In Kreisen der rassistischen Blood-and-Honour-Bewegung, die wiederum von neonazistischen Hammerskins beherrscht wurde, gingen sie ebenso um, wie mit bekannten Größen aus der radikalen Musikszene mit potenziellen Vertriebsstrukturen in Chemnitz. Letztere waren offensichtlich zugleich ein Schutzschild, so wie sich die inzwischen zum Teil in Haft befindlichen Kammeraden aus Johanngeorgenstadt, aus Zwickau, aus Schwarzenberg und Umgebung organisierten, nachdem sich Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe nach Zwickau abgesetzt hatten.
Das ging, das klappte, das funktionierte reibungslos, obgleich sächsische Behörden erwiesenermaßen spätestens im Jahr 2000 eine klare Kennung hatten, dass die mit Haftbefehl Gesuchten in Sachsen umgingen. Wie es zu so gravierenden Ermittlungspannen unter Mitwirkung und Mitverantwortung sächsischer Sicherheitsbehörden
kommen konnte, die letztlich die Voraussetzung dafür waren, dass der NSU seine Tatserie elf weitere Jahre fortsetzen konnte, dazu haben wir von den Vertretern der Staatsregierung und der von ihnen hinzugezogenen Behördenvertreter bislang in keiner der Sonder- oder regulären Sitzungen von Innen- oder Verfassungs- und Rechtsausschuss – offensichtlich auch nicht innerhalb der PKK – eine nachvollziehbare Erklärung erhalten.
Allein das, was bislang zum Ablauf der Observierungsmaßnahmen der Wohnung der Mandy S. in der Bernhardstraße 11 in Chemnitz Ende September 2000 unter Einbeziehung des LKA Sachsen und des Landesamtes für Verfassungsschutz gelaufen ist, auf welcher gesetzlichen Grundlage und durch wen auch immer verantwortet, treibt jedem Revierkriminalisten die Schamröte ins Gesicht. Meine Damen und Herren, das ist dann Fremdschämen!
Sie machen uns nicht weis, Herr Innenminister Ulbig und Herr Justizminister Dr. Martens, dass Sie noch nicht herausbekommen haben wollen, welche Staatsanwaltschaft den Antrag für diese Observierungsmaßnahme stellte, der mehrfach verlängert worden ist, mindestens bis weit in den Oktober andauerte, und welcher Ermittlungsrichter diesen genehmigt hat und aus welchen Gründen. Sie haben nicht annähernd eine plausible Erklärung parat, wieso hier nicht ein Zugriff erfolgen konnte. Sie sind der Öffentlichkeit Rede und Antwort schuldig, wieso das LKA nicht wusste, dass das Landesamt für Verfassungsschutz parallel wusste, dass Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos dort gestellt werden sollten und für den Zugriff diejenigen vor Ort sein mussten, die laut Gesetzgeber die zuständigen Strafverfolgungsbehörden sind.
Weil wir es leid sind, fortwährend um Aufklärung zu betteln, und es satt haben, regelmäßig Tage vorher aus den Medien zu erfahren, wer noch alles mit drinhängt und was noch alles wo und wann in Sachsen schiefgelaufen ist, wollen wir jetzt die Einsetzung einer unabhängigen
Untersuchungskommission, deren Auftrag die Aufklärung der Mitverantwortung sächsischer Strafverfolgungsbehörden für das ungehinderte Wirken der Terrorzelle „Neonazistischer Untergrund“ ist. Sie soll beleuchten, inwieweit die Regierungsstellen, die die Fach-, Rechts- und Dienstaufsicht über diese haben, ein Verschulden trifft.
Die seit Wochen laufende Übung „Schlapp hat den Hut verloren“ – wir haben es nicht, wir waren es nicht, wir wussten es nicht, wir haben uns nichts zu sagen – muss ein Ende haben. Wir erwarten von einer solchen unabhängigen Kommission, zu deren personellen Zusammensetzung wir an anderer Stelle bereits Vorschläge unterbreitet haben, dass sie auf einer ähnlichen belastbaren rechtlichen Grundlage eine unabhängige Untersuchung vornimmt und dem Landtag und der Staatsregierung einen Untersuchungsbericht vorlegt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ereignisse, die uns, denke ich, mehrheitlich in diesem Hohen Haus fassungslos gemacht haben, sind nicht nur Ereignisse, die Sachsen betreffen, sondern wenn wir das Jahr Revue passieren lassen, war es Norwegen, war es gestern Lüttich und heute Florenz, wo Menschen aus Rassenhass andere in ihrem Lande willkürlich hinrichteten.
Die Koalition hat mit ihrem Entschließungsantrag zur Rede von Staatsminister Ulbig im zurückliegenden Plenum deutlich gemacht, dass sie großes Interesse an der zeitnahen und lückenlosen Aufklärung der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ hat. Dieser Name, den sich die Gruppe selbst gegeben hat, spricht für sich.
Derzeit ermittelt das Bundeskriminalamt im Auftrag der Bundesanwaltschaft alle Vorgänge im Zusammenhang mit dem Verbrechertrio Nationalsozialistischer Untergrund. Die Aufklärung der Umstände, warum die gesuchten Personen untertauchen konnten und unbehelligt über Jahre hinweg schwerste Verbrechen begehen konnten, wird gegenwärtig mit hohem Aufwand betrieben.
Erst Hinweise aus der Bevölkerung haben zu den Tätern in Eisenach geführt. Ich kann dem Einreicher des Antrages nur beipflichten, dass wir uns vor diesen vorschnellen Urteilen in der Tat hüten sollten.
Zur Unterstützung des Bundeskriminalamtes und Bewältigung aller anfallenden Ermittlungsaufträge hat das Landeskriminalamt Sachsen eine Zentrale Ermittlungs- und Koordinierungsstelle eingerichtet. Über die Koordinierungsstelle ist rund um die Uhr eine sofortige Bearbeitung von neuen Erkenntnissen gewährleistet. Alle Hinweise und Informationen werden mit der gebotenen Sorgfalt und Intensität auf Bezüge zum Freistaat Sachsen
analysiert und bewertet. Darüber hinaus prüft die sächsische Polizei auch andere zurückliegende Straftaten auf mögliche Bezüge mit dem aktuellen Tatkomplex.
Das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen arbeitet intensiv an der Aufarbeitung der Altvorgänge. Es hat eine besondere Projektgruppe gebildet und, wie bereits erwähnt, es werden in diesem Rahmen alle bei der laufenden Aktenrecherche anfallenden Informationen an das Bundeskriminalamt für die Ermittlung des Generalbundesanwaltes übermittelt.
Wenn jetzt von der Antragstellerin, DIE LINKE, hier pauschal Vorwürfe eines kläglichen Versagens angemahnt wird und gleichzeitig im Vorsatz gesagt wird, wir sollten uns vor schnellen Urteilen und Vorurteilen hüten, dann ist das ein klarer Widerspruch.
Ich unterstreiche: Wir brauchen die Aufklärung und wir brauchen auch die Aufklärung im Landesamt mit dem bestehenden Personal.
Wer hier den handelnden Personen im Sächsischen Landesamt für Verfassungsschutz etwas anderes in diesem Antrag unterstellt, der ist an einer tatsächlichen Aufklärung nicht interessiert. Wir haben hier eine Parlamentarische Kontrollkommission, und wir haben seit vielen Jahren in dieser Parlamentarischen Kontrollkommission eine Personalkontinuität, und zwar seit 1996. Das stimmt ziemlich genau mit der Zeit überein, in der diese Tatkomplexe begonnen haben. Auf diese Personalkontinuität der Kontrolle des Parlamentes, das wir alle gewählt haben,
setzen wir alle das Vertrauen, dass dort ordnungsgemäß die Kontrolle wahrgenommen wird. Dieser Abgeordnete ist der Abgeordnete Dr. Hahn von den LINKEN. Das heißt, mit dem, was Sie hier vortragen, unterstellen Sie, dass Ihr Kollege Dr. Hahn diese parlamentarische Kontrolle offensichtlich nicht ordnungsgemäß wahrgenommen hat.
Über die Ergebnisse der bisherigen Aufklärung im Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen und in der sächsischen Polizei wurde am 21. November und am 7. Dezember dieses Jahres in der Parlamentarischen Kontrollkommission sowie am 21. November und am 8. Dezember, also vorigen Donnerstag, im Innenausschuss berichtet.
Ferner wird der Freistaat Sachsen die vom Bund geplante Regierungskommission unterstützen, die sich mit der Überprüfung der Tätigkeit der verschiedenen Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern im Sinne eines Gesamtbildes befasst und paritätisch besetzt wird. Wir haben als CDU und FDP bislang keinen Grund – ich sage ausdrücklich, wir haben bislang keinen Grund –, an der Gewissenhaftigkeit zu zweifeln, mit der die sächsische Polizei und
der Sächsische Verfassungsschutz die Aufarbeitung der Vorgänge um die NSU betreiben. Daher sehe ich derzeit keinen Grund, ein weiteres Gremium einzurichten, das sich mit der Aufarbeitung dieser Vorgänge befasst.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind alle nachhaltig interessiert, dass dies schnell passiert, dass weitere Gefahren ausgeschaltet werden und dass mögliche weitere Personen den Haftrichtern zugeführt werden. Wir sind aber nicht daran interessiert – ich sage das mit aller Klarheit –, dass hier durch weitere Gremien eine Zersplitterung der Kräfte eintritt und dass wir uns als Parlamentarier anmaßen, die besseren Kontrolleure von außerhalb zu sein als das, was wir hier über das parlamentarische Geschäft unmittelbar einbringen können. Deswegen bin ich der Meinung, dass es nicht sachgerecht ist, dass dieser Generalverdacht aufrechterhalten und damit auch im Antrag in Punkt 2 die Arbeit des Sächsischen Landesamtes faktisch lahmgelegt wird.
Der Generalbundesanwalt hat ja heute über die Medien deutlich gemacht, dass bereits 560 Hinweise aus der Bevölkerung vorliegen. Das ist ein richtiger Ansatz. Wir müssen in der gesellschaftlichen Mitte die Bevölkerung mit aufrütteln, dass es eben nicht gleichgültig ist, wenn Garagenwände mit Parolen besprüht sind, die eindeutig auf Täterschaft hinweisen. Es ist uns auch nicht gleichgültig, wenn diese verrohende Bande von Rechtsextremisten im parlamentarischen Gewand hier im Parlament sitzt, denn diese Gruppierungen gehören gesellschaftlich geächtet und an den Pranger gestellt.
Sie sind die geistigen Brandstifter, die den Boden für diese Taten legen. Da muss die Auseinandersetzung ganz gezielt geführt werden.
Wir müssen auch denen den Rücken stärken – das sage ich ganz deutlich –, die rechtsstaatlich am Ende in der Bevölkerung diese Auseinandersetzung führen. Die CDU und die FDP, also die große Mehrheit in diesem Hause, stehen dafür bereit.
Das war Herr Bandmann für die CDU-Fraktion. – Herr Gansel, ich möchte Sie sehr herzlich bitten, sich zu mäßigen, auch was diese Äußerungen und die persönlichen Angriffe betrifft. Im Wiederholungsfall mache ich von meinem Ordnungsrecht Gebrauch.
Herr Präsident, vielen Dank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Bandmann! Sie haben gerade gesagt, dass Sie keinen Grund haben, an der Gewissenhaftigkeit bei der Aufklärung von Fehlern und bei der Aufklärung des Behördenhandelns zu zweifeln. Wir haben derzeit Grund, daran zu zweifeln. Warum? – Das möchte ich Ihnen und Ihrer Fraktion gern erklären
Sie haben den Entschließungsantrag angesprochen, den wir im letzten Plenum miteinander verabschiedet haben. Das war nicht nur ein Entschließungsantrag von CDU und FDP, sondern aller demokratischen Fraktionen hier im Landtag.
In diesem Entschließungsantrag haben wir unter anderem miteinander beschlossen, dass wir erwarten, dass die Morde mit aller Konsequenz zügig aufgeklärt werden. Wir erwarten zugleich, dass Zusammenhänge dieser Mordtaten und ihr rechtsextremistisches Umfeld umfassend ermittelt und mögliche weitere ungeklärte Straftaten einbezogen werden. Das ist der eine Bereich: Ermittlung von Tätern, Ermittlung von Tatverdächtigen, Festsetzung der Leute usw.
Für diesen Bereich ist die Generalbundesanwaltschaft zuständig, und bei diesem Bereich haben wir derzeit auch gar nicht so viele Gründe zu zweifeln, dass dort anständig, solide und mit aller Kraft gearbeitet wird.
Wir haben aber noch mehr beschlossen, und auch das will ich Ihnen in Erinnerung rufen. Wir haben beschlossen: „Die jetzt bekannt gewordenen Zusammenhänge dieser unmenschlichen Verbrechen belegen auf traurige Weise, dass die Strukturen der Sicherheitsbehörden auf Bundes- und Länderebene dringend überprüft werden müssen.“ Wir haben noch dazu beschlossen: „Wir sind entschlossen, sowohl die politisch-gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rechtsextremisten und ihren Verbündeten vertieft fortzusetzen als auch die unabdingbaren Konsequenzen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden rasch zu ziehen. Dazu“ – so heißt es weiter in unserem gemeinsamen ersten Entschließungsantrag – „ist eine umfassende Fehleranalyse unverzichtbar. Aus Fehlern müssen die richtigen Schlüsse gezogen und umgesetzt werden.“
Genau das ist der Punkt. Wir haben Zweifel, dass diese umfassende Fehleranalyse derzeit erfolgt; denn wir sehen nicht, was der Freistaat Sachsen überhaupt tut, um in diese Fehleranalyse einzusteigen. Er tut nichts.
Ich habe diese Frage in den Ausschusssitzungen immer wieder gestellt, sowohl im Innenausschuss als auch im Verfassungs- und Rechtsausschuss, und ich werde die Frage auch heute hier wieder stellen: Welchen eigenen Beitrag leistet der Freistaat Sachsen, um Fehler aufzuklä