ja, Freunde kann man sich aussuchen, Brüder hat man. Ich kann mich noch gut erinnern, dass insbesondere die evangelische Kirchgemeinde dafür gesorgt hat, dass über die gemeinsame Arbeit mit polnischen Kirchgemeinden dieser Austausch möglich wurde, was ich als eine gute Erfahrung in meinem Leben gewertet habe. Ich freue mich auch sehr, dass ich meine Diätenerhöhung seit Jahren der Station junger Techniker und Naturforscher in Weißwasser gespendet habe, die seit über 20 Jahren in enger Partnerschaft mit dem Kreiskinder-Kulturhaus in Zary gemeinsam jedes Jahr Werkstätten veranstalten, bei denen insbesondere der künstlerische Aspekt im Vordergrund des Austausches steht.
Der vorliegende Antrag hat sowohl den Schüler- als auch den Jugendaustausch zum Gegenstand. Das sind zunächst zwei unterschiedliche Dinge, die eigentlich auseinandergehalten werden sollten. Schüleraustausch ist eben nicht gleich Jugendaustausch. In der Regel findet ein Schüleraustausch einmalig im betreffenden Land statt. Das heißt, einmal fahren Schüler aus Dresden in die Bretagne, und einmal kommen die Bretonen nach Dresden oder man besucht beispielsweise für ein halbes oder ganzes Jahr eine Schule in einem anderen Land. Dann muss sich die besuchte Schülerin aber nicht mit einem Gegenbesuch revanchieren.
Ein Jugendaustausch, der im Rahmen der Jugendhilfe gefördert wird, könnte hingegen auch gut und gerne mal regelmäßig über fünf Jahre erfolgen. Die Förderung des Jugendaustausches gestaltet sich bekanntermaßen sehr unterschiedlich. Für Tschechien, Polen, Frankreich, Israel und Russland existieren sogenannte binationale Jugendwerke. Der Jugendaustausch in den genannten Ländern genießt eine spezielle Förderung, die in der Regel nur bei den genannten Jugendwerken beantragt werden kann. Für einen Jugendaustausch in Länder, für die kein Jugendwerk existiert, besteht die Möglichkeit, diese entweder über „Jugend in Aktion“, den Bundesjugendplan oder den Landesjugendplan zu fördern.
Schaut man in diesem Fall genauer hin, so stellt man fest, dass die freien Träger in Sachsen ihre Maßnahmen nur noch in Ausnahmefällen über den Landesjugendplan fördern lassen. Warum? – Die einfache Antwort ist: Das ist die Konsequenz aus den Richtlinien der sächsischen Förderung. Fährt eine Jugendgruppe über den Landesjugendplan beispielweise nach Rumänien, so werden ihr 70 % der Fahrtkosten für die Maßnahme ersetzt. Die Kosten, die vor Ort anfallen, beispielsweise für Übernachtung und Verpflegung, muss die Jugendgruppe in Rumänien für die deutschen Teilnehmer übernehmen. Da die
Auslegung der Richtlinien nicht immer eindeutig war, hat das bei dem einen oder anderen Träger zu Rückforderungen geführt. Außerdem: Finden Sie doch erst einmal eine Gruppe in Rumänien, die das Geld dafür aufbringen kann. Das ist Weltfremdheit. Eine andere Bewertung fällt mir für diese Richtlinie nicht ein.
Mit Verwunderung hat dann der Fördermittelgeber festgestellt, dass kaum noch ein Träger einen Jugendaustausch über Mittel des Freistaates fördern lässt. Wer will seinem Gastgeber zumuten, Übernachtung und Verpflegung für deutsche Jugendliche zu tragen? Genau über diese einzelnen änderungsbedürftigen Punkte hätte man sich sicher noch gezielter im Ausschuss austauschen können.
Positiv zu werten ist, dass sich vor allem bei europäischen Programmen wie „Jugend in Aktion“ die Fördermodalitäten deutlich verbessert haben, sowohl was die Förderhöhe als auch die Fördermodalitäten angeht. Es ist aber nicht zu übersehen, dass beim komplizierten Antragsverfahren somit nur große Verbände und Vereine durchblicken. Wir sollten die Landesmittel auf kleinere Vereine und Verbände konzentrieren, die eben nicht über jene Personalstärke verfügen, um den großen Aufwand bei der Beantragung solcher Fördermittel bewältigen zu können.