Dass dieses Worthalten für die SPD ein Problem ist, Herr Pecher, kann ich mir gut vorstellen. Bei Ihnen ist das nicht die Regel. Ich erinnere nur noch einmal an die Geschichte mit der Mehrwertsteuererhöhung. Herr Pecher, wissen Sie noch? Wie war das damals am 01.01.2007? Sie haben sich im Bundestagswahlkampf 2005 mit der Aussage in die Bundesregierung getrickst: Die von der Union vorgesehene 2-prozentige Mehrwertsteuererhöhung wird es mit der SPD nie geben.
Am Ende, als Sie in der Regierung saßen, sind 3 % herausgekommen. Das ist Ihre Politik! Schämen Sie sich dafür!
Wenn Pinocchio ein Parteibuch hätte, hätte er das SPDParteibuch. Das wissen wir; dessen sind wir uns sicher.
Lassen Sie mich noch eines zum Vorwurf Klientelpolitik sagen: Richtig! Wir machen Klientelpolitik – wie alle anderen Parteien übrigens auch. Da können wir besonders von der SPD eine ganze Menge lernen. Unsere Klientel sind zum Beispiel die 289 000 Beschäftigten in der Tourismuswirtschaft in Sachsen. Das ist unsere Klientel, für die wir kämpfen. Dafür schäme ich mich nicht. Das finde ich richtig, meine Damen und Herren!
Schauen wir doch einmal, was Ihre Klientel ist. Schauen wir doch zum Beispiel einmal in die regenerativen Energien, die Sie immer so reichhaltig verwöhnen mit dem völlig falschen EEG, mit dem Atomausstieg und vielen anderen Maßnahmen.
Ich kann aber noch mehr dazu sagen, wer Ihre Klientel ist. Wissen Sie was? – Die Finanzhaie sind Ihre Klientel. Unter der rot-grünen Bundesregierung haben Sie denen das Paradies auf Erden verschafft.
Warum? Diese unverantwortlichen Deregulierungen am Finanzmarkt, das war Ihre Politik, nichts anderes.
Ihre Klientel sind die Griechen. Die Griechen haben Sie gegen die Stimmen von CDU und FDP damals unter RotGrün überhaupt erst in den Euro-Raum aufgenommen. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Ihre Klientel sind russische Gaspipeline-Investoren. Gerhard Schröder hat in seinen letzten Amtstagen den Investoren für die Gaspipeline Nord Stream noch einen lukrativen Investorenvertrag unterschrieben. Heute ist er selbst Aufsichtsratvorsitzender dieses Unternehmens. So viel zu Sauberkeit! So viel zu Ehrlichkeit in der Politik, meine Damen und Herren!
Sie brauchen mir von Klientelpolitik nichts zu erzählen. Zum Thema Steuer etwas mehr in der zweiten Runde.
Das war Kollege Zastrow für die FDP. – Es spricht nun Frau Kollegin Jähnigen für die Fraktion GRÜNE.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren aus der Koalition! Es ist gerade diese groteske Doppelgesichtigkeit, die die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nervt. Es wird presseöffentlich das Gespräch über die Umsetzung der Schuldenbremse in der Landesverfassung angeboten. Es wird sich selbst gelobt mit Neuverschuldungsverboten wie in Dresden. Herr Zastrow, es ist Ihre Fraktion, die das vor sich herträgt.
Im Bund wird Steuersenkungspolitik über Pump finanziert, obwohl Sie wissen, spätestens nach der Warnung von Bundesbankchef Weidmann: „Die Schulden von heute sind die Haushaltslöcher und Steuern von morgen.“ Sie wissen es. Wir wissen auch – jetzt komme ich gleich zu Sachsen, Herr Zastrow: Die Mövenpick-Steuer hat Sachsen einen Einnahmenverzicht von 100 Millionen Euro jährlich gebracht. Das Geld ist futsch. Das bekommen wir nicht zurück.
Wenn Sie Ihre Steuern nicht auf Pump bezahlen wollen, dann sagen Sie jetzt, wo Sie in Sachsen noch sparen wollen. Die Wachstumsprognosen sind nicht gut und werden absehbar nach unten korrigiert werden müssen. Es gibt allerdings in Sachsen eine Wachstumsbranche: die Unternehmen der erneuerbaren Energien. Sie müssen mir einmal bei einem Bier erzählen, wie Sie auf die Zahlen kommen. Die verwendet keiner, Herr Zastrow. Das können Sie gar nicht begründen.
Sie werden mir nachsehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich es perfide finde, wenn junge Herren mit Dauerlächeln in die Kamera sagen, dass die unteren Einkommen entlastet werden sollen. Die Anzahl der Menschen, die gar keine Einkommensteuer zahlen müssen, weil die Einkommen so niedrig sind, sinkt deutlich ab. Die höheren Gebührenbeiträge für Kultur- und Bildungseinrichtungen fallen gerade ihnen schwer auf die Tasche. Ich ahne, dass Sie sich mit den neuen Steuersenkungen eine Wahlkampfrettung über neue Spenden erhoffen werden. Das sind Placebos, große politische Placebos.
Nun sind Placebos nicht per se etwas Schlechtes. Ich bin gelernte Krankenschwester und kenne mich damit aus. Es ist aber bei Placebos so:
Placebos helfen nur, wenn man daran glaubt. – Jetzt kommen Sie mal auf den Teppich zurück, Herr Zastrow!
Wir sind mitten in der Wirtschafts- und Finanzkrise. Daran glaubt keiner mehr. Das ist vorbei, meine Damen und Herren. Ich zitiere aus dem Wirtschaftsteil der „FAZ“ vom 04.11.2011. Dort hat der Finanzwissenschaftler Clemens Fürst kritisch die Ergebnisse des Koalitionstreffens auf Bundesebene kommentiert als „Versuch einer Gesichtswahrung für jene, die Steuersenkungen versprochen hätten. Davon zu sprechen, hier würden Wachstumsimpulse gesetzt, wirkt eher drollig. Eine klare Konzeption in Richtung Wachstumsorientierung, Vereinfachung oder mehr Steuergerechtigkeit ist nicht zu erkennen.“
Dem ist in der Sache nichts hinzuzufügen. Die Wirtschaftspresse feixt über die Selbstrettungsversuche der FDP. FDP-Märchen von der Steuerentlastung, erzählt von CDU-geführten Regierungen. Ihre Distanzierungsversuche hier in Sachsen machen nachdenklich. Aber sie machen die Sache nicht besser. Sie laufen nicht Sturm gegen diese De-facto-Kürzungen der öffentlichen Haus
halte, sondern Sie versuchen, nicht mit schuld zu sein. Sie sind aber mit schuld, wenn Sie das mittragen und nicht dagegen kämpfen.
Auch das ist nicht glaubwürdig. Ich finde es eine schöne Idee von der SPD, diese Diskussion als Satire aufzuziehen. Kompliment an die SPD! Ich anerkenne die historische Rolle, die die FDP jetzt einnimmt, nämlich mit ihrer Politik zur Satire, zur kulturellen Aufklärung, zur Heiterkeit beizutragen. Heiterkeit ist gut mitten in Zeiten der Krise. Allerdings: Für solide Politik reicht sie nicht. Wir brauchen solide Politik und dazu tragen Ihre Steuersenkungen auf Pump nicht bei und sind daher abzulehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Nach Mövenpick der Steuertrick“ – meine Damen und Herren von der SPD: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Ich komme im Verlauf der Debatte noch dazu, was ich bei diesem Thema meine. Sie hätten zumindest für das Wort Steuertrick ein anderes Wort gebrauchen sollen.
Dass die FDP eine neoliberale Klientelpartei ist, und zwar nicht nur der Besserverdienenden, sondern eigentlich der Bestverdienenden à la Mövenpick, ist bekannt. Es ist sicherlich ein Diskussionsansatz, Herr Zastrow, ob die Steuersenkungen für die Hotellerie sinnhaft sind oder nicht, aber es ist anrüchig, wenn man zunächst eine Wahlkampfspende der Firma Mövenpick einsteckt und anschließend diese Steuersenkung durchdrückt, nachdem man an die Regierung gekommen ist.
Was die jetzigen Steuerentlastungen betrifft, so sind sie eigentlich schon wieder im Bereich der Märchen anzusiedeln; denn sie stehen unter dem Vorbehalt der zukünftigen Belastung durch die Schulden- und Haftungslast der Bankenkrise und aktuell der Eurokrise. Dazu muss ich wieder sagen, meine Damen und Herren der Blockparteien: Egal, in welcher Koalition Sie zusammen sind, ob das Rot-Grün, Schwarz-Rot war oder jetzt Schwarz-Gelb ist – es ist überall das gleiche Problem entstanden. Das hat sich hochgeschaukelt bis zum jetzigen Punkt, wo man davon ausgehen muss, dass Ihr ganzes Wirtschafts- und Währungsgefüge demnächst den Bach runtergeht.
Ihre vormals angekündigte große Einkommensteuerreform war ohnehin wieder ein gebrochenes Wahlkampfversprechen, und die jetzt angekündigte Erhöhung des Grundfreibetrages, die allen Einkommensschichten